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Lexikon des Strafrechts - KD Mainlaw - www.mainlaw.de

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Stand: 9. Oktober 2016

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Leseprobe (Bearbeitungsstand: 30. Juni 2015)

Erschleichen von Leistungen § 265 a StGB

(1) Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

**** (Anfang)

(1) Leistung eines Automaten
(2) Leistung eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes
(3) Beförderung durch ein Verkehrsmittel
(4) Zutritt zu einer Veranstaltung
(5) Zutritt zu einer Einrichtung
(6) Erschleichen
(7) Entgelt - Vermögensschaden
(8) Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten
(9) Versuch
(10) Haus- und Familientat (§ 247 StGB)
(11) Geringwertigkeit (§248a StGB)
(12) Straffrage

Leisätze:

(1) Leistung eines Automaten

Wer unter Benutzung eines ihm zugeteilten Passworts im Internet in der Absicht, das Entgelt nicht zu bezahlen, Leistungen über ein vollautomatisch ablaufendes Computerprogramm in dem Wissen bestellt, dass dies keine Bonitätsprüfung umfasst, begeht keinen Betrug gem. § 263 StGB, keinen Computerbetrug gem. § 263a StGB und auch keine Leistungserschleichung i.S. von § 265a StGB (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.01.2009 - 2 Ss 155/08, NJW 2009, 1288 f).

***

Damit einer Datenverwendung Täuschungsäquivalenz zukommt und sie damit unbefugt ist, muß sich die Unbefugtheit der Verwendung aus dem Fehlen einer Befugnis ergeben, die zu den Grundlagen des jeweiligen Geschäftstypus gehört und nach der Verkehrsanschauung als selbstverständlich vorhanden vorausgesetzt wird (OLG Karlsruhe StV 2003, 168 f).

***

Bewirkt der Täter die Herausgabe von Geldmünzen aus einem Geldwechselautomaten dadurch, daß er einen mit Tesafilmstreifen beklebten Geldschein in den Automaten einführt und diesen nach Freigabe der Münzen mit Hilfe der Tesafilmstreifen wieder herauszieht, so erfüllt er den Tatbestand des Diebstahls, nicht jedoch den des Computerbetrugs (StGB § 263a) und auch nicht den des Erschleichens von Leistungen (StGB § 265a). In diesem Fall ist jedoch nicht die Strafzumessungsregel des StGB § 243 Abs 1 Nr 2 erfüllt. Allerdings kommt die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falls des Diebstahls in Betracht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.07.1999 - 5 Ss 291/98 - 71/98 II).

***

Es erfüllt weder den Tatbestand des Computerbetruges noch den des Erschleichens von Leistungen, wenn der Täter mit Klebestreifen präparierte sogenannte Joker-Münzen, die zum Spielen an entsprechenden Geräten nicht berechtigen, in Spielautomaten einwirft und dadurch nach Durchführung des Spielbetriebs erreicht, daß die Geräte reguläre Spielmarken auswerfen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.10.1998 - 5 Ss 369/98 - 90/98 I).

*** (LG)

„... Die Angeklagte hat sich jedoch wegen Erschleichens von Leistungen in 86 Fällen gemäß §§ 265a, 53 StGB strafbar gemacht, denn sie hat jeweils die Leistung eines Dienstleistungsautomaten erschlichen.

Als Leistung eines Automaten wird die selbsttätige und zwangsläufige Erbringung einer Leistung durch ein technisches Gerät bezeichnet, welches über ein mechanisches oder elektronisches Steuersystem verfügt und durch Einbringung des vorgeschriebenen Entgelts oder mittels eines Codes oder einer Wertkarte in Funktion gesetzt wird.

Bei dem Ladeterminal für die Baraufladung von Prepaid-Karten für Mobiltelefone handelt es sich um einen Dienstleistungsautomaten i.S.d. § 265a StGB. Dieser ist vom Warenautomaten abzugrenzen. Ein Automat ist jedes technische Gerät, das dadurch, dass mit der Entrichtung des vorgesehenen Entgelts ein Mechanismus oder ein elektronisches Steuerungssystem in Gang gesetzt wird, selbständig bestimmte Gegenstände abgibt oder sonstige, nicht in der Herausgabe von Sachen bestehende Leistungen erbringt. Bei Letzteren spricht man daher von Dienstleistungsautomaten. Grundsätzlich ist es zwar so, dass Geräte, die nicht vom Kunden selbst, sondern nur unter Beteiligung des Personals des Betreibers oder anderer autorisierter Personen genutzt werden, nicht unter § 265a StGB fallen. Vorliegend war jedoch die Besonderheit gegeben, dass die Ladeterminals vom Personal nach Entrichtung des Entgelts an der Kasse bedient wurden bzw. diese die anschließende Bedienung durch den Kunden überwachten. Im Falle der Angeklagten war es allerdings so, dass sich diese hierüber hinweggesetzt hat, indem sie die Terminals selbstständig außerhalb der Ladenöffnungszeiten in Gang setzte. Die Angeklagte erreichte durch Knopfdruck die Aufladung ihrer Guthabenkonten. In dieser Situation muss § 265a StGB anwendbar bleiben, denn die Terminals stellen im konkreten Anwendungsfall für die Angeklagte einen vollautomatischen Leistungsautomaten ohne Zwischenschaltung weiterer Personen dar. ..." (LG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 19.11.2008 - 7 Ns 150 Js 4282/08)

***

(2) Leistung eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes

Ebensowenig rechtfertigen die bisher getroffenen Feststellungen den Schuldspruch wegen Erschleichens von Leistungen (§ 265 a StGB). Daß das Modem betriebsbereit war, besagt noch nicht, daß der Angeklagte die Telefonleitung benutzt hat. Eine derartige Nutzung ist bislang auch sonst nicht ermittelt. Der von der Telekom angegebene Schäden in Höhe von 200 Telefoneinheiten zu 0,23 DM beruht ersichtlich auf einer Schätzung. Auch das Amtsgericht hat angenommen, daß nicht unbedingt ein Schaden dieser Größenordnung entstanden ist (UA S. 4). Ob die Telekom zu der Frage der tatsächlichen Nutzung des Modems über die Zuleitung überhaupt Angaben gemacht hat, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Auch der Schuldspruch wegen Erschleichens von Leistungen beruht mithin nicht auf einer tragfähigen Grundlage, sondern lediglich auf einer Vermutung (KG Berlin, Beschluss vom 11.03.1997 - (5) 1 Ss 323/96 (9/97)).

(3) Beförderung durch ein Verkehrsmittel

(4) Zutritt zu einer Veranstaltung

(5) Zutritt zu einer Einrichtung

(6) Erschleichen

„... Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine strafgerichtliche Verurteilung wegen Erschleichens von Leistungen (§ 265a Abs. 1 StGB). Der Beschwerdeführer beanstandet die Anwendung dieses Straftatbestandes auf den Fall des sogenannten Schwarzfahrens und rügt eine Verletzung von Art. 103 Abs. 2 GG. Die Verfassungsbeschwerde kann nicht zur Entscheidung angenommen werden, weil ein Annahmegrund im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt.

1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG).

Sie wirft keine Fragen auf, die nicht auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Gewährleistungsgehalt von Art. 103 Abs. 2 GG in seiner Ausprägung als Verbot strafbegründender und strafschärfender Analogie gelöst werden können (vgl. nur BVerfGE 71, 108 <115>; 73, 206 <235>; 82, 236 <269>; 87, 209 <224>; 87, 399 <411>; 92, 1 <12>).

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Art. 103 Abs. 2 GG ist nicht verletzt.

Diese Grundrechtsnorm verpflichtet den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, daß Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. BVerfGE 47, 109 <120>; 55, 144 <152>).

Dieses Erfordernis gesetzlicher Bestimmtheit schließt nach der Rechtsprechung eine analoge oder gewohnheitsrechtliche Strafbegründung aus. Dabei ist ‚Analogie' nicht im engeren technischen Sinne zu verstehen; vielmehr ist jede Rechtsanwendung ausgeschlossen, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht. Art. 103 Abs. 2 GG zieht insoweit auch bei der Auslegung von Strafvorschriften eine verfassungsrechtliche Grenze (vgl. BVerfGE 71, 108 <115>). Mit diesem Grundgedanken des Art. 103 Abs. 2 GG setzt sich auch eine Verurteilung in Widerspruch, der eine objektiv unhaltbare und deshalb willkürliche Auslegung des materiellen Strafrechts zugrunde liegt. Davon kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein.

Die Vorschrift des § 265a StGB enthält vier Auffangtatbestände zum Betrug (§ 263 StGB) und wurde 1935 geschaffen, um den Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, die bei der Feststellung der Betrugsmerkmale Täuschung, Irrtumserregung und Vermögensschädigung bei Inanspruchnahme von Massenleistungen ohne Entrichtung des geforderten Entgelts auftraten (vgl. dazu im einzelnen LK-Lackner, StGB, 10. Aufl., Vorbem. zu § 265a). Geschütztes Rechtsgut ist das Vermögen. Dieses soll nach dem Zweck des Gesetzes nicht durch den Mißbrauch des Vertrauens, das der Betreiber durch das uneingeschränkte Anbieten seiner Leistung an das gesamte Publikum vorgeleistet hat, straflos beeinträchtigt werden können (Lackner, a.a.O.; Schönke/Schröder, StGB, 25. Aufl., § 265a Rn. 1 m.w.N.). Da das Tatbestandsmerkmal ‚Erschleichen' schon im Hinblick auf seine Funktion der Lückenausfüllung für sich genommen eine weite Auslegung zuläßt, ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn die herrschende Auffassung im Schrifttum sowie die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung unter dem Erschleichen einer Beförderung jedes der Ordnung widersprechende Verhalten versteht, durch das sich der Täter in den Genuß der Leistung bringt und bei welchem er sich mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt (so OLG Hamburg, NStZ 1988, S. 221, 222; OLG Stuttgart, NJW 1990, S. 924; OLG Hamburg, NStZ 1991, S. 587, 588; OLG Düsseldorf, NStZ 1992, S. 84; Lackner, a.a.O., Rn. 8; für die gegenteilige Auffassung vgl. AG Hamburg, NStZ 1988, S. 221; Alwart, JZ 1986, S. 563; Albrecht, NStZ 1988, S. 222). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers verliert der Tatbestand des § 265a StGB in der Tatmodalität des Erschleichens dadurch auch nicht jegliche Konturen. Es ist von Verfassungs wegen insbesondere nicht geboten, über das bloße Erwecken eines Anscheins hinaus etwa die Überlistung einer Kontrollmöglichkeit oder eine täuschungsähnliche Manipulation zu verlangen. Wäre beispielsweise ein ‚Anscheinsempfänger' vorhanden, läge eine Täuschung vor; damit wäre der Tatbestand des Betruges im Sinne des § 263 StGB in Betracht zu ziehen. Auch in der vom Beschwerdeführer beanstandeten Auslegung erfüllt das Tatbestandsmerkmal des Erschleichens seine rechtsstaatliche Garantiefunktion. So wird nicht jede unbefugte Entgegennahme einer Leistung als Erschleichen bezeichnet werden können, etwa dann, wenn die Sperreinrichtung eines Automaten versagt oder wenn vom Täter Gewalt angewendet wird. Daß der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 265a StGB vergleichbare Fallgestaltungen im Auge hatte, ergibt sich ungeachtet der Unterschiede im einzelnen auch aus der Aufnahme der Tatmodalität der Zutrittserschleichung in die Vorschrift. ..." (BVerfG, Beschluss vom 09.02.1998 - 2 BvR 1907/97)

*** (BGH)

Eine Beförderungsleistung wird bereits dann i.S. des § 265a I StGB erschlichen, wenn der Täter ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen (BGH, Beschluss vom 08.01.2009 - 4 StR 117/08):

„... Das AG hat den Angekl. B am 6. 6. 2007 und die Angekl. G und Ba am 26. 9. 2007 jeweils von dem Vorwurf des Erschleichens geringwertiger Leistungen in mehreren Fällen freigesprochen. Nach den Urteilsfeststellungen hatten der Angekl. B in der Zeit vom 29. 9. 2006 bis zum 20. 12. 2006 in sieben Fällen, der Angekl. G in der Zeit vom 20. 11. 2006 bis zum 9. 1. 2007 in sechs Fällen und die Angekl. Ba In der Zeit vom 10. 3. 2007 bis zum 5. 6. 2007 in 14 Fällen öffentliche Verkehrsmittel (Straßenbahnen) der HV-AG benutzt, ohne - wie bei Fahrausweiskontrollen festgestellt wurde - im Besitz eines gültigen Fahrscheins zu sein. Die Angekl. hatten sich jeweils bemüht, durch ihr Verhalten keine Aufmerksamkeit zu erregen, um den Eindruck zu erwecken, als nutzten sie die Straßenbahn mit einem gültigen Fahrausweis. Das AG hat in dem festgestellten Verhalten der Angekl. keine Straftaten zu erblicken vermocht. Es hat die Auffassung vertreten, ein unauffälliges oder unbefangenes Benutzen eines öffentlichen Verkehrsmittels ohne Entgelt reiche nicht aus, um das Tatbestandsmerkmal des Erschleichens i.S. des § 265a I StGB zu erfüllen. Gegen diese Urteile wandte sich die StA mit ihren Revisionen, mit denen sie die Rechtsauffassung des AG beanstandete. Die GenStA Naumburg hält die Revisionen der StA für begründet und hat jeweils beantragt, Termin zur Hauptverhandlung zu bestimmen.

Das zur Entscheidung über die Revisionen berufene OLG Naumburg beabsichtigt, die Revisionen der StA als unbegründet zu verwerfen. Es ist - in Übereinstimmung mit der im Schrifttum inzwischen herrschenden Meinung (vgl. Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 265a Rdnr. 11; Tiedemann, in: LK-StGB, 11. Aufl., § 265a Rdnrn. 34ff.; Wohlers, in: MünchKomm-StGB, § 265a Rdnrn. 53ff.; Fischer, StGB, 56. Aufl., § 265a Rdnrn. 6, 21; Lackner/Kühl, StGB, 26. Aufl., § 265a Rdnr. 6a; jew. m.w. Nachw.) - der Ansicht, dass ein Erschleichen einer Beförderung durch ein Verkehrsmittel i.S. des § 265a I StGB voraussetze, dass der Täter sich mit einem täuschungsähnlichen oder manipulativen Verhalten in den Genuss der Leistung bringe; allein die Entgegennahme einer Beförderungsleistung ohne gültigen Fahrausweis, die nicht mit der Umgehung von Kontroll- oder Zugangssperren oder sonstigen Sicherheitsvorkehrungen verbunden sei, reiche nicht aus. Dies folge zum einen aus dem Wortsinn des Begriffs ‚Erschleichen', zum anderen aus der systematischen Stellung der Vorschrift im Rahmen der §§ 263 bis 265b StGB. An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das OLG Naumburg durch die Entscheidungen des OLG Stuttgart vom 10. 3. 1989 (NJW 1990, 924 [925] = NStZ 1991, 41 L), des OLG Hamburg vom 18. 12. 1990 (NStZ 1991, 587 [588]) sowie des OLG Düsseldorf vom 30. 3. 2000 (NJW 2000, 2120 [2121]) und des OLG Frankfurt a.M. vom 16. 1. 2001 (NStZ-RR 2001, 269 [270]) gehindert. Diese Oberlandesgerichte vertreten die Auffassung, dass unter dem Erschleichen einer Beförderung i.S. des § 265a I StGB jedes der Ordnung widersprechende Verhalten zu verstehen sei, durch das sich der Täter in den Genuss der Leistung bringt und bei welchem er sich mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt. Eines heimlichen Vorgehens des Täters, einer List, einer Täuschung oder einer Umgehung von Sicherungen oder Kontrollen bedürfe es nicht; das Erschleichen einer Beförderung entfalle auch nicht deshalb, weil der Zugang zum Verkehrsmittel nicht kontrolliert werde. Das OLG Naumburg hat deshalb die Sache gem. § 121 II GVG dem BGH zur Entscheidung über folgende Rechtsfrage vorgelegt:

‚Erschleicht der Täter eine Beförderungsleistung i.S. des § 265a I StGB, wenn er ein Verkehrsmittel benutzt, ohne im Besitz eines nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers des Verkehrsmittels erforderlichen Fahrausweises zu sein, und - ohne sich den Genuss der Beförderungsleistung durch weitere Handlungen oder Unterlassungen zu ermöglichen oder zu erhalten - lediglich hofft, nicht aufzufallen?' ...

III. Der Senat beantwortet die Vorlegungsfrage - im Wesentlichen - in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt und der herrschenden Rechtsprechung wie aus der Beschlussformel ersichtlich.

1. Der Wortlaut der Norm setzt weder das Umgehen noch das Ausschalten vorhandener Sicherungsvorkehrungen oder regelmäßiger Kontrollen voraus. Nach seinem allgemeinen Wortsinn beinhaltet der Begriff der ‚Erschleichung' lediglich die Herbeiführung eines Erfolgs auf unrechtmäßigem, unlauterem oder unmoralischem Wege (vgl. Grimm, Dt. Wörterb. Bd. 8, 1999, Sp. 2136; Brockhaus, 10. Aufl., Bd. 2, S. 1217). Er enthält allenfalls ein ‚täuschungsähnliches' Moment dergestalt, dass die erstrebte Leistung durch unauffälliges Vorgehen erlangt wird; nicht erforderlich ist, dass der Täter etwa eine konkrete Schutzvorrichtung überwinden oder eine Kontrolle umgehen muss.

