BGH, 11.03.2004, I ZR 81/01, UWG, 1, Werbung, E-Mail, unverlangt, Werbezwecke, gute, Sitten, Wettbewerb, Einverstaendnis, ausdruecklich, konkludent, Interesse, Irrtum, Beweislast, Anwalt, Rechtsanwalt, Verteidiger, Erfahrung, Erfolg, free, Giessen, Wetzlar, Marburg, Limburg, Frankfurt, Berlin, Hamburg, Muenchen, Koeln, Leverkusen, Bochum, Dortmund, Essen, Dresden, Leipzig, Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Daenemark, Irland, Grossbritannien, Nordirland, Griechenland, Portugal, Spanien, Finnland, Oesterreich, Schweden, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakien, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern
UWG § 1

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- Stand: 21. Juli 2004 - Volltextsuche - Datenschutz - Sicherheit - News and more! - Suchmaschinen - Google (Test 2/2003 - gut - 2,1)

BGH, Urteil vom 11.03.2004 - I ZR 81/01 *

Tatbestand: Die Parteien erbringen Dienstleistungen für den Internet-Bereich. Der Kl. ist Inhaber der Domain-Namen "i.de" und "s.de", unter denen er eine Reihe von E-Mail-Adressen eingerichtet hat. Im Jahre 1998 benutzte der Kl. bei der Absendung von E-Mails die Bezeichnung "mail@s.de", während empfangene E-Mails unter verschiedenen mit den Domain-Namen gebildeten Adressen eingingen. Die Bekl. verschickt per E-Mail ein wöchentlich erscheinendes, als "Newsletter" bezeichnetes Rundschreiben, das Sachinformationen und Werbung enthält. Sie vertreibt das kostenlose Rundschreiben an Abonnenten, die es per E-Mail bestellen und jederzeit wieder abbestellen können. In der Zeit von Anfang Mai bis 11. 12. 1998 erhielt der Kl. eine Vielzahl der Rundschreiben der Bekl. Die wöchentlichen Sendungen der Bekl. gingen beim Kl. zunächst unter der E-Mail-Adresse "s@i.de" ein. Dies nahm der Kl. zum Anlass, die Bekl. wiederholt aufzufordern, den Versand einzustellen, ohne zunächst allerdings die E-Mail-Adresse anzugeben, unter der er die Rundschreiben erhalten hatte. Nachdem die Bekl. den Kl. darauf hingewiesen hatte, dass sie ohne genaue Angabe dieser E-Mail-Adresse den Eintrag nicht entfernen könne, teilte ihr der Kl. die Adresse "S@i.de" mit und wies darauf hin, alle E-Mails an "@s.de" und "@i.de" gehörten "direkt zu s". Die Bekl. entfernte daraufhin die Adresse "s@i.de" aus ihrem Verteiler. Am 5. 9. 1998 nahm die Bekl. die wöchentliche Versendung des Rundschreibens an den Kl. unter der E-Mail-Adresse "d@i.de" auf. Der Kl. kündigte darauf Mitte Oktober 1998 für den Fall, dass er weiter von der Bekl. belästigt werde, rechtliche Schritte an und ließ die Bekl. mit Schreiben vorn 6. 12. 1998 abmahnen. Die Bekl. wies die Abmahnung zurück und nahm - ihren Angaben im Schreiben vom 22. 12. 1998 zufolge nach Recherchen - die E-Mail-Anschrift "d@i.de" aus ihrem Verteiler, Sie richtete zudem einen Filter ein, um Bestellungen unter den Domain-Namen "s.de" und i.de" auszusondern. In der Zeit vom 5. 9. bis 11. 12. 1998 erhielt der Kl. insgesamt 15 Sendungen des Rundschreibens der Bekl. Der Kl. hat gegen die Bekl. im Wesentlichen einen Unterlassungsanspruch gegen die unaufgeforderte Versendung von E-Mails mit Werbung, hilfsweise mit dem Rundschreiben der Bekl., an beliebige Empfänger, weiter hilfsweise an den Kl. geltend gemacht.

