TDSV § 6, ZPO § 286

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- Stand: 19. September 2003 - Volltextsuche - Datenschutz - Sicherheit - News and more! - Suchmaschinen - Google (Test 2/2003 - gut - 2,1)

LG Memmingen, Urteil vom 27.06.2001 - 1 S 297/01 *

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Richtigkeit von Telefonrechnungen, insbesondere über die Position "Roaming-Gespräche". Die Bekl. hat auf die Gesamtforderung der Kl. von 4.649,82 DM - einem Vorschlag der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post folgend - vorprozessual 2.345,87 DM bezahlt. Im zu Grunde liegenden Vertrag über die Nutzung eines Mobilfunktelefons vom 02.05.1997 bestand für die Kundin die Möglichkeit, unter der vorgedruckten Rubrik "Einzelgesprächsnachweis" zu wählen zwischen: "Einzelgesprächsnachweis gewünscht für nur 5,75 DM mtl.", "Einzelgesprächsnachweis verkürzt gewünscht für nur 5175 DM mtl." und "Nein, sofortige Datenlöschung - keine nachträgliche Prüfung möglich!". Im Vertrag der Bekl. wurde letztere Möglichkeit angekreuzt. Da die Kl. nach Erstellung und Versendung der Rechnungen die einzelnen Telefonverbindungsdaten löschte, war sie zu einem von der Bekl. geforderten Einzelgesprächsnachweis nicht in der Lage. Das, AG hat die Klage auf Bezahlung abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg.



Entscheidungsgründe: Das AG hat die Klage zu Recht abgewiesen. ... Im Übrigen scheitert der Anspruch auf die geltend gemachten Verbindungsentgelte daran, dass die Kl. sich vorliegend nicht mit Erfolg auf eine Beweislastumkehr berufen kann, vielmehr den ihr obliegenden Beweis für den Anfall der verlangten Gebühren (Einzelgesprächsnachweis) nicht führen kann.

a) Aus dem zu Grunde liegenden Vertrag i.V. mit den die Entgeltermittlung und -abrechnung sowie den Datenschutz betreffenden telekommunikationsrechtlichen Regelungen der Telekommunikationsdienstunternehmen-Datenschutzverordnung vom 12.07.1996 (TDSV) und der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung vom 19.12.1995 bzw. 11.12.1997 (TKV) ergibt sich im Hinblick auf die hier gewünschte sofortige Datenlöschung keine Beweislastumkehr zu Lasten der Bekl.

Die von der Kl. gestaltete Rubrik "Einzelgesprächsnachweis" in dem Vertragsformular erweckt zunächst den Eindruck, dass der Einzelgesprächsnachweis als zusätzliche, entgeltliche Service-Leistung in Anspruch genommen werden könne. Die Konsequenz daraus, wenn ein solcher Nachweis nicht gewünscht wird, sondern "Nein" angekreuzt wird, ist für einen nicht rechtskundigen Verbraucher nicht hinreichend durchschaubar.

Die Kl. will dem kleingedruckten Hinweis "keine nachträgliche Prüfung möglich" und der ebenfalls in Kleindruck erfolgten Bezugnahme auf unstreitige AGB die Bedeutung, einer Beweislastumkehr nach § 6 IV TDSV beimessen. Damit werden die wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung geradezu auf den Kopf gestellt.



Während es tragender Gesichtspunkt des Prozessrechts ist, dass derjenige, der einen Anspruch geltend gemacht, diesen auch substantiiert darzulegen und zu beweisen hat und auch die Bestimmungen der TDSV vorsehen, dass eine Überprüfung der Verbindungsdaten bis 80 Tage nach Versendung der Rechnung möglich ist und bei Einwendungen die Daten länger gespeichert werden dürfen, sieht § 6 IV TDSV bei der aus Gründen des Datenschutzes getroffenen Wahl der sofortigen Datenlöschung Beweisnachteile für den Kunden vor. Aus dem Auftragsformular der Kl. geht aber weder hervor, dass der Kunde insoweit ein freies Wahlrecht ausübt, noch werden die Konsequenzen einer Beweislastumkehr deutlich, wonach der Nutzer gegenüber dem Anbietet beweisen muss, dass die Verbindungen und die dadurch entstandenen Entgelte nicht angefallen sind. Die Formulierung "keine nachträgliche Prüfung möglich" besagt nichts darüber, wer deshalb welche Nachteile bei Streitigkeiten zu tragen hat.

b) Es versteht sich unter den gegebenen Umständen von selbst, dass ein wirksames Verlangen der Löschung i. S. von § 6 IV Nr. 2 TDSV daher nur vorliegt, wenn der Kunde eindeutig auf die Beweisnachteile hingewiesen worden ist, nämlich darauf, dass sich der Anbieter bei sofortiger Datenlöschung seiner generellen Darlegungsgrund Beweislast zur Höhe des angefallenen Entgelts entledigt (vgl. LG Ulm, NJW-RR 1999,1511; OLG Köln, VersR 2001, 724). Insoweit bestand auch eine vertragliche Nebenpflicht, die sich aus der überlegenen Sachkunde des Anbieters gegenüber dem Kunden ergibt. Da eine solche ausreichende Aufklärung gegenüber der Bekl. fehlt, liegt die Beweislast nach wie vor bei der Kl., die nach Löschung der Verbindungsdaten beweisfällig bleibt. Die Aufnahme einer Regelung zur Beweislastumkehr in die AGB der Kl. war unwirksam (§ 11 Nr. 15 AGBG). ... Soweit die streitgegenständlichen Rechnungen Grundgebühren enthalten, die wohl nicht bestritten worden sind, hat das Erstgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass diese mit der erfolgten Zahlung abgegolten sind.



* Quelle: NJW-RR 2002, 996 f