2. Diese Auslegung des Tatbestandsmerkmals ‚Erschleichen' verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 II GG. Da das Tatbestandsmerkmal schon im Hinblick auf seine Funktion der Lückenausfüllung eine weitere Auslegung zulässt, ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, unter dem Erschleichen einer Beförderung jedes der Ordnung widersprechende Verhalten zu verstehen, durch das sich der Täter in den Genuss der Leistung bringt und bei welchem er sich mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt (BVerfG, NJW 1998, 1135 [1136]; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 7. 4. 1999 - 2 BvR 480/99).

3. Auch die Entstehungsgeschichte der Norm spricht für die Auslegung des Begriffs des Erschleichens im Sinne der obergerichtlichen Rechtsprechung.

Die Vorschrift des § 265a StGB geht, soweit sie das ‚Schwarzfahren' unter Strafe stellt, auf Art. 8 der Strafgesetznovelle vom 28. 6. 1935 zurück (RGBl I 839, 842). Sie sollte vor allem die Lücke schließen, die sich bei der Erschleichung von Massenleistungen bezüglich der Anwendung des § 263 StGB ergaben (vgl. Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, § 265a Rdnr. 1; Tiedemann, in: LK-StGB, § 265a Rdnrn. 1-3; Falkenbach, Die Leistungserschleichung, 1983, S. 70, 75-77).

Das RG hatte bereits im Jahre 1908 in einem ‚Schwarzfahrerfall' entschieden, dass der Tatbestand des § 263 StGB keine Anwendung finden könne, da nicht festgestellt war, in welcher Weise sich der Täter die Möglichkeit zur Benutzung der Eisenbahn verschafft und ob er einen Bahnmitarbeiter getäuscht hatte (RGSt 42, 40 [41]); es hatte angeregt, die bestehende Strafbarkeitslücke für so genannte blinde Passagiere durch eine neue Strafvorschrift zu schließen.

Die im Jahre 1935 eingeführte Vorschrift des § 265a StGB entsprach fast wörtlich dem § 347 (Erschleichen freien Zutritts) des Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs von 1927, in dessen Begründung es unter anderem heißt:

‚Erschleichen ist nicht gleichbedeutend mit Einschleichen. Auch wer offen durch die Sperre geht, sich dabei aber so benimmt, als habe er das Eintrittsgeld entrichtet, erschleicht den Eintritt. Auch ein bloß passives Verhalten kann den Tatbestand des Erschleichens erfüllen; so fällt auch der Fahrgast einer Straßenbahn unter die Strafdrohung, der sich entgegen einer bestehenden Verpflichtung nicht um die Erlangung eines Fahrscheins kümmert.' (Mat. z. Strafrechtsreform Bd. 4, Entw. eines Allgemeinen Deutschen StGB 1927 m. Begr. u. 2 Anl. [Reichstagsvorlage], Bonn 1954 [Nachdr.], S. 178f.; Die Strafrechtsnovellen v. 28. 6. 1935 u. die amtl. Begründungen, Amtl. Sonderveröffentlichungen d. Deutschen Justiz Nr. 10, S. 41)

Die Vorschrift sollte also gerade diejenigen Fälle erfassen, in denen es unklar bleibt, ob der Täter durch täuschungsähnliches oder manipulatives Verhalten Kontrollen umgeht. Der gesetzgeberische Wille ist nicht etwa deswegen unbeachtlich, weil sich die bei Schaffung des Gesetzes bestehenden Verhältnisse insoweit geändert haben, als heute, auch zu Gunsten einer kostengünstigeren Tarifgestaltung, auf Fahrscheinkontrollen weitgehend verzichtet wird (vgl. hierzu Rengier, StrafR BT I, 6. Aufl., § 16 Rdnr. 6; Schmidt/Priebe, StrafR BT II, 4. Aufl., Rdnr. 512). Der Gesetzgeber hat die Bestimmung so weit gefasst, dass sie auch auf neue Fallgestaltungen angewendet werden kann (vgl. Senat, Urt. v. 8. 8. 1974 - 4 StR 264/74).

4. Der erkennbare Wille des heutigen Gesetzgebers spricht ebenfalls für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals des Erschleichens im Sinne der obergerichtlichen Rechtsprechung. Er wird daraus deutlich, dass § 265a I StGB trotz der Angriffe von Teilen des Schrifttums gegen diese Rechtsprechung und trotz verschiedener Reformvorhaben unverändert gelassen wurde.

Zwei Gesetzentwürfe scheiterten. Der Gesetzentwurf des Bundesrats (BT-Dr 12/6484; BT-Dr 13/374), der für eine Beförderungserschleichung eine Beschränkung des § 265a StGB auf wiederholtes Handeln oder solches unter Umgehung von Kontrollmechanismen und die Einführung eines Ordnungswidrigkeitstatbestands für erstmaliges Schwarzfahren vorsah, ist nach einer ersten Beratung im Bundestag nicht weiter behandelt worden. Der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der unter anderem die Streichung der Alternative ‚Beförderung durch ein Verkehrsmittel' in § 265a StGB und die Ersetzung durch einen Bußgeldtatbestand vorsah (BT-Dr 13/2005), wurde während der Beratungen zum 6. Strafrechtsänderungsgesetz abgelehnt (BT-Dr 13/9064, S. 2, 7). Auch die Vorschläge der niedersächsischen Kommission zur Reform des Strafrechts, die eine ersatzlose Streichung des § 265a StGB gefordert hatte, und der hessischen Kommission ‚Kriminalpolitik', die eine Ergänzung der dritten Alternative des § 265a I StGB um das Merkmal der Täuschung einer Kontrollperson vorgeschlagen hatte, gaben dem Gesetzgeber keine Veranlassung zu einer Änderung bezüglich der Beförderungserschleichung.

5. Schließlich führt auch der Vergleich mit den anderen Tatbestandsalternativen des § 265a I StGB zu keiner anderen Auslegung des Tatbestandsmerkmals ‚Erschleichen'. Zwar erfordert die unberechtigte Inanspruchnahme von Automatenleistungen oder von Leistungen eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationssystems in der Regel eine aktive Manipulation oder Umgehung von Sicherungsmaßnahmen. Dies folgt aber daraus, dass diese Leistungen nur auf eine spezielle Anforderung hin erbracht werden. Im Unterschied dazu wird die Beförderungsleistung dadurch für eine bestimmte Person erbracht, dass diese in das ohnehin in Betrieb befindliche Verkehrsmittel einsteigt und sich befördern lässt; eine vergleichbare aktive Umgehung von Kontrolleinrichtungen beim Zugang zu einem Verkehrsmittel ist daher schon der Sache nach nicht erforderlich (vgl. auch OLG Frankfurt a. M., NStZ-RR 2001, 269 [270]). Notwendig ist deshalb auch nicht, dass der Anschein ordnungsgemäßer Erfüllung der Geschäftsbedingungen gerade gegenüber dem Beförderungsbetreiber oder seinen Bediensteten erregt wird; es genügt vielmehr, dass sich der Täter lediglich allgemein mit einem entsprechenden Anschein umgibt.

6. Soweit in der Literatur Gesichtspunkte der Entkriminalisierung des ‚Schwarzfahrens' angeführt werden (vgl. nur Albrecht, NStZ 1988, 222 [224]; Alwart, JZ 1986, 563; Wohlers, in: MünchKomm-StGB, § 265a Rdnrn. 4ff. m.w. Nachw.), ist dies für die Auslegung des § 265a StGB unbeachtlich. Es ist nicht Aufgabe der Rechtsprechung, dem Gesetzgeber vorbehaltene rechtspolitische Zielsetzungen zu verwirklichen. ..."

*** (OLG)

Der Inhaber einer Monatskarte für die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels, der die Karte entgegen den Beförderungsbedingungen nicht bei sich führt, erfüllt jedenfalls dann nicht den Tatbestand des § 265a StGB, wenn es sich um eine personengebundene, nicht übertragbare Karte handelt (KG Berlin, Beschluss vom 15.03.2012 - (4) 121 Ss 113/12 (149/12)).

***

„... Für die Feststellungen der Leistungserschleichung fehlt es ebenfalls an den notwendigen Feststellungen sowohl zu den objektiven als auch zu den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 265 a StGB. Die getroffenen Feststellungen ergeben nicht, dass der Angeklagte eine Beförderung erschlichen hat. Insoweit ist zumindest die Feststellung unter näherer Angabe der angewandten Tatsachen erforderlich, dass der Angeklagte sich (vertragswidrig) ‚mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit' umgeben hat (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl., Rdnr. 21 zu § 265 a m.w.N.; BGHSt 53, 122). Wie der Angeklagte sich konkret verhalten hat, was für eine Art von Verkehrsmittel er benutzt hat, ob er einen ungültigen Fahrausweis oder gar keinen bei sich führte und welches Element einer Täuschung oder Manipulation sich in seinem Verhalten gezeigt hat, ist nicht näher dargetan. Zur subjektiven Tatbestandsseite lassen die Feststellungen zudem jegliche Ausführungen vermissen. Erforderlich ist, dass der Täter mit mindestens bedingtem Vorsatz gehandelt hat, der die Entgeltlichkeit der Leistung umfasst und ebenso die Tathandlung des Erschleichens (vgl. Fischer, a.a.O., § 265 a Rdnr. 26). Der Vorsatz fehlt jedoch, wenn der Täter beim Einsteigen in ein Verkehrsmittel annimmt, er sei im Besitz eines gültigen Fahrausweises (vgl. Fischer, a.a.O., wie vor; Koblenz NJW 2000, 86 f). ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 02.02.2012 - 3 RVs 4/12)

***

„... Als lückenhaft erweisen sich die Feststellungen indes zu dem Tatbestandsmerkmal des ‚Erschleichens' von Leistungen im Sinne des § 265a Abs. 1 StGB.

Der Täter erschleicht sich eine Beförderungsleistung in diesem Sinne, wenn er ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen (BGH, Beschluss 4 StR 117/08 vom 8.1.2009, NJW 2009, 1091). Um feststellen zu können, ob der Täter diesen Anschein erweckt hat, müssen daher die durch die Geschäftsbedingungen festgelegten Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Benutzung des Verkehrsmittels sowie das äußerlich erkennbare Verhalten des Täters, das den Schluss zulässt, der Täter erfülle diese Voraussetzungen, im Urteil mitgeteilt werden. Hieran fehlt es vorliegend, wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift überzeugend dargelegt hat:

‚... Eine Strafbarkeit wegen Beförderungsleistung setzt weder das Umgehen noch das Ausschalten vorhandener Sicherungsvorkehrungen oder regelmäßiger Kontrollen voraus (BGH, Beschl. vom 08.01.2009 - 4 StR 117/08 -, NJW 2009, 1091). Für ein "Erschleichen" im Sinne des § 265a StGB ist es ausreichend, dass der Täter ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen (BGH, a.a.O.). Der Begriff der "Erschleichung" beinhaltet nach seinem Wortsinn lediglich die Herbeiführung eines Erfolgs auf unrechtmäßigem, unlauterem oder unmoralischem Wege, ein täuschungsähnliches Moment jedoch allenfalls dergestalt, dass die erstrebte Leistung durch unauffälliges Vorgehen erlangt wird (BGH, a.a.O.; OLG München, Urt. vom 23.07.2009 - 5 St RR 180/09 -, BeckRS 2009, 24234). Hierbei kommt es nicht darauf an, dass dieser Anschein gerade gegenüber dem Beförderungsbetreiber oder seinen Bediensteten erregt wird (BGH, a.a.O., 1092; OLG Frankfurt a.M., Beschl. vom 20.07.2010 - 1 Ss 336/08 -, NJW 2010, 3107, 3108). Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass sich der Anschein für einen objektiven Beobachter gibt (vgl. OLG Naumburg, Beschl. vom 06.04.2009 - 2 Ss 313/07 -, BeckRS 2010, 20570; OLG Frankfurt a.M., a.a.O.).

Voraussetzung ist daher, ob der Täter, gemessen an den jeweils geltenden Geschäftsbedingungen, ein äußerlich erkennbares Verhalten zeigte, das einem objektiven Beobachter den Schluss erlaubte, der Täter sei zur Benutzung des Verkehrsmittels berechtigt (OLG Naumburg, a.a.O.; OLG Frankfurt a.M., a.a.O.). Hierzu kann es genügen, wenn der Täter mit dem Verkehrsmittel mitfährt, ohne sich um die Erlangung eines Fahrausweises zu kümmern und sich hieraus kein Anlass zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Benutzung des Verkehrsmittels ergibt (OLG Naumburg, a.a.O.; OLG Frankfurt a.M., a.a.O.). Zur Feststellung, ob der Täter den betreffenden Anschein der nach den Geschäftsbedingungen berechtigten Benutzung erweckt hat, müssen die nach den Geschäftsbedingungen hierfür aufgestellten Voraussetzungen sowie das äußerlich erkennbare Verhalten des Täters, das den Schluss zulässt, er erfülle diese Voraussetzungen, ermittelt werden (OLG Naumburg, a.a.O.; OLG Frankfurt a.M., a.a.O.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die bloße Feststellung der Mitfahrt ohne gültigen Fahrausweis genügt hierzu nicht (OLG Naumburg, a.a.O.; OLG Frankfurt a.M., a.a.O.). Zwar legt schon die Feststellung, die Angeklagte habe bei Fahrtantritt die Absicht gehabt, den Fahrpreis nicht zu entrichten, die Annahme nahe, dass sie sich nicht um einen Fahrschein gekümmert habe. Allerdings lässt sich hieraus nicht der Rückschluss ziehen, die Angeklagte habe sich auch unauffällig im oben genannten Sinne verhalten und daher mit dem Anschein einer ordnungsgemäßen Mitfahrt umgeben.'

Nicht zu beanstanden sind hingegen die für die Strafzumessung bedeutsamen Feststellungen zur Höhe des verursachten Vermögensschadens, der sich nach dem für die Beförderungsleistung geschuldeten Entgelt - in Abgrenzung zu einem eventuell erhobenen Beförderungsentgelt - bestimmt (OLG Frankfurt a.M., Beschlüsse 1 Ss 425/08 vom 26.2.2010, a.a.O., sowie 1 Ss 336/08 vom 20.7.2010, NJW 2010, 3107, 3109). Es kommt insoweit nicht darauf an, wo der Täter kontrolliert wurde bzw. infolge der Kontrolle das Verkehrsmittel (unfreiwillig) verlassen hat. Maßgebend ist vielmehr, welches Entgelt für die Fahrt zwischen dem Einsteigeort und dem Zielort des Täters angefallen wäre.

Den Urteilsfeststellungen lässt sich entnehmen, dass es sich bei den unter Ziff. 1. bis 5. angegebenen Orten um diejenigen handelt, von und bis zu denen die Angeklagte fahren wollte, nicht aber um die Start- und Zielorte der von ihr benutzten Züge, auch wenn es sich bei den unter Ziff. 1. und 3. angegebenen Zeitpunkten - hier stimmt der Senat mit der Generalstaatsanwaltschaft überein - um die Kontrollzeitpunkte handeln dürfte. ..." (OLG Koblenz, Beschluss vom 17.05.2011 - 2 Ss 12/11)

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„...1. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch.

a) Das Tatbestandsmerkmal des ‚Erschleichens' i. S. d. § 265 a StGB ist bereits dann erfüllt, wenn der Täter ein Verkehrsmittel unberechtigt nutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen (vgl. den auf Vorlage ergangenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 08. Januar 2009 in 4 StR 117/08 = BGHSt 53, 122 = NStZ 2009, S. 211 = StV 2009, S. 358). Es ist nicht erforderlich, dass der Täter etwa eine konkrete Schutzvorrichtung überwinden oder eine Kontrolle umgehen muss (so auch BVerfG NJW 1998, 1135). Vielmehr genügt es, wenn der Täter es unterlässt, einen Fahrschein zu lösen und sich äußerlich unauffällig verhält.

Wer einen Fahrausweis weder vor Fahrtantritt noch unmittelbar nach Betreten des Beförderungsmittels löst, obwohl er dazu verpflichtet ist, dokumentiert nach außen das Verhalten eines ehrlichen Benutzers und erweckt den Eindruck, er nehme die Beförderungsleistung ordnungsgemäß in Anspruch (vgl. OLG Hamburg NJW 1987, 2688 f.). Wer ein Beförderungsmittel ohne gültigen Fahrausweis betritt, verschweigt nicht nur das Unterlassen der Zahlung des Fahrpreises, sondern gibt mit dem Benutzen des Beförderungsmittels konkludent die wahrheitswidrige Erklärung ab, seiner Zahlungspflicht - in welcher Form auch immer - nachgekommen zu sein (vgl. OLG Hamburg, NStZ 1991, S. 587, 588).

Weiterer Feststellungen bedarf es nicht, um das Tatbestandsmerkmal des ‚Erschleichens von Leistungen' zu bejahen.

Insbesondere besteht auch kein Erfordernis, den konkreten Inhalt der Beförderungsbedingungen der jeweiligen Verkehrsbetriebe in den Urteilsgründen wiederzugeben. Dies fordert auch der Bundesgerichtshof in der o. g. Entscheidung nicht. Es ist allgemein bekannt und offensichtlich, dass sämtliche Verkehrsbetriebe für die ordnungsgemäße Beförderung in ihren Beförderungsbedingungen einen gültigen Fahrschein fordern.