Das LG hat der Bekl. unter Abweisung der weitergehenden Klage verboten, E-Mails, nämlich so genannte "Newsletter", ohne vorherige Zustimmung des Kl. an diesen zu senden. Im Berufungsverfahren hat sich die Bekl. strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs den von ihr herausgegebenen Newsletter ohne Einverständnis des Kl. an dessen Domain "s.de" oder "i.de" zu versenden. In diesem Umfang haben die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Das BerGer. hat die Berufung des Kl. zurückgewiesen und auf die Berufung der Bekl. die Klage abgewiesen. Die Revision des Kl. hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das BerGer.



Entscheidungsgründe:I. Das BerGer. hat die Klage weder aus § 1 UWG noch aus § 823 I BGB für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:

Das vom LG ausgesprochene Verbot erfasse den Versand von E-Mails an beliebige E-Mail-Adressen des Kl. ohne dessen vorherige Zustimmung. Die von der Bekl. abgegebene Unterlassungserklärung erledige den Rechtsstreit nicht vollständig. Sie erfasse nur mit den Domain-Namen "i.de" und "s.de" gebildete Anschriften.

Durch den in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesenen Antrag habe der Kl. zu erkennen gegeben, dass er das Urteil des LG anfechten wolle. Die für eine Anschlussberufung erforderliche Form sei durch den Schriftsatz vom 30. 11. 2000 eingehalten, der eine zulässige Anschlussberufung des Kl. darstelle.

Die unbestellte Versendung des von der Bekl. herausgegebenen Rundschreibens verstoße unter dem Gesichtspunkt der Belästigung gegen § 1 UWG und auch gegen § 823 I BGB. Erst recht gelte dies, wenn die Bekl, gegen den ausdrücklichen Widerspruch des Empfängers mit dem Versand fortfahre. Allerdings setze § 1 UWG die Kenntnis der die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände und § 823 I BGB ein Verschulden voraus. Daran fehle es vorliegend. Der Kl. habe den Beweis nicht geführt, dass die Bekl, ihren "Newsletter" unverlangt versende. Es sei nicht auszuschließen, dass der Zusendung des Rundschreibens unter der Anschrift "s@i.de" eine Bestellung aus dem Kreis derjenigen Personen zu Grunde gelegen habe, die Zugang zum Computer des Kl. hätten. Die Bekl. habe, nachdem ihr die fragliche Internet-Adresse mitgeteilt worden sei, die Zusendung des Rundschreibens eingestellt. Zum Versand an den Kl. unter der E-Mail-Anschrift "d@s.de" sei der Vortrag der Parteien wenig substanziiert und teilweise widersprüchlich. Wie die Adresse "d@i.de" in den Verteiler der Bekl. für das Rundschreiben geraten sei, habe der Kl. nicht dargelegt. Den Vortrag der Bekl., es habe ein Schreibversehen eines Dritten bei der Bestellung des Rundschreibens vorgelegen, habe der für die fehlende Zustimmung zur Versendung beweispflichtige Kl. nicht widerlegt. Auf Grund der Mitteilung des Kl. vom 7. 7. 1998, alle E-Mails an "@s.de" und "@i.de" beträfen den Kl., sei die Bekl. nur verpflichtet gewesen, mit diesen Domain-Namen gebildete Anschriften zu löschen, nicht aber neu eingehende Bestellungen auf eine entsprechende E-Mail-Adresse zu überprüfen.



II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das BerGer.

1. a) Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das von dem Kl. beantragte Verbot der Versendung von E-Mails mit dem Newsletter der Bekl. ohne Einverständnis der Empfänger. Ausgenommen von dem vom Kl. im Revisionsverfahren weiter verfolgten Unterlassungsanspruch ist nur die Versendung des Newsletter der Bekl. an E-Mail-Adressen, die die Domain-Namen "s.de" und "i.de" des Kl. enthalten, weil die Parteien nach Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung der Bekl. im Berufungsrechtszug den Rechtsstreit in diesem Umfang in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

