LG Berlin, 18.06.2003 - 97 0 80/03, ZPO, 924, 925, UWG, 1, 3, MarkenG, 4 Nr. 2, 5 III, RBerG, 1, 8, Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Rechtsberatungsgesetz, Einzelperson, Suchdienst, Rechtsanwaelte, Rechtsbeistaende, Notare, Steuerberater, Internet, Domain, rechtsbeistand.info, free, Giessen, Wetzlar, Marburg, Limburg, Frankfurt, Berlin, Hamburg, Muenchen, Koeln, Leverkusen, Bochum, Dortmund, Essen, Dresden, Leipzig, Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Daenemark, Irland, Grossbritannien, Nordirland, Griechenland, Portugal, Spanien, Finnland, Oesterreich, Schweden, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakien, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern
ZPO §§ 924, 925; UWG §§ 1, 3; MarkenG §§ 4 Nr. 2, 5 III; RBerG Art. 1 § 8

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- Stand: 6. Mai 2004 - Volltextsuche - Datenschutz - Sicherheit - News and more! - Suchmaschinen - Google (Test 2/2003 - gut - 2,1)

LG Berlin, Urteil vom 18.06.2003 - 97 0 80/03 *

Tatbestand: Der 1921 gegründete Ast. ist die überregionale Berufsorganisation und einzig bundesweit tätige Interessenvertretung der Erlaubnisträger nach dem Rechtsberatungsgesetz. Er gibt unter anderen im Zuge seiner Verbandsarbeit in Abständen die Fachzeitschrift "Rechtsbeistand, Der Rechtsbeistand, Zitierweise: Rbeistand" heraus. Der Ag. gehört keinem rechtsberatenden Beruf an und ist Inhaber der im November 2002 gegründeten "5schritte.de webdesign & service", die Webseiten gegen Entgelt gestaltet. Er war Inhaber der verfahrensgegenständlichen Internet-Domain "www.rechtsbeistand.info", die auf der Startseite als "Der benutzerfreundliche Suchdienst für Anwälte, Notare, Rechtsbeistände und Steuerberater" vorgestellt wurde. Danach bot der Ag. eine "Datenbank, in der auch Laien schnell und einfach einen auf ihre Fragen spezialisierten Anwalt, Notar, Rechtsbeistand oder Steuerberater finden können", an. Die vorgenannten Berufsgruppen konnten sich gegen Entgelt in die Datenbank eintragen lassen, im Rahmen eines "Komplettpakets" die eigenen Leistungen ausführlich darstellen und unter anderem an einer Newsletter-Funktion teilnehmen. Bei der Suchmaschine "Google" erschien bei der Eingabe der Bezeichnung "Rechtsbeistand" die Domain des Ag. als erster Eintrag. Mit Datum vom 31. 3. 2003 mahnte der Ast. den Ag. ab. Seine bislang nur per Telefax dem Ast. übersandte Unterlassungsverpflichtungserklärung hat folgenden Wortlaut: "Hiermit verpflichte ich mich, S, Inhaber der Firma 5schritte.de Webdesign & Service, gegenüber dem Bundesverband Deutscher Rechtsbeistände e. V., es bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen an den Bundesverband Deutscher Rechtsbeistände e. V. zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von 5001 Euro zu unterlassen, die Domain rechtsbeistand.info geschäftlich im Internet zu nutzen, insbesondere unter der Domain einen Anwalts- und Rechtsbeistand-Suchservice anzubieten."

Der Antrag auf Erlass einer weitergehenden einstweiligen Verfügung vor dem LG Berlin hatte Erfolg. Auf den Widerspruch des Ag. wurde die einstweilige Verfügung aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.



Entscheidungsgründe: Dem Ast. steht kein Verfügungsanspruch auf Unterlassung der verfahrensgegenständlichen Internet-Domain "www.rechtsbeistand.info" gegen den Ag. zu, §§ 924, 925 ZPO.

