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Stand: 21. Februar 2007
Fall 1: Rechtsprechung des 2. Senats des OLG Frankfurt
LG Giessen vom 22.04.1998
Staatsanwaltschaft bei dem OLG Frankfurt
OLG Frankfurt vom 24.11.1998
I. Urteil des LG Giessen vom 22.04.1998, 4 NS 4 JS 23782.7/96
Die Berufung des Angeklagten wird auf seine Kosten verworfen. Der Angeklagte hat die notwendigen Auslagen des Nebenklägers in der Berufungsinstanz zu tragen.
Gründe: Das Amtsgericht Gießen - Strafrichter - hat den Angeklagten am 17.07.1997 wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen (Fall 1 Einsatzstrafe von 8 Monaten Freiheitsstrafe, Fall 2 Einzelstrafe von 4 Monaten Freiheitsstrafe) und wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr (Einzelstrafe 45 Tagessätze zu je 30,-- DM) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. Es hat ihm die Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist von 18 Monaten entzogen. Gegen das Urteil hat der Angeklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese auf den Straffolgenausspruch beschränkt. Die Berufung hat keinen Erfolg.
Infolge der Berufungsbeschränkung sind der Schuldspruch und die diesem zugrunde liegenden Feststellungen bindend geworden. Es wird insoweit auf das amtsgerichtliche Urteil Ziffer II, Ziffer III vorletzter Satz und Ziffer IV, sowie Ziffer V zweiter Absatz, letzter Satz Bezug genommen.Die Berufungsverhandlung hat ergeben:
Der Angeklagte hat die Grundschule in L. bis 1986 besucht, anschließend die Gesamtschule in L., die er mit Hauptschulabschluss verließ. Eine am 01.08.1991 begonnene Lehre als Schlosser hat er nicht beendet. Er ist entlassen worden, weil er eigenmächtig nicht rechtzeitig aus seinem Urlaub an die Arbeitsstelle zurückgekehrt ist. Danach besuchte er die Kreisberufsschule. Ab 01.10.1992 war er bei der Fa. W. als Monteur beschäftigt. 1995 wurde er dort entlassen und ist seither arbeitslos. Er erhält derzeit Arbeitslosenhilfe von monatlich 910,-- DM.
Der Angeklagte hat 1992 geheiratet. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Seit 19.02.1996 leben die Eheleute getrennt. Die Scheidung ist beabsichtigt. Ein Scheidungsverfahren vor einem türkischen Gericht ist noch nicht eingeleitet.
Der Angeklagte hat gegenüber seiner Ehefrau keine Unterhaltsverpflichtungen.
Der Angeklagte hat die Fahrerlaubnis der Klasse III im März 1992 erworben. Mit Beschluß vom 06.11.1996 ist die Fahrerlaubnis in vorliegendem Verfahren vorläufig entzogen worden. Der Führerschein ist am 23.11.96 beschlagnahmt worden.
Der Angeklagte hat in der Vergangenheit im Übermaß dem Alkohol zugesprochen. Nach seinen Angaben hatte er Alkoholprobleme. Näher konkretisiert hat er diese nicht. Er hat nunmehr in der Berufungsverhandlung erklärt, er wolle sich notfalls einer Alkoholentziehungskur unterziehen. Seit seiner Entlassung aus Untersuchungshaft - er befand sich dort vom 15.07.1997 bis 15.12.1997 in der Sache 16 Js 13680.0/97 StA Gießen - trinkt er nach seinen Angaben keinerlei Alkohol mehr. In der Vergangenheit hat der Angeklagte wegen seines Alkoholkonsums Hilfe Dritter - etwa Hinzuziehung eines Arztes, Aufsuchen einer Suchtberatungsstelle oder der Anonymen Alkoholiker, nicht in Anspruch genommen. Er hat auch keine Versuche in Richtung einer Therapie gemacht. Der Angeklagte hat von sich aus, wie er angegeben hat, selbst und allein aufgehört, Alkohol zu konsumieren. Seine Leberwerte sind derzeit, wie sich aus nachstehender Auflistung von Laborwerten ergibt, im Normalbereich. ...
Gegen den Angeklagten ist am 19.02.1996 vom Amtsgericht Gießen Strafbefehl wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort ergangen (2 Js 519357/95), rechtskräftig seit 30.03.1996. Es wurde eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 40,-- DM ausgesprochen. Der
Angeklagte hatte in L. am 23.08.1995 mit dem Pkw GI-R ..., einem Ford-Transit, die Bernsbacher Straße befahren. Beim Wenden vor dem Haus Nr. 6 stieß er beim Rückwärtsfahren gegen den geparkten Pkw Fiat, GI-T ..... Es entstand Fremdschaden von
640,-- DM. Obwohl der Angeklagte den Unfall bemerkt hatte, verließ er die Unfallstelle.
Der Angeklagte ist weiterhin vom Amtsgericht Gießen (16 JS 13680.0/97) durch Urteil vom 15.12.1997 des vorsätzlichen Vollrausches für schuldig befunden worden. Gegen das Urteil, in dem auf die Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten erkannt wurde, hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die auf den Strafausspruch beschränkt ist. Dem damit rechtskräftigen Schuldspruch liegt nachstehender Sachverhalt, wie in dem Urteil dargestellt, zugrunde:
Am 11.07.1997 gegen 23.00 Uhr besuchte der Angeklagte W. die Kirmes in St.. Dort nahm er erhebliche Mengen von Alkohol in Form von Bier und Schnaps zu sich. Der Angeklagte L. hielt sich am Samstagmorgen des 12.07.1997 gegen 2.00 Uhr zunächst mit dem Zeugen D. und einem S. in einer Gaststätte in St. auf. Danach fuhr man zur Kirmesveranstaltung nach Mainzlar. Dort blieben die Beteiligten jedoch nur eine halbe Stunde und brachten dann den S. nach Hause. Schließlich trafen sie gegen 4.15 Uhr wieder auf der Kirmes in M ein. Auch der Angeklagte L. sprach erheblich dem Alkohol zu. Er trank etwa 20 - 25 Biere und 10 - 15 Asbach-Cola. Gegen 00.00 Uhr bewegte sich die Blutalkoholkonzentration beider Angeklagter zwischen 2,48 und 4,53 %o. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie sich im Zustand der Schuldunfähigkeit befanden.
Im Verlaufe der Kirmesveranstaltung hatten die Angeklagten und der Zeuge D. eine Meinungsverschiedenheit mit der Burschenschaft, die aber beigelegt wurde. Es ging um Wechselgeld für bestelltes Bier. Kurz vor 00.00 Uhr holte der Angeklagte W. den Zeugen D. und den Angeklagten L. in die Sektbar. Dort herrschte Streit. Der Angeklagte W. trug eine blaue Jeans und eine schwarze Lederweste. An einem Tisch neben der Theke stand der Zeuge H. und unterhielt sich mit einem Bekannten. Der Zeuge H. ist 1,95 m groß und wiegt 130 kg. Der Angeklagte W. ging auf ihn zu und schlug ohne erkennbaren Anlaß unvermittelt mehrfach mit der Faust auf den Zeugen H. ein. Danach stürzte sich der Angeklagte L. auf ihn. Er schlug ihn mehrfach mit Fäusten, so dass der Geschädigte H. schließlich durch eine Zeltöffnung nach draußen fiel. Dort traten beide Angeklagte mit den beschuhten Füßen auf den am Boden liegenden Zeugen H. ein. Sie trafen ihn mehrfach am Kopf. Hierdurch erlitt er schwere Kopf- und Gesichtsverletzungen. Sein Nasenbein war gebrochen. Der Zeuge war 2 Wochen krankgeschrieben und leidet noch derzeit unter Atemproblemen. Sodann schlug der Angeklagte L. den geschädigten Sch. mit einer Sektflasche auf den Kopf, wodurch dieser zu Boden fiel und wehrlos liegenblieb. Anschließend traten beide Angeklagte auf den Zeugen
Sch. ein. Schließlich zertrümmerte der Angeklagte L. eine Sektflasche und ging mit dem scharfkantigen Flaschenhals auf den am Boden liegenden Sch. zu. Er konnte jedoch durch den Zeugen D. und andere Kirmesbesucher von weiteren Tätlichkeiten abgehalten werden. Die Angeklagten und der Zeuge D. begaben sich zu dem Fahrzeug, mit dem sie gekommen waren. Der Angeklagte L. setzte sich ans Steuer des Peugeots mit dem amtlichen Kennzeichen GI-U ... und fuhr damit trotz seiner Alkoholisierung nach Hause.
Bei der Strafzumessung war davon auszugehen, dass § 21 StGB zugunsten des Angeklagten zu bejahen ist, dergestalt, dass die Einsichts- und
Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit erheblich eingeschränkt war, auch dass es bei dem Angeklagten zu einem alkoholbedingten aggressiven Durchbruch gekommen
ist, mit der Folge, dass eine Strafrahmenverschiebung nach § 49 StGB zum Zuge kommt. Die Strafen wegen der gefährlichen Körperverletzung sind
demzufolge in einem Strafrahmen von einem Monat bis zu drei Jahren neun Monaten zu finden. Eine Geldstrafe kommt wegen der beiden Taten der
gefährlichen Körperverletzungen nach den gesamten Umständen der Tat und den noch näher zu schildernden Strafzumessungsgesichtspunkten nicht in
Betracht. Bereits das ganz unmotivierte, überraschende Vorgehen gegen den Zeugen M., sowie dessen erhebliche Schädigung, ebenso die Verletzungen des
Zeugen W., schließen die Verhängung einer Geldstrafe aus. Sie wäre keinesfalls schuld- und tatangemessen und würde zudem den Straf zweck verfehlen.Die
Kammer wertet zu Gunsten des Angeklagten, dass er einschlägig nicht vorbestraft ist, auch ein Geständnis abgelegt hat und Einsicht in sein Fehlverhalten zeigt.