b) Den Unterlassungsanspruch hat der Kl. in diesem Umfang zum einen durch den Antrag auf Zurückweisung der Berufung der Bekl. mit Ausnahme des in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits und zum anderen durch den in der Berufungsinstanz gestellten Antrag geltend gemacht, mit dem der Kl. ein Verbot der Versendung von E-Mails mit dem Newsletter durch die Bekl. an andere Empfänger als den Kl. ohne deren Einverständnis erstrebt. Dass über den in der Berufungsinstanz gestellten Unterlassungsantrag des Kl. zu befinden ist, ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass der Kl. diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem BerGer. verlesen hat. Der Kl. konnte den Anspruch, mit dem er eine über das erstinstanzlich zuerkannte Verbot der Versendung von E-Mails an den Kl. hinausgehende Untersagung der unerbetenen Versendung von E-Mails an beliebige Empfänger erstrebte, nur mit der (Anschluss-)Berufung in der Berufungsinstanz zur Entscheidung stellen. Dazu gehört nach § 522 a I ZPO a. E die Anschlussschrift, die bei Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 9. 11. 2000 fehlte und ohne die eine wirksame Anschlussberufung nicht vorliegt (vgl. BGH, NJW-RR 1989,441).

Eine wirksame Anschlussberufung des Kl. hat das BerGer. aber mit Recht in dem am 30. 11. 2000 eingegangenen Schriftsatz des Kl. vom selben Tage gesehen (§§ 521 I, 522 a I, III, 519 III ZPO a. F.).



aa) Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung geltend, dem Schriftsatz des Kl. könne nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass dieser sich der Berufung der Bekl. anschließen wollte. Ein Anschlussrechtsmittel braucht nicht als solches bezeichnet zu werden. In dem Schriftsatz muss nur klar und eindeutig der Wille zum Ausdruck kommen, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils zu Gunsten des Rechtsmittelbekl. zu erreichen (vgl. BGHZ 109, 179 [187] = NJW 1990, 447). Das ist vorliegend der Fall. In dem Schriftsatz vom 30. 11. 2000 nahm der Kl. Bezug auf den in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren gestellten Antrag. Dieser richtete sich gegen die Zurückweisung des vom Kl. bereits in erster Instanz verfolgten, vom LG im angefochtenen Urteil jedoch nicht zuerkannten Verbots der Versendung des "Newsletter" der Bekl. an beliebige Empfänger ohne deren Einverständnis. Dieses Rechtsschutzziel ist dem Schriftsatz vom 30. 11. 2000 auch unzweideutig zu entnehmen, weil der Kl. auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag Bezug genommen und um antragsgemäße Entscheidung nachgesucht hat. Danach verbleiben keine vernünftigen Zweifel, dass der Kl. sich dem Rechtsmittel der Bekl. anschließen und in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung anfechten wollte.

bb) Die Anschlussberufung hat der Kl. auch im Übrigen form- und fristgerecht eingelegt. Sie lässt entgegen der Meinung der Revisionserwiderung erkennen, aus welchen Gründen er das erstinstanzliche Urteil für unrichtig hält (§§ 522 a III, 519 III Nr. 2 ZPO a. F.). Nach dem Gesamtzusammenhang des Schriftsatzes vom 30. 11. 2000 hat der Kl. die Anschlussberufung darauf gestützt, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 1 UWG gegen die Bekl. vorlagen und das begehrte Verbot rechtfertigen.

Die Anschlussberufung des Kl. ist fristgerecht eingelegt worden. Zwar kann eine Anschlussberufung nicht mehr nach Schluss der mündlichen Verhandlung erhoben werden (vgl. BGH, NJW-RR 1989, 441). Das BerGer. hatte jedoch in der mündlichen Verhandlung vom 9. 11. 2000 mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet und den Termin, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden durften, auf den 30. 11. 2000 bestimmt (§ 128 II ZPO). Dieser Zeitpunkt entspricht dem Schluss der mündlichen Verhandlung. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte daher eine Anschlussberufung nach § 522 a ZPO a. F. zulässiger-weise eingelegt werden.