Der Anschein ordnungsgemäßen Verhaltens wird auch nicht dadurch erschüttert, dass die Angeklagte den Essener Verkehrsbetrieben mit Schreiben vom 03. November 2008 zuvor mitgeteilt hatte, dass sie deren Fahrzeuge benutzen wolle, ohne jedoch den Fahrpreis zu entrichten. Dies hat sie im Übrigen nach den Urteilsfeststellungen auch eingeräumt. Entscheidend ist nämlich, dass gegenüber den von dem Beförderungsunternehmen eingesetzten Personen, die über die Erbringung der Beförderungsleistung an die Angeklagte zu entscheiden hätten, der Anschein der ordnungsgemäßen Inanspruchnahme seitens der Angeklagten nicht erschüttert wurde. Gerade diesen Personen gegenüber, also etwaigen Kontrolleuren oder den U-Bahn-Fahrern hat sich die Angeklagte jedoch auch nach ihrer eigenen Einlassung gerade nicht bereits vor Fahrtantritt als ‚Schwarzfahrerin' zu erkennen gegeben. Wäre dies erfolgt, so hätte man ihr sicherlich die Fahrt verwehrt.

b) Entgegen der Ansicht der Revision reichen die Feststellungen der Kammer auch noch aus, um jeweils vollendete Taten annehmen zu können. Vollendet ist die Tat nämlich schon mit dem Beginn der Beförderungsleistung. Insoweit sind lediglich Fälle auszuscheiden, in denen nach der Verkehrsauffassung eine Beförderung noch gar nicht vorliegt.

Soweit die Kammer dazu angibt, die Angeklagte habe das Verkehrsmittel ‚im Bereich' der jeweiligen Haltestelle ‚benutzt', bedeutet dies nach dem herkömmlichen Sprachgebrauch, dass sich dieses bereits in Bewegung befunden hat, zumal Fahrscheinkontrollen - wie ebenfalls allgemein bekannt ist - bei Personen in den fahrenden Verkehrsmitteln oder in Einzelfällen auch erst nach dem Aussteigen erfolgen. Der Formulierung im ‚Bereich' ist auch noch hinreichend zu entnehmen, dass die Kontrolle nicht unmittelbar an der (Einstiegs-)Haltestelle noch vor Abfahrt des Verkehrsmittels erfolgte.

Der Senat teilt nicht die Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Beschluss vom 20. Juli 2010 = NJW 2010, 3107), das Tatgericht müsse auch Ausführungen dazu machen, an welcher Haltestelle die/der Angeklagte in die Straßenbahn bzw. U-Bahn eingestiegen ist und welche Fahrtstrecke er/sie im Zeitpunkt der Kontrolle bereits zurückgelegt hat. Derartige Feststellungen sind rechtlich nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn festgestellt werden kann, dass sich das Beförderungsmittel zu jenem Zeitpunkt bereits in Fahrt befunden hat. Weitere Feststellungen sind für ein vollendetes Erschleichen von Leistungen nicht erforderlich. Darüber hinausgehende Feststellungen zu fordern, hieße, den Zeitpunkt der Tatvollendung und des Erfolgseintritts hinauszuschieben. Ein derartiges Erfordernis findet nicht nur keine Stütze im Gesetz, sondern wird auch dem Charakter des § 265a StGB als Erfolgsdelikt nicht gerecht. Zusätzliche Feststellungen zur zurückgelegten Fahrtstrecke könnten allenfalls Auswirkungen auf den verursachten Vermögensschadens haben, da der Fahrpreis mit zunehmender Fahrtstrecke steigen kann. Dies ist aber keine Frage der Tatbestandsmäßigkeit, sondern lediglich eine solche der Strafzumessung.

Unabhängig von der Frage, ob solche Feststellungen in der Praxis zum Beispiel bei einem schweigenden Angeklagten überhaupt getroffen werden können, ist es nicht Sache der Rechtsprechung, durch überbordende Anforderungen einen Tatbestand ins Leere laufen zu lassen und so dem Gesetzgeber vorbehaltene rechtspolitische Zielsetzungen zu verwirklichen (vgl. dazu BGH, a. a. O.).

c) Zutreffend ist die Strafkammer davon ausgegangen, dass das Schreiben der Angeklagten vom 03. November 2008 nicht zu einem Ausschluss der Strafbarkeit führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Tatbegehung und nicht das Datum eines Vorgangs, welcher zum Teil nahezu ein Jahr vor den Taten liegt. Bereits aufgrund des Zeitablaufs konnte der Brief keine Wirkung mehr entfalten. Im Übrigen war überhaupt nicht bekannt, wann und wo die Angeklagte fahren würde. Zudem war Adressat des Schreibens die Verwaltung der Essener Verkehrsbetriebe, während die (konkludente) Angabe, sich gemäß den Beförderungsbedingungen zu verhalten, durch tatsächliches Verhalten zum Tatzeitpunkt, möglicherweise auch gegenüber eventuellen Kontrolleuren, abgegeben wird.

Rechtliche Relevanz entfaltet dieses Schreiben ohnehin nicht, da die Essener Verkehrsbetriebe darauf nicht reagiert haben und ihrem Schweigen hier keine Bedeutung zukommt.

Wenn die Kammer daraus überhaupt einen Verbotsirrtum hergeleitet hat, was sich nicht aufdrängt, handelt es sich nicht um einen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten, dies umso mehr als im Rahmen des Rechtsfolgenausspruchs eine Strafrahmenverschiebung zu ihren Gunsten erfolgt ist. Dass dieser Irrtum nicht unvermeidbar war, liegt auf der Hand.

d) Die getroffenen Feststellungen reichen ebenfalls aus, um die subjektive Tatseite bejahen zu können. Durch das bereits erwähnte Schreiben hat die Angeklagte hinreichend deutlich gemacht, dass ihr durchaus bewusst war, dass sie jeweils einen gültigen Fahrschein benötigte und es ihr auch gerade darauf ankam, das Entgelt nicht zu entrichten.

e) Schließlich ist ein durchgreifender Rechtsfehler auch nicht darin zu erkennen, dass die Urteilsfeststellungen sich nicht über die genaue Schadenshöhe verhalten. Die Strafkammer ist offensichtlich von Geringwertigkeit ausgegangen, so dass der Angeklagten insoweit ein Nachteil nicht entstanden ist. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 10.03.2011 - 5 RVs 1/11)

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Die Beförderung durch ein Verkehrsmittel erschleicht, wer bei dessen Betreten den allgemeinen äußeren Anschein erweckt, er sei im Besitz eines gültigen Fahrausweises und komme den geltenden Beförderungsbedingungen nach. Ein für den Fall einer Fahrscheinkontrolle vorgesehener Vorbehalt in der Form eines auf der Kleidung angebrachten scheckkartengroßen Schildes, mit dem die fehlende Zahlungswilligkeit zum Ausdruck gebracht wird, ist jedenfalls nicht geeignet, den äußeren Anschein zu erschüttern oder zu beseitigen (KG, Beschluss vom 02.03.2011 - (4) 1 Ss 32/11 (19/11)):

„... Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten des Erschleichens von Leistungen schuldig gesprochen und ihn zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Das Landgericht hat die Berufung des Angeklagten unter Abänderung der Tagessatzhöhe verworfen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat zum Tathergang die folgenden Feststellungen getroffen:

‚Der Angeklagte nutzt die öffentlichen Verkehrsmittel in Berlin ständig bewusst ohne Bezahlung. So ist er auch zur hiesigen Berufungsverhandlung mit der U-Bahn gefahren, ohne einen Fahrschein bezahlt zu haben.

Zu den folgenden Zeitpunkten wurde er von Kontrolleuren der Berliner Verkehrsbetriebe angetroffen, als er jeweils mit der U-Bahn unterwegs war, ohne zuvor einen Fahrschein, insbesondere einen Einzelfahrschein im Wert von 2,10 Euro gelöst zu haben oder im Besitz eines gültigen Fahrausweises wie z.B. einer Monatskarte zu sein, weil er die Auffassung vertritt, für diese Leistung nicht zahlen zu wollen. Beim Betreten der U-Bahn-Wagen und während der Fahrt trug er an seiner Kleidung etwa in Brusthöhe ein Schild etwa in Größe einer Scheckkarte mit dem Aufdruck ´Für freie Fahrt in Bus und Bahn` und ´Ich zahle nicht` sowie in der Mitte einem Foto augenscheinlich von drei Bussen der BVG mit dem Querdruck ´Streik`. Dabei handelt es sich um folgende Tage:

1. am 17. September 2009 um 17.34 Uhr festgestellt in der U-Bahn der Linie 8 in Höhe des U-Bahnhofes Pankstraße
2. am 25. September 2009 um 15.14 Uhr festgestellt in der U-Bahn der Linie 9 in Höhe des U-Bahnhofes Hansaplatz
3. am 8. Oktober 2009 um 9.48 Uhr festgestellt in der U-Bahn der Linie 8 in Höhe des U-Bahnhofes Gesundbrunnen.

Die Berliner U-Bahn erlaubt den Fahrgästen einen barriere- und kontrollfreien Zugang zu den Bahnsteigen und den Zügen. Allerdings hat der Fahrgast beim Antritt der Fahrt im Besitz eines gültigen Fahrausweises zu sein, um zur Fahrt mit der U-Bahn oder anderer Verkehrsmittel aus dem Verkehrsverbund berechtigt zu sein.'

2. Das Landgericht hat nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Recht angenommen, dass sich der Angeklagte des Erschleichens von Leistungen schuldig gemacht hat.

a) Indem er die U-Bahn nutzte, hat der Angeklagte in der Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel in Anspruch genommen.

b) Sein Verhalten stellt entgegen dem Revisionsvorbringen ein Erschleichen der Beförderung dar. Eine Beförderung wird dann im Sinne von § 265 a Abs. 1 StGB erschlichen, wenn der Täter ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen (vgl. BGH NStZ 2009, 211; OLG Frankfurt NJW 2010, 3107; OLG Hamburg NStZ 1991, 587; OLG Düsseldorf NStZ 1992, 84; NJW 2000, 2120; OLG Stuttgart NStZ 1991, 41; BayObLG StV 2002, 428; OLG Naumburg StraFo 2009, 343). Dafür ist nicht erforderlich, dass er gerade gegenüber dem Beförderungsbetreiber oder dessen Bediensteten einen Anschein ordnungsgemäßer Erfüllung der Geschäftsbedingungen hervorruft, es genügt vielmehr, dass er sich allgemein mit einem entsprechenden Anschein umgibt (vgl. BGH a.a.O.; OLG Stuttgart a.a.O.; BayObLG a.a.O.). Auch der Überwindung einer konkreten Schutzvorrichtung oder der Umgehung einer Kontrolle bedarf es zur Erfüllung des Tatbestandes nicht (vgl. BGH a.a.O.; OLG Stuttgart a.a.O.; OLG Hamburg a.a.O.).

Ob ein ‚täuschungsähnliches Moment' (vgl. dazu BGH a.a.O. Rdn. 12) erforderlich ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Dagegen ließe sich allerdings die gesetzliche Verwendung des Begriffes des Erschleichens in anderen strafrechtlichen Zusammenhängen anführen. Während § 265 a Abs. 1 StGB die Tatbestandsverwirklichung alleine vom bloßen Erschleichen der Beförderung abhängig macht, ist in anderen Straftatbeständen das Hinzutreten weiterer, konkretisierender Merkmale erforderlich. So wird im Außenwirtschaftsrecht nach § 34 Abs. 8 AWG nur eine durch unrichtige oder unvollständige Angaben erlangte Genehmigung, im Bereich der Stammzellenforschung in § 13 Abs. 1 Satz 2 StZG lediglich eine durch vorsätzlich falsche Angaben erworbene Genehmigung und im Bereich des Ausländerzentralregisters in § 42 Abs. 2 Nr. 1 AZRG ausschließlich durch unrichtige Angaben die Übermittlung personenbezogener Angaben erschlichen. Die Beförderungserschleichung weist hingegen gerade keine weitergehenden, den Anwendungsbereich einschränkenden Erfordernisse auf. Demzufolge ist der Wortlaut - entsprechend der Funktion als Auffangtatbestand (vgl. BVerfG a.a.O.; BGH a.a.O.; Fischer a.a.O. Rdn. 1 m.w.Nachw.) - einer weiten Auslegung zugänglich (vgl. BVerfG a.a.O.; BGH a.a.O.; OLG Hamburg a.a.O.; OLG Stuttgart a.a.O.).

Gemessen an den dargelegten Grundsätzen hat der Angeklagte die Beförderung erschlichen.

aa) Durch das Betreten der U-Bahn hat er in schlüssiger Weise erklärt, er komme den Beförderungsbedingungen der Berliner Verkehrsbetriebe nach. Danach ist - was allgemeinkundig ist und worauf durch entsprechende Schilder bzw. Aufkleber an den Türen der U-Bahn-Wagen noch einmal ausdrücklich hingewiesen wird - nur die Beförderung mit gültigem Fahrausweis erlaubt. Mit dem Betreten der U-Bahn hat der Angeklagte bei normativer Betrachtung das ihm auf der Grundlage dieser Bedingungen unterbreitete Beförderungsangebot konkludent angenommen (vgl. OLG Hamburg a.a.O.). Er hat auf diese Weise den äußeren Anschein erweckt, dass er im Besitz eines gültigen Fahrscheines sei und die Beförderungsleistung nach Entrichtung des Fahrpreises in recht- und ordnungsmäßiger Weise in Anspruch nehme.

bb) Dass der Angeklagte beim Betreten des U-Bahn-Wagens und während der Fahrt das beschriebene Schild an seiner Kleidung trug, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn mit diesem Schild hat er den allgemeinen Anschein, sich ordnungsgemäß zu verhalten, nicht beseitigt.

Für einen fiktiven Beobachter wäre bereits nicht eindeutig und zweifelsfrei erkennbar gewesen, dass sich der Angeklagte in Widerspruch zu den Beförderungsbedingungen setzen wollte.

So wäre etwa für denjenigen, der den Angeklagten beim Einsteigen in die U-Bahn lediglich von der Seite oder von hinten beobachtet hätte, schon äußerlich nicht erkennbar gewesen, dass dieser entgegen seinem gezeigten Verhalten zur Zahlung des Fahrpreises (doch) nicht bereit war. Aber auch anderen, möglicherweise im U-Bahn-Wagen befindlichen Fahrgästen wäre der Vorbehalt des Angeklagten verborgen geblieben, sofern sie nicht das - schon angesichts der Größe nicht ohne weiteres ins Auge fallende - Schild im Einzelfall wahrgenommen und darüber hinaus auch noch dessen Aufschrift registriert hätten. Es ist zudem nicht einmal festgestellt, dass - mit Ausnahme der Kontrolleure, die erst nach der Leistungserlangung aufmerksam wurden - überhaupt jemand das Schild beachtet hat.

Der allgemeine Anschein der Ordnungsmäßigkeit wäre aber auch dann nicht beseitigt worden, wenn ein fiktiver Beobachter die Erklärung gelesen hätte. Denn die Aufschrift auf dem Schild war nicht eindeutig. Sie hätte auch als bloße Provokation oder als ein Eintreten für freies Fahren in Bus und Bahn im Sinne einer politischen Stellungnahme gedeutet werden können. Im vorliegenden Fall hat sich der Angeklagte durch sein - abgesehen von dem an der Kleidung angebrachten kleinen Schild - völlig angepasstes und unauffälliges Verhalten in den U-Bahn-Wagen begeben und sich hierdurch mit dem allgemeinen äußeren Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgeben. Seine mit dem Schild zur Verfügung gehaltene Erklärung, durch die er sich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit meint entziehen zu können, vermag den seinem Verhalten anhaftenden Anschein nicht zu erschüttern.

cc) Auf die Frage, ob auch derjenige, der bereits bei dem Betreten des Beförderungsmittels in offener und unmissverständlicher Weise nach außen zum Ausdruck bringt, er wolle sich in Widerspruch zu den Beförderungsbedingungen setzen und für die Beförderungsleistung den geschuldeten Fahrpreis nicht entrichten, eine Beförderung erschleicht (so LG Hannover NdsRpfl 2009, 221; Hauf DRiZ 1995, 15) oder den objektiven Tatbestand nicht erfüllt (so OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Naumburg a.a.O.; OLG Düsseldorf NStZ 1992, 84; BayObLG JR 1969, 390; Fischer, StGB 58. Aufl., § 265 a Rdn. 5a; Tiedemann in LK-StGB 11. Aufl., § 265 a Rdn. 45; Wohlers in MüKo-StGB, § 265 a Rdn. 35; Perron in Schönke/Schröder, StGB 28. Aufl., § 265 a Rdn. 11; Saliger in SSW-StGB, § 265 a Rdn. 5 und 17; SK-Hoyer, StGB 115. Lieferung, § 265 a Rdn. 6; Lackner/Kühl, StGB 27. Aufl., § 265 a Rdn.6a; Falkenbach, Die Leistungserschleichung 1983, S. 89), kommt es hier nicht an. Denn ein derartiges Verhalten des Angeklagten ist nicht gegeben. Ein solches läge etwa vor, wenn
- jemand im Wege eines offen ausgetragenen Streikes gegen Fahrpreiserhöhungen durch das Verteilen von Flugblättern während der Fahrt die fehlende Zahlungsbereitschaft unmissverständlich demonstriert und
- andere Fahrgäste zu gleichem beförderungswidrigen Verhalten aufrufen will

(vgl. BayObLG JR 1969, 390 zu einer derartigen Protestaktion in einer schaffnerlosen Münchener Straßenbahn). Hier hat der Angeklagte hingegen seinen Vorbehalt, den Fahrpreis nicht entrichten und die Beförderungsbedingungen nicht einhalten zu wollen,
- nicht in offener und
- nach außen eindeutiger Weise, sondern
- objektiv nur für den Fall seiner Überprüfung zur Wahrnehmung durch das Kontrollpersonal zum Ausdruck gebracht.


c) Der Angeklagte unterlag auch keinem (unvermeidbaren) Verbotsirrtum (§ 17 StGB). Er ist in der Vergangenheit bereits mehrfach einschlägig wegen Beförderungserschleichung verurteilt worden. Hierbei ist er entgegen seiner damals vorgebrachten Erklärungen, sich mangels Einlass- und Zugangskontrollen bzw. im Hinblick auf sein behauptetes offenes Agieren nicht schuldig gemacht zu haben, jeweils strafrechtlich verurteilt worden. Vorliegend hat er sich - in ähnlicher Weise bewusst - darauf berufen, er habe eine Strafbarkeitslücke genutzt und seine Auffassung werde von mehreren Rechtsprofessoren, wenn auch (noch) nicht vom Bundesgerichtshof, geteilt. Dieses Verhalten zeigt, dass sich der Angeklagte mit dem Verbot der Inanspruchnahme der Beförderung ohne Bezahlung auseinandergesetzt hat. Er wusste danach um das Verbotensein seines Verhaltens, rechnete mit der Möglichkeit, Unrecht zu tun und nahm dies zumindest billigend in Kauf, so dass er Unrechtseinsicht hatte (vgl. BGHSt 4, 1; 45, 97; Fischer a.a.O. § 17 Rdn. 5 m.w.Nachw.). ..."