Andererseits kann das brutale, durch kein vom Geschädigten M. gesetztes oder auch nur ansatzweise ausgelöstes Verhalten, Vorgehen, des Angeklagten, das zu
erheblichen Verletzungen geführt und das M. noch Monate nach der Tat Beschwerden bereitet hat, sowie der Umstand, dass er den hilfslos am Boden liegenden
M. weitere Verletzuungen zufügte, schließlich auch eine Nierenprellung bewirkte, nur mit einer spürbaren Freiheitsstrafe belegt werden.
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Letztlich ist es bloßer Zufall, dass bei dem Verhalten des Angeklagten nicht schwerwiegendere Folgen bei dem Verletzten M. sich eingestellt haben. Auch unter dem Gesichtspunkt der Abschreckung ist eine deutliche Reaktion geboten. Wie bereits das Amtsgericht hält auch die Kammer eine Freiheitsstrafe von 8 Monaten für schuld- und tatangemessen unter Beachtung der Leitgesichtspunkte der Strafzumessung gern. § 46 StGB.
Bezgl. des Vorgehens zum Nachteil des Zeugen W. ist eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten unter Beachtung der Gesichtspunkte zur Strafzumessung gem. § 46 StGB schuld- und tatangemessen. Hier konnte sich zugunsten des Angeklagten auswirken, dass die Verletzungen bei W. geringer gewesen sind, W. sich in gewissem Maße sich auch selbst in die Gefährdung begeben hat, wenn auch mit der durchaus lobenswerten Zielrichtung, dem Geschädigten M. Hilfe zu leisten. In diesem Fall gebietet die Verteidigung der Rechtsordnung die Verhängung einer Freiheitsstrafe gem. § 47 StGB. Es liegen besondere Umstände zumindest in der Tat vor, die die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Angeklagten, auch zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen. Wer, wie der Angeklagte nachts mitten in einer Stadt ohne jeglichen Grund, nur um seine eigene Aggression ausleben zu können, sei sie auch durch übermäßigen vorangegangenen Alkoholgenuß ausgelöst ist, ihm völlig unbekannte Verkehrsteilnehmer überfällt, wobei deren Arglosigkeit ausgenutzt wird, sie verprügelt und zusammentritt, auch den Helfer des Opfers zu Boden schlägt und mit Fußtritten malträtiert, auch durch massive Drohungen andere Passanten an der Hilfeleistung hindert stellt sich in schwerwiegender Weise gegen gesellschaftliche Grundbelange. Eine solche Tat weicht deutlich negativ von Durchschnittsfällen ab. Der gesetzestreue Bürger würde bei nachsichtiger Reaktion auf solche Taten mittels einer bloßen Geldstrafe das Vertrauen in den Rechtsgüterschutz verlieren.
Letztlich ergibt eine Gesamtwürdigung, dass Täter und Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe hier unerläßlich machen.
Hinsichtlich der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr ist gem. § 46 StGB eine Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 30,-- DM schuld- und tatangemessen. Zu einer Strafrahmenverschiebung gem.§§ 21 und 49 StGB besteht hier kein Anlaß. Der Angeklagte hat in dem Bewußsein, dass er mit einem Kfz unterwegs war, Alkohol konsumiert. Ihm war bewußt, dass er in alkoholisiertem Zustand zur Nachtzeit das Kraftfahrzeug führen wollte und geführt hat.
Bei dieser Sachlage, zumal der Angeklagte bereits vorher einmal im Straßenverkehr auffällig geworden und mit einer Geldstrafe belegt worden ist, ist eine Tagessatzzahl von 45,-- eher am unteren Rande des Schuld- und Tatangemessenen. Die Tatessatzhöhe ergibt sich aus dem derzeitigen Einkommen des Angeklagten.
Es war unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 8 Monaten Freiheitsstrafe eine Gesamtstrafe zu bilden. Diese war auf 11 Monate festzusetzen. Hierbei sind die voranstehend aufgeführten Strafzumessungsgesichtspunkte nochmals gewürdigt worden. Zugunsten des Angeklagten wirkte sich aus, dass die beiden Körperverletzungsdelikte in einem unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, auch der alkoholbedingte Zustand des Angeklagten.
Eine Strafaussetzung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ist nicht möglich, da hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen gern. § 56 StGB fehlen. Es kann derzeit für den Angeklagten schon keine günstige Sozialprognose gestellt werden. Das soziale Umfeld des Angeklagten hat sich nicht entscheidend zu seinen Gunsten verändert. Er ist nach wie vor arbeitslos, seine eheliche Situation ist ungeklärt. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich der Angeklagte dauerhaft von übermäßigem Alkoholkosum gelöst hat, insbesondere seine Neigung zu übermäßigem Alkoholgenuß dauerhaft beherrschen könnte. Er hat in der Vergangenheit keine Veranlassung gesehen, in Richtung einer Therapie etwas zu unternehmen. Bei dieser Sachlage kann allein den positiven medizinischen Laborwerten und dem Umstand, dass der Angeklagte seit seiner Haftentlassung keinen Alkohol mehr konsumiert, kein Schluß dergestalt entnommen werden, dass der Angeklagte bei psychischen Belastungen nicht wiederum auf Alkoholgenuß als vermeindliche Lösung seiner Probleme ausweichen wird.
Im übrigen gebietet aber die Verteidigung der Rechtsordnung, dass die Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht ausgesetzt wird (§ 56 Abs. 3 StGB). Eine Aussetzung der Vollstreckung würde im Hinblick auf die schwerwiegenden Besonderheiten dieses Falles, wie sie hinsichtlich des Vorganges betreffend die Zeugen M. und W. zutage getreten sind, für das allgemeine Rechtsempfinden schlechthin unverständlich erscheinen und würde das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts und den Schutz der Rechtsordnung vor kriminellen Angriffen erschüttern.
Dem Angeklagten war die Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB zu entziehen. Es liegt ein Regelfall vor. Angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte nicht nur gegen S 316 II StGB verstoßen hat, sondern auch der zweifachen gefährlichen Körperverletzung schuldig ist, die im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges stehen, auch die Tatsache, dass er bereits einmal verkehrsrechtlich nachteilig in Erscheinung getreten ist, ist auch heute noch eine Sperrfrist von 18 Monaten erforderlich, um auf den Angeklagten bessernd einzuwirken. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Angeklagte vor Ablauf dieser Frist wieder charakterlich geeignet sein wird, Kraftfahrzeuge zu führen.
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Das Urteil des Amtsgerichts Gießen vom 17.07.1997 hatte gegen den Angeklagten wegen gemeinschaftlich begangener gefährliche Körperverletzung in 2 Fällen sowie einer fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten erkannt, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wurde. Ferner wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist von 18 Monaten für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis festgesetzt. Die Einsatzstrafen hinsichtlich der Körperverletzungsdelikte bestimmte das Amtsgericht auf Freiheitsstrafen von 8 bzw. 4 Monaten für die Trunkenheitsfahrt auf eine Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu jeweils 30,- DM. Dabei sah es alle Delikte als im Zusatz erheblich verminderter Schuldfähigkeit verwirklicht an.
Die hiergegen eingelegte Berufung beschränkte der Angeklagte auf das Strafmaß. Sie wurde durch das angefochtene Urteil des Landgerichts Gießen verworfen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der form- und fristgerecht eingelegten und ebenso mit der allgemeinen Sachrüge begründeten Revision. Dem Rechtsmittel wird ein Erfolg nicht zu versagen sein.
Auf die zulässige Sachrüge hat von Amts wegen die Prüfung stattzufinden, ob das Prozesshindernis der Teilrechtskraft durch wirksame Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch eingetreten ist. Der Schuldspruch aber erwächst dann nicht in Rechtskraft, wenn die Urteilsfeststellungen zur Tat so knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (st. Rspr. d. BGH, zuletzt BGHSt 33, 59 und NStZ 94, 130).
Vorliegend war der Schuldspruch des Amtsrichters lückenhaft. Denn es wird für den Angeklagten lediglich die Mindestblutalkoholkonzentration von 1,64 Promille und die maximale Konzentration von 2,04 Promille mitteilt.
Die zu diesen Werten führenden Anknüpfungstatsachen hätten jedoch durch den Tatrichter näher dargetan werden müssen. Es hätte der Ausführungen zur festgestellten Alkoholmenge, zum Körpergewicht, zum Resorptionsdefizit sowie zum stündlichen Abbauwert bedurft, der zu den ernannten Ergebnisse führte. Auch die Entnahmezeiten und die genaue Tatzeit am Tage des 25.10.1996 hätten Erwähnung finden müssen, um eine revisionsgerichtliche Überprüfung zu ermöglichen (BGHSt 12, 314; BGH NStE Nr. 7 zu § 21 StPO; BGH JR 89, 336; BGH NStZ 89, 119). Dies gilt selbst dann, wenn der Tatrichter im Ergebnis der Beurteilung eines Sachverständigen folgt. Auch in diesem Fall muss er die von ihn zugrundegelegten Berechnungsmethoden mitteilen (BGHSt 34, 31; BGH NStZ 86, 114). Sämtliche dieser Angaben lässt jedoch der Schuldspruch des Amtsgerichts vermissen. Erst recht bei dem mitgeteilten Maximalwert von 2,04 %o war damit dem Revisionsgericht die Prüfung des Schuldumfangs unmöglich macht. Dieser Wert hätte unter besonderen Umständen bereits zu einer Anwendung des § 20 StGB als Schuldausschließungsgrund (BGHSt 14, 116; BGH NStZ 83, 305) führen können (BGH MDR 74, 544; OLG Düsseldorf, NJW 66, 175; OLG Frankfurt, NStZ-RR 96, 86). In Jedem Fall aber waren dahingehend Feststellungen für den Schuldmilderungsgrund des § 21 StGB von Bedeutung, da dies Vorschrift nicht etwa nur eine reine Strafzumessungsregel darstellt (BGHSt 7, 30)
Damit war dIe Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam mit der Folge vollumfänglicher Urteilsanfechtung und -überprüfung. Das angefochtene Berufungsurteil hatte jedoch nur über den Strafausspruch befunden. Es hätte aber wegen der unwirksamen Rechtsmittelbeschränkung eine vollständige Urteilsnachprüfung durchführen müssen. Es ist bereits deshalb aufzuheben, weil es dieser Verpflichtung nicht nachkam und den Prüfungsumfang zu eng gefasst hat. Die zu Unrecht erfolgte Annahme der Teilrechtskraft muß beseitigt und der noch fehlende Teil der Entscheidung nachgeholt werden (OLG Hamm, NJW 68, 999; OLG Frankfurt, NJW 59, 1504; Kleinknecht/Meyer-Goßner, Stpo, 43. Aufl., § 352 RdNr; 4 m.w.N.).
