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Stand: 2. Juni 2013

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Strafverfolgung nach § 6 PflVG

1. Der Sachverhalt

Behandelt wird ein klassischer und in der Praxis sehr häufig vorkommender Fall. Der Versicherungsnehmer zahlt die Prämie für seinen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsvertrag nicht bzw. nicht vollständig. Infolge dessen zeigt der Haftpflichtversicherer der Zulassungsstelle gemäß § 29 c StVZO an, daß der Versicherungsschutz für das betroffene Fahrzeug seit einem bestimmten Zeitpunkt erloschen ist. Die Zulassungsstelle reagiert darauf prompt. Sie untersagt den bestimmten Frist eine neue Versicherungskarte vorzulegen. Tut er dies nicht, soll er die Kennzeichenschilder zur Entstempelung vorlegen. Außerdem muß der Fahrzeugschein bei der Zulassungsstelle abgeliefert werden. Entsprechendes gilt für den Fahrzeugbrief.

Im Regelfall wird diese Verfügung der Zulassungsstelle nicht befolgt. Die Zulassungsstelle erteilt daher der zuständigen Polizeistation den Auftrag, das Fahrzeug durch Entstempelung der Kennzeichen und Entziehung des Fahrzeugscheines außer Betrieb zu setzen. Dieser Auftrag wird seitens der beauftragten Polizeistation kurzfristig erfüllt. Dabei wird regelmäßig und ohne weitere Ermittlungen davon ausgegangen, daß der Halter das Fahrzeug ohne Versicherungsschutz auch schon vor der Entstempelung geführt hat.

Die zuständige Polizeistation erstattet daher eine Verkehrsstrafanzeige wegen des Verdachtes des Verstoßes gegen §§ 1, 6 PflVG.

Der Vorgang wird der zuständigen Staatsanwaltschaft vorgelegt. Diese holt eine Stellungnahme des Haftpflichtversicherers ein. Diese Anfrage wird seitens des Haftpflichtversicherers mittels eines selbst erstellten Fragebogens beantwortet. Der Fragebogen enthält Angaben über die Dauer des Versicherungsvertrages, zum Grund des Erlöschens der Haftpflichtversicherung, der Fälligkeit der Prämie, die Daten über die Nichtzahlung der Prämie, Angaben zum Rücktritt vom Vertrag, Angaben dazu, ob das Kündigungsschreiben bzw. die Rücktrittserklärung per Einschreiben übersandt worden ist, ferner Angaben dazu, welche Schreiben als unzustellbar zurückgekommen sind, die nachträgliche Zahlung der fälligen Prämie und zum etwaigen Wiederaufleben des Versicherungsvertrages.

Die zuständige Staatsanwaltschaft muß sich auf die Richtigkeit der in dieser Art und Weise mitgeteilten Umstände verlassen. Sie beantragt beim zuständigen Amtsgericht den Erlaß eines Strafbefehls, mit dem in der Regel der Halter angeklagt wird, in dieser Eigenschaft den Gebrauch eines Fahrzeuges auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gestattet zu haben, obwohl für das Fahrzeug der nach § 1 des PflVG erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr bestand.

Der Angeschuldigte beauftragt einen Verteidiger. Er kann sich das alles nicht erklären. Angaben zur Sache macht er zunächst nicht. Der Verteidiger legt Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Es kommt zur Hauptverhandlung, in der der Angeklagte schweigt.

In der Regel läßt sich in der Hauptverhandlung nicht klären, ob der Angeklagte wie vom Versicherer im Fragebogen dargestellt tatsächlich eine Rücktrittserklärung bzw. ein Kündigungsschreiben erhalten hat. Obgleich feststeht, daß das Kündigungsschreiben bzw. das Schreiben, mit dem der Rücktritt erklärt worden ist, nicht als Einschreiben mit Rückschein abgesandt worden ist, wird die Sache vertagt. Eine neue Terminierung ist vor Ablauf der 10-Tagesfrist nicht möglich.

Es muß ein neuer Hauptverhandlungstermin anberaumt werden. In diesem Hauptverhandlungstermin erscheint der Sachbearbeiter des Haftpflichtversicherers. Erwartungsgemäß kann auch dieser keine eindeutigen Angaben dazu machen, ob der Angeklagte die Rücktrittserklärung oder das Kündigungsschreiben tatsächlich erhalten hat.

Die Richter und die Staatsanwaltschaft sind verärgert. Am Ende muß der Angeklagte aber dennoch freigesprochen werden.