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„... Durch Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main wurde der Angeklagte am 4.3.2008 wegen Beförderungserschleichung in vier Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 65 Tagessätzen zu je 5,00 Euro verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung wurde durch Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main am 10.6.2008 zurückgewiesen.

Gegen das Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und in gleicher Weise begründete Revision des Angeklagten. Sie führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils. Die bisherigen Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch wegen eines vollendeten Erschleichens von Leistungen nicht. Das Landgericht ist von folgenden Feststellungen ausgegangen:

‚Der Angeklagte benutzte in Stadt1
am 7.3.2006 gegen 10:22 Uhr die Straßenbahn der Linie 11,
am 30.3.2006 gegen 9:49 Uhr die Straßenbahn der Linie 11,
am 4.11.2006 gegen 8:18 Uhr die Straßenbahn der Linie 11 und
am 15.11.2006 gegen 6:24 Uhr die U-Bahn der Linie U7.
Der Angeklagte wurde jeweils kontrolliert. Er konnte keinen gültigen Fahrausweis vorzeigen, da er den Fahrpreis nicht entrichtet hat.'

Diese Feststellungen sind unvollständig bzw. lückenhaft und erlauben dem Senat nicht die ihm obliegenden Nachprüfung, ob das sachliche Recht zutreffend angewandt wurde.

Der Tatbestand des § 265 a StGB ist ein Erfolgsdelikt. Die Vollendung setzt ein Vermögensschaden voraus, der in dem Entgehen des Entgelts liegt und regelmäßig mit der Verwirklichung des ‚Erschleichens' gegeben ist.

Ob das vom Täter entgeltsfrei erlangte tatsächliche Ereignis auch ohne sein Handeln stattgefunden hätte, ist unerheblich, denn Taterfolg ist nicht das Stattfinden des Leistungsereignisses, sondern seine Nutzung durch den Täter unter Vorenthalten des Entgelts (vgl. Senatsbeschl. v. 26.2.2010 - 1 Ss 425/08; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 265 a Rndr. 27). Vollendet ist die Tat mit dem Beginn der Beförderungsleistung (vgl. Schönke-Schröder-Lenckner/Perron, StGB, 27. Aufl., § 265 a Rdnr. 13; Fischer a. a. O. Rdnr. 28). Auszuscheiden sind aber Fälle, in denen nach der Verkehrsauffassung eine ‚Beförderung' noch gar nicht vorliegt (z. B. Abbruch der Fahrt oder Entdeckung des Täters nach wenigen Metern), in denen auch ein nichterschleichender Fahrgast eine entgeltspflichtige Leistung nicht erlangt hätte (vgl. Senatsbeschl. a. a. O.; Fischer a. a. O. Rdnr. 28). Die Feststellungen im angefochtenen Urteil lassen keine Beurteilung zu, ob mit der Beförderungsleistung bereits begonnen und die Tat damit bereits vollendet wurde. Die Feststellung erschöpfen sich in der Mitteilung, dass der Angeklagte die Straßenbahnen der Linie 11 und die U-Bahn der Linie U7 in Stadt1 benutzte und er kontrolliert wurde. Die konkreten Umstände der Fahrt und der Fahrscheinkontrolle sind nicht dargelegt. So fehlen Ausführungen dazu, an welcher Haltestelle der Angeklagte in die Straßenbahn bzw. U-Bahn eingestiegen ist und was für eine Fahrtstrecke er bereits zurückgelegt hatte als er von den Kontrolleuren kontrolliert wurde. Auch lässt die Formulierung, dass er die Straßenbahn bzw. die U-Bahn benutzte, keinen Schluss auf die bereits zurückgelegte Fahrtstrecke zu und schließt nicht aus, dass die Straßenbahn bzw. U-Bahn im Zeitpunkt der Kontrolle erst angefahren war. In diesem Fall wäre aber nur ein, nach § 265 a Abs. 2 StGB ebenfalls strafbarer, Versuch des Erschleichens von Leistungen gegeben.

Im Übrigen ist der objektive Tatbestand der Leistungserschleichung nicht bereits dann erfüllt, wenn der Angeklagte das Verkehrsmittel unberechtigt nutzte. Er muss darüber hinaus für einen objektiven Beobachter den Anschein ordnungsgemäßer Erfüllung der Geschäftsbedingungen erregt haben (vgl. BGH Beschl. v. 8.1.2009 - Az.: 4 StR 117/08; Beschl. d. Oberlandesgerichts des Landes Sachsen-Anhalt v. 6.4.2009 - Az.: 2 Ss 313/07).

Eine Beförderungsleistung wird dann im Sinne des § 265 a Abs. 1 StGB erschlichen, wenn der Täter sich unter Überwindung oder Umgehung physischer Schranken durch täuschungsähnliches oder durch anderweitig manipulatives Verhalten in den Genuss der Beförderungsleistung bringt.

Daneben genügt es allerdings auch, dass er ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen. Nicht notwendig ist, dass der Anschein ordnungsgemäßer Erfüllung der Geschäftsbedingungen gerade gegenüber dem Beförderungsbetreiber oder seinen Bediensteten erregt wird. Es genügt vielmehr, dass der Täter lediglich allgemein einen entsprechenden Anschein erweckt (vgl. BGH sowie OLG des Landes Sachsen-Anhalt a. a. O.). Damit muss jedenfalls der Angeklagte für einen objektiven Beobachter den Anschein ordnungsgemäßer Erfüllung der Geschäftsbedingungen erregt haben, wobei im konkreten Einzelfall zu prüfen ist, ob der Täter gemessen an den jeweils geltenden Geschäftsbedingungen ein äußerlich erkennbares Verhalten zeigte, das einem objektiven Beobachter erlaubte, durch Subsumtion unter die Voraussetzungen der Geschäftsbedingungen den Schluss zu ziehen, der Täter sei zur Benutzung des Verkehrsmittels berechtigt. Hierfür kann es schon genügen, wenn er das Verkehrsmittel betritt und mitfährt, ohne sich um die Erlangung eines Fahrausweises zu kümmern oder einen Fahrausweis vorzuzeigen oder zu entwerten. Dies gilt jedoch nur dann, wenn dieses Verhalten nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers keinen Anlass zu Zweifeln an der Rechtsmäßigkeit der Benutzung des Verkehrsmittels bietet, etwa weil ein objektiver Beobachter davon ausgehen kann, dass der Täter im Besitz eines Dauerfahrscheines ist und er diesem Anschein auch nicht entgegen getreten ist. Letzteres ist etwa anzunehmen, wenn er bereits beim Betreten des Beförderungsmittels deutlich zum Ausdruck gebracht hat, er wolle den geschuldeten Fahrpreis nicht entrichten. Ebenso ist der objektive Tatbestand z. B. dann nicht erfüllt, wenn der Fahrgast verpflichtet ist, beim Betreten des Beförderungsmittels einen Fahrausweis zu erwerben, zu entwerten oder dem Personal unaufgefordert vorzuzeigen und der Täter das Verkehrsmittel benutzt, ohne eine dieser Handlungen vorzunehmen. Um feststellen zu können, ob der Täter den Anschein der nach den Geschäftsbedingungen berechtigten Benutzung des Verkehrsmittels erweckt hat, müssen deshalb die nach den Geschäftsbedingungen dafür aufgestellten Voraussetzungen sowie das äußerlich erkennbare Verhalten des Täters, das den Schluss zulässt, er erfülle diese Voraussetzungen, ermittelt werden (Beschl. d. Oberlandesgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt a. a. O.). Beides ist in dem Urteil mitzuteilen. Feststellungen dazu sind nicht konkret getroffen worden.

Desweiteren ist die Beweiswürdigung nicht frei von Rechtsfehlern. Die Einlassung des Angeklagten ist im Urteil nicht hinreichend wiedergegeben. Es wird konkret lediglich dargelegt, dass der Angeklagte den unter III festgestellten Sachverhalt eingeräumt habe, im Übrigen aber unzulässigerweise auf die in der Berufungsverhandlung verlesene Berufungsbegründung vom 15.4.2008, die als Anlage dem Urteil beigefügt wurde, verwiesen, was eine unzureichende Wiedergabe der Einlassung darstellt. Aus den Urteilsgründen selbst lässt sich nicht entnehmen, wie sich der Angeklagte zur Sache eingelassen hat. Grundsätzlich hat der Tatrichter die Einlassung des Angeklagten zum Schuldvorwurf in den Urteilsgründen erschöpfend aufzunehmen und zu würdigen. Ohne die Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten und ihre Würdigung kann das Revisionsgericht in der Regel nicht erkennen, ob der Beurteilung des Sachverhalts rechtlich fehlerfreie Erwägungen zugrunde liegen (vgl. Senatsbeschl. v. 2.5.2007 - 1 Ss 365/06 m. w. N.). Nur in sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen von geringer Bedeutung kann unter Umständen auf die Wiedergabe der Einlassung ohne Verstoß gegen die materiell rechtliche Begründungspflicht verzichtet werden. Der vorliegende Sachverhalt ist zwar einfach gelagert, der Angeklagte hat sich aber umfängliche zur Sache eingelassen, wie sich daraus zeigt, dass auf eine Berufungsbegründung in der Anlage verwiesen wurde. Dieser Verweis ersetzt nicht die Wiedergabe der Einlassung zu jedem einzelnen Fall. Es wird nur ersichtlich, dass die Berufungsbegründung mit dem Angeklagten erörtert wurde und er diese vehement verteidigte, ohne neue Sachargumente hinzuzufügen. Bezugnahmen auf Aktenteile sind unzulässig, auch wenn sie ‚angesiegelt' werden. Grundsätzlich muss jedes Strafurteil aus sich heraus verständlich sein (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 267 Rdnr. 2). Durch die Bezugnahme auf die Berufungsbegründung wird insgesamt die Einlassung des Angeklagten nicht verständlich, klar, geschlossen und erschöpfend dargestellt.

Danach war das angefochtene Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückzuverweisen (§§ 349 Abs. 4, 353 Abs. 2, 354 StPO).

Der Senat weist für die erneute Hauptverhandlung daraufhin, dass sich der Vorsatz des Täters auf die gesamten Merkmale des objektiven Tatbestands erstrecken muss (§ 16 Abs. 1 StGB). Die Feststellung, dass der Angeklagte gewusst habe, zur Benutzung des Verkehrsmittels nicht berechtigt gewesen zu sein, genügt dazu nicht (vgl. Beschl. d. Oberlandesgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt a. a. O.).

Der Angeklagte wird sich allerdings nicht pauschal darauf stützen können, dass er berechtigt sei, die Verkehrsmittel ohne Bezahlung zu benutzen, wenn ‚Kosten die 6 % Grenze' (gemeint dürften damit 6 % seines Arbeitslosengeldes II sein) überschritten seien. Im jeweiligen Einzelfall wird vielmehr zu überprüfen sein, ob ggfls. ein Rechtfertigungsgrund nach § 34 StGB oder ein Entschuldigungsgrund nach § 35 StGB gegeben ist. Darüber hinaus bedarf es für die Strafzumessung der Feststellung der unmittelbaren Tatfolgen, hier der Höhe des verursachten Vermögensschadens.

Dieser bestimmt sich allein nach dem für den Beförderungsleistung geschuldeten Entgelt bzw. Fahrpreis und lässt ein erhobenes erhöhtes Beförderungsentgelt unberücksichtigt. ..." (OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.07.2010 - 1 Ss 336/08)

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„... Die bisherigen Feststellungen des Amtsgerichts tragen den Schuldspruch wegen eines vollendeten Erschleichens von Leistungen (§ 265 a Abs. 1, 3. Alt. StGB) nicht. Das Amtsgericht ist von folgenden Feststellungen ausgegangen:

‚Am ….2008 benutzte die Angeklagte gegen 18.11 Uhr die Straßenbahn der Linie .. (…str.) in Ort1. Dabei wurde sie von Kontrolleuren der A kontrolliert und konnte keinen gültigen Fahrausweis vorzeigen. Sie wollte den Fahrpreis auch nicht bezahlen.'

Diese Feststellungen sind unvollständig bzw. lückenhaft und erlauben dem Senat nicht die ihm obliegende Nachprüfung, ob das sachliche Recht zutreffend angewandt wurde.

Der Tatbestand des § 265 a StGB ist ein Erfolgsdelikt. Die Vollendung setzt einen Vermögensschaden voraus, der in dem Entgehen des Entgelts liegt und regelmäßig mit der Verwirklichung des ‚Erschleichens' gegeben ist. Ob das vom Täter entgeltsfrei erlangte tatsächliche Ereignis auch ohne sein Handeln stattgefunden hätte, ist unerheblich, denn Taterfolg ist nicht das Stattfinden des Leistungsereignisses, sondern seine Nutzung durch den Täter unter Vorenthalten des Entgelts (vgl. Fischer, StGB, § 265 a, Rdnr. 27). Vollendet ist die Tat mit dem Beginn der Beförderungsleistung (vgl. Schönke-Schröder, StGB, § 265 a, Rdnr. 13; Fischer, aaO., Rdnr. 28). Auszuscheiden sind dabei Fälle, in denen nach der Verkehrsauffassung eine ‚Beförderung' noch gar nicht vorliegt (z.B. Abbruch der Fahrt oder Entdeckung des Täters nach wenigen Metern), in denen auch ein nicht erschleichender Fahrgast eine entgeltspflichtige Leistung nicht erlangt hätte (vgl. Fischer, aaO., Rdnr. 28).

Die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil lassen keine Beurteilung zu, ob mit der Beförderungsleistung bereits begonnen und die Tat damit vollendet wurde. Die Feststellungen erschöpfen sich in der Mitteilung, dass die Angeklagte die Straßenbahn der Linie … (…Str.) in Ort1 benutzte als sie kontrolliert wurde. Die konkreten Umstände der Fahrt und der Fahrscheinkontrolle sind nicht dargelegt. So fehlen Ausführungen dazu, an welcher Haltestelle die Angeklagte in die Straßenbahn eingestiegen ist und was für eine Fahrtstrecke sie bereits zurückgelegt hatte als sie von den Kontrolleuren der Stadtwerke kontrolliert wurde. Auch lässt die Formulierung, dass sie die Straßenbahn benutzte, keinen Schluss auf die bereits zurückgelegte Fahrtstrecke zu und schließt nicht aus, dass die Straßenbahn im Zeitpunkt der Kontrolle erst angefahren war. In diesem Fall wäre aber nur ein, nach § 265 a Abs. 2 StGB ebenfalls strafbarer, Versuch des Erschleichens von Leistungen gegeben.

Bereits danach war das angefochtene Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Frankfurt am Main - Außenstelle Höchst - zurückzuverweisen (§§ 353 Abs. 2, 354 StPO).

Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung darauf hin, dass es darüber hinaus für die Strafzumessung der Feststellung der unmittelbaren Tatfolgen, hier der Höhe des verursachten Vermögensschadens bedarf. Dieser bestimmt sich allein nach dem für die Beförderungsleistung geschuldeten Entgelt bzw. Fahrpreis und lässt ein von den Stadtwerken erhobenes erhöhtes Beförderungsentgelt unberücksichtigt. In diesem Zusammenhang hätte es zudem der Darlegung bedurft, was ein ‚Ort1-Pass' ist und ob er Einfluss auf die Höhe des geschuldeten Fahrpreises hatte.

Überdies kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des Amtsgerichts nicht geprüft werden, ob die Tagessatzhöhe von 8,-- € im Ergebnis zutreffend festgesetzt wurde. Das Amtsgericht hat keine Feststellungen zu den konkreten Einkommensverhältnissen der Angeklagten als Grundlage für die Bemessung der Tagessatzhöhe getroffen. Es hat lediglich mitgeteilt, dass die Angeklagte ledig ist und von Hartz IV lebt. Ausführungen dazu, welche Sozialleistungen inklusive Sachleistungen die Angeklagte im einzelnen erhält, lassen die Urteilsgründe ebenso vermissen wie die Feststellung, welchen Betrag die Angeklagte aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse als unerlässlichen Lebensunterhalt benötigt. Dem Gebot der Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wird bei einem Sozialleistungsempfänger jedoch nur die Bemessung der Geldstrafe anhand desjenigen Betrages gerecht, den dieser während eines angemessenen Ratenzahlungszeitraums nach § 42 StGB ohne Beeinträchtigung seines unerlässlichen Lebensunterhalts aufbringen kann. Bei einem Sozialleistungsempfänger, der über keine anderen Mittel verfügt und auch nicht seine Arbeitskraft verwerten könnte, ist die Tagessatzhöhe damit durch das drei - bis vierfache des Differenzbetrages zwischen den erhaltenen Sozialleistungen und dem unerlässlichen Lebensunterhalt pro Tag begrenzt (ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Beschlüsse vom 23.08.2001, 1 Ss 161/01; vom 06.10.2003, 1 Ss 223/03; vom 23.08.2005, 1 Ss 202/05 und vom 02.03.2007, 1 Ss 347/06). ..." (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.02.2010 - 1 Ss 425/08)

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„... Eine Beförderungsleistung wird dann i. S. des § 265 a Abs. 1 StGB erschlichen, wenn der Täter sich unter Überwindung oder Umgehung physischer Schranken durch täuschungsähnliches oder durch anderweitig manipulatives Verhalten in den Genuss der Beförderungsleistung bringt. Daneben genügt es allerdings auch, dass er ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen (BGH EBE/BGH 2009, 58). Nicht notwendig ist, dass der Anschein ordnungsgemäßer Erfüllung der Geschäftsbedingungen gerade gegenüber dem Beförderungsbetreiber oder seinen Bediensteten erregt wird. Es genügt vielmehr, dass der Täter lediglich allgemein einen entsprechenden Anschein erweckt (BGH a. a. O.).