Ferner leidet der Rechtsfolgenausspruch des Berufungsurteils selbst unter weiteren Rechtsmängeln.
Der genannte Darlegungsmangel zur Errechnung der Blutalkoholkonzentration teilt sich den dortigen Strafzumessungserwägungen mit. Denn auch im Rahmen der Prüfung des § 21 StGB hätte die Blutalkohol-Berechnungsweise näherer Darlegung bedurft. Insofern sind die diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts ebenfalls lückenhaft. Über die an sich gem. § 267 Abs. 1 S. 1 StPO ausreichend konkrete Bezugnahme auf die Urteilsgründe erster Instanz (UA S. 3) wurden nämlich zum einen nur Feststellungen zum Schuldspruch mitgeteilt, was eigene Strafzumessungserwägungen nicht ersetzen darf. Zum anderen waren diese - wie dargestellt - ihrerseits lückenbehaftet.
Soweit die Strafzumessungserwägungen der Kammer zugunsten des Angeklagten die von § 21 StGB verlangten Voraussetzungen bejahen, wird ein weiterer Rechtsfehler deutlich. Das Gericht geht nämlich davon aus, dass die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit erheblich eingeschränkt gewesen sei.
Insofern ist zu beachten, dass die eingeschränkte Einsichtsfähigkeit strafrechtlich nur dann von Bedeutung ist, wenn sie das Fehlen der Einsicht zur Folge hat. Die gleichzeitige Anwendung beider Alternativen des § 21 StGB ist nicht möglich (BGHSt 21, 27, 28/40, 394; BGH NStZ 82, 201/86, 264/89, 430/90, 333). Vielmehr ist die Angabe unerlässlich, ob die Einsichtsfähigkeit oder die Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt war. Eine solche Festlegung hat das Landgericht demgegenüber versäumt, da es die Folgerungen des von ihm festgestellten alkoholbedingten aggressiven Durchbruchs nicht für das Revisionsgericht nachvollziehbar eingrenzt.
Des weiteren ist die Versagung der Strafrahmenverschiebung aus § 49 StGB für die fahrlässige Trunkenheitsfahrt des Angeklagten (§ 316 Abs. 2 StGB) zu beanstanden. Zutreffend ist noch der Ausgangspunkt der Kammer, wonach eine Verminderung der Schuldfähigkeit nach § 21 StGB nicht stets zu einer Strafrahmenänderung führen muss. Denn nach einer Gesamtwürdigung kann die Schuldminderung durch schulderhöhenden Umständen ausgeglichen werden. Ein solches schulderhöhendes Element kann auch bei selbstverschuldeter Trunkenheit (BGH StV 91, 254) oder dann angenommen werden, wenn der Täter die für ihn besonderes ungünstige Wirkung des Alkoholgenusses kann (BGH MDR 72, 16). Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Täter wusste, dass er unter Alkoholeinfluss zu Straftaten neigt (BGHSt 34, 33; BGH NStZ 86, 114; BGH StV 86, 14/87, 19).
Bei Alkoholkranken ist demgegenüber der Alkoholgenuss nicht schulderhöhend zu werten und rechtfertigt die Versagung einer Strafmilderung nach § 21 StGB nicht (BGH StV 85, 102).
Die sich anhand der BAK-Werte aufdrängenden Feststellungen zu einer Alkoholkrankheit des Angeklagten lässt das angefochtene Urteil vermissen.
Selbst aus der Gesamtschau der Urteilsgründe wird nicht mehr hinreichend deutlich, woraus die Kammer ableiten will, dass für den Angeklagten die für ihn besonders nachteilige Auswirkung des Alkoholkonsums bekannt war. Dieser schulderhöhende Umstand hätte demgegenüber für das Revisionsgericht in nachprüfbarer Weise festgestellt werden müssen (BGH NStZ 92, 547; BGH NStZ-RR 96, 161).
Der Hinweis auf eine vorherige Auffälligkeit des Angeklagten durch ein Straßenverkehrsdelikt der Unfallflucht, das mit einer Geldstrafe belegt worden sei, genügt diesen Anforderungen nicht. Denn es wird nicht mitgeteilt, dass dieses Delikt unter Alkoholeinfluß begangen wurde. Es hätte aber der Darlegung bedurft, dass der Angeklagte unter Alkoholwirkung mit vergleichbaren Straftaten rechnen musste (BGH MDR 77, 98; BGH StV 86, 248/88, 18). Die Strafmilderung darf keinesfalls mit dem Hinweis auf frühere ähnliche Taten abgelehnt werden, ohne dass dort ein Fall des § 21 StGb gegeben gewesen wäre (BGH StV 81, 401).
Schließlich lässt das Urteil bei der konkreten Strafzumessung einen weiteren Rechtsfehler besorgen. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die brutale Ausführung der Tat dem Angeklagten dann nicht zum Vorwurf gemacht und straferschwerend zur Last gelegt werden darf, wenn und soweit sie gerade Ausdruck des die erhebliche Minderung seiner Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begründende geistig-seelische Zustands - etwa eines Affekts - ist (BGHSt 16, 360, 364; BGH NStZ 86, 114 f./97, 592 f.) Das Vor- und Nachtatverhalten des Angeklagten bot aber Anhaltspunkte dafür, dass sich die Art der Tatausführung gerade aus dem vermindert schuldfähigen Zustand des Täters erklärt. Diese Anhaltspunkt schildert die Kammer ausführlich in den Urteilsgründen, wonach der Angeklagte unter erheblicher Alkoholisierung einen ihm völlig unbekannten Verkehrsteilnehmer ohne jeglichen Grund überfallen hatte, nur um seine eigenen Aggressionen ausleben zu können. Die Schilderung der Kammer (UA S. 9) sprechen nachhaltig dafür, dass die brutale Tatbegehung gerade Folge eines "Ausrastens" des Angeklagten war, die sich als Konsequenz der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit darstellt. Im Unterschied zum Urteil des BGH vom 20.06.1997 (NStZ 97, 592) war vorliegend die Kammer nicht sachverständig im Zusammenhang stehe. Dies rechtfertigt die Besorgnis, das Tatgericht habe den Umstand, dass die Schuldfähigkeit des Täters erheblich vermindert war, bei der Berücksichtigung dieses Strafschärfungsgrundes übersehen. ...
Es wird b e a n t r a g t, das Urteil des Landgerichtes Gießen vom 22.04.1998 auf die Revision des Angeklagten mit den zugrundeliegenden Feststellung
aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über den zu Unrecht als rechtskräftig beurteilten Schuldspruch - an einer andere
Kammer des Landgerichtes Gießen zurückzuweisen.
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IV.Urteil des OLG Frankfurt vom 24.11.1998, 2 Ss 356198
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts Gießen vom 22. April 1998 hat das Oberlandesgericht
Frankfurt am Main -2. Strafsenat - in der Sitzung vom 24. November 1998 ... für Recht erkannt:
Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.
GRÜNDE: Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde ihm mit einer Sperrfrist von 18 Monaten entzogen.
Seine hiergegen gerichtete und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung hat die Strafkammer durch das angefochtene Urteil verworfen. Sie ging von einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch und damit der Bindung an den Schuldspruch des amtsgerichtlichen Urteils aus. Seinen Schuldspruch stützte das Amtsgericht auf folgende Feststellungen:
Die Angeklagten suchten am Abend des 14.10.1996 gemeinsam ab 21.00 Uhr oder 22.00 Uhr zunächst eine Gaststätte auf, dann ab 24.00 Uhr das A-Cafe in G. bis kurz vor der noch darzustellenden Tat gegen 1.50 Uhr. Der Angeklagte K. trank im genannten Zeitraum Whisky, L dagegen Bier und Asbach mit Whisky.
Die bei K. um 2.45 Uhr entnommene Blutprobe enthielt zum Entnahmezeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 1,64 Promille, die bei Köse um 2.55 Uhr entnommene 1,58.
Gegen 1.50 Uhr mußte der Geschädigte H. mit seinem PKW verkehrsbedingt an der LZA Berliner Platz in Gießen (Fahrtrichtung Marburger Str.) anhalten. Die Angeklagten hielten mit ihrem PKW - GI-F... - links neben dem Zeugen.
K. stieg aus, begab sich zur Fahrertür des PKW des Zeugen H. der seinerseits dachte, der Angeklagte wollte von ihm eine Auskunft, und deshalb gerade dabei war, das Fenster zu öffnen, als unvermittelt K. die Fahrzeugtür aufriß und ohne ein Wort zu sagen mit den Fäusten auf den verdutzten Zeugen einschlug.
Beide Angeklagten, L. war zwischenzeitlich hinzugekommen, traten dann mit den beschuhten Füßen durch die geöffnete Tür auf den Körper des Zeugen ein, zerrten den Zeugen dann aus seinem Fahrzeug und traten weiter auf den nun auf der Straße liegenden hilflosen Zeugen ein.
Als wenig später der Taxifahrer Lange dem Zeugen H. zur Hilfe kommen wollte - er führte einen Schlagstock bei sich - wurde er sofort von L. zu Boden gerissen.
Anschließend traten beide Angeklagte auf den am Boden liegenden M. ein. Passanten, die mäßigend auf die Angeklagten einwirken wollten, boten beide Angeklagte ebenfalls Prügel an.
Wenige Minuten später, als die Angeklagten mit dem Eintreffen der Polizei rechnen mußten, fuhren sie mit ihrem PKW - K. am Steuer - in Richtung L. davon, mit überhöhter Geschwindigkeit von bis 100 km/h, wo sie am L. Kopf von einer Polizeistreife gestellt wurden.