2. Das Problem

Die Darstellung des obigen Sachverhalts zeigt, welche immensen Kosten nun auf die Staatskasse abgewälzt werden. In welchem Umfang hier unnötige Kosten verursacht werden, belegt die praktische Erfahrung des Verfassers dieser Schrift. In einem Zeitraum von mehr als 10 Jahren hat er mehrfach als Verteidiger Fälle vertreten, in denen es um einen Verstoß gegen §§ 1, 6 PflVG ging. In keinem einzigen Fall ist eine Verurteilung erfolgt. Alle Angeklagten mußten freigesprochen werden. In jedem Fall hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Angeklagten tragen müssen.

In allen Verfahren ist es stets um das gleiche Problem gegangen. Das Gericht konnte sich zu Recht keine Überzeugung davon verschaffen, daß der Haftpflichtversicherungsschutz zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich erloschen war.

Trotz der immensen praktischen Bedeutung wird keine Ursachenforschung betrieben. Dabei liegen die Probleme auf der Hand.

3. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes

Der Bundesgerichtshof hat sich indes mit den hier maßgeblichen Fragen noch nicht befaßt. Zu Verstößen gegen das Pflichtversichungsgesetz liegen 2 Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vor. Sie sind nicht einschlägig.

Im Beschluß vom 16.04.1985 geht es um den rückwirkenden Wegfall der vorläufigen Deckung. Hier hat der Bundesgerichtshof erkannt, daß sich nicht nach § 6 PflVG strafbar macht, wer auf öffentlichen Wegen oder Plätzen ein Fahrzeug gebraucht oder den Gebrauch gestattet, für welches Haftpflichtversicherungsschutz aufgrund einer vorläufigen Deckungszusage besteht, wenn die vorläufige Deckung später infolge Nichteinlösung des Versicherungsscheins rückwirkend wegfällt oder wenn der Versicherer vom Vertrag gemäß § 38 VVG zurücktritt (1).

Der Beschluß vom 03.11.1983 befaßt sich mit nachgeholten Prämienzahlungen. In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof festgelegt, daß nach § 6 PflVG bestraft werden kann, wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gebraucht oder den Gebrauch gestattet, obwohl der für das Fahrzeug abgeschlossene Haftpflichtversicherungsvertrag nach § 39 III 1 VVG wirksam fristlos gekündigt worden ist, wenn die Wirkungen der Kündigungen gemäß § 39 III 3 VVG durch nachgeholte Prämienzahlungen wieder weggefallen sind (2).

4. Grundlagen

An dieser Stelle soll auch nicht auf die vielfältigen Rechtsfragen eingegangen werden, die mit der Nichtzahlung der Erstprämie im Zusammenhang stehen (vgl. § 38 I VVG). Praktisch bedeutsam ist dabei insbesondere die Rücktrittsfiktion, wonach es als Rücktritt gilt, wenn der Anspruch auf die Prämie nicht innerhalb von 3 Monaten vom Fälligkeitstage an gerichtlich geltend gemacht wird.

Nach der Erfahrung des Verfassers liegen die strafrechtlich relevanten Fälle eher im Rahmen des § 39 VVG. Diese Bestimmung ist immer einschlägig, wenn der Versicherungsnehmer eine Folgeprämie nicht entrichtet.

Der Versicherer muß dem Versicherungsnehmer eine Zahlungsfrist von mindestens 2 Wochen setzen. In der Mahnung muß der Versicherer die Rechtsfolgen angeben, die mit dem Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist verbunden sind. Läßt der Versicherungsnehmer die gesetzte Frist verstreichen und befindet er sich mit der Zahlung der Folgeprämie in Verzug, so ist der Versicherer berechtigt, das Versicherungsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Wichtig ist, daß die Kündigung bereits mit der Bestimmung der Zahlungsfrist in der Gestalt erfolgen kann, daß sie mit Ablauf der Frist wirksam wird, wenn der Versicherungsnehmer in diesem Zeitpunkt mit der Zahlung der Folgeprämie noch in Verzug ist. Auch hierauf muß der Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung ausdrücklich hingewiesen werden. All dies ergibt sich aus § 39 I und III VVG.

In Rechtsprechung und Literatur bestehen im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes keine Meinungsverschiedenheiten darüber, daß die Mahnung mit der Kündigungserklärung wie angegeben verbunden werden kann. Das maßgebliche praktische Problem ist, daß beide Erklärungen dem Empfänger zugehen müssen.

Ein eingeschriebener Brief ist nicht zugegangen, wenn der Postbote ihn beim Postamt unter Benachrichtigung des Empfängers hinterlegt, weil er diesen nicht antrifft, der Brief aber nicht abgeholt und daher zurückgesandt wird(3).