Nach diesen Grundsätzen ist der objektive Tatbestand der Leistungserschleichung nicht bereits dann erfüllt, wenn der Angeklagte das Verkehrsmittel unberechtigt nutzte. Er muss darüber hinaus für einen objektiven Beobachter den Anschein ordnungsgemäßer Erfüllung der Geschäftsbedingungen erregt haben. Daher ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob der Täter gemessen an den jeweils geltenden Geschäftsbedingungen ein äußerlich erkennbares Verhalten zeigte, das einem objektiven Beobachter erlaubte, durch Subsumtion unter die Voraussetzungen der Geschäftsbedingungen den Schluss zu ziehen, der Täter sei zur Benutzung des Verkehrsmittels berechtigt. Hierfür kann es schon genügen, wenn er das Verkehrsmittel betritt und mitfährt, ohne sich um die Erlangung eines Fahrausweises zu kümmern oder einen Fahrausweis vorzuzeigen oder zu entwerten. Dies gilt jedoch nur dann, wenn dieses Verhalten nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers keinen Anlass zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Benutzung des Verkehrsmittels bietet, etwa weil ein objektiver Beobachter davon ausgehen kann, dass der Täter im Besitz eines Dauerfahrscheines ist und er diesem Anschein auch nicht entgegen getreten ist. Letzteres ist etwa anzunehmen, wenn er bereits beim Betreten des Beförderungsmittels deutlich zum Ausdruck gebracht hat, er wolle den geschuldeten Fahrpreis nicht entrichten. Ebenso ist der objektive Tatbestand zum Beispiel dann nicht erfüllt, wenn der Fahrgast verpflichtet ist, beim Betreten des Beförderungsmittels einen Fahrausweis zu erwerben, zu entwerten oder dem Personal unaufgefordert vorzuzeigen und der Täter das Verkehrsmittel benutzt ohne eine dieser Handlungen vorzunehmen. Um feststellen zu können, ob der Täter den Anschein der nach den Geschäftsbedingungen berechtigten Benutzung des Verkehrsmittels erweckt hat, müssen deshalb die nach den Geschäftsbedingungen dafür aufgestellten Voraussetzungen sowie das äußerlich erkennbare Verhalten des Täters, das den Schluss zulässt, er erfülle diese Voraussetzungen, ermittelt werden. Beides ist in dem Urteil mitzuteilen.

Bei der erneuten Entscheidung wird zu berücksichtigen sein, dass sich der Vorsatz des Täters auf die gesamten Merkmale des objektiven Tatbestandes erstrecken muss (§ 16 Abs. 1 StGB). Die Feststellung, dass er gewusst habe, zur Benutzung des Verkehrsmittels nicht berechtigt gewesen zu sein, genügt dazu nicht. ..." (OLG Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.04.2009 - 2 Ss 313/07)

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Wer unter Benutzung eines ihm zugeteilten Passworts im Internet in der Absicht, das Entgelt nicht zu bezahlen, Leistungen über ein vollautomatisch ablaufendes Computerprogramm in dem Wissen bestellt, dass dies keine Bonitätsprüfung umfasst, begeht keinen Betrug gem. § 263 StGB, keinen Computerbetrug gem. § 263a StGB und auch keine Leistungserschleichung i.S. von § 265a StGB (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.01.2009 - 2 Ss 155/08, NJW 2009, 1288 f).

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Damit einer Datenverwendung Täuschungsäquivalenz zukommt und sie damit unbefugt ist, muß sich die Unbefugtheit der Verwendung aus dem Fehlen einer Befugnis ergeben, die zu den Grundlagen des jeweiligen Geschäftstypus gehört und nach der Verkehrsanschauung als selbstverständlich vorhanden vorausgesetzt wird (OLG Karlsruhe StV 2003, 168 f).

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Unter dem Erschleichen einer Beförderung ist jedes der Ordnung widersprechende Verhalten zu verstehen, durch das sich der Täter in den Genuss der Leistung bringt und bei welchem er sich mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt. Ein unauffälliges Verhalten des Täters bei der Inanspruchnahme der Leistung in der Absicht, die Leistung nicht zu bezahlen, ist nicht sozialadäquat (BayOLG, Beschluss vom 04.07.2001 - 5St RR 169/01; StV 2002, 428 ff):

„... Es ist daran festzuhalten, daß unter dem ‚Erschleichen' einer Beförderung jedes der Ordnung widersprechende Verhalten zu verstehen ist, durch das sich der Täter in den Genuß der Leistung bringt und bei welchem er sich mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt (OLG Stuttgart NJW 1990, 924; OLG Hamburg NStZ 1991, 587; NStZ 1988, 221; vgl. auch BVerfG NJW 1998, 1135). Die dagegen zunehmend in der Literatur vertretene Ansicht, die das Umgehen von besonderen Sicherungsmaßnahmen verlangt (Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 265 a Rn. 3; Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 265 a Rn. 11 je m. w. N.) überzeugt nicht. Sie wird dem Charakter der Vorschrift des § 265 a StGB als Auffangtatbestand zu § 263 StGB (BVerfG NJW 1998, 1135, 1136) nicht gerecht (OLG Hamburg NStZ 1991, 587, 588).

Nach § 9 Abs. 1 der Neufassung der Eisenbahnverkehrsordnung (EVO) vom 20.4.1999 (BGBl I, 782) muß der Reisende bei Antritt der Reise mit einem Fahrausweis versehen sein, soweit der Tarif nichts anderes bestimmt. Nach § 9 Abs. 3 d EVO ist der Reisende verpflichtet, bei der Prüfung der Fahrausweise unaufgefordert dem Kontrollpersonal zu melden, daß vor Antritt der Reise ein gültiger Fahrausweis nicht gelöst werden konnte, weil ein Fahrkartenschalter oder Fahrkartenautomat nicht vorhanden, nicht geöffnet oder nicht betriebsbereit war. Über diese Bestimmungen hinausgehende Befreiungen sieht auch der Tarif der Deutschen Bundesbahn nicht vor. Ein Reisender, der - wie hier (BU S. 6) nicht im Besitz eines gültigen Fahrausweises ist, auch nicht vor hat, den Fahrpreis zu entrichten und gleichwohl die Leistung des Beförderungsunternehmers in Anspruch nimmt, verhält sich sonach der Ordnung widersprechend.

Das Nichtlösen eines Fahrscheines für die Benutzung des Beförderungsmittels erfüllt zwar für sich allein noch nicht den Tatbestand des § 265 a StGB; in der Regel geht es allerdings mit einem unauffälligen Verhalten einher, das die Fahrgeldhinterziehung nicht aufscheinen lassen soll. Bei dieser Fallgestaltung steht die Erfüllung des Tatbestandes außer Frage (BayObLG NJW 1969, 1042, 1043). Durch dieses unauffällige Verhalten erweckt der Reisende den Anschein der Ordnungsmäßigkeit, da er wie jeder andere - ehrliche - Benutzer auftretend das abfahrbereite Beförderungsmittel betritt und die Leistung des Betreibers in Anspruch nimmt (OLG Stuttgart aaO, OLG Hamburg NStZ 1988, 221, 222). Er verhält sich dadurch gerade nicht sozialadäquat.

Das nach den Urteilsfeststellungen ‚nicht unaufgeforderte' Offenbaren anläßlich der Fahrscheinkontrolle (BU S. 7) beseitigt die Verwirklichung des Tatbestandes nicht. Das Vergehen der Beförderungserschleichung ist bereits mit dem Beginn der Leistung vollendet (LK/Tiedemann StGB 11. Aufl. § 265 a Rn. 51; Schönke/Schröder § 265 a Rn. 13). Das Offenbaren der Ausweislosigkeit anläßlich der Kontrolle kann deshalb lediglich zur Beendigung des Dauerdeliktes (Schönke/Schröder aaO; Bilda MDR 1969, 434, 435) führen, ohne daß dadurch der bis dahin verwirklichte Tatbestand entfällt. Eine ‚offene Inanspruchnahme' der Unentgeltlichkeit der Leistung im Sinne der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG aaO) stellt dies nicht dar. ..." (BayOLG, Beschluss vom 04.07.2001 - 5St RR 169/01)

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Der Tatbestand des Erschleichens von Leistungen iSd StGB § 265a setzt voraus, dass der Täter sich bei der Inanspruchnahme der Beförderungsleistung mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt, beispielweise durch unauffälligen Aufenthalt in der Bahn. Nicht erforderlich ist es, dass die hierin liegende konkludente Erklärung, der Zahlungspflicht in vertragsgemäßer Weise nachgekommen zu sein, nicht gegenüber einem zu ihrer Entgegennahme bereiten Empfänger erfolgt und dass regelmäßige Kontrollen oder vorhandene Sicherheitsvorkehrungen umgangen werden (OLG Frankfurt, Urteil vom 16.01.2001 - 2 Ss 365/00).

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Der Tatbestand des Erschleichens von Leistungen iS des StGB § 265a ist erfüllt, wenn der Täter sich durch sein Verhalten mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt, wie zum Beispiel durch das Nichtlösen oder Nichtentwerten eines Fahrausweises sowie durch ein unauffälliges und unbefangenes Auftreten. Eines heimlichen Vorgehens des Täters, einer List, einer Täuschung oder einer Umgehung von Sicherungen oder Kontrollen bedarf es nicht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.03.2000 - 2b Ss 54/00 - 31/00 I).

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„... Das in zulässiger Weise angebrachte Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Nach der vom Amtsgericht nicht in Zweifel gezogenen und damit der Entscheidung zugrundegelegten Einlassung des Angeklagten war bereits der objektive Tatbestand des Erschleichens von Leistungen nicht erfüllt. Bei dem Vergehen nach § 265 a StGB handelt es sich nach der herrschenden Auffassung um ein Vermögensdelikt (vgl. Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 25. Aufl., § 265 a Rdnr. 1 m.w.N.). Die Strafbarkeit setzt demzufolge einen Vermögensschaden voraus, der darin liegt, dass der Täter die Leistung eines Transportunternehmens in Anspruch nimmt, ohne diese bezahlt zu haben. Wenn es ein Verkehrsbetrieb aber - wie hier - einem Kunden ermöglicht, nach Bezahlen einer Monatskarte innerhalb ihres zeitlichen und räumlichen Geltungsbereichs beliebige Fahrten zu unternehmen, erleidet er nicht dadurch einen Vermögensschaden, dass der Fahrgast, der die Karte zuvor tatsächlich bezahlt hat, sie bei einer Kontrolle lediglich nicht bei sich führt und es - gegebenenfalls vertragswidrig - unterlässt, erneut eine Fahrkarte zu kaufen (vgl. Lenckner, a.a.O., Rdnr. 2; Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 265 a Rdnr. 3). Der hierin möglicherweise liegende Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen mit der Folge einer nach diesen nicht ordnungsgemäß durchgeführten Fahrt ist von den Voraussetzungen der Strafbarkeit nach § 265 a StGB zu trennen. Sinn der Pflicht zum Beisichführen des Fahrausweises ist die Beweiserleichterung, die darin liegt, dass nicht der Verkehrsbetrieb die Nichtzahlung, sondern der Fahrgast durch Mitführen des Fahrscheins die Zahlung des Entgelts nachzuweisen hat. Hingegen kann die bloße Nichteinhaltung einer derartigen Regelung eine Vermögensstraftat nicht begründen (vgl. BayObLG in NJW 1986, 1504). Anders als die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 27. September 1999 sieht der Senat keinen überzeugenden Grund, bei der Beurteilung der objektiven Rechtslage zwischen der Übertragbarkeit und der Nichtübertragbarkeit eines bezahlten und lediglich nicht mitgeführten Fahrscheins zu differenzieren. Mithin kam es auf die von der Generalstaatsanwaltschaft vermissten ‚Feststellungen zu der Frage, welche Regelungen die allgemeinen Beförderungsbedingungen bezüglich der übertragbaren Monatskarte treffen, insbesondere das Beisichführen einer Monatskarte Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Beförderungsleistung ist', nicht an.

Eine Verurteilung des Angeklagten durfte aber auch aus subjektiven Gründen nicht erfolgen. Den Urteilsfeststellungen zufolge bemerkte der Angeklagte nämlich erst bei der Kontrolle, dass er die Monatskarte vergessen hatte. Mithin handelte er bei Inanspruchnahme der Transportleistung - ungeachtet der objektiven Rechtslage - jedenfalls nicht in der in § 265 a StGB geforderten Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten. ..." (OLG Koblenz, Beschluss vom 11.10.1999 - 2 Ss 250/99)

*** (LG)

„... Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ist der Angeschuldigten am 31.03.2010 und 27.05.2010 bei der Benutzung der Straßenbahn in Dresden von der Zeugin ... angetroffen worden, ohne jeweils im Besitz eines gültigen Fahrscheins zu sein. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts reicht es nach der gefestigten Rechtsprechung für die Erfüllung des äußeren Tatbestands des Erschleichens von Leistungen im Sinne von § 265a StGB zwar aus, wenn der Täter ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen (vgl. BGH, Beschluss vom 08.01.2009, 4 StR 117/08). Hierfür genügt, dass er vor Fahrtantritt keinen Fahrausweis gelöst hat und äußerlich ein unauffälliges Verhalten gezeigt hat (vgl. OLG Koblenz, NStE Nr. 6 zu 265a StGB).

Wegen der weiten Fassung des äußeren Tatbestandes der Beförderungserschleichung sind an den Nachweis der inneren Tatseite jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist ein Vorsatz, mit dem sich die Absicht - im Sinne des zielgerichteten Wollens - verbinden muss, das Entgelt nicht oder nicht vollständig zu entrichten (OLG Koblenz a.a.O.). Insoweit können zwar auch Indizien auf einen möglichen Vorsatz hindeuten. Solche liegen hier aber nicht in ausreichendem Maße vor. Vielmehr steht allein objektiv fest, dass der Angeschuldigte zweimal im Abstand von etwa zwei Monaten die Straßenbahn benutzt hat, ohne einen Fahrausweis anlässlich einer Kontrolle vorweisen zu können. Ob er keinen Fahrschein hatte, weil er tatsächlich den Fahrpreis nicht bezahlten wollte, lässt sich nach Aktenlage nicht mit der für eine Eröffnung des Verfahrens notwendigen Sicherheit feststellen. Weitere Erkenntnisse könnte das Amtsgericht im übrigen aller Voraussicht nach auch im Rahmen einer Hauptverhandlung nicht gewinnen.

Der Angeschuldigte selbst hat sich zu den beiden Taten im Laufe des Verfahrens nicht geäußert, sodass hieraus keine Rückschlüsse auf die innere Tatseite gezogen werden können. Die von der Staatsanwaltschaft auf Anregung der Kammer durchgeführten Nachermittelungen ergaben, dass der Angeschuldigte bei den Verkehrsbetrieben, bis auf die beiden angeklagten Taten, nicht als regelmäßiger "Schwarzfahrer" bekannt ist. Vielmehr ist er nur durch die beiden Fahrten dort aufgefallen. Auch die Staatsanwaltschaft hat gegen ihn bislang keine weiteren Ermittlungen wegen Verstoßes nach § 265a StGB gegen ihn geführt. Die feststellende Kontrolleurin ... hat in ihrer Vernehmung angegeben, dass sie sich an beide Vorgänge nicht mehr erinnern könne, weshalb nicht ermittelt werden konnte, wie sich der Angeschuldigte zum Zeitpunkt der Kontrolle verhalten hatte und ob und wie er sein Fahren ohne Fahrschein erklärt hatte.

Soweit die Staatsanwaltschaft zur inneren Tatseite vorträgt, dass der Angeschuldigte der Leistungserschleichung in zwei Fällen angeklagt sei, es sich damit nicht um ein einmaliges Ereignis handelt, das das Vorliegen eines Versehen möglich erscheinen ließe und er gegenüber der Kontrolleurin keine Angaben zum Grund des fehlenden Fahrscheins gemacht habe, insbesondere sich nicht darauf berufen habe, den Fahrschein vergessen zu haben, geht diese Argumentation ins Leere. Die beiden Taten liegen zeitlich fast zwei Monate auseinander, sodass ein Versehen in beiden Fällen nicht ohne Weiteres auszuschließen ist. Dabei darf zu Lasten nicht berücksichtigt werden, dass der Angeschuldigte sich im Verfahren nicht geäußert hat. Inwieweit er auch gegenüber der Kontrolleurin geschwiegen hat, ist wegen der fehlenden Erinnerung der Zeugin ... an beide Vorfälle nicht mehr ermittelbar. Nur aus ihren Erfahrungen heraus teilte sie allgemein mit, dass Besonderheiten oder spontane Äußerungen, warum derjenige zum Kontrollzeitpunkt keinen Fahrausweise mitführte, notiert werden. Ob das auch in diesen Fällen so war, kann wegen der fehlenden Erinnerung ebenfalls nicht mehr ermittelt werden.