Während der Geschädigte M. nur eine kleine blutende Wunde und zahlreiche Hämatome davontrug, wurde H. erheblich verletzt. Nach den Feststellungen des Arztes erlitt er ausgedehnte Gesichtsschädelprellungen links mit Hämatombildung und Schwellung. Eine Nierenprellung ließ sich der Zeuge während eines Urlaubs in Ungarn behandeln. H. hatte noch mehrere Monate nach der Tat Beschwerden.
Nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. R. betrugen bei den Angeklagten die Mindestblutalkoholkonzentrationen 1,64 %o (K.) und 1,58 %o (L). Bei den maximalen Konzentrationen lagen bei K. 2,04 %o und bei L. bei 1,98 %o. vor. Der Sachverständige schloß aus ärztlicher Sicht nicht aus, dass die Angeklagten bei den Körperverletzungstaten unter den Voraussetzungen des § 21 StGB handelten. Der genossene Alkohol habe die Steuerungsfähigkeit herabgesetzt, als Katalysator gewirkt.
Gegen das Urteil der Strafkammer legte der Angeklagte form- und fristgerecht Revision ein. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Revision ist zulässig, sie bleibt aber im Ergebnis ohne Erfolg.
Soweit die Strafkammer von einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch und der Rechtskraft des Schuldspruches wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen sowie wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr ausgegangen ist, hält das angefochtene Urteil der rechtlichen Überprüfung stand.
Die Feststellungen des Amtsgerichts zum Alkoholisierungsgrad des Angeklagten sind zwar knapp, aber ausreichend. Danach betrug der BAK-Wert bei dem Angeklagten im Zeitpunkt der Entnahme um 2.45 Uhr, 1,64 %o und im Zeitpunkt der Tat gegen 1.50 Uhr nach dem Gutachten des Sachverständigen mindestens 1,64 %o und höchstens 2,04 %o. Auch wenn das Amtsgericht keine weiteren Feststellungen zur Menge des genossenen Alkohols getroffen und die zugrundegelegten Rückrechnungswerte nicht mitgeteilt hat, kann hiernach ausgeschlossen werden, dass gegebenenfalls ein noch höherer Alkoholisierungsgrad vorgelegen haben könnte, der zur völligen Schuldunfähigkeit i.S. des § 20 StGB führen konnte. Das Vorliegen verminderter Schuldfähigkeit i.S. des § 21 StGB hat das Amtsgericht dem Angeklagten - da nicht ausschließbar - zugebilligt. Gegen den Schuldspruch des amtsgerichtlichen Urteils bestehen insoweit keine Bedenken. Die Strafkammer ist deshalb zu Recht von einer wirksamen Beschränkung der Berufung und der Rechtskraft des Schuldspruches ausgegangen.
Auch im Ausspruch über die Rechtsfolgen hält das angefochtene Urteil der rechtlichen Überprüfung stand.
Die Strafkammer hat bei der Bildung der beiden Einsatzstrafen die Strafrahmenverschiebung der §§ 21, 49 StGB beachtet und dabei der verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten infolge seiner Alkoholisierung Rechnung getragen.
Bei der Bemessung der Höhe der beiden Einsatzstrafen von 8 und 4 Monaten für die beiden Fälle der gefährlichen Körperverletzung wurden die Leitgesichtspunkte des § 46 StGB beachtet.
Die Strafkammer hat auch bei der Verhängung dieser kurzfristigen Freiheitsstrafen in ausreichender Weise dargelegt, weshalb die Verhängung dieser Freiheitsstrafen i.S. des § 47 StGB zur Einwirkung auf den Angeklagten und zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten waren.
Gegen die Verhängung von 45 Tagessätzen zu je 30,-- DM für die Trunkenheitsfahrt bestehen ebensowenig Bedenken wie gegen die von der Strafkammer gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten.
Die Strafkammer hat im übrigen auch ausreichend dargelegt, weshalb eine Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 StGB nicht in Betracht kam. Die Revision
erweist sich hiernach als unbegründet.
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Fall 2: Rechtsprechung des 2. Senats des OLG Frankfurt
Amtsgericht Schwalmstadt-Treysa vom 13. Juli 1998
Revision der Verteidigung
Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft
Reaktion der Verteidigung
OLG Frankfurt a.M. vom 02.12.1998
I. Amtsgericht Schwalmstadt-Treysa, Urteil vom 13. Juli 1998, 5 Js 1870/94 4a Ds
Der Angeklagte wird wegen mittelbarer Falschbeurkundung in Tateinheit mit Betrug zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 20,--DM kostenpflichtig verurteilt. Angewendete Vorschriften: §§ 271 Abs. 1, 263 Abs. 1, 52 StGB.
Gründe: 1. Der Angeklagte arbeitet in Rumänien als Hotelfachangestellter und ist nebenbei Leiter eines Reisebüros. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von 8 und 9 Jahren. Seine Ehefrau ist Krankenschwester. Er verdient nach seiner unwiderlegten Einlassung monatlich umgerechnet rund 300,-- bis 350,--DM. Hinzu kommen Provisionen, deren Höhe nicht genau feststellbar ist. Der Angeklagte ist bereits vorbestraft.
Am 25.11.1991 wurde er vom Amtsgericht Leutkirch unter Aktenzeichen 2 Cs 341/91 wegen Diebstahl zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 15,--DM verurteilt. Am 04.05.1992 wurde er vom Amtsgericht Leutkirch unter Aktenzeichen 2 Cs 90/92 wegen Fahren mit einem nichtversicherten Fahrzeug in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 20,--DM verurteilt.
Am 17.12.1993 verurteilte ihn das Amtsgericht Pirna unter Aktenzeichen 1 Ds 140 JS 36096/93 wegen unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10,--DM. Die Geldstrafe ist gezahlt. Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Nachdem der am 11.09.1991 gestellte Asylantrag des Angeklagten am 28.07.1992 abgelehnt worden war und ihm die Abschiebung angedroht worden war, verließ er die Bundesrepublik Deutschland. In Kenntnis der Ablehnung reiste er zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt wieder illegal in die Bundesrepublik Deutschland ein und hielt sich bis zu seiner Feststellung am 02.10.1993 gegen 07.00 Uhr durch die Grenzschutzstelle Schmilka unerlaubt in der Bundesrepublik Deutschland auf. Bei der grenzpolizeilichen Kontrolle wurde festgestellt, dass der Angeklagte nicht im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung für die BRD war, obwohl er wußte, dass dies zwingende Voraussetzung für einen legalen Aufenthalt ist.
Unter den vom Angeklagten verwandten Aliaspersonalien J.B. wurde er am 08.03.1993 vom Amtsgericht Alsfeld unter Aktenzeichen 11 Js 15907/93 Cs wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe von 12 Tagessätzen zu je 15,--DM verurteilt. Ein unter den gleichen Personalien geführtes Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten wegen Diebstahls, Az.: 5 Js5796/98 (früher: 5 Js 8945/93 4a Ds jug) wurde von der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Stpo eingestellt.
Ein weiteres Verfahren gegen den Angeklagten, Az.: 5 Js 5664/98 wegen des Vorwurf 5 der unerlaubten Einreise in die BRD im Mai 1998 wurde gemäß § 154 StPO vorläufig eingestellt.
Der Angeklagte wurde aufgrund eines Haftbefehles des Amtsgerichts Schwalmstadt vom 02.03.1994 in vorliegender Sache, am 21.05.1998 festgenommen und befand sich bis zur Hauptverhandlung, in der der Haftbefehl aufgehoben wurde in Untersuchungshaft.
II. Der Angeklagte war am 11.09.1991 unter seinem richtigen Namen O.-U. in die BRD eingereist und hatte dort erfolglos Asyl beantragt. Die Ablehnung erfolgte am 28.07.1992. Seit dem 06.08.1992 lagen die Voraussetzungen für seine Abschiebung vor, ein Abschiebehaftbefehl wurde erlassen. Der Angeklagte verließ die BRD. Am 11.03.1993 reiste er erneut in die BRD ein. Er gab nunmehr der Wahrheit zuwider seinen Namen mit J. B. und sein Geburtsdatum mit dem 03.11.1964 an, unter diesen Personalien beantragte er Asyl. Ihm wurde eine Aufenthaltsgestattung unter diesen Personalien erteilt und er erhielt, was der Angeklagte auch wußte und von ihm beabsichtigt war, für die Zeit vom 17.03.1993 bis zu seiner erneuten Ausreise am 03.10.1993 Sozialhilfe in Höhe von insgesamt 3.474,80 DM.
Am 21.05.1998 wurde der Angeklagte bei dem Versuch, die BRD am Grenzübergang W. in die tschechische Republik zu verlassen, kontrolliert und vorläufig festgenommen. Nach seiner unwiderlegten Einlassung war er zuvor mit dem Flugzeug von Rumänien in die Schweiz geflogen und hatte dort einen Pkw erworben. Mit diesem Pkw war er dann ungehindert nach Deutschland eingereist und wollte in W. wieder ausreisen.
III. Die Feststellungen beruhen auf der ausweislich der Protokollniederschrift vom 13.07.1998 durchgeführten Beweisaufnahme. Der Angeklagte hat in vollem
Umfang zugegeben, unter Angabe falscher Personalien im März 1993 erneut nach Deutschland eingereist zu sein, um ein erneutes Asylverfahren zu erlangen.
Die Feststellungen der Vorstrafen ergibt sich aus der Verlesung der Bundeszentralregisterauskünfte vom 05.06.1998 sowie vom 18.03.1994. Die Feststellungen
über die der Verurteilung durch das Amtsgericht Pirna zugrundeliegenden Tatsachen ergibt sich aus Verlesung des Strafbefehls des Amtsgerichts Pirna, Az.:
140 Js 36096/93. Die Feststellungen über die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten und sein Einkommen beruhen auf dessen insoweit glaubhafter
Einlassung. Die Feststellung über die Angaben der falschen Personalien und die Ausstellung der Aufenthaltsgestattung auf den falschen Namen ergibt sich aus
der Inaugenscheinnahme der Aufenthaltsgestattung.