2. Das BerGer. hat die gegen die Versendung von E-Mails an den Kl. und an Dritte ohne Zustimmung des Empfängers gerichteten Unterlassungsansprüche für nicht begründet erachtet. Dies rügt die Revision mit Erfolg.

a) Der Kl. ist nach § 1 UWG befugt, Ansprüche wegen des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes geltend zu machen. Nach den Feststellungen des BerGer. stehen die Parteien bei dem Angebot von Internet-Dienstleistungen (Serviceleistungen rund um die elektronische Datenverarbeitung, insb. Consulting-Dienstleistungen) im Wettbewerb. Danach ist davon auszugehen, dass die Parteien gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art vertreiben, so dass der Absatz der Dienstleistungen des Kl. durch den Absatz der Dienstleistungen der Bekl. beeinträchtigt werden kann (vgl. BGH, NJW-RR 2001, 620 = GRUR 2000, 907 [909] = WRP 2000, 1258 - Filialleiterfehler).



b) aa) Das BerGer. ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine unerbetene Zusendung des Werbung enthaltenden Rundschreibens der Bekl. mittels E-Mail gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstößt. Die Versendung von Werbung per E-Mail stellt eine unzumutbare Belästigung der angesprochenen Verkehrskreise dar.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist unerbetene Telefonwerbung gegenüber Privatpersonen grundsätzlich unzulässig (BGH, NJW 2000, 2677 = GRUR 2000, 818 [819] = WRP 2000, 722 - Telefonwerbung VI). Auch im geschäftlichen Verkehr hat der BGH Telefonwerbung als unzulässig angesehen, solange der Anzurufende weder ausdrücklich noch konkludent sein Einverständnis mit derartigen Anrufen erklärt hat und ein solches vom Anrufer auf Grund konkreter tatsächlicher Umstände auch nicht vermutet werden kann (vgl. BGH, NJW-RR 2002, 326 = GRUR 2001, 1181 [1182] = WRP 2001, 1068 - Telefonwerbung für Blindenwaren). Entsprechende Grundsätze gelten für die Werbung durch Telefaxschreiben (vgl. BGH, NJW 1996, 660 = GRUR 1996, 208 [209] = WRP 1996, 100 - Telefax-Werbung).

Allerdings sind die Gründe für das regelmäßige Verbot unerbetener Telefon- und Telefaxwerbung nicht ohne weiteres auf die E-Mail-Werbung übertragbar. Denn anders als der Telefonteilnehmer kann der E-Mail-Empfänger selbst bestimmen, wann er an ihn gesandte E-Mails abrufen will, so dass die unverlangte Zusendung von E-Mails nicht mit der Beeinträchtigung der Privatsphäre vergleichbar ist, wie sie bei der unerbetenen Telefonwerbung eintritt. Und die Kosten, die mit dem Abruf einer einzelnen E-Mail verbunden sind, sind ebenfalls nur gering (vgl. Bräutigam/Leupold, Online-Handel, S. 1029, Rdnr. 296).

Gleichwohl entsteht durch die Zusendung von E-Mails zu Werbezwecken eine Belästigung für den Empfänger, die dieser nicht hinzunehmen braucht, wenn er nicht ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnis erklärt oder wenn - bei der Werbung gegenüber Gewerbetreibenden - nicht auf Grund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Empfängers vermutet werden kann.

Das BerGer. hat zum Ausmaß der mit unerbetener E-Mail-Werbung einhergehenden Belästigungen für den Empfänger keine näheren Feststellungen getroffen. Dies ist indes unschädlich.



Bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der E-Mail-Werbung ist maßgeblich darauf abzustellen, dass das Internet eine weite Verbreitung gefunden hat und durch die Übermittlung per E-Mail eine billige, schnelle und durch Automatisierung arbeitssparende Versendungsmöglichkeit besteht. Diese Werbeart ist daher, soweit sie nicht ohnehin schon einen erheblichen Umfang erreicht hat, auf ein immer weiteres Umsichgreifen angelegt. Denn ohne Einschränkungen der E-Mail-Werbung ist auf Grund ihrer Vorteilhaftigkeit für den Werbenden mit einem Nachahmungseffekt bei denjenigen Mitbewerbern zu rechnen, die bislang nicht mittels E-Mail geworben haben, sich aus Wettbewerbsgründen jedoch hierzu gezwungen sehen (vgl. zu diesem Gesichtpunkt auch, B GHZ 103, 203 [208 f.] = NJW 1988, 1670 = GRUR 1988, 616 Btx-Werbung). Eine Werbeart ist aber auch dann als unlauter anzusehen, wenn sie den Keim zu einem immer weiteren Umsichgreifen in sich trägt und zu einer daraus folgenden unzumutbaren Belästigung führt (vgl. BGH, NJW 1996, 660 = GRUR 1996, 208 [209] - Telefax-Werbung).

Für den Empfang der E-Mail muss eine Online-Verbindung zum Provider hergestellt werden, für die Telefongebühren und, falls nicht ein festes Entgelt vereinbart ist, eine Nutzungsgebühr für den Provider anfallen. Hinzu kommt der Arbeitsaufwand, der mit dem Sichten und Aussortieren unerbetener E-Mails verbunden ist. Zwar sind die Kosten für den Bezug einer einzelnen E-Mail gering. Gleiches gilt für den mit dem Löschen einer E-Mail verbundenen Zeitaufwand, wenn bereits aus der Angabe im "Betreff" der E-Mail ersichtlich ist, dass es sich um Werbung handelt und deshalb eine nähere Befassung mit der E-Mail nicht erforderlich ist. Diese Beurteilung fällt jedoch bei einer größeren Anzahl unerbetener E-Mails ganz anders aus.

In der Rechtsprechung ist die unverlangte Zusendung von E-Mails mit Werbung daher ganz überwiegend unter dem Gesichtspunkt belästigender Werbung zu Recht als unzulässig angesehen worden (vgl. zu § 1 UWG: LG Traunstein, NJW 1998, 1648 = NJWE-WettbR 1998, 200 L; LG Hamburg, WRP 1999, 250; LG Ellwangen, MMR 1999, 675 [676]; vgl. auch KG, GRUR-RR 2002, 343 = MMR 2002, 685 = CR 2002, 759; LG Berlin, MMR 1999, 43; NJW-RR 2001, 412 = MMR 2000, 704).

Art. 13 I, V 1 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. 7. 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation, ABlEG Nr. L 201 v. 31. 7. 2002, S. 37) sieht vor, dass von den Fällen des Art. 13 II der Richtlinie abgesehen, die im Streitfall keine Rolle spielen, E-Mails für Zwecke der Direktwerbung nur bei vorheriger Zustimmung des Teilnehmers gestattet sind, wenn dieser eine natürliche Person ist. Für die übrigen Teilnehmer haben die Mitgliedstaaten nach Art. 13 V 2 der Richtlinie für einen ausreichenden Schutz vor unerbetenen Nachrichten zu sorgen.



bb) Zu Unrecht ist das BerGer. aber davon ausgegangen, den Kl. treffe die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Zusendung des Rundschreibens unverlangt erfolgt sei.

Die unerbetene E-Mail-Werbung ist regelmäßig gem. § 1 UWG unzulässig (vgl. vorstehend II 2 b aa). Deshalb hat die Bekl. (als Verletzter) diejenigen Umstände darzulegen und zu beweisen, die den rechtsbegründenden Tatsachen ihre Bedeutung nehmen (vgl. BGH, NJW 1997, 464 = GRUR 1997, 229 [230] = WRP 1997, 183 - Beratungskompetenz; Baumbach/Hefermehl, WettbewerbsR, 22. Aufl., Einl. Rdnr. 472). Zu diesen gehört bei E-Mail-Werbung das die Wettbewerbswidrigkeit ausschließende Einverständnis (vgl. zur Telefonwerbung: BGH, NJW 2000, 2677 = GRUR 2000, 818 [819] - Telefonwerbung VI; zur E-Mail-Werbung: KG, GRUR-RR 2002, 343 = MMR 2002, 685; zum Einverständnis bei der Telefaxwerbung: OLG Koblenz, WRP 1995, 1069 = CR 1996, 207; OLG Oldenburg, NJW 1998, 3208).