Danach kann aber in dem konkreten Fall gerade nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeschuldigte nicht vorsätzlich sondern möglicherweise lediglich fahrlässig gehandelt hat. ..." (LG Dresden, Beschluss vom 12.05.2011 - 3 Qs 40/11)

***

„... Die Angeklagte hat sich die Leistungen jeweils auch erschlichen. Es ist allerdings streitig, wann ein Erschleichen i.S.d. § 265a StGB vorliegt.

Einer sehr weiten Auffassung nach erfüllt schon jede unbefugte unentgeltliche Inanspruchnahme dieses Tatbestandsmerkmal. Die Angeklagte hat, indem sie in dem Wissen, den jeweils erforderlichen Betrag nicht an der Kasse des Raiffeisenmarktes bezahlt zu haben, den Aufladevorgang durch Knopfdruck am Terminal in Gang gesetzt und diese Handlung mehrfach wiederholt. Die Inanspruchnahme der Leistung war unbefugt, denn die Leistung sollte nach Treu und Glauben nur dann erbracht werden, wenn zuvor das Entgelt an der Ladenkasse entrichtet worden war. Die Angeklagte hatte jedoch für keine der Baraufladungen von Guthaben bezahlt.

Nach einer anderen Auffassung ist zudem eine Umgehung oder Ausschaltung von Kontrollen oder Sicherheitsvorkehrungen erforderlich. Vorliegend waren an den Terminals selbst keine Kontrollmechanismen angebracht. Zu beachten ist allerdings, dass der Verkaufsraum nach Ladenschluss verschlossen wurde und die Angeklagte nur in ihrer Funktion als Reinigungskraft überhaupt Zugang zum Kassenbereich hatte. Insofern war allein schon in dem Verschließen des Raums eine Sicherheitsvorkehrung zu sehen.

Jedenfalls kommt man zu dem Ergebnis, dass hier ein Erschleichen im Sinne von § 265a StGB vorliegt, wenn die Differenzierung dieser Auffassung zu Grunde gelegt wird. Demnach ist das Umgehen von Kontrollen und Sicherheitsmaßnahmen gleichzustellen mit einem Vorgehen, bei dem sich der Täter in äußerlich erkennbarer Weise mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt. Nach dieser inzwischen herrschenden Meinung setzt § 265a StGB eine betrugsähnliche Handlung voraus, die über die innere Willensrichtung des Täters hinaus ein manipulatives äußeres Verhalten verlangt. Es handelt sich bei § 265a StGB demnach um einen Auffangtatbestand des Betrugs, wobei das Erschleichen der Leistung als Täuschungssurrogat zu sehen ist. Diese Weiterentwicklung wird von der Rechtsprechung insbesondere in den Fällen des ‚Schwarzfahrens' anerkannt (vgl. BayObLG v. 04.07.2001; MüKo § 265a Rn. 37, Fn. 163). Begründet wird diese Erweiterung mit der Auffangfunktion des Tatbestandes. § 265a StGB sei gerade für die Fälle geschaffen worden, in denen ein menschlicher Täuschungsadressat nicht vorhanden sei. Insoweit sei ein potentieller Empfänger des Anscheins der Ordnungsmäßigkeit ausreichend. Auf die Überwindung einer Kontrolle oder Sperreinrichtung könne es deshalb nicht entscheidend ankommen. Der Abbau von Kontrollmaßnahmen durch Personal solle nicht zu einer Strafbarkeitslücke führen.

Dieses Verständnis des Tatbestandmerkmals ‚Erschleichen' muss auch auf den vorliegenden Fall angewendet werden. Denn es liegt eine vergleichbare schutzwürdige Interessenlage vor. Der technische Fortschritt macht solche computerisierten Leistungserbringungsmechanismen erforderlich. Indem die Angeklagte scheinbar ordnungsgemäß - die nicht erfolgte Bezahlung war weder durch das Computerprogramm des Terminals noch durch einen fiktiven von der Firma Transact als Empfänger des Aufladeauftrags zwischengeschalteten Mitarbeiter äußerlich erkennbar - ihre Guthabenkonten auflud, realisierte sie das Merkmal ‚Erschleichen' i.S.d. § 265a StGB, denn im Bedienen des Terminals war die konkludente Erklärung enthalten, das erforderliche Entgelt sei im Voraus an der Ladenkasse entrichtet worden. Hierin ist vorliegend die täuschungsäquivalente Handlung zu sehen.

Der verfassungsrechtlich garantierte Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG) wird von dieser Auslegung nicht verletzt. Diesbezüglich hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 09.02.1998 (NJW 1998, 1135) in den ‚Schwarzfahrerfällen' folgendes ausgeführt:

‚Die Vorschrift des § 265a StGB enthält vier Auffangtatbestände zum Betrug (§ 263 StGB) und wurde 1935 geschaffen, um den Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, die bei der Feststellung der Betrugsmerkmale Täuschung, Irrtumserregung und Vermögensschädigung bei Inanspruchnahme von Massenleistungen ohne Entrichtung des geforderten Entgelts auftraten. Geschütztes Rechtsgut ist das Vermögen. Dieses soll nach dem Zweck des Gesetzes nicht durch den Missbrauch des Vertrauens, das der Betreiber durch das uneingeschränkte Anbieten seiner Leistung an das gesamte Publikum vorgeleistet hat, straflos beeinträchtigt werden können. Da das Tatbestandsmerkmal ‚Erschleichen' schon im Hinblick auf seine Funktion der Lückenausfüllung für sich genommen eine weite Auslegung zulässt, ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn die herrschende Auffassung im Schrifttum sowie die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung unter dem Erschleichen einer Beförderung jedes der Ordnung widersprechende Verhalten versteht, durch das sich der Täter in den Genuss der Leistung bringt und bei welchem er sich mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers verliert der Tatbestand des § 265a StGB in der Tatmodalität des Erschleichens dadurch auch nicht jegliche Konturen. Es ist von Verfassungs wegen insbesondere nicht geboten, über das bloße Erwecken eines Anscheins hinaus etwa die Überlistung einer Kontrollmöglichkeit oder eine täuschungsähnliche Manipulation zu verlangen. Wäre beispielsweise ein ‚Anscheinsempfänger' vorhanden, läge eine Täuschung vor; damit wäre der Tatbestand des Betruges im Sinne des § 263 StGB in Betracht zu ziehen. Auch in der vom Beschwerdeführer beanstandeten Auslegung erfüllt das Tatbestandsmerkmal des Erschleichens seine rechtsstaatliche Garantiefunktion. So wird nicht jede unbefugte Entgegennahme einer Leistung als Erschleichen bezeichnet werden können, etwa dann, wenn die Sperreinrichtung eines Automaten versagt oder wenn vom Täter Gewalt angewendet wird. Dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 265a StGB vergleichbare Fallgestaltungen im Auge hatte, ergibt sich ungeachtet der Unterschiede im Einzelnen auch aus der Aufnahme der Tatmodalität der Zutrittserschleichung in die Vorschrift.'

Da eine weite Auslegung des Begriffs des ‚Erschleichens' in der Tatbestandsvariante der Beförderungserschleichung verfassungsrechtlich unbedenklich ist, ist dies auch in den Fällen des Automatenmissbrauchs nicht anders zu beurteilen. Wegen der Schutzbedürftigkeit des Rechtsverkehrs vor Manipulationen in diesem Bereich und vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Technisierung der Gesellschaft ist das Verhalten der Angeklagten als strafwürdig anzusehen und damit diejenige Auslegung gerechtfertigt, die eine Strafbarkeitslücke in diesem Bereich vermeidet. Nur so wird § 265a StGB seiner Auffangfunktion gerecht. Die Angeklagte hat somit nach allen Auffassungen das Tatbestandmerkmal des ‚Erschleichens' verwirklicht. ..." (LG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 19.11.2008 - 7 Ns 150 Js 4282/08)

***

„... 1. Die Angeklagte fuhr am 12.02.2007 gegen 12.26 Uhr mit der Linie 11 in Fahrtrichtung Z., als sie im Bereich der Haltestelle K. von dem Fahrausweisprüfer ... kontrolliert wurde. Sie hatte zwar einen Fahrausweis, diesen bewusst jedoch nicht entwertet, um ihn bei späterer Gelegenheit noch einmal verwenden zu können. Gegenüber dem Fahrausweisprüfer gab sie wahrheitswidrig an, die Entwertung versehentlich vergessen zu haben.

2. Am 04.03.2007 befuhr sie gegen 7.21 Uhr die Stadtbahn der Linie 3 in Richtung A., als sie an der Haltestelle Hauptbahnhof von dem damaligen Fahrausweisprüfer ... kontrolliert wurde. Sie hatte, wie sie bereits bei Betreten der Stadtbahn wusste, keinen Fahrausweis bei sich.

3. Am 05.03.2007 befuhr sie gegen 13.57 Uhr die Stadtbahn der Linie 10 in nicht mehr aufklärbarer Fahrtrichtung, als sie im Bereich der Haltestelle C. von dem Fahrausweisprüfer ... kontrolliert und dabei ohne Fahrausweis angetroffen wurde.

Die Kammer kann nicht ausschließen, dass die Angeklagte bei sämtlichen dieser Fahrten jeweils deutlich erkennbar ein T-Shirt mit dem Aufdruck ‚Rechtlicher Hinweis: Ich habe den Fahrpreis nicht bezahlt und bin deshalb Schwarzfahrer' trug. ...


Die Angeklagte hat durch ihr Verhalten in 3 Fällen den Tatbestand der Leistungserschleichung i. S. d. § 265a Abs. 1 StGB verwirklicht. Sie hat sich mit einem öffentlichen Verkehrsmittel befördern lassen, ohne das Entgelt zu bezahlen. Sie handelte insoweit auch zweckgerichtet.

Es fehlt aber auch nicht an dem Tatbestandsmerkmal des Erschleichens i. S. d. § 265a Abs. 1 StGB.

Zwar besteht in der Rechtsprechung und in der Literatur Einigkeit, dass nicht schon jedes unentgeltliche Inanspruchnehmen trotz Zahlungspflichtigkeit einer Beförderung durch ein öffentliches Verkehrsmittel ein Erschleichen i. S. d. § 265 a Abs. 1 StGB darstellt. Anders als die herrschende Lehre ist jedoch die Kammer mit der gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung der vom Bundesverfassungsgericht unbeanstandet gebliebenen Auffassung (vgl. BVerfG NJW 1998, 1135, zitiert nach Juris), dass auch die Inanspruchnahme der Beförderungsleistung mit einem Anschein der Ordnungsgemäßheit für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des Erschleichens ausreicht. In weiterer Konkretisierung dieser Voraussetzung ist die Kammer der Auffassung, dass entscheidend der Anschein der Ordnungsgemäßheit nicht gegenüber den übrigen Mitfahrgästen ist. Käme es hierauf an, hätte die Angeklagte sicherlich die Beförderungsleistung nicht erschlichen.

Entscheidend ist jedoch, dass für die von dem Beförderungsunternehmen eingesetzten Personen, die über die Erbringung der Beförderungsleistung an die Angeklagte zu entscheiden hätten, der Anschein des ordnungsgemäßen Betriebes nicht seitens der Angeklagten erschüttert wurde. Gerade diesen Personen gegenüber, also einem etwaigen Kontrolleur oder den Stadtbahnfahrern hat sich die Angeklagte jedoch auch ihrer eigenen Einlassung zufolge gerade nicht bereits vor Fahrtantritt als ‚Schwarzfahrerin' zu erkennen gegeben. Wäre dies geschehen, so wäre sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mit der Stadtbahn gefahren, sondern ihr die Fahrt gerade nicht gestattet worden seitens dieser Personen. Die spätere Offenbarung des ‚Schwarzfahrens' ändert nichts an der Tatbestandserfüllung bis zu diesem Zeitpunkt.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Ü. als Verkehrsbetrieb, dessen Leistung die Angeklagte in Anspruch nahm, höchstwahrscheinlich generell davon ausgeht, dass nicht alle Fahrgäste den Fahrpreis entrichten. Entscheidend ist, ob sie konkrete Anhaltspunkte darauf hatten, dass gerade die Angeklagte ohne Entrichtung des Fahrpreises ihre Leistung in Anspruch nimmt.

Endlich ist es aber auch unschädlich, dass die Ü. keine Kontrollen eingerichtet hat, um ‚Schwarzfahrten' zu verhindern. Dies nimmt dem Fahren ohne Entrichtung des Entgeltes bei gleichzeitiger Erweckung des Anscheins der Ordnungsgemäßheit gerade nicht den Charakter des Erschleichens. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Ü. dadurch gerade darauf verzichtet hat, dass das Entgelt entrichtet wird und mithin einen tatbestandsausschließendes Einverständnis erklärt hat. Auch wird dem Erschleichen im oben genannten Sinn nicht dadurch die Heimlichkeit genommen, dass die Ü. nicht ihrerseits selbst zur Aufdeckung des Erschleichens im Vorfeld beigetragen hat. Denn dies ändert nichts an dem Unwissen der Verantwortlichen der Ü. hinsichtlich des ‚Schwarzfahrens' der Angeklagten.

Endlich kann gegen die Ansicht der Kammer bei ihrer Auslegung des Tatbestandsmerkmals des Erschleichens nicht vorgebracht werden, die Ü. bedürfe des Schutzes aufgrund der fehlenden Kontrollstellen nicht. Der strafrechtliche Schutz wird allgemein nicht nur demjenigen zuteil, der sich selbst nach Kräften gegen Straftaten schützt, sondern der Allgemeinheit unabhängig hiervon.

Es ist bei der Angeklagten auch nicht von einem unvermeidbaren Verbotsirrtum, der ihre Schuld entfallen lassen würde, auszugehen. Zwar hat sie insoweit glaubhaft angegeben, ihr sei zuvor gesagt worden, wenn sie dieses T-Shirt trage, könne ihr in strafrechtlicher Hinsicht nichts passieren. Diese Ansicht hat sie jedoch nicht durch Einholung kompetenten Rechtsrates absichern lassen.
VI. Die zur Tatzeit 19 Jahre und 3 bzw. 4 Monate alte Angeklagte war nach Jugendrecht zu sanktionieren. Wie schon das Amtsgericht Hannover zutreffend in dem angefochtenen Urteil ausgeführt hat, war der Werdegang der Angeklagten zur Tatzeit nicht unproblematisch. Sie hatte sich von ihrer Mutter überhaupt noch nicht abgenabelt. Eine Verselbständigung stand noch aus. Auch der schulische und berufliche Werdegang war zum damaligen Zeitpunkt alles andere als geordnet und noch nicht abgeschlossen. All dies lässt Reifeverzögerungen als nicht ausgeschlossen erscheinen. Daher war Jugendrecht anzuwenden.

Wie auch das Amtsgericht hatte die Kammer zu berücksichtigen, dass die Angeklagte sich auf der einen Seite zwar geständig eingelassen hat, auf der anderen Seite aber mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten war. Andererseits war zugunsten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass die Einbeziehung der unter I. Nr. 5 genannten Vorstrafe wegen Verbüßung nicht einbezogen werden konnte. Des Weiteren war zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass sie sich in ihrem letzten Wort auch reuig gezeigt und glaubhaft versichert hat, in Zukunft keine ‚Schwarzfahrten' mehr begehen zu wollen.

Angesichts dessen war die Weisung, die das Amtsgericht verhängt hat, in Höhe von 5 Tagen gemeinnützige Hilfsdienste nach näherer Weisung der Jugendgerichtshilfe in keiner Weise zu beanstanden.

Soweit die Angeklagte möglicherweise einem vermeidbaren Verbotsirrtum erlegen ist, kam eine Milderung der Sanktion deshalb nicht in Betracht. Denn dieser Irrtum wäre allzu leicht vermeidbar gewesen. ..." (LG Hannover, Urteil vom 12.08.2008 - 62 c 30/08)

*** (AG)

„... Eine Erschleichung der Leistung nach § 265a Abs. 1 StGB liegt nicht vor, wenn der Täter den Fahrpreis bezahlt hat, auch wenn er bei der Fahrt bzw. der Kontrolle nicht in der Lage ist, dies durch Vorlage eines Berechtigungsausweises zu beweisen (vgl. Fischer StGB, 57. Aufl., § 265a Randnr. 9).

Offen bleiben kann, dass in der Strafanzeige der S AG missverständlich nur angegeben wurde, der Angeklagte sei „ohne gültigen Fahrausweis" gefahren, wenn zugleich in den nicht mit vorgelegten EBE-Mitteilungen das Gegenteil festgehalten wurde.

Der Umstand, dass der Angeklagte unter Verstoß gegen die AGB der S AG und damit vertragswidrig den Berechtigungsnachweis (Bonuscard) nicht mit sich führte, ändert nichts an dem Umstand, dass der Angeklagte die Fahrt tatsächlich bezahlt hatte.

Sollte die Anzeige der S AG nur als Sanktion gegen den Angeklagten wegen der Nichtzahlung der Bearbeitungsgebühr - eines ausschließlich zivilrechtlichen Vorgangs - erstattet worden sein, kann das jedenfalls nicht akzeptiert werden. ..." (AG Nürtingen, Urteil vom 25.10.2010 - 13 Ds 86 Js 67074/10)

***

(7) Entgelt

Der Inhaber einer Monatskarte für die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels, der die Karte entgegen den Beförderungsbedingungen nicht bei sich führt, erfüllt jedenfalls dann nicht den Tatbestand des § 265a StGB, wenn es sich um eine personengebundene, nicht übertragbare Karte handelt (KG Berlin, Beschluss vom 15.03.2012 - (4) 121 Ss 113/12 (149/12)).