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IV. Der Angeklagte hat sich durch sein Verhalten wegen mittelbarer Falschbeurkundung in Tateinheit mit Betrug gemäß §§ 271 Abs. 1, 263 Abs. 1, 52 StGB strafbar gemacht. Er hat durch die Angabe der falschen Personalien gegenüber einem öffentlichen Bediensteten bewirkt, dass die falschen Personalien in die Aufenthaltsgestattung aufgenommen wurden. Zwar beweist die Aufenthaltsgestattung nicht, dass die in ihr enthaltenen Personalien zutreffend sind, jedoch beweist die Aufenthaltsgestattung, dass sich jemand in Deutschland berechtigt aufhalten darf, dies war jedoch beim Angeklagten nicht der Fall, da sein Asylantrag bereits einmal rechtskräftig abgelehnt worden war. Durch die falsche Angabe der Personalien hat der Angeklagte auch einen Betrug begangen, denn er hat über sein Identität getäuscht und so erreicht, dass er ein weiteres Asylverfahren durchlaufen durfte und hierfür während seines Aufenthaltes in Deutschland Sozialhilfe erhielt.
Soweit dem Angeklagten vorgeworfen war, unerlaubt nach Deutschland eingereist zu sein, wurde die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Eine Verurteilung wegen unerlaubter Einreise in die BRD ist im Jahre 1993 bereits durch das Amtsgericht Pirna in dem zuvor genannten Strafbefehl erfolgt. Es lag daher bereits eine rechtskräftige Verurteilung wegen der unerlaubten Einreise am 11.03.1993 nach Deutschland vor. Die bereits erfolgte Verurteilung wegen unerlaubter Einreise hinderte die jetzige Verurteilung wegen mittelbarer Falschbeurkundung in Tateinheit mit Betrug nicht. Es handelt sich hierbei um völlig verschiedene Sachverhalte. Zwar hat der Angeklagte die nun abgeurteilten Taten während seines illegalen Aufenthaltes in Deutschland begangen, es besteht jedoch zwischen dem unerlaubten Aufenthalt einerseits und den jetzt abgeurteilten Taten andererseits kein notwendiger Zusammenhang. Eine Tateinheit zwischen dem unerlaubten Aufenthalt einerseits und der mittelbaren Falschbeurkundung und dem Betrug andererseits, die eine erneute Verurteilung hindern würden, hätte nur dann bestanden, wenn die mittelbare Falschbeurkundung in Tateinheit mit Betrug einen tatbestandserheblichen Beitrag zu dem Dauerdelikt des unerlaubten Aufenthalts geleistet hätten. Dies ist jedoch nicht der Fall, da auch ohne die mittelbare Falschbeurkundung und dem Betrug der unerlaubte Aufenthalt möglich war. Der Angeklagte hätte sich auch im Untergrund aufhalten können, ohne bei den zuständen Behörden erneut einen Asylantrag zu stellen. Im übrigen darf es auch nicht sein, dass allein wegen der Verurteilung wegen unerlaubten Aufenthalts der sich über mehrere Monate erstreckte, jede weitere Verurteilung wegen Taten, die der Angeklagte während dieser Zeit in Deutschland begangen hat, ausgeschlossen wäre. Dies würde zu einer unerträglichen Strafbarkeitslücke führen.
Bei der Strafzumessung wurde zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er die Tat in vollem Umfang eingeräumt hat, dass er ernsthaft bekundet hat,
sich unter Zuhilfenahme seines Verteidigers um die Rückzahlung der zu Unrecht erlangten Sozialhilfe zu bemühen, dass er in geordneten familiären und
wirtschaftlichen Verhältnissen lebt und dass er bereits eine erhebliche Zeit Untersuchungshaft verbüßt hat. Zu Lasten des Angeklagten wirkte sich aus, dass er
bereits vorbestraft ist, dass er gegen zwei Strafgesetze verstoßen hat und dass der angerichtete Schaden von fast 3.500,--DM erheblich ist. Zu seinen Gunsten
wirkte sich wiederum aus, dass aufgrund der Zahlung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Pirna keine Gesamtstrafenbildung mehr möglich
war, insoweit erfolgte ein Härteausgleich....
II. Die Revision der Verteidigung
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Das Rechtsmittel soll als Revision geführt werden, weshalb die Verteidigung bereits im Schriftsatz vom 14.07.1998 vorsorglich die Verletzung des materiellen Rechts gerügt hat. Die Rüge wird wie folgt begründet:
Das Amtsgericht hat die Auffassung vertreten, die bereits erfolgte Verurteilung habe die jetzige Verurteilung wegen mittelbarer Falschbeurkundung in Tateinheit mit Betrug nicht gehindert (UA 5). Dies wird von der Verteidigung beanstandet.
Der Asylantrag des Angeklagten ist mit Bescheid vom 28.07.1992 abgelehnt worden. Dem Angeklagten wurde die Abschiebung angedroht. Er verließ die Bundesrepublik Deutschland (UA 2). Danach reiste der Angeklagte wieder illegal in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dort hielt er sich bis zum 02.10.1993 auf (UA 2). Das Amtsgericht hat sodann folgende weitere Feststellungen getroffen:
"Am 11.03.1993 reiste er erneut in die BRD ein. Er gab nunmehr der Wahrheit zuwider seinen Namen mit J. B. und sein Geburtsdatum mit dem 03.11.1964 an, unter diesen Personalien beantragte er Asyl. Ihm wurde eine Aufenthaltsgestattung unter diesen Personalien erteilt und er erhielt, was der Angeklagte auch wußte und von ihm beabsichtigt war, für die Zeit vom 17.03.1993 bis zu seiner erneuten Ausreise am 03.10.1993 Sozialhilfe in Höhe von insgesamt 3.474,80 DM." (UA 3)
Was die illegale Einreise und den anschließenden illegalen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland anbelangt, konnte das Amtsgericht folgende Feststellungen treffen:
"Am 17.12.1993 verurteilte ihn das Amtsgericht Pirna unter Aktenzeichen 1 Ds 140 Js 36096/93 wegen unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10,-- DM ..." (UA 2).
Die Feststellungen, die das Amtsgericht treffen konnte, verdeutlichen, dass der Zeitraum vom 11.03.1993 bis zum 02.10.1993 durch die Entscheidung des Amtsgerichtes Pirna erfaßt wird. Nicht anzuzweifeln ist, dass das Amtsgericht Pirna nicht nur die illegale Einreise sondern auch den illegalen Aufenthalt des Angeklagten bis zum 02.10.1993 sanktioniert hat.
Der vom Amtsgericht Pirna bereits ausgeurteilte Sachverhalt ist auch Gegenstand der Antragsschrift vom 03.06.1998.
Die dort aufgeführten und schließlich ausgeurteilten Taten hat der Angeklagte begangen, während er sich in der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit vom 11.03.1993 bis zum 02.10.1993 illegal aufhielt.
Dabei besteht die Besonderheit im vorliegenden Fall darin, dass das Urkundendelikt und das Betrugsdelikt im zeitlichen Zusammenhang mit der illegalen Einreise zu sehen ist. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb in der Antragsschrift vom 03.06.1998 eine tateinheitliche Begehungsweise angenommen.
Zu Recht hat insoweit das Amtsgericht Schwalmstadt die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Die Ablehnung beschränkt sich jedoch auf die unerlaubte Einreise in die Bundesrepublik Deutschland.
Wenn aber illegale Einreise und der illegale Aufenthalt in Tateinheit mit dem Urkunden- und Betrugsdelikt begangen worden sind, ist insgesamt durch die Entscheidung des Amtsgerichtes Pirna vom 17.12.1993 Strafklageverbrauch eingetreten, was das Amtsgericht verkannt hat.
Grundsätzlich stellt sich im vorliegenden Fall schon die Frage, ob drei an sich selbständige Delikte vorliegen. Dies ist nach Ansicht der Verteidigung zu verneinen.
Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte unter falschem Namen eingereist. Er hat sich auch unter illegalem Namen hier aufgehalten. Dies geschah zu dem Zweck, hier Sozialhilfeleistungen zu erhalten.
Bei einer solchen Konstellation kann bereits von einer natürlichen Handlungseinheit ausgegangen werden. Zu Recht hat deshalb die Staatsanwaltschaft in der Antragsschrift vom 03.06.1998 die Taten als einheitliche im Sinne des § 52 StGB angesehen.
Selbst wenn jedoch die Tatbestände der Einreise, der Falschbeurkundung und des Betruges als selbständige Delikte angesehen werden sollten, stellt sich die Frage, ob nicht durch das Dauerdelikt des illegalen Aufenthaltes eine sogenannte Klammerwirkung eintritt (vgl. Tröndle, StGB, 48. Auflage, 1997, Rz. 5 vor § 52 StGB).
Dabei erkennen Rechtsprechung und Literatur, ohne dass dies im Grundsatz noch streitig wäre, an, dass ein Dauerdelikt zwei selbständige Delikte miteinander verbinden kann.
Im vorliegenden Fall geht es lediglich um die Rechtsfrage, ob die Klammerwirkung wegen einer fehlenden Wertgleichheit zu verneinen ist (Tröndle, a.a.O., Rz. 5 a vor § 52 StGB). Mit dieser Frage hat sich das Amtsgericht nicht befaßt.
Die Wertgleichheit fehlt in der Regel, wenn ein Vergehenstatbestand einen Verbrechenstatbestand verbinden soll. Dies leuchtet ein, weil damit dem Unrechtsgehalt der in Rede stehenden Delikte nicht Rechnung getragen würde.
Hier liegen die Dinge jedoch anders.
Die Verteidigung vertritt die Auffassung, dass ungeachtet der unterschiedlichen Strafdrohungen der hier in Rede stehenden Delikte gleichwohl von einer Wertgleichheit auszugehen ist. Im Unrechtsgehalt unterscheiden sich nämlich die Falschbeurkundung und der Betrug nicht wesentlich von den Tatbeständen der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland.
