StVG § 24a, StPO § 261

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- Stand: 19. September 2003 - Volltextsuche - Datenschutz - Sicherheit - News and more! - Suchmaschinen - Google (Test 2/2003 - gut - 2,1)

Der Betroffene fuhr am 8.5.2002 um 00.02 Uhr als Führer eines Pkw auf der M.Straße in W. Der Polizeibeamte W hielt den Betroffenen an und kontrollierte ihn, wobei er Alkoholgeruch wahrnahm. Daraufhin wurde ein Alkoholtest mit dem Gerät "Evidential 7110" durchgeführt. Die Messung wurde entsprechend der Herstellervorschrift durchgeführt, das Gerät war bis Ende Juni 2002 geeicht. Die Probandenmessung 1 ergab ein Atemvolumen von 3,7 1, eine Atemzeit von 10 Sek. bei einer Atemtemperatur von 34,8 Grad und wurde um 00.18 Uhr durchgeführt. Sie ergab 0,325 mg/l. Die Probandenmessung 2 mit einem Atemvolumen von 3,5 1 und einer Atemzeit von 9,7 Sek. bei einer Atemtemperatur von 34,6 Grad wurde um 00.20 Uhr mit 0,322 mg/l Ergebnis durchgeführt.

Das Messergebnis wurde im Durchschnitt mit 0,32 mg/l festgestellt.

Bei Anwendung der erforderlichen und dem Betroffenen auch zumutbaren Sorgfalt hätte er erkennen können, dass er eine entsprechende Alkoholmenge im Körper hatte, die zu einer derartigen Atemalkoholkonzentration führte, und von der Fahrt Abstand nehmen müssen.

Das AG hat den Betroffenen am 27.9.2002 wegen fahrlässigen Führens eines Kfz mit 0,32 mg/l Atemalkoholkonzentration zu einer Geldbuße von 750 EUR verurteilt und ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen war begründet.



Aus den Gründen: „... 1. Das AG hat dem am 8.5.2002 um 00.02 Uhr begangenen Verstoß gegen § 24a Abs. 1 StVG die Atemalkoholmessungen mit dem Analysegerät Dräger Alcotest 7110 Evidential MK III v. 8.5.2002 um 00. 18 Uhr und 00.20 Uhr zu Grunde gelegt. Das AG hält eine Wartezeit von 20 Minuten nach dem Trinkende bis zum Beginn der ersten Atemalkoholmessung für nicht erforderlich und hat sich deshalb auch nicht der gegenteiligen Rechtsauffassung des ‚OLG Oldenburg v. 8.5.2002 - Ss 112/02, NZV 200.2, 414, f' (gemeint ist: OLG Hamm, Beschl. v. 3.6.2002 - 2 Ss OWi 316/02, NZV 2002, 414 [= zfs 2002, 4011) angeschlossen. Diese Rechtsauffassung des AG hält jedoch rechtlicher Nachprüfung nicht stand.



Bei der Bestimmung der Atemalkohol-Konzentration handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren i.S. der Rechtsprechung des BGH (allgemein zu standardisierten Messverfahren BGHSt 39, 291 [= zfs 1993, 3901; speziell zur Atemalkoholmessung BGHSt 46, 358 zfs 2001, 277]; BayObLGSt 2000, 51 = NZV 2000, 295 zfs 2000, 3131; OLG Hamm NZV 2000, 426 [= zfs 2000, 459]; OLG Köln zfs 2001, 138; OLG Stuttgart VRS 99, 286). Der Gesetzgeber hat ausdrücklich vorgesehen, dass bei der Atemalkoholbestimmung nur Messgeräte eingesetzt und Messmethoden angewendet werden dürfen, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsamts gestellten Anforderungen genügen (BT-Drucks 13/1439, 4; BGHSt 46, 358/363). Für den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 24a Abs. 1 StVG genügt unter diesen Voraussetzungen das gewonnene Messergebnis als solches (BGHSt 46, 358; Maatz, in: Homburger Tage 2001, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein, 2002, S. 45 ff., 54). Der Tatrichter ist zwar nicht verpflichtet, im Urteil darzulegen, dass bei der Atemalkoholmessung ein bauartzugelassenes und geeichtes Atemalkoholanalysegerät unter Beachtung der Verfahrensbestimmungen zum Einsatz gekommen ist, jedoch hat er sich von alledem zu überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte etwa dafür vorliegen, dass die Verfahrensbestimmungen nicht eingehalten wurden.