Nach der vorgenannten Kommentierung genügt es auch nicht, wenn der Empfänger den ungefähren Inhalt kennt oder erfährt. Er muß Einsicht in das Schreiben nehmen können. Von einem Zugang soll zivilrechtlich jedenfalls ausgegangen werden können, wenn der Empfänger mit Erklärungen habe rechnen müssen und die für einen rechtzeitigen Empfang erforderlichen Vorkehrungen nicht getroffen habe. Von einem Zugang sei auch auszugehen, wenn der Empfänger die Kenntnisnahme durch Nichtabholen bewußt vereitelt habe(4).

Für das Zivilrecht mag dies so gelten. Im Strafprozeß gelten bekanntlich andere Regeln. Ein Kennenmüssen reicht hier nicht aus. Der Kläger muß den Fortfall des Haftpflichtversicherungsschutzes zum Zeitpunkt der Tat positiv gekannt haben.

Es gilt daher auch hier, daß der Versicherer am Ende zur Überzeugung des Strafrichters den Beweis zu führen hat, daß die qualifizierte Mahnung dem Versicherungsnehmer zugegangen ist(5).

Der vorzitierte Kommentar enthält weitere wichtige Hinweise, die ich an dieser Stelle wie folgt zusammenfassen möchte. Durch die Absendung kann der Zugang einer qualifizierten Mahnung nicht bewiesen werden. Dies gilt nach der Kommentierung auch für Einschreibesendungen. Es gibt in der Tat keine Erfahrungssätze, daß und in welcher Zeit Postsendungen den Empfänger erreichen. Wichtig ist der Hinweis von Knappmann, daß es in der Hand des Versicherers liegt, die Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Er kann jederzeit die qualifizierten Mahnungen als Einschreiben mit Rückschein absenden. Hiervon wird offenbar aus Kostengründen abgesehen. Statt dessen werden die Folgekosten auf andere Stellen abgewälzt.

Bereits im Zivilprozeß kann sich der Adressat der Erklärung auf das einfache Bestreiten des Zugangs beschränken. Im Strafprozeß muß der Angeklagte dazu überhaupt keine Erklärung abgeben. Er hat das Recht, zu schweigen. Es kommt daher stets darauf an, ob im Rahmen des Strafverfahrens der Zugang nachgewiesen werden kann.

5. Rechtsprechung der Instanzgerichte

Diese Gesichtspunkte ergeben sich aus dem in diesem Aufsatz zitierten Standardkommentar. All dies kann aber auch in verschiedenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und der Instanzgerichte nachgelesen werden.

Das Oberlandesgericht hat in seiner Entscheidung vom 18.12.1991 folgendes ausgeführt:

"... Beweispflichtig ist der Versicherer, und zwar nicht nur für die Absendung, sondern auch für den Zugang des Mahnschreibens (BGH VersR 81, 921). Die Absendung beweist dabei nicht - auch nicht prima facie - den Zugang des Schreibens (Prölss/Martin, VVG, 24. A., § 39 Anm. 2c m. w. N.). Es besteht auch keine Veranlassung, dem Versicherer irgendwelche Beweiserleichterungen zukommen zu lassen. Denn er hat es selbst in der Hand, diese vorauszusehenden Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, indem er statt mit einfachem Brief das Mahnschreiben durch Einschreiben mit Rückschein versendet. ... "(6)

Der Versicherer hat es nicht nur in der Hand, diese vorauszusehenden Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, wenn er einen Zivilprozeß führen soll. Ihm sollten aufgrund langjähriger Praxis auch die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Strafprozeß bekannt sein. Die hohen Kostenlasten für die Staatskasse könnten vermieden werden, wenn er die qualifizierten Mahnungen durch Einschreiben mit Rückschein versenden würde.

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat sich in seiner Entscheidung vom 11.07.1991 mit der Frage befaßt, ob im Zivilprozeß im Zusammenhang mit dem Zugang der qualifizierten Mahnung die Grundsätze des Anscheinsbeweises anwendbar sein können. Die Frage ist mit folgender Begründung verneint worden:

"... Nach herrschender Meinung, der sich der Senat anschließt, besteht weder für normale Postsendungen noch für Einschreiben ein Beweis des ersten Anscheins, daß eine zur Post gegebene Sendung den Empfänger auch erreicht (vgl. Parlandt/Heinrichs BGB 50. A., Rn. 22 zu § 130 und Prölss/Martin VVG 24. A. Anm. 2c m. w. N.). Die vom Amtsgericht Offenburg zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung angeführten Zahlen vermögen lediglich eine mehr- oder minderhohe Wahrscheinlichkeit dafür zu geben, daß abgesandte Einschreibebriefe auch ankommen. Der Anscheinsbeweis ist aber nicht schon dann geführt, wenn zwei verschiedene Möglichkeiten des Verlaufs erfahrungsgemäß in Betracht zu ziehen sind, von denen die eine lediglich wahrscheinlicher ist als die andere (vgl. BGHZ 24, 309 = VersR 57, 442 m. w. N.).