Die hier in Rede stehenden Verstöße gegen das Ausländergesetz können mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden. Es handelt sich um ein Vergehen.
Der Betrug ist ebenfalls mindestens mit Geldstrafe bedroht. Allerdings ist das Höchstmaß der Freiheitsstrafe 5 Jahre. Beim Betrug handelt es sich um ein Vergehen.
Die Gleichwertigkeit der mittelbaren Falschbeurkundung ist ohne weiters zu bejahen. Es kann eine Geldstrafe verhängt werden. Die Höchststrafe beträgt 1 Jahr.
Fraglich kann daher nur sein, ob eine Wertgleichheit zwischen § 92 I AuslG und § 263 I StGB verneint werden kann.Im Hinblick darauf, dass es sich in beiden Fällen um Vergehen handelt, ist dies nach Ansicht der Verteidigung im Ergebnis zu verneinen.
Die Verteidigung kommt daher zu dem Ergebnis, dass durch die rechtskräftige Verurteilung vom 17.12.1993 insgesamt Strafklageverbrauch eingetreten ist. Die in Rede stehenden Delikte stehen in Tateinheit infolge natürlicher Handlungseinheit bzw. der Klammerwirkung.
Wenn die hier in Rede stehenden Delikte in Tateinheit stehen, muß auch vom Vorliegen einer einzigen prozessualen Tat ausgegangen werden. Diese
prozessuale Tat ist bereits erfaßt durch die Entscheidung vom 17.12.1993. ...
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III. Die Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft beim OLG Frankfurt vom 26.10.1998
... Der Bundesgerichtshof hat eine innere Verknüpfung von Dauerdelikten mit anderen Delikten wiederholt abgelehnt (BGHSt 18, 32 f.; BGHSt 36, 151 ff.). ...
In der Strafsache gegen ... nehme ich zum Inhalt der Gegenerklärung vom 26.10.1998 wie folgt Stellung:
Nach Auffassung der Revision sind die von der Staatsanwaltschaft zitierten Entscheidungen und Kommentarstellen nicht einschlägig. Die Revision kann die rechtlichen Ausführungen zur Frage der Verknüpfung einzelner Delikte durch ein Dauerdelikt im Wege der Klammerwirkung nicht nachvollziehen.
Die rechtliche Seite ist von der Revision zutreffend ausgeleuchtet worden. Wenn es um die Klammerwirkung geht, prüft der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, ob die erforderliche Wertgleichheit vorliegt (so zuletzt BGH NStZ 1996, 604). So hat es auch die Revision gehandhabt. Die Ansicht der Staatsanwaltschaft, wonach der Bundesgerichtshof eine innere Verknüpfung von Dauerdelikten mit anderen Delikten wiederholt abgelehnt haben soll, ist nicht zutreffend und von Rechtsirrtümern beeinflußt.
Beispielhaft soll Bezug genommen werden auf den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 12.01.1995 (NJW 1995, 1766). Dort hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die Trunkenheitsfahrt zu der Entwendung eines Fahrzeuges in Tateinheit steht, da nach dem von der Rechtsprechung zur sogenannten Klammerwirkung entwickelten Grundsätzen die Trunkenheitsfahrt, den Diebstahl und einen späteren gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zur weiterer Tateinheit verbinden kann.
In einer weiteren Entscheidung vom 14.07.1992 hat der Bundesgerichtshof ebenfalls betont, dass sich eine Tateinheit aus der sogenannten Klammerwirkung eines anderen - das gesamte Geschehen umfassenden - Deliktes ergeben kann (BGH NStZ 1993, 39). Dieser Entscheidung kann keineswegs entnommen werden, dass der Bundesgerichtshof eine innere Verknüpfung von Dauerdelikten mit anderen Delikten wiederholt abgelehnt haben soll.
Mit der Klammerwirkung eines Dauerdeliktes hat sich der Bundesgerichtshof in einer weiteren Entscheidung vom 22.10.1992 ausführlich auseinander gesetzt (NStZ 1993, 133). Auch in dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof geprüft, welchen Unrechtsgehalt die in Rede stehenden Delikte haben. Falls die Wertgleichheit der mit einander zu verbindenden Delikte zu verneinen ist, scheidet in der Tat eine Klammerwirkung aus.
Ebenso, wie es die Revision getan hat, pflegt jedoch auch der Bundesgerichtshof zu prüfen, welchen Unrechtsgehalt die in Rede stehenden Delikte haben.
Die Staatsanwaltschaft hat sich in ihrer Gegenerklärung zu diesem Thema ausgeschwiegen. Eine Stellungnahme zu der Frage der Wertgleichheit der hier in Rede stehenden Delikte fehlt. Daraus darf geschlossen werden, dass gegen die von der Revision angenommenen Wertgleichheit keine Einwendnungen erhoben werden.
Im Beschluß vom 06.09.1998 (NStZ 1989, 20) führt der Bundesgerichtshof aus, dass eine Dauerstraftat die Verbindungswirkung nur entfalten kann, wenn zwischen ihr und wenigstens einer der an sich selbständigen Straftaten annähernde - nicht umfassende - Wertgleichheit besteht. Dies hat der Bundesgerichtshof in dem dort behandelten Fall bejaht.
Interessant an dieser Entscheidung ist, dass der Täter während des Diebstahlsversuchs eine schußbereite Pistole bei sich führte und damit gegen das Waffengesetz verstoßen hat. Die Dauerstraftat des unerlaubten Führens einer halbautomatischen Selbstladewaffe war geeignet, den versuchten Diebstahl und das dazu selbständige Vergehen einer Nötigung und Körperverletzung miteinander zu verbinden.
Wenn in einem solchen Fall die Wertgleichheit zu bejahen ist, kann, wie die Revision dies ausgeführt hat, im vorliegenden Fall nichts anderes gelten. Auf den Inhalt der Revisionsbegründung wird noch einmal Bezug genommen.
Die Revision möchte am Ende darauf hinweisen, dass es weitere Entscheidungen des Bundesgerichtshofes gibt, die sich nicht mit der Auffassung der Staatsanwaltschaft in der Gegenerklärung vom 26.10.1998 in Einklang bringen lassen (BGH NStZ 1988, 77; NStZ 1984, 262; NStZ 1981, 72).
Es kann sonach nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass die angefochtene Entscheidung an dem von der Revision gerügten Rechtsfehler leidet.
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V. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.12.1998, 2 Ss 388/98
Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.
Gründe (abgekürzt gemäß § 349 Abs. 2 StPO): Die zulässige Revision ist nicht begründet. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf das
Revisionsvorbringen hin hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch eine Herabsetzung der Höhe des Tagessatzes ist nicht geboten.
Aus den Feststellungen des Urteils ergibt sich, dass das Amtsgericht die Tagessatzhöhe von 20,00 DM auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage in nicht zu
beanstandender Weise geschätzt hat (§ 40 Abs. 2, 3 StGB). Das Amtsgericht hat hierzu festgestellt, dass der Angeklagte, der für zwei minderjährige Kinder
unterhaltspflichtig ist und dessen Ehefrau gleichfalls berufstätig ist, ein Einkommen von monatlich umgerechnet rund 300,00 DM bis 350,00 DM zuzüglich
Provision in nicht genau feststellbarer Höhe hat. Anhaltspunkte für die Vermögensverhältnisse des Angeklagten ergeben sich weiterhin aus der Feststellung, er
sei in die Schweiz geflogen, um dort einen PKW zu erwerben.Der Angeklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 473 Abs. 1 StPO).
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Fall 3: Rechtsprechung des 3. Senats des OLG Frankfurt
Strafanzeige vom 11.08.1998
Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 28.12.1998
Beschwerde vom 19.01.1999
Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 23.04.1999
OLG Frankfurt vom 20.05.1999 (3 Ws 369199)
Der Antragsteller erstattete unter dem 11.08.1998 eine Strafanzeige gegen den Beschuldigten. Die Strafanzeige hat folgenden Wortlaut:
"...Namens und im Auftrage meines Mandanten erstatte ich hiermit S t r a f a n z e i g e
gegen Herrn PHM G. wegen aller in Betracht kommenden Delikte auf der Grundlage des nachfolgend geschilderten Sachverhaltes.
Gegen den Anzeigenerstatter war bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht ... - unter dem Geschäftszeichen .. Js ..../97 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz anhängig.
Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens fertigte der Beschuldigte unter dem 29.07.1997 einen Vermerk. In diesem Vermerk führte der Beschuldigte folgendes aus:
'... Er ist polizeibekannt und gilt als gewalttätig. Der Beschuldigte war in den Jahren 1990 bis 1993 Mitglied der Erpresser- und Schutzgeldmafia in W. ...'
Die entsprechende Fundstelle befindet sich auf Bl. 3 der zitierten Akten.
Die Behauptung des Beschuldigten ist unwahr. Der entsprechende Vermerk mit dem zitierten Inhalt hatte in dem anhängigen Verfahren in Wetzlar den Zweck, den Anzeigenerstatter als Schwerkriminellen darzustellen. Ziel des Vermerkes war es, den zuständigen Haftrichter von der besonderen Gefährlichkeit des Beschuldigten zu überzeugen, damit auf diese Art und Weise leichter ein Haftbefehl erwirkt werden kann.
Tatsächlich war gegen den Beschuldigten bei der Staatsanwaltschaft in W. unter dem Geschäftszeichen ... Js .../91 ein Ermittlungsverfahren anhängig, in dem es um Schutzgelderpressung ging. Die Anklageschrift datiert vom 22.10.1991.
In einem skandalös durchgeführten Verfahren ist der Anzeigenerstatter schließlich auf Kosten der Staatskasse freigesprochen worden. Das Urteil des Amtsgerichtes W. ist rechtskräftig. Es datiert vom 28.01.1992.