cc) Nicht entscheidend ist dagegen, dass die Bekl. nach ihrer Darstellung im Allgemeinen ihren Rundbrief nicht unverlangt versendet. Denn die Bekl. darf den Rundbrief mittels E-Mail nur dann verschicken, wenn die Voraussetzungen hierfür in der Person des jeweiligen Empfängers vorliegen. Dabei hat sie durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass es nicht zu fehlerhaften Zusendungen kommt, etwa auf Grund unrichtiger Eingabe oder Speicherung von E-Mail-Adressen.

(1) Den Versand des Rundschreibens unter der E-Mail-Adresse "s@i.de" hat das BerGer. zur Begründung eines Anspruchs aus § 1 UWG nicht ausreichen lassen. Das erweist sich im Ergebnis deshalb als zutreffend, weil ein auf § 1 UWG gestützter Unterlassungsanspruch nach § 21 UWG verjährt ist (dazu nachfolgend unter II 3).

(2) Zu der Versendung von E-Mails durch die Bekl. mit dem Rundschreiben an die E-Mail-Anschrift "d@s.de" hat das BerGer. keine abschließenden Feststellungen getroffen. Es hat es als wahrscheinlich angesehen, dass im Frühjahr 1998 an den Kl. unter dieser Adresse Rundschreiben der Bekl. versandt worden sind. In diesem Fall wäre ein daraus abgeleiteter Unterlassungsanspruch des Kl. aus § 1 UWG ebenfalls verjährt (vgl. Abschn. II 3). Soweit es auf die Zusendung von Rundschreiben unter dieser E-Mail-Adresse noch ankommen sollte, wird das BerGer. der Behauptung des Kl. nachzugehen haben, noch im November/Dezember 1998 unter dieser Anschrift Rundschreiben erhalten zu haben (Schriftsatz v. 18. 9. 2000, S. 5).



(3) Dagegen ist nach dem Vortrag der Parteien zur Versendung des Rundschreibens an die E-Mail-Adresse "d@i.de" in der Zeit zwischen 5. 9. und dem 11. 12. 1998 unstreitig, dass ein Einverständnis des Kl. hierzu nicht vorlag. Nach der Darstellung der Bekl. handelte es sich um ein Schreibversehen eines Dritten bei der Angabe der E-Mail-Adresse für die Versendung des Rundschreibens. Da die Bekl. durch geeignete Maßnahmen - beispielsweise durch die Prüfung der Identität der angegebenen E-Mail-Adresse mit der den Newsletter anfordernden Stelle - sicherzustellen hat, dass es auf Grund derartiger Versehen nicht zu einer Versendung der E-Mail-Werbung kommt, vermag dies die Wettbewerbswidrigkeit nicht auszuschließen.

3. Zur Verjährung des Unterlassungsanspruchs des Kl. hat das BerGer. von seinem Standpunkt folgerichtig keine Feststellungen getroffen. Der Senat kann auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts und des Vortrags der Parteien die Frage der Verjährung der an die E-Mail-Adressen "s@i.de" und "d@i.de" versandten Rundschreiben selbst beurteilen.

Ein auf die Versendung der Rundschreiben bis zum 7. 9. 1998 gestützter Unterlassungsanspruch des Kl. ist nach § 21 UWG verjährt. Nicht verjährt ist dagegen der Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG, soweit er auf die zwischen dem 8. 9. und 11. 12. 1998 versandten Rundschreiben an die E-Mail-Adresse "d@i.de" gestützt wird.