1. Allerdings würde der Unterlassungsanspruch nicht an einer fehlenden Wiederholungsgefahr auf Grund der vom Ag. abgegebenen Unterlassungserklärung scheitern. Die Wiederholungsgefahr entfällt nur, wenn hinter der Unterwerfungserklärung ein ernsthafter Wille des Schuldners steht, auch kerngleiche Handlungen zu unterlassen. An der Ernsthaftigkeit der Unterlassungserklärung dürfen keine Zweifel bestehen, woran strenge Anforderungen zu stellen sind. Bestehen an der Ernstlichkeit auch nur geringe Zweifel, ist die übernommene Unterlassungsverpflichtung grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis künftiger Verstöße auszuschließen (vgl. Köhler/Pieper, UWG, 3. Aufl., Vorb. § 13 Rdnr. 215; Baumbach/Hefermehl, 22. Aufl., Einl * UWG, Rdnrn. 269 ff.). Abgesehen davon, dass der Ag. bislang kein Original der Unterlassungserklärung dem Ast. hat zukommen lassen, hat er zu viele Änderungen an der vom Ast. mit der Abmahnung übersandten Unterlassungserklärung vorgenommen, die insgesamt Zweifel an der Ernstlichkeit begründen. So hat er sich ausschließlich verpflichtet, die angegriffene Internet-Domain nicht mehr zu betreiben, kerngleiche Verletzungen aber bewusst nicht mit in seine Erklärungen übernommen. Gleichzeitig hat er die Vertragsstrafe von 10000 Euro auf 5001 Euro herabgesetzt und nicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs verzichtet. Ebenso bleibt die Löschung der Internet-Domain und deren Nachweis in seiner Unterlassungserklärung unerwähnt. Die infolge der späten Absendung der Abmahnung ungewöhnlich kurze Überlegungsfrist für den Ag. bleibt allein schon wegen seines Vollwiderspruchs gegen die einstweilige Verfügung ohne Auswirkungen auf die Entscheidung.



2. Es besteht jedoch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Verfügungsanspruch des Ast. auf Unterlassung der Internet-Domain www.rechtsbeistand.info gegen den Ag.

a) Einem Markenschutz aus §§ 4 Nr. 2, 5 II MarkenG steht bereits entgegen, dass das Wort "Rechtsbeistand" als Beruf bzw. Tätigkeit keine ausreichende Unterscheidungskraft hat, es sich vielmehr um eine rein beschreibende Angabe handelt (vgl. nur BGH, GRUR 1996, 68 [691 - Cotton Line). Der Ast. hat darüber hinaus nicht glaubhaft gemacht, dass der von ihm in Abständen herausgegebenen Zeitschrift der Werktitel "Rechtsbeistand" i. S. von § 5 III MarkenG zukommt. Nach seinen eigenen Angaben in der Antragsschrift lautet der Titel "Rechtsbeistand, Der Rechtsbeistand" verbunden mit der "Zitierweise: Rbeistand". Dies entspricht auch den Aufdrucken auf dem Deckblatt seiner Zeitschrift. Der Bevollmächtigte des Ast. sprach im Termin selbst von "Der ' Rechtsbeistand", diese Bezeichnung ist auch auf dem Deckblatt fett gedruckt und hebt sich in typischer Weise für einen Zeitschriftentitel von der zusätzlich angegebenen, allgemeinen Berufsbezeichnung "Rechtsbeistand" ab. Der Ast. hat zudem in seinen beiden Schriftsätzen insgesamt drei Deutungen für das Wort "Rechtsbeistand" behauptet, nämlich als Berufsbezeichnung, als Abkürzung für ihn selbst und als Titel seiner Zeitschrift. Unter diesen Umständen scheidet ein Markenschutz für diesen Gattungsbegriff aus. Aus den gleichen Erwägungen kommt spätestens mangels allgemeiner Verkehrsgeltung ein vom Ast. für sich in Anspruch genommener Namensschutz aus § 12 BGB nicht in Betracht. Mit der Gattungsbezeichnung "Rechtsbeistand" verbindet der Verkehr nicht den Ast. als berufsständische Organisation, sondern allenfalls den Beruf des Rechtsbeistands als solchen. Das Namensrecht des Ast. selbst ist also nicht einmal berührt.



b) Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche aus §§ 1, 3 i. V. mit § 13 II Nr. 2 UWG bestehen gleichfalls nicht.