Der Beschuldigte ist am 20.04.1997 vor dem Amtsgericht in W. als Zeuge vernommen worden. Der Beschuldigte sagte dort unter anderem folgendes aus:
'... In der Kriminalakte steht, daß der Angeklagte 1990 bis 1993 zu den Schutzgelderpressern gehörte. Ich beziehe mich auf die Kriminalakte. Es sind polizeiinterne Dinge, dazu kann ich keine Angaben machen, weil ich hierzu keine Aussagegenehmigung habe. ... Ich habe den Vermerk geschrieben, aber nicht den Erpressungsvorwurf überprüft. Den Hinweisgeber kenne ich nicht. ... ' (Bl. 111 und 112 d. A. mit dem Geschäftszeichen 4 Ls 23 Js 5302/97).
Das gerichtliche Protokoll über die Einvernahme des Beschuldigten in der Hauptverhandlung ist unvollständig.
Der Unterzeichner hat den Beschuldigten in der Hauptverhandlung vom 20.04.1998 ausdrücklich danach befragt, ob er die Behauptung aufrecht erhalten wolle, der Beschuldigte sei in den Jahren 1990 bis 1993 Mitglied der Erpresser- und Schutzgeldmafia in Wetzlar gewesen. Der Beschuldigte erklärte daraufhin wörtlich: 'Ich halte die Behauptung aufrecht.'
Es besteht der Verdacht, daß der Beschuldigte wider besseres Wissen eine uneidliche Falschaussage vor Gericht gemacht hat.
Es wird anwaltlich versichert, daß der Beschuldigte in der Hauptverhandlung vom 20.04.1998 ausdrücklich erklärt hat, er wolle diese Behauptung aufrecht erhalten. Dies ergibt sich aus den schriftlichen Aufzeichnungen über den Gang der Vernehmung des Beschuldigten in der Hauptverhandlung des Unterzeichners. Ferner hat der Unterzeichner dies heute noch genau in Erinnerung.
Die Hauptverhandlung ist nämlich, nachdem der Beschuldigte sich auf seine fehlende Aussagegenehmigung berufen hatte, unterbrochen worden.
Im Anschluß an die Unterbrechung erklärte der Beschuldigte, er habe am 29.07.1997 nicht gewußt, wie sich das Verfahren gegen den Beschuldigten entwickelt habe.
Schließlich hatte das Gericht den Beschuldigten insoweit geschützt, als eine Vereidigung gemäß § 61 Ziffer 3 StPO abgelehnt worden ist. Das Gericht hat in dem entsprechenden Beschluß gemeint, die Aussage des Zeugen G. habe keine wesentliche Bedeutung.
Die Verteidigung hatte nicht auf die Vereidigung verzichtet.
Es wird darum gebeten, im vorliegenden Fall die Ermittlungen nicht Herrn Staatsanwalt W. zu übertragen. Herr Staatsanwalt W. war seinerzeit auch
Sachbearbeiter des Verfahrens aus dem Jahre 1991. Es ist nach Ansicht des Unterzeichners nicht damit zu rechnen, daß Herr Staatsanwalt W. gegen den
Beschuldigten im vorliegenden Fall unvoreingenommen ermitteln wird. Vielmehr steht zu befürchten, daß das Verfahren aus sachfremden Erwägungen
eingestellt wird ..."
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Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht ... hat auf der Grundlage der erstatteten Strafanzeige keine nennenswerten Ermittlungen aufgenommen. Vielmehr ist das Verfahren mit Bescheid vom 28.12.1998 gemäß § 170 II StPO eingestellt worden. Die Einstellung wurde wie folgt begründet:
"... der Beschuldigte geriet in Verdacht, am 20.04.1998 in der Hauptverhandlung gegen den D. vor dem Amtsgericht Wetzlar eine uneidlich falsche Aussage gemacht zu haben, die zudem noch geeignet gewesen sein soll, den Anzeigenerstatter D. in seiner Ehre herabzuwürdigen.
Der Beschuldigte, der in seiner Eigenschaft als Polizeibeamter in der Strafsache gegen D. vor dem Amtsgericht als Zeuge gehört wurde, hat auf Befragen des Verteidigers folgendes erklärt:
'In der Kriminalakte steht, daß der Angeklagte 1990 bis 1993 zu den Schutzgelderpressern gehörte. Ich beziehe mich auf die Kriminalakte. Das sind polizeiinterne Dinge, dazu kann ich keine Angaben machen, weil ich hierzu keine Aussagehnehmigung hatte.'
Die Einlassung des Beschuldigten, es handelte sich nach seinem Erkenntnisstand um die wahrheitsgemäße Wiedergabe von Tatsachen, die sich aus der Kriminalakte ergeben hatten, kann ihm nicht mit der zur Verurteilung erforderlichen Sicherheit widerlegt werden.
Die Ermittlungen haben hierzu ergeben, daß tatsächlich unter dem Aktenzeichen .. Js ... /91 der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen D. wegen "Schutzgelderpressungen" im weitesten Sinn geführt wurde.
Dieses Verfahren wurde zur Anklage gebracht und bezüglich des Anzeigeerstatters D. durch Entscheidung des Gerichtes gem. § 153 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung eingestellt.
Es kann dem Beschuldigten nicht sicher nachgewiesen werden, daß ihm der Ausgang des Verfahrens nicht bekannt war. Somit muß nicht widerlegbar zugunsten des Beschuldigten davon ausgegangen werden, daß er ohne Wertungen den vermeintlichen Kenntnisstand der Kriminalakte treffend wiedergegeben hat.
Da sich der Beschuldigte in seiner Zeugenaussage ausdrücklich nur auf den Inhalt der Kriminalakte bezogen hat, hat der Beschuldigte insofern keine falsche uneidliche Aussage im Sinne von § 153 StGB gemacht.
Da diese Behauptungen nicht widerlegbar aus Sicht des Beschuldigten zutreffend waren, kann dem Beschuldigten nicht sicher nachgewiesen werden, daß er
durch seine Äußerungen den Anzeigenerstatter D. in seiner Ehre herabwürdigen wollte. Da eine vorsätzliche Verwirklichung der §§ 186 oder 187 StGB somit
nicht zugrunde zulegen ist, war das Verfahren insgesamt gem. § 170 Abs. 2 StPO einzustellen..."
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Beschwerde vom 19.01.1999
Mit Schreiben vom 19.01.1999 hat der Antragsteller gegen den Bescheid vom 19.12.1998 Beschwerde erhoben und folgendes ausgeführt:
"... die angefochtene Entscheidung kann keinen Bestand haben. Die Behauptung, der Beschuldigte habe sich in seiner Zeugenaussage ausdrücklich nur auf den Inhalt der Kriminalakte bezogen, ist unzutreffend.
Auf den Inhalt der Strafanzeige vom 11.08.1998 wird noch einmal ausdrücklich Bezug genommen. Auf Befragen des Verteidigers erklärte der Beschuldigte
wörtlich: 'Ich halte die Behauptung aufrecht.' Als Zeuge steht auch unter anderem der Unterzeichner zur Verfügung..."
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Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Bescheid vom 11.03.1999, der mit dem vorliegenden Antrag angefochten wird, die Beschwerde vom 19.12.1998 verworfen. Es wurde folgendes zur Begründung ausgeführt:
"... die angefochtene Entscheidung der Staatsanwaltschaft bei dem Langdericht ... wurde überprüft. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens kommt eine Anklageerhebung nicht in Betracht.
Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens ist nicht zu beanstanden. Die Überprüfung des angefochtenen Bescheides, der erschöpfend begründet ist, gibt auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens keine Veranlassung für eine abweichende Entscheidung, zumal wesentlich neue Gesichtspunkte nicht vorgetragen worden sind.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wurde die angebliche, im Sitzungsprotokoll nicht enthaltene Erklärung des Beschuldigten 'Ich halte die Behauptung aufrecht', die im Zusammenhang mit der Frage, ob der Anzeigeerstatter und seinerzeit Angeklagte Ortega-Sanudo Mitglied einer 'Erpresser- und Schutzgeldmafia' in W. sei, abgegeben worden sein soll, bei der Entscheidung, die zur Einstellung des Verfahrens führte, hinreichend berücksichtigt.
Zutreffend kommt die Staatsanwaltschaft nach Würdigung der Aussage des Beschuldigten zu dem Schluß, daß seine Einlassung, es handele sich nach seinem Erkenntnisstand um die wahrheitsgemäße Wiedergabe von Tatsachen, die sich aus der Kriminalakte ergeben hätten, nicht mit der zur Verurteilung erforderlichen Sicherheit widerlegt werden könne.
Gestützt wird dies durch die Tatsache, daß tatsächlich unter dem Aktenzeichen .. Js ..../91 bei der Staatsanwaltschaft Limburg ein Ermittlungsverfahren gegen den Anzeigeerstatter wegen ‚Schutzgelderpressungen' im weitesten Sinne geführt und auch zur Anklage gebracht wurde.
Da dieses Verfahren letztendlich auch nicht zum Freispruch des Anzeigeerstatters führte, sondern gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist, kann dem
Beschuldigten auch nicht nachgewiesen werden, daß er vorsätzlich eine falsche Aussage machte, zumal er stets Zugang auf die seiner Aussage
zugrundeliegende Kriminalakte hatte ..."
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Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 23.04.1999
Der Beschuldigte ist hinreichend verdächtig, vor Gericht als Zeuge, Sachverständiger uneidlich falsch ausgesagt zu haben (§ 153 StGB).
„ ... Die Einlassung des Beschuldigten (Bl. 54 d.A.), dem jede Einsicht fehlt, enthält ausschließlich Schutzbehauptungen. Sollte der Beschuldigte tatsächlich die „Kriminalakte" eingesehen haben, so kennt er den Ausgang des ursprünglichen Verfahrens. Die Verteidigung und die Opferzeugen haben die skandalösen Ermittlungsmethoden aufgedeckt, was zwangsläufig zur Beendigung des Verfahrens führen mußte. Die Presse hat darüber ausführlich berichtet.
Beweis: Beiziehung der ursprünglichen Ermittlungsvorganges und der „Kriminalakte", in der sich mit Sicherheit auch die fraglichen Presseberichte befinden.
Falsch ist die Behauptung der Staatsanwaltschaft, das Verfahren sei nach § 153 II StPO beendet worden. Der damalige Angeklagte D. wurde mit Urteil des AG W. vom 28.01.1992 freigesprochen. Die notwendigen Auslagen des Angeklagten sind der Staatskasse auferlegt worden. Dies geschah wohl nicht aus Spaß.
Es ist unstrittig, daß der Beschuldigte objektiv - trotz eindringlichen Vorhaltes - falsch ausgesagt hat. Dies wird auch die Staatsanwaltschaft zugeben müssen.
Dem Beschuldigten kann wahrscheinlich auch nachgewiesen werden, daß er vorsätzlich falsch ausgesagt hat.
Der subjektive Tatbestand des § 153 StGB setzt Vorsatz voraus. Das ist richtig. Bedingter Vorsatz genügt.
Der Vorsatz muß sich zunächst auf das Vorliegen einer falschen Aussage erstrecken. Erforderlich ist daher die Vorstellung des Täters, daß seine Aussage nicht mit seinem wirklichen oder dem erreichbaren Erlebnisbild übereinstimmt und daß es sich bei den falschen Angaben um solche handelt, die zum wahrheitspflichtigen Inhalt seiner Aussage gehören.
Der Beschuldigte hat keinerlei Wahrnehmungen machen können, die den Bekundungen in der Hauptverhandlung entsprechen. Dies ist offensichtlich. Der Beschuldigte ist nicht gewalttätig. Er war auch nicht der oder einer Erpresser- und Schutzgeldmaffia in Wetzlar oder anderswo.
Aufgrund seiner angeblichen Kenntnis der Kriminalakte wußte dies der Beschuldigte. Jedenfalls hat er die Unrichtigkeit seiner Aussage - trotz Vorhaltes - billigend in Kauf genommen.
Ein vorsatzausschließender Irrtum (§ 16 StGB) liegt vor, wenn der Täter glaubt, daß seine Angaben mit seinem wirklichen Erlebnisbild übereinstimmen oder daß seine falschen Angaben nicht mehr Gegenstand seiner Vernehmung und damit seiner Wahrheitspflicht sind (BGHSt 1, 150; 4, 214; KG JR 1985, 162; Herzberg JuS 1980, 476ff; S/S-Lenckner, Rn 30 vor § 153; Welzel Lb, 530; a A BGHSt 14, 350).
Ein solcher Irrtum liegt offensichtlich nicht vor.
Im Falle des Verschweigens muß sich der Vorsatz auch darauf erstrecken, daß es sich bei der verschwiegenen Tatsache um eine erhebliche handelt. Darüber hinaus ist die irrige Annahme, eine falsch angegebene Tatsache sei unwesentlich, nicht geeignet, den Vorsatz auszuschließen.
Der Beschuldigte wußte aufgrund seiner angeblichen Kenntnis der Kriminalakte, daß der Anzeigenerstatter seinerzeit von den ungerechtfertigten Vorwürfen freigesprochen worden ist. Diese Tatsache hat er in der Hauptverhandlung bewußt verschwiegen. Die Art, wie das Ermittlungsverfahren geführt worden ist, und der Ausgang der Verfahrens, waren seinerzeit wochenlang - nicht nur aufgrund der Presseberichte - Tagesgespräch in der Öffentlichkeit und innerhalb der Polizeibehörde. Sollte der Beschuldigte sich nachträglich dahingehend einlassen, er habe von den fraglichen Vorgängen keine Kenntnis gehabt, müßte dies als Schutzbehauptung angesehen werden.
Weiter muß sich der Vorsatz des Täters darauf erstrecken, daß der Täter als Zeuge vor Gericht aussagt. Die ist bei dem Beschuldigten unzweifelhaft der Fall.
Würde sich bei dem Beschuldigten nicht um einen Polizeibeamten, sondern zum Beispiel um einen Ausländer handeln, wäre seitens der dafür zuständigen
Staatsanwaltschaft in Wetzlar in einem vergleichbaren Fall schon längst Anklage erhoben worden.
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OLG Frankfurt vom 20.05.1999 (3 Ws 369199)
„... Der form- und fristgerecht gestellte und auch sonst statthafte Antrag ist zulässig, bleibt jedoch auch unter Berücksichtigung des Antragsvorbnngens in der Sache erfolglos. Wie bereits in den Vorbescheiden zutreffend ausgeführt worden ist, läßt sich die Einlassung des Beschuldigten, er habe bei seiner Aussage auf den Inhalt der Kriminalakte Be-
zug genommen und der Ausgang des Verfahrens .. Js ..../91 sei ihm nicht bekannt gewesen, nicht mit einer zur Anklageerhebung ausreichenden Sicherheit widerlegen.
Auch eine möglicherweise erfolgte umfangreiche Presseberichterstattung muß dem Beschuldigten nicht zwingend bekannt geworden sein. Danach scheitert der
hinreichende Tatverdacht zumindest an den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen. Dies gilt auch hinsichtlich des Straftatbestands einer falschen
Verdächtigung (§ 164 StGB), bei dem es hinsichtlich des für den inneren Tatbestand notwendigen Merkmals ,,wider besseres Wissen" an dem erforderlichen
Verdachtsgrad fehlt. Wider besseres Wissen handelt nämlich nur, wer das sichere Bewußtsein hat, daß die Beschuldigung unwahr ist. Der von dem
Beschuldigten unter dem 29. Juli 1997 gefertigte Aktenvermerk ist nach der unwiderlegbaren Einlassung des Beschuldigten jedenfalls nicht wider besseres
Wissen erfolgt...."
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Fall 4: Rechtsprechung des 1. Senats des OLG Frankfurt
Beschluss des 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14.11.2000 - 1 Ws 142/00 -
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Gießen vom 1. September 2000 (Az.: 54/08 b Cs 502 Js 6772/00) wird aufgehoben.
G r ü n d e: Die weitere Beschwerde, die sich gegen den Beschluss des Landgerichts Gießen vom 16.10.2000 wendet, durch den die Beschwerde der
Angeklagten gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Gießen vom 1. September 2000 verworfen worden war, ist zulässig (§ 310 Abs. 1 StPO) und begründet.
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls gem. § 230 Abs. 2 StPO gegen die in der Hauptverhandlung vom 1. September 2000 nicht erschienene
Angeklagte lagen nicht vor.
Das Fernbleiben der Angeklagten vom Verhandlungstermin am 1.9.20Ö0 war i.S.d. § 230 Abs. 2 StPO genügend entschuldigt. Insoweit ist es bereits
ausreichend, wenn bei Abwägung aller Umstände es sich ergibt, dass dem Angeklagten aus seinem Fernbleiben billigerweise kein Vorwurf gemacht werden
kann (Löwe/Rosenberg-Gollwitzer, Stand 1.4.1997, § 230 StPO, Rn. 23).
Die Angeklagte war, nachdem sie am 18.12.1999 legal in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war und lediglich durch die Arbeitsaufnahme gegen das
Ausländergesetz verstoßen hat, am 13.1.2000 freiwillig ausgereist. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte die Angeklagte versichert, dass sie finanziell nicht in der
Lage sei, eine Sicherheitsleistung - wie von der Staatsanwaltschaft Gießen gefordert - i.H.v. 500 DM zu erbringen.
Infolge der Ladung zur Hauptverhandlung und der Anordnung des persönlichen Erscheinens vom 15. Mai 2000 hat die Angeklagte am 23. Juni 2000 durch
ihren Verteidiger mitteilen lassen, daß sie nicht über die erforderlichen Mittel zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland verfüge, um an der
Strafverhandlung am 1.9.2000 teilzunehmen. Die gerichtliche Antwort vom 27. Juni 2000, nach der das Aufbringen der Reisekosten im Pflichtenkreis der
Angeklagten liege, entspricht nicht der tatsächlichen Rechtslage. Denn zur Vorbereitung der Hauptverhandlung gehört auch die Zahlung von
Reisekostenvorschüssen an die Angeklagte, soweit sie nicht in der Lage ist, aus eigenen Mitteln die Anreise zu bestreiten (Abschn. 1 der bundeseinheitlichen
Verwaltungsvorschriften über die Bewilligung von Reiseentschädigungen an mittellose Personen und Vorschusszahlungen an Zeugen und Sachverständige -
abgedruckt bei Piller/Herrmann u. Hartmann, Kostengesetze, Anhang nach § 18 ZSEG). Da die Angeklagte aus der Ukraine hätte anreisen müssen, wären
Reisekosten in nicht unerheblicher Höhe angefallen. Daß die Angeklagte mittellos ist, folgt bereits hinreichend aus den Gründen ihrer Einreise und aus der
Unmöglichkeit, die gewünschte Sicherheitsleistung von 500 DM erbringen zu können. Angesichts der konkreten Umstände ist diesbezüglich eine
Glaubhaftmachung nicht erforderlich.
Darüber hinaus widerspricht der Haftbefehl dem rechtsstaatlichen Erfordernis der Geeignetheit, der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit. In die Freiheit
des Betroffenen darf in der Regel nicht eingegriffen werden, wenn die Hauptverhandlung auch ohne den Angeklagten durchgeführt werden kann. Für diesen
Fall muß das Gewicht der Zwangsmaßnahme mit dem Interesse der Anwesenheit des Angeklagten zur Hauptverhandlung abgewogen werden (Löwe/Rosenberg
a.a.O. Rn. 26). Insoweit hat das Amtsgericht die rechtlichen Möglichkeiten der §§ 232, 233 StPO übersehen. Danach wäre es ohne weiteres möglich gewesen,
auch ohne die Angeklagte mündlich zu verhandeln, wobei ohne Belang ist, daß vorliegend bereits ein Strafbefehl ergangen war. Die Anwendbarkeit der
genannten Vorschriften scheitert angesichts des strafrechtlichen Vorwurfs nach Auffassung des Senats nicht an der zu erwartenden Strafe.
Mithin war wegen der fehlenden Verhältnismäßigkeit und dem Umstand, daß der Angeklagten billigerweise aus ihrem Fernbleiben kein Vorwurf gemacht
werden kann, der Haftbefehl des Amtsgerichts Gießen aufzuheben.
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