***

„... Das in zulässiger Weise angebrachte Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Nach der vom Amtsgericht nicht in Zweifel gezogenen und damit der Entscheidung zugrundegelegten Einlassung des Angeklagten war bereits der objektive Tatbestand des Erschleichens von Leistungen nicht erfüllt. Bei dem Vergehen nach § 265 a StGB handelt es sich nach der herrschenden Auffassung um ein Vermögensdelikt (vgl. Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 25. Aufl., § 265 a Rdnr. 1 m.w.N.). Die Strafbarkeit setzt demzufolge einen Vermögensschaden voraus, der darin liegt, dass der Täter die Leistung eines Transportunternehmens in Anspruch nimmt, ohne diese bezahlt zu haben. Wenn es ein Verkehrsbetrieb aber - wie hier - einem Kunden ermöglicht, nach Bezahlen einer Monatskarte innerhalb ihres zeitlichen und räumlichen Geltungsbereichs beliebige Fahrten zu unternehmen, erleidet er nicht dadurch einen Vermögensschaden, dass der Fahrgast, der die Karte zuvor tatsächlich bezahlt hat, sie bei einer Kontrolle lediglich nicht bei sich führt und es - gegebenenfalls vertragswidrig - unterlässt, erneut eine Fahrkarte zu kaufen (vgl. Lenckner, a.a.O., Rdnr. 2; Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 265 a Rdnr. 3). Der hierin möglicherweise liegende Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen mit der Folge einer nach diesen nicht ordnungsgemäß durchgeführten Fahrt ist von den Voraussetzungen der Strafbarkeit nach § 265 a StGB zu trennen. Sinn der Pflicht zum Beisichführen des Fahrausweises ist die Beweiserleichterung, die darin liegt, dass nicht der Verkehrsbetrieb die Nichtzahlung, sondern der Fahrgast durch Mitführen des Fahrscheins die Zahlung des Entgelts nachzuweisen hat. Hingegen kann die bloße Nichteinhaltung einer derartigen Regelung eine Vermögensstraftat nicht begründen (vgl. BayObLG in NJW 1986, 1504). Anders als die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 27. September 1999 sieht der Senat keinen überzeugenden Grund, bei der Beurteilung der objektiven Rechtslage zwischen der Übertragbarkeit und der Nichtübertragbarkeit eines bezahlten und lediglich nicht mitgeführten Fahrscheins zu differenzieren. Mithin kam es auf die von der Generalstaatsanwaltschaft vermissten ‚Feststellungen zu der Frage, welche Regelungen die allgemeinen Beförderungsbedingungen bezüglich der übertragbaren Monatskarte treffen, insbesondere das Beisichführen einer Monatskarte Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Beförderungsleistung ist', nicht an.

Eine Verurteilung des Angeklagten durfte aber auch aus subjektiven Gründen nicht erfolgen. Den Urteilsfeststellungen zufolge bemerkte der Angeklagte nämlich erst bei der Kontrolle, dass er die Monatskarte vergessen hatte. Mithin handelte er bei Inanspruchnahme der Transportleistung - ungeachtet der objektiven Rechtslage - jedenfalls nicht in der in § 265 a StGB geforderten Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten. ..." (OLG Koblenz, Beschluss vom 11.10.1999 - 2 Ss 250/99)

***

(8) Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten

„... Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30,-- DM verurteilt. Die Revision hat mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts (vorläufig) Erfolg. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat zu dem Rechtsmittel wie folgt Stellung genommen:

"1. Das Amtsgericht ist der Einlassung des Angeklagten, er habe es wegen einer Verabredung eilig gehabt und wegen des gerade einfahrenden Zuges ‚vergessen', den Fahrschein zu lösen, nicht gefolgt, weil es bei Delikten der ‚Art' des § 265 a StGB ‚eine Vermutung dafür, daß sie auch vorsätzlich begangen worden sind' gebe und daher der Angeklagte ‚das Gegenteil belegen' müsse (UA S. 3).

Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Sie lassen besorgen, daß das Amtsgericht sich nicht streng daran gehalten hat, daß es nicht Sache des Angeklagten ist, seine Unschuld darzutun (vgl. BGH Strafverteidiger 1983, 186). Zu Lasten des Angeklagten darf das Gericht nur Tatsachen verwerten, die es für voll erwiesen hält. Es gibt keine Umkehr der Beweislast (KG VRS 13, 53, 54; Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, StPO 25. Aufl., § 261 Rdn. 107 m.w.N.) und auf eine bloße ‚Vermutung', die letztlich nur einen Verdacht begründet, darf eine Verurteilung nicht gestützt werden (BGHR StPO, § 261 - Vermutung 10; KG, Beschluß vom 13. Februar 1995 - (3) 1 Ss 218/94 (63/94) -). Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß nicht der Angeklagte dem Gericht das Nichtvorliegen der subjektiven Tatbestandsmerkmale nachweisen muß, sondern daß das Gericht dem Angeklagten das Vorliegen der Voraussetzungen darzulegen hat.

Die Ansicht des Amtsgerichts, es bestehe hier eine Vermutung für vorsätzliches Handeln, ist daher rechtlich unhaltbar und verstößt gegen den Grundsatz in dubio pro reo und die Unschuldvermutung nach Art. 6 Abs. 2 MRK (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl., MRK Art. 6 Rdn. 12). Der Hinweis des Amtsgerichts, daß der Angeklagte das Gegenteil der ‚Vermutung' belegen müsse, läßt die Annahme eines bloßen Fehlgriffs im Ausdruck als ausgeschlossen erscheinen.

Dieser Rechtsfehler ist nicht etwa dadurch geheilt, daß das Amtsgericht die Einlassung des Angeklagten in den Urteilsgründen erörtert (UA S. 3/4). Denn diese Erörterung dient nur der Darlegung der Ansicht des Amtsgerichts, daß es dem Angeklagten nicht gelungen sei, das Gegenteil der rechtsfehlerhaft angenommenen Vermutung zu belegen (vgl. UA S. 3). Abgesehen davon ist vorsätzliches Handeln nicht erst dann ausgeschlossen, wenn sich ein Angeklagter bei Tatbegehung in einer ‚mentalen Ausnahmesituation' befindet (siehe UA S. 3). Es gibt auch keinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß das Benutzen der U-Bahn ohne Fahrschein ausnahmslos vorsätzlich erfolgte.

2. Dies bedeutet jedoch nicht, daß der Angeklagte schon jetzt freigesprochen werden müßte. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß die Einlassung des Angeklagten, er habe das Lösen des Fahrscheins vergessen, von einem anderen Tatrichter mit rechtsfehlerfreier Begründung zurückgewiesen werden wird. Das Gericht ist nicht verpflichtet, entlastende Angaben eines Angeklagten ohne weiteres als unwiderlegt hinzunehmen (BGHSt 34, 29, 34). Die Erfüllung des äußeren Tatbestandes des § 265 a Abs. 1 StGB ist allerdings nur ein Beweisanzeichen und entbindet nicht von dem Erfordernis, die innere Tatseite gesondert zu prüfen. Dem Revisionsgericht ist jedoch eine eigene Beweiswürdigung nicht gestattet (vgl. BGHSt 10, 208, 210)'.

Der Senat macht sich diese zutreffenden Ausführungen zu eigen. Er hebt daher das angefochtene Urteil auf und verweist die Sache nach § 354 Abs. 2 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurück. ..." (KG Berlin, Beschluss vom 31. August 2001 - (3) 1 Ss 188/01 (67/01)).

*** (LG)

Der Tatvorwurf der Leistungserschleichung nach § 265a Abs. 1, Abs. 3 StGB setzt voraus, dass der Täter in der Absicht handelt, das Entgelt nicht zu entrichten.

Ein Fahrgast, der einen noch zu entwertenden Fahrschein erworben hat, dann aber vor dem Einsteigen lediglich vergisst, diesen zu stempeln, handelt sorgfaltswidrig und damit allenfalls fahrlässig. In einem solchen Fall fehlt es gerade an dem zur Tatbestandserfüllung erforderlichen zielgerichteten Willen, das Entgelt nicht zu entrichten. Eine lediglich fahrlässige Begehungsweise ist vom Tatbestand der Strafnorm des § 265a StGB nicht erfasst.

Die Kammer verkennt nicht, dass die Einlassung eines Angeklagten, er habe lediglich das Abstempeln vergessen, auch eine bloße Schutzbehauptung darstellen kann. In Fällen dieser Art ist es daher auch möglich, trotz entsprechender Einlassung aus etwaigen Indizien auf einen Tatvorsatz eines Angeklagten zu schließen.

An solchen Indizien fehlt es vorliegend jedoch. Allein der Umstand, dass die Angeklagte mehrfach einschlägig vorbestraft ist, lässt den Schluss, sie habe weiterhin entsprechende Straftaten begehen wollen, nicht zu.

Bei der hier vorzunehmenden Beweiswürdigung kann dem Gedanken der Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche des Verkehrsunternehmens im übrigen keine besondere Bedeutung zukommen.

Im Gegenteil. Die zivilrechtlich sehr unterschiedlich ausgestalteten Möglichkeiten, das Entgelt für Beförderungsleistungen zu entrichten, schaffen beachtlichen Raum für Fehl- und Missverständnisse auf Seiten der Fahrgäste.

So ist kaum nachzuvollziehen, warum zum Beispiel in Zügen der E AG das Nachlösen im Zug in einigen Fällen zugelassen ist, in anderen jedoch nicht. Ebenso unverständlich muss es dem redlichen Fahrgast erscheinen, dass in einigen Verkehrsmitteln Geräte zum Abstempeln von Fahrscheinen vorhanden sind, in anderen aber nicht. Dies hat zur Folge, dass ein Fahrgast, der sich beim Einsteigen darauf verlässt, in der Bahn oder im Bus noch abstempeln zu können, Gefahr läuft, dann, wenn diese Möglichkeit in dem gewählten Verkehrsmittel nicht besteht, als Straftäter angezeigt zu werden, zumindest dann, wenn er nicht "nett" genug auftritt. ..." (LG Bonn, Urteil vom 24.11.2014 - 26 Ns 140/14, 26 Ns - 117 Js 2338/13 - 140/14)

***

„... Vorliegend ist auch der subjektive Tatbestand erfüllt, denn die Angeklagte hatte nicht nur Vorsatz bezüglich aller Merkmale des objektiven Tatbestandes, sondern handelte auch in der Absicht, das Entgelt für die Aufladung der Guthabenkonten ihrer Mobiltelefone nicht zu entrichten. Die Angeklagte wusste von Anfang an, dass vor dem Start des Aufladevorgangs das entsprechende Entgelt zu entrichten ist und sie dem, in allen 86 Fällen, nicht nachgekommen war. Sie stellte fest, dass die Aufladung ersichtlich ohne Kontrolle für sie scheinbar unbegrenzt möglich war. Sie wollte auch den Anschein der Ordnungsmäßigkeit erwecken, um weiterhin ihre Guthabenkonten aufladen zu können. ..." (LG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 19.11.2008 - 7 Ns 150 Js 4282/08)

***

(9) Versuch

Der Tatbestand des § 265 a StGB ist ein Erfolgsdelikt. Die Vollendung setzt einen Vermögensschaden voraus, der in dem Entgehen des Entgelts liegt und regelmäßig mit der Verwirklichung des ‚Erschleichens' gegeben ist. Ob das vom Täter entgeltsfrei erlangte tatsächliche Ereignis auch ohne sein Handeln stattgefunden hätte, ist unerheblich, denn Taterfolg ist nicht das Stattfinden des Leistungsereignisses, sondern seine Nutzung durch den Täter unter Vorenthalten des Entgelts (vgl. Fischer, StGB, § 265 a, Rdnr. 27). Vollendet ist die Tat mit dem Beginn der Beförderungsleistung (vgl. Schönke-Schröder, StGB, § 265 a, Rdnr. 13; Fischer, aaO., Rdnr. 28). Auszuscheiden sind dabei Fälle, in denen nach der Verkehrsauffassung eine ‚Beförderung' noch gar nicht vorliegt (z.B. Abbruch der Fahrt oder Entdeckung des Täters nach wenigen Metern), in denen auch ein nicht erschleichender Fahrgast eine entgeltspflichtige Leistung nicht erlangt hätte (vgl. Fischer, aaO., Rdnr. 28).

Die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil lassen keine Beurteilung zu, ob mit der Beförderungsleistung bereits begonnen und die Tat damit vollendet wurde. Die Feststellungen erschöpfen sich in der Mitteilung, dass die Angeklagte die Straßenbahn der Linie … (…Str.) in Ort1 benutzte als sie kontrolliert wurde. Die konkreten Umstände der Fahrt und der Fahrscheinkontrolle sind nicht dargelegt. So fehlen Ausführungen dazu, an welcher Haltestelle die Angeklagte in die Straßenbahn eingestiegen ist und was für eine Fahrtstrecke sie bereits zurückgelegt hatte als sie von den Kontrolleuren der Stadtwerke kontrolliert wurde. Auch lässt die Formulierung, dass sie die Straßenbahn benutzte, keinen Schluss auf die bereits zurückgelegte Fahrtstrecke zu und schließt nicht aus, dass die Straßenbahn im Zeitpunkt der Kontrolle erst angefahren war. In diesem Fall wäre aber nur ein, nach § 265 a Abs. 2 StGB ebenfalls strafbarer, Versuch des Erschleichens von Leistungen gegeben.

Bereits danach war das angefochtene Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Frankfurt am Main - Außenstelle Höchst - zurückzuverweisen (§§ 353 Abs. 2, 354 StPO).

Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung darauf hin, dass es darüber hinaus für die Strafzumessung der Feststellung der unmittelbaren Tatfolgen, hier der Höhe des verursachten Vermögensschadens bedarf. Dieser bestimmt sich allein nach dem für die Beförderungsleistung geschuldeten Entgelt bzw. Fahrpreis und lässt ein von den Stadtwerken erhobenes erhöhtes Beförderungsentgelt unberücksichtigt. In diesem Zusammenhang hätte es zudem der Darlegung bedurft, was ein ‚Ort1-Pass' ist und ob er Einfluss auf die Höhe des geschuldeten Fahrpreises hatte.

Überdies kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des Amtsgerichts nicht geprüft werden, ob die Tagessatzhöhe von 8,-- € im Ergebnis zutreffend festgesetzt wurde. Das Amtsgericht hat keine Feststellungen zu den konkreten Einkommensverhältnissen der Angeklagten als Grundlage für die Bemessung der Tagessatzhöhe getroffen. Es hat lediglich mitgeteilt, dass die Angeklagte ledig ist und von Hartz IV lebt. Ausführungen dazu, welche Sozialleistungen inklusive Sachleistungen die Angeklagte im einzelnen erhält, lassen die Urteilsgründe ebenso vermissen wie die Feststellung, welchen Betrag die Angeklagte aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse als unerlässlichen Lebensunterhalt benötigt. Dem Gebot der Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wird bei einem Sozialleistungsempfänger jedoch nur die Bemessung der Geldstrafe anhand desjenigen Betrages gerecht, den dieser während eines angemessenen Ratenzahlungszeitraums nach § 42 StGB ohne Beeinträchtigung seines unerlässlichen Lebensunterhalts aufbringen kann. Bei einem Sozialleistungsempfänger, der über keine anderen Mittel verfügt und auch nicht seine Arbeitskraft verwerten könnte, ist die Tagessatzhöhe damit durch das drei - bis vierfache des Differenzbetrages zwischen den erhaltenen Sozialleistungen und dem unerlässlichen Lebensunterhalt pro Tag begrenzt (ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Beschlüsse vom 23.08.2001, 1 Ss 161/01; vom 06.10.2003, 1 Ss 223/03; vom 23.08.2005, 1 Ss 202/05 und vom 02.03.2007, 1 Ss 347/06). ..." (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.02.2010 - 1 Ss 425/08)

(10) Haus- und Familientat (§ 247 StGB)

(11) Geringwertigkeit (§248a StGB)

Es entscheidet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls, ob bei Bagatelldelikten bis zu einer bestimmten Schadensgrenze die gesetzliche Mindeststrafe übersteigende Freiheitsstrafen nicht mehr schuldangemessen sind. Diese Frage ist deshalb einer Vorlegung nach § 121 Abs. 2 GVG nicht zugänglich (BGH, Beschluss vom 15.11.2007 - 4 StR 400/07 zu StGB §§ 248 a, 265 a GVG § 121 Abs. 2).

(12) Straffrage

Es entscheidet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls, ob bei Bagatelldelikten bis zu einer bestimmten Schadensgrenze die gesetzliche Mindeststrafe übersteigende Freiheitsstrafen nicht mehr schuldangemessen sind. Diese Frage ist deshalb einer Vorlegung nach § 121 Abs. 2 GVG nicht zugänglich (BGH, Beschluss vom 15.11.2007 - 4 StR 400/07).

*** (OLG)

„... 3. Nach § 47 Abs. 1 StGB verhängt das Gericht eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Die Vorschrift verfolgt vor dem Hintergrund, dass kurze Freiheitsstrafen als in der Regel spezialpräventiv verfehlt angesehen werden (Fischer StGB 56. Aufl. § 47 Rn. 2 m.w.N.), den Regelungszweck, kurze Freiheitsstrafen nur unter den genannten engen Voraussetzungen zu verhängen. Die erforderlichen besonderen Umstände in der Tat oder der Täterpersönlichkeit verlangen deshalb eine umfassende Gesamtwürdigung (Fischer aaO § 47 Rn. 5). Daran fehlt es hier.