Der Ag. hat im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs keine irreführenden Angaben durch die Verwendung der Internet-Domain "www.rechtsbeistand.info" i. S. des § 3 UWG gemacht. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher geht nicht zuletzt auf Grund der Struktur der Internet-Domains nicht davon aus, dass die beanstandete Domain von einem Rechtsbeistand oder zumindest einem Angehörigen rechtsberatender Berufe verantwortet wird. Dies besagt auch nicht das Urteil des OLG Hamburg vom 2. 5. 2002 (NJW-RR 2002, 1582 = BRAK-Mitt 2002, 287 [288]), auf das sich der Ast. beruft. Demzufolge gibt es zahlreiche Internet-Domains, deren Betreiber wie der Ag. nicht den jeweiligen Berufsgruppen angehören. Das OLG Hamburg hat den Unterlassungsanspruch zu "www.rechtsanwalt.com" vielmehr darauf gestützt, Aass unter Domains, die Branchen- bzw. Berufsbezeichnungen enthalten, welche - wie die Bezeichnung Rechtsanwalt - in besonderer Weise nach § 132 a StGB geschützt sind, regelmäßig Homepages von Berufsangehörigen oder deren Berufs- und Standesvertretungen angeboten werden" (NJW-RR 2002, 1582 = BRAK-Mitt 2002, 287 [289]). Die Berufsbezeichnung "Rechtsbeistand" gehört aber gerade nicht zu einer der besonders geschützten Berufsgruppen in § 132 a StGB. Hinzu kommt, dass der Verkehr bei Aufruf der früheren Seite des Ag. sofort erkennt, dass es sich um ein gewerbliches Angebot zur Suche eines geeigneten Rechtsvertreters und nicht zum Beispiel vorrangig um die Erörterung rechtlicher Fragen oder anderer Angebote handelt, die gewöhnlich von einem Angehörigen rechtsberatender Berufe erbracht werden. Die Auffassung des Ast. zu Ende gedacht, würde bedeuten, dass jeder, der ein Branchenverzeichnis über einzelne Berufsgruppen herausgibt, selbst dieser Berufsgruppe angehören muss. Ein derartiges Verkehrsverständnis besteht eindeutig nicht. Der Verkehr geht auch nicht davon aus, unter der angegebenen Domain den Internetauftritt des Ast. zu erhalten, weil es ihm wie jedem anderen freisteht, unter einer sehr ähnlichen Adresse wie zum Beispiel "www.rechtsbeistände.info" - seinem Namenbestandteil entsprechend - selbst eine Internetseite zu betreiben (vgl. hierzu ausdr. BGH, NJW 2001, 3262 - Mitwohnzentrale.de).

Die beanstandete Internet-Domain beinhaltet entgegen der Auffassung des Ast. auch keine wettbewerbswidrige Behinderung nach § 1 UWG wegen der möglichen Kanalisierung von Interessenten. Auch hier kommt der Gedanke zum Tragen, dass der Internetnutzer das Angebot selbst prüft und bei Aufruf der Seite des Ag. sogleich erkennen konnte, dass das Angebot eingeschränkt ist und keinesfalls etwa die Verbandstätigkeit des Ast. zum Gegenstand hat. Die vom Ast. zitierten abweichenden Entscheidungen sind durch die zuletzt genannte Entscheidung des BGH überholt, welche alle denkbaren Fallgruppen der wettbewerblichen Behinderung durch eine solche Gartungsbezeichnung als Internet-Domain verneint.



* Quelle: NJW 2004, 1254 f

LG Berlin, 18.06.2003 - 97 0 80/03, ZPO, 924, 925, UWG, 1, 3, MarkenG, 4 Nr. 2, 5 III, RBerG, 1, 8, Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Rechtsberatungsgesetz, Einzelperson, Suchdienst, Rechtsanwaelte, Rechtsbeistaende, Notare, Steuerberater, Internet, Domain, rechtsbeistand.info