Nach dem oben angeführten Gutachten des Bundesgesundheitsamts ‚Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse' (Unfall- und Sicherheitsforschung Straßenverkehr, hrsg. im Auftrag des Bundesministers für Verkehr von der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft 86, 1992, S. 12) besteht für das Messverfahren neben dem Erfordernis einer Kontrollzeit von 10 Minuten vor der Atemalkoholmessung und der Doppelmessung im Zeitabstand von maximal 5 Minuten unter Einhaltung der zulässigen Variationsbreite zwischen den Einzelwerten die Vorgabe, dass zwischen der Beendigung der Alkoholaufnahme (Trinkende) und der Atemalkoholmessung ein Zeitraum von 20 Minuten verstrichen sein muss. Ausschlaggebend für diese Vorgabe ist weniger die Gefahr der Verfälschung der Messwerte durch Mund- oder Mundrestalkohol auf das Messergebnis; denn dazu ist die vorgeschriebene Kontrollzeit von 10 Minuten vor der ersten Messung ausreichend. Vielmehr stellt sich erst nach dieser Zeit ein definiertes Verhältnis zwischen Atemalkohol- und Blutalkoholkonzentration ein, das kurzfristigen Schwankungen nur noch in geringem Maß unterworfen ist (Gutachten des Bundesgesundheitsamts, a.a.O.; vgl. auch Schoknecht, NZV 2003, 67). Mit Blick auf die erheblichen Unterschiede zwischen Atemalkohol- und Blutalkoholkonzentration insbesondere in der Anflutungsphase könnte sich nach Maatz, BA 2002, 29/35 Fn 59 eher ein Zeitabstand von 30 Minuten empfehlen (weitere Nachweise bei Schoknecht, a.a.O.). Dem ist allerdings Schoknecht, der auch das Gutachten für das Bundesgesundheitsamt erstellt hat, mit überzeugenden Gründen entgegengetreten (Schoknecht, NZV 2003, 67/68).

Das AG hat in den Urteilsgründen zwar festgestellt, wann der Betroffene von der Polizei angehalten wurde, nicht aber wie lange der Betroffene bis dahin mit seinem PKW schon unterwegs war bzw. den Zeitpunkt für das Trinkende. Von der Beachtung der genannten Verfahrensbestimmung, dass zwischen der Beendigung der Alkoholaufnahme (Trinkende) und der Atemalkoholmessung ein Zeitraum von 20 Minuten verstrichen sein muss, hat das AG auf Grund einer unzutreffenden Rechtsauffassung abgesehen.



2. Soweit OLG Hamm NZV 2002, 414/415 [= zfs 2002, 402] und OLG Zweibrücken DAR 2002, 279 [= zfs 2002, 200] verlangen, dass bei einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG auf Grund einer Atemalkoholmessung in allen Fällen den tatrichterlichen Feststellungen zu entnehmen sein muss, dass der Zeitablauf seit Trinkende mindestens 20 Minuten betragen hat, steht dies nach Auffassung des Senats nicht in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der BGH (BGHSt 46, 358 [= zfs 2001, 277]) hat lediglich die Frage entschieden, dass bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration unter Verwendung eines Atemalkoholmessgeräts, das die Bauartzulassung für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs erhalten hat, der gewonnene Messwert ohne Sicherheitsabschläge verwertbar ist, wenn das Gerät unter Einhaltung der Eichfrist geeicht ist und die Bedingungen für ein gültiges Messverfahren gewahrt sind. Nicht gefordert hat der BGH hinsichtlich der vom Amtsrichter zu treffenden Feststellungen, dass die Beachtung der Verfahrensbestimmungen dargestellt werden müsse. Weil es sich bei dem Atemalkoholmessverfahren mit dem Gerät Alcotest 7110 Evidential MK III der Firma Dräger um ein standardisiertes Messverfahren handelt, besteht keine Veranlassung, weitergehende Anforderungen an die zu treffenden Feststellungen zu stellen als bei anderen standardisierten Messverfahren. Vielmehr hat der BGH bei standardisierten Messverfahren die Angabe der Messmethode und des zu berücksichtigenden Toleranzwerts für ausreichend angesehen (vgl. BGHSt 39, 291/303). Mithin reicht es grundsätzlich aus, wenn in den Urteilsgründen die Messmethode, die beiden Einzelmessungen sowie der aus ihnen errechnete Mittelwert mitgeteilt werden (BayObLGSt 2000, 51 [= zfs 2000, 313]; BayObLG NZV 2001, 524 [= zfs 2001, 430]; ausdrücklich auch der 3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm NZV 2002, 198). Eine Vorlage gem. § 121 Abs. 2 GVG hält der Senat nicht für geboten, da er sich in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH sieht ... "