3.1. Rechtsfehlerhaft hat sich das Berufungsgericht mit den Vorverurteilungen des Angeklagten nicht näher befasst, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass sich die Kammer weder durch die Vielzahl der Vorverurteilungen noch durch die Tatsache, dass der Angeklagte die ihm hier zur Last liegende Tat während des Laufs von zwei Bewährungen begangen hat, daran gehindert sieht, für die jetzt zur Aburteilung stehende Tat auch eine Geldstrafe zu verhängen (UA S. 10). Diese im Ansatz vertretbare Erwägung des Berufungsgerichts macht eine nähere Befassung mit den Vorverurteilungen des Angeklagten im Rahmen der erforderlichen umfassenden Gesamtwürdigung aber nicht entbehrlich. Der Angeklagte musste im Zeitraum von Dezember 1997 bis Juli 2004 insgesamt neunmal zu Geldstrafen verurteilt werden, wobei die Verurteilung vom 16.5.2003 (Strafliste Nr. 8; UA S. 6) einschlägige Taten betraf. Der Angeklagte wurde ferner am 2.12.2004 (Strafliste Nr. 11; UA S. 6/7) wegen einer einschlägigen Tat zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. In der Zeit von April 2005 bis Februar 2007 musste der Angeklagte erneut dreimal zu Geldstrafen verurteilt werden. Zuletzt wurde der Angeklagte im November 2007 zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (vgl. UA S. 7). Wie das Berufungsgericht vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis kam, der Angeklagte sei keineswegs "strafresistent" (UA S. 12), lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Dies hätte aber eingehender Erörterung bedurft, weil die hohe Rückfallgeschwindigkeit bei der Begehung zum Teil einschlägiger Taten den Schluss zulässt, dass sich der Angeklagte konsequent über frühere Warnungen hinwegzusetzen pflegt. Ob und inwieweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang die erstmalige Verbüßung von Freiheitsstrafe nach Widerruf der Bewährung (UA S. 4) berücksichtigt hat, bleibt ebenfalls offen.

3.2. Den Urteilsgründen lässt sich auch nicht entnehmen, welche positiven Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten die Erwartung begründen, dass er keine Straftaten mehr begeht (Fischer aaO § 47 Rn. 10a). Vielmehr sieht das Berufungsgericht die Verhängung einer Geldstrafe zwar als "vollkommen ausreichend" (UA S. 13) an, führt aber an anderer Stelle aus, es sei zu befürchten, dass der Angeklagte "auch künftig immer wieder vergleichbare Taten begehen wird" (UA S. 14). Auch dies lässt das Fehlen der erforderlichen Gesamtwürdigung der vorliegenden Tatsachen hinsichtlich der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten offenbar werden.

3.3. Die vom Berufungsgericht angestellten Betrachtungen zum verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit von Tat und Rechtsfolge (UA S. 11) machen die hier fehlende umfassende Gesamtwürdigung der relevanten Umstände nicht entbehrlich.

Die Verhängung einer die Mindeststrafe übersteigenden kurzen Freiheitsstrafe kann verfassungsgemäß sein, wenn der Täter mehrfach und einschlägig vorbestraft ist, weil § 47 StGB auf der Auffassung beruht, dass die Ziele der Strafrechtspflege die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe insbesondere in denjenigen Fällen notwendig machen können, in denen der Täter ersichtlich durch eine Geldstrafe nicht nachhaltig zu beeinflussen ist oder wo um des Bestands und der Wahrung der Rechtsordnung willen auf eine Ahndung des Rechtsbruchs mit einer Freiheitsstrafe nicht verzichtet werden kann (vgl. BVerfG Beschluss vom 9.6.1994 - 2 BvR 710/94 zitiert nach juris, Rn. 6). ..." (OLG München, Urteil vom 10.09.2009 - 5St RR 201/09)

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„... 3. Nach § 47 Abs. 1 StGB verhängt das Gericht eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Die Vorschrift verfolgt vor dem Hintergrund, dass kurze Freiheitsstrafen als in der Regel spezialpräventiv verfehlt angesehen werden (Fischer StGB 56. Aufl. § 47 Rn. 2 m.w.N.), den Regelungszweck, kurze Freiheitsstrafen nur unter den genannten engen Voraussetzungen zu verhängen. Die erforderlichen besonderen Umstände in der Tat oder der Täterpersönlichkeit verlangen deshalb eine umfassende Gesamtwürdigung (Fischer aaO § 47 Rn. 5). Daran fehlt es hier.

3.1. Rechtsfehlerhaft geht das Berufungsgericht zunächst unter Bezugnahme auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 09.02.2006 (1 Ss 575/05; NStZ 2007, 37) davon aus, im Falle einer Leistungserschleichung, die lediglich im Fahren ohne Fahrschein besteht und bei der sich der Schaden regelmäßig im Bereich von 1 bis 3 Euro bewegt, verbiete das verfassungsrechtliche Übermaßverbot ‚in jedem Fall' die Verhängung einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Monat (UA S. 7). Die hierin liegende Beschränkung des Strafrahmens des § 265a StGB auf das gesetzliche Mindestmaß in allen Fällen der genannten Art ist weder mit Blick auf § 248 a StGB noch auf der Grundlage der zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart noch aus verfassungsrechtlichen Gründen gerechtfertigt.

3.1.1. Im Hinblick auf das Wesen der Strafzumessung, die zugleich tatrichterlicher Wertungsakt und Rechtsanwendung auf einen bestimmten Strafzumessungssachverhalt unter vom Gesetzgeber formulierten Strafzumessungskriterien und -leitlinien ist, muss in der Regel davon ausgegangen werden, dass sich die Rechtsausführungen der Obergerichte zu den Grenzen schuldangemessenen Strafens nur auf den der Entscheidung zugrunde liegenden Einzelfall beziehen, mögen sie auch so formuliert sein, dass sie als grundsätzliche Aussage aufgefasst werden könnten (BGHSt 52, 84, 87 m.w.N.). In der genannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich auch auf die zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass die denkbaren Umstände des Einzelfalls zu vielschichtig für generelle Aussagen sind (BGHSt 52, 84, 86, 87).

3.1.2. Das Bundesverfassungsgericht hat (unter Berufung auf die Senatsentscheidung von 1979 - BVerfGE 50, 205, 214 ff) am 09.06.1994 (BVerfG Beschluss vom 09.06.1994 - 2 BvR 710/94) entschieden, dass die Verhängung einer die Mindeststrafe übersteigenden kurzen Freiheitsstrafe auch in Fällen, in denen die zugrunde liegenden Straftaten geringwertige Sachen betreffen, verfassungsgemäß sein kann, wenn der Täter mehrfach und überwiegend einschlägig vorbestraft ist. Die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stellt klar, dass die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe nicht erst ab einer bestimmten Schadenshöhe in Betracht kommt, weil § 47 StGB auf der Auffassung beruht, dass die Ziele der Strafrechtspflege die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe insbesondere in denjenigen Fällen notwendig machen können, in denen der Täter durch eine Geldstrafe nicht nachhaltig zu beeinflussen ist oder wo um des Bestands und der Wahrung der Rechtsordnung willen auf eine Ahndung des Rechtsbruches mit einer Freiheitsstrafe nicht verzichtet werden kann.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, in Fällen der verfahrensgegenständlichen Art verbiete das verfassungsrechtliche Übermaßverbot ohne Rücksicht auf die konkreten Umstände des Einzelfalls (‚in jedem Fall') die Verhängung einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Monat, ist mit den dargestellten Grundsätzen nicht vereinbar und beschränkt den Strafrahmen des § 265a StGB in unzulässiger Weise von vornherein auf das gesetzliche Mindestmaß. Gleiches gilt, soweit das Berufungsgericht besondere Umstände der Tat (§ 47 StGB) nicht in etwaigen, auch einschlägigen, Vorstrafen zu sehen vermag (UA S. 9).

3.2. Unabhängig davon lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, wie das Berufungsgericht ausgehend von der angenommenen Obergrenze schuldangemessenen Strafens zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen gelangt ist. In diesem Punkt ist das Berufungsurteil in sich widersprüchlich, weil die verhängte Geldstrafe (UA S. 11) einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten entspricht.

3.3. Soweit sich das Berufungsgericht von der Erwägung hat tragen lassen, dass die Angeklagte bei Begehung der abgeurteilten Tat ‚keine besondere Zugangskontrolle' überwunden hat (UA S. 9), ist dieser Aspekt unbehelflich, denn solches verlangt der Tatbestand des § 265a Abs. 1 StGB nicht. Der Wortsinn des ‚Erschleichens' beinhaltet lediglich die Herbeiführung eines Erfolgs auf unrechtmäßigem, unlauterem oder unmoralischem Weg (BGH NJW 2009, 1091).

3.4. Das Berufungsgericht hat sich durch die oben dargestellte rechtsfehlerhafte Sichtweise den Blick auf die entscheidungserheblichen, insbesondere gegen die Angeklagte streitenden, Umstände verstellt.

Die Strafkammer hat festgestellt, dass die Angeklagte wegen Erschleichens von Leistungen seit Dezember 1997 insgesamt sechsmal verurteilt werden musste (UA S. 4/6) und hinsichtlich der Verurteilungen vom 22.03.2005 und vom 26.07.2006 jeweils unter offener Bewährung stand. Das Berufungsgericht erwähnt diese Vorbelastungen zwar, ist aber der Auffassung, die beiden Verurteilungen zu Bewährungsstrafen seien ‚verfassungsrechtlich nicht unbedenklich' und besondere Umstände der Tat im Sinne des § 47 Abs. 1 StGB könnten nicht in etwaigen, auch einschlägigen, Vorstrafen der Angeklagten gesehen werden (UA S. 8, 9). Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung schon aus den oben genannten Gründen nicht stand.

Eine Auseinandersetzung mit den Hintergründen der ‚Schwarzfahrten', die für die Beurteilung der (rechtsfeindlichen) Gesinnung der Angeklagten von Bedeutung sein könnten, hat überhaupt nicht stattgefunden. Die den Vorstrafen zugrunde liegenden Urteile und deren Begründung wurden offenbar nicht in die Erwägungen des Berufungsgerichts einbezogen (§§ 267 Abs. 3 Satz 1, 243 Abs. 4 Satz 3 StPO). Solches drängte sich aber im Rahmen der nach § 47 Abs. 1 StGB erforderlichen Gesamtschau der Täterpersönlichkeit schon deshalb auf, weil die Angeklagte mehrfach vorgewarnt war und unter offener Bewährung zweimal erneut straffällig wurde. Die Erörterung der Umstände, die auf die Einstellung der Angeklagten schließen ließen und für die Beurteilung ihrer Persönlichkeit von Bedeutung waren, drängte sich auch im Hinblick auf das besondere persönliche Schicksal der Angeklagten und die mit ihrer Transsexualität verbundenen Probleme (UA S. 10) auf. Denn ein Zusammenhang zwischen dem persönlichen Schicksal der Angeklagten und den von ihr begangenen Straftaten erschließt sich aus den Urteilsgründen nicht. ..." (OLG München, Urteil vom 23.07.2009 - 5St RR 180/09)

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„... Das Gesetz sieht in § 47 StGB vor, dass kurze Freiheitsstrafen nur dann verhängt werden dürfen, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, einen solchen Strafausspruch zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Darin kommt allgemein zum Ausdruck, dass kurze Freiheitsstrafen nur ausnahmsweise und als letztes Mittel zur Anwendung kommen sollen. Dem gesetzgeberischen Gebot ist dadurch Rechnung zu tragen, dass von dieser Ahndungsmöglichkeit äußerst zurückhaltend Gebrauch gemacht wird (BGHSt 24, 40, 42). Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe unter sechs Monaten kann demnach regelmäßig nur dann Bestand haben, wenn sie sich aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unverzichtbar erweist. Dabei müssen jene Umstände derart beschaffen sein, dass sie die Tat deutlich aus dem Durchschnitt der typischerweise vorkommenden Straftaten gleichen Deliktstypus herausheben (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Urteil vom 29. Mai 2002 - 1 Ss 19/02 -; Beschluss vom 2. Juli 2002 - 1 Ss 45/02 -; vom 25. September 2006 - 1 Ss 68/06 -; Beschluss vom 12. Februar 2007 - 1 Ss 3/07 -). Eine kurze Freiheitsstrafe belastet den Täter regelmäßig weitaus stärker als eine Geldstrafe. Daher ist, sofern die Tat Bagatellcharakter hat, die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen denkbar. Täterbezogene Umstände wie einschlägige Vorstrafen und Bewährungsversagen sind, für sich genommen, ungeeignet, eine solche Sanktion zu legitimieren. Soweit ihnen eine indizielle Bedeutung für die Beurteilung der Tatschuld zukommt, können sie zu einer entscheidenden Erhöhung des Stellenwertes der Tat nur dann führen, wenn sie ein die gewöhnlichen Fälle deutlich übertreffendes Ausmaß an Pflichtwidrigkeit belegen (vgl. u. a. OLG Stuttgart NJW 2002, 3188 bis 3189 sowie KG Berlin, Beschluss vom 31. Mai 2006 - 1 Ss 68/06 - zur Leistungserschleichung durch ‚Schwarzfahren', zitiert nach juris). Das kann etwa der Fall sein bei Taten, die aus prinzipieller rechtsfeindlicher Gesinnung begangen werden oder wenn Umstände festgestellt sind, die ausweisen, dass Geldstrafen auf den Täter keine Wirkung entfalten. Ausnahmslos steht der Bagatellcharakter der Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht entgegen (vgl. BverfG, 2 BvR 710/04, OLG Stuttgart NJW 2006, 1222 sowie 1. Strafsenat a. a. O.). Auch die Überschreitung der Mindestfreiheitsstrafe von einem Monat ist bei Bagatelldelikten nicht grundsätzlich ausgeschlossen ( vgl. 4. Strafsenat BGH NJW 2008, 672 f. - zur Leistungserschleichung durch ‚Schwarzfahren'-). Diese grundsätzlichen Erwägungen entheben den Richter aber nicht der Pflicht, im konkreten Einzelfall unter Abwägung aller maßgeblichen Strafzumessungsgesichtspunkte zu prüfen, ob die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen eines ausgesprochenen Bagatelldelikts noch einen gerechten Schuldausgleich darstellt und nicht gegen das Übermaßverbot verstößt.

Den oben aufgezeigten Grundsätzen für die Verhängung einer Freiheitsstrafe unter sechs Monaten gem. § 47 Abs. 1 StGB wird das landgerichtliche Urteil nicht gerecht. Das Tatunrecht wiegt zudem in den vorliegenden Fällen der Leistungserschleichung durch Nutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels ohne einen Fahrschein für einen Betrag von 1,20 Euro so gering, dass bei zutreffender Würdigung aller Besonderheiten des Einzelfalles und der Persönlichkeit der Angeklagten die Verhängung von Freiheitsstrafen von drei oder vier Monaten nach Auffassung des Senats eine unangemessen harte und damit auch gegen das Übermaßverbot verstoßende Sanktion darstellte.

Es fehlt bereits an einer gesonderten, von allgemeinen Strafzumessungserwägungen klar abgegrenzten Befassung mit den Voraussetzungen von § 47 Abs. 1 StGB und den Anforderungen, die sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben. Vielmehr wird unter Bezugnahme auf die voran stehenden allgemeinen Ausführungen zur Strafzumessung eine Verhängung kurzer Freiheitsstrafen für die Einzeltaten als unerlässlich bezeichnet. Bezug genommen wird auf die die Angeklagte belastenden Umstände, dass sie die Taten während zweier laufender Bewährungszeiten begangen habe und dass sie zuvor bereits wegen zahlreicher einschlägiger Taten zu Geldstrafen und zu Freiheitsstrafen verurteilt worden ist. Die Freiheitsstrafen von vier und drei Monaten werden im Wesentlichen mit Blick auf die einschlägigen Vorbelastungen und das Bewährungsversagen für gerechtfertigt und schuldangemessen gehalten.

Zu den Vorbelastungen führt das Berufungsgericht aus:

‚Die Angeklagte ist bereits wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Der Bundeszentralregisterauszug vom 16. Juni 2008 weist acht Eintragungen auf. Zwei Eintragungen betreffen Verurteilungen durch das Amtsgericht Brandenburg vom 13. Januar 2004 und 28. September 2004 wegen Diebstahls bzw. Körperverletzung.

Die sechs übrigen Eintragungen betreffen die nachfolgenden Verurteilungen wegen Erschleichens von Leistungen:

1, Das Amtsgericht Brandenburg verurteilte die Angeklagte am 21. Oktober 1998 wegen Erschleichens von Leistungen in sechs Fällen (Az.: 3 Ds 15 1/98) zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10,00 DM.

2. Am 12. September 2003 verurteilte das Amtsgericht Brandenburg sie (Az.: 22 Ds 8 1/03) wegen Erschleichens von Leistungen in vier Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5,00€.

3. Das Amtsgericht Brandenburg verurteilte sie am 23. Mai 2005 (Az. : 22 Ds 53/05) wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 5,00

4. Am 5. Oktober 2005 verurteilte sie dasselbe Gericht durch Strafbefehl (Az.: 25 Cs 243/05) wegen Erschleichens von Leistungen in fünf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 5,00€. Das Datum der letzten Tat war dabei der 4. Juli 2005.

5. Das Amtsgericht Brandenburg verurteile sie am 14. September 2006 (Az.: 25 Ds 69/06) wegen Erschleichens von Leistungen in neun Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, die bis zum 21. September 2008 zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist seit dem 22. September 2006 rechtskräftig. Das