Die Verjährungsfrist beträgt nach § 21 UWG sechs Monate von dem Zeitpunkt, in welchem der Anspruchsberechtigte von der Handlung und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangte. Sie begann mit der jeweiligen Zusendung des Rundschreibens der Bekl. mittels E-Mail zu laufen (vgl. BGH, NJW 1995, 1023 = GRUR 1984, 820 [822] = WRP 1984, 678 - Intermarkt II; Baumbach/Hefermehl, § 21 Rdnr. 11; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 21 Rdnr. 22). Sie wurde durch die Einreichung der Klage am 8. 3. 1999 nach §§ 209 I, 217 BGB a. F., § 270 III ZPO a. F. unterbrochen. Dies gilt unabhängig von der zwischen den Parteien unterschiedlich beurteilten Bestimmtheit des Antrags in der Klageschrift vom 5. 3. 1999. Denn auf Grund dieses Antrags war jedenfalls klar, dass sich der Kl. gegen die Zusendung des Rundschreibens der Bekl. durch E-Mail an Empfänger wandte, die hierzu kein Einverständnis erklärt hatten. Dies reicht zur Verjährungsunterbrechung aus (vgl. BGH, NJW-RR 1998, 833 = GRUR 1998, 481 [483] = WRP 1998,169 - Auto '94).

Die Unterbrechung der Verjährung ist auch nicht nach § 211 II 1 BGB a. F. entfallen. Nach § 211 I BGB a. F. dauert die Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung fort, bis der Prozess rechtskräftig entschieden oder anderweitig erledigt ist. Gerät der Prozess infolge einer Vereinbarung oder dadurch in Stillstand, dass er nicht betrieben wird, so endet die Unterbrechung mit der letzten Prozesshandlung der Parteien oder des Gerichts (§ 211 II 1 BGB a. E). Allerdings hatte der Kl. nach Zustellung des landgerichtlichen Urteils vom 6. 4. 2000 bis zur wirksamen Einlegung der Anschlussberufung am 30. 11. 2000 mehr als sechs Monate zugewartet. Die Anwendung des § 211 II 1 BGB a. F. ist jedoch grundsätzlich auf Fallgestaltungen beschränkt, in denen es auf eine Umgehung des § 225 BGB hinauslaufen würde, wenn das Nichtbetreiben eines anhängig gemachten Prozesses durch die Parteien die Unterbrechungswirkung der Klageerhebung unberührt ließe. Die Verjährungsunterbrechung endet deshalb gem. § 211 II 1 BGB a. F., wenn ein Kl. sein Klagebegehen ohne triftigen Grund nicht mehr weiterbetreibt (BGH, NJW 1999, 3774 [3775] m. w. Nachw.). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Denn der Kl. hat in der Berufungsentgegnung vom 18. 9. 2000 zu erkennen gegeben, dass er an der Geltendmachung eines Anspruchs gegen die Bekl., den Newsletter unaufgefordert zu versenden, festhält. Dies reichte aus, um einen Prozessstillstand seitens des Kl. zu verneinen (vgl. BGH, NJW 1999, 3774 [3776]).

4. Nach § 1 UWG kann der Kl. von der Bekl. beanspruchen, dass dieses es unterlässt, das Rundschreiben mittels E-Mail unter beliebigen E-Mail-Adressen an dritte Empfänger oder an den Kl. ohne Einverständnis der Adressaten zu versenden. Der Unterlassungsanspruch des Kl. ist nicht auf ein Verbot der Versendung von E-Mails mit dem Rundschreiben an diejenigen E-Mail-Adressen beschränkt, an die die Bekl. bislang bereits E-Mails versandt hat (E-Mail-Adressen unter Verwendung der Domains "s.de" und "i.de"). Denn der Anspruch umfasst nicht nur die konkrete Verletzungshandlung, sondern auch im Kern gleichartige Handlungen (vgl. BGH, NJW-RR 2001, 620 = GRUR 2000, 907 [909] - Filialleiterfehler).

Neben dem Verbot der Versendung unverlangter E-Mails an den Kl. umfasst der Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG auch als eine im Kern gleichartige Verletzungshandlung das Versenden des Rundschreibens mittels E-Mail an andere Empfänger ohne deren Zustimmung.

III. Dem Senat ist eine eigene Sachentscheidung verwehrt, weil die Bekl. zu der Anschlussberufung des Kl. in der Tatsacheninstanz bisher kein rechtliches Gehör erhalten hat. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision des Kl. aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das BerGer. zurückzuverweisen.



* Quelle: NJW 2004, 1655 ff