Für den Anscheinsbeweis bestehen auch keine besonderen Bedürfnisse des Geschäftsverkehrs. Wer jeden Streit darüber, ob ein abgesandtes Schriftstück auch angekommen ist, mit Sicherheit ausschließen will, kann förmlich zustellen oder wenigstens ein Einschreiben mit Rückschein schicken. Selbst bei Verwendung eines einfachen Einschreibebriefs kann der Absender fast immer mit Hilfe des vom Empfänger vollzogen und bei der Post aufbewahrten Ablieferungsschein seine Beweispflicht für den Zugang genügen. Beweisschwierigkeiten können sich hier höchsten in den seltenen Ausnahmefällen ergeben, in denen erst nach Ablauf der vorgeschriebenen Aufbewahrungsfrist (jetzt 1 1/2 Jahre) Zweifel über den Zugang auftauchen (vgl. hierzu BGHZ 24, 309 = VersR 57, 442). Wenn die Beklagte nicht die sicheren Zusendungsarten (Zustellung oder Rückschein) gewählt hat, so müssen die verbleibenden Beweisschwierigkeiten zu ihren Lasten gehen. ..."(7)

Ähnliche Ausführungen enthält die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm vom 12.07.1974(8). Alle zitierten Entscheidungen beziehen sich jeweils auf die einschlägige und bekannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die offenbar als nicht änderungsbedürftig empfunden wird.



6. Konsequenzen

Im Hinblick auf die unverhältnismäßig hohen Kosten, die mit einer aussichtslosen Strafverfolgung in den Fällen des § 6 PflVG verbunden sind, sollten die Strafverfolgungsbehörden darüber nachdenken, ob nicht eine Änderung der Praxis von Nöten ist. Sofern der Nachweis des Zugangs der qualifizierten Mahnung nicht durch ein Einschreiben mit Rückschein geführt werden kann, sollte von vorneherein eine Strafverfolgung abgelehnt werden. Das Problem kann nicht durch eine ergebnisorientierte Beweiswürdigung zu Lasten der Angeklagten gelöst werden.

An dieser Stelle kann nicht auf alle Ursachen hingewiesen werden, die eine Strafverfolgung in der Mehrzahl der Fälle aussichtslos erscheinen lassen. Ein Problem soll jedoch noch kurz angeschnitten werden. Nach dem Versicherungsrecht hat die Fristversäumnis einschneidende Folgen. Deshalb stellt die Rechtsprechung an eine qualifizierte Mahnung strenge formale Anforderungen. Der Versicherungsnehmer darf über die wirkliche Rechtslage und die weitreichenden Folgen seiner Säumnis nicht im unklaren gelassen werden. Seine Entscheidung darf nicht durch unvollständige oder mißverständliche Hinweise beeinflußt werden. Deshalb ist die Fristbestimmung unwirksam, wenn der Prämienrückstand zu hoch angegeben ist oder Prämienrückstände aus mehreren selbständigen Verträgen so angemahnt werden, daß der irrige Eindruck entsteht, der Versicherungsschutz für den einzelnen Vertrag hänge von der Zahlung des gesamten Prämienrückstandes ab(9).

In der Mahnung des Versicherers muß daher der tatsächliche Rückstand exakt und konkret aufgeschlüsselt werden, was in der Praxis nur selten der Fall ist. Sehr oft enthalten die Mahnschreiben bereits Forderungen, die unberechtigterweise erhoben werden. Für die praktische Strafverfolgung ist relevant, daß selbst geringfügige Zuvielforderungen von Pfennigbeträgen die Mahnung und die an sie geknüpfte Kündigung rechtsunwirksam machen(10).

Zusammenfassend ist aus der Sicht des Verfassers festzuhalten, daß wegen der immensen Kostenfolgen eine Strafverfolgung abgelehnt werden sollte, wenn die qualifizierte Mahnung nicht als Einschreiben mit Rückschein abgesandt worden ist und außerdem der in der Mahnung angegebene Prämienrückstand nicht nachvollzogen werden kann.

1. BGH NStZ 1985, 415

2. BGH NStZ 1984, 123

3. Prölss/Martin-Knappmann, VVG, 25. A., Anm. 2 c zu § 39 VVG

4. Prölss/Martin-Knappmann, a. a. O.

5. Prölss/Martin-Knappmann, a. a. O.

6. OLG Hamm VersR 92, 1205

7. OLG Nürnberg VersR 92, 602

8. OLG Hamm VersR 75, 246

9. so schon BGH NJW 1967, 1229

10. BGH NJW 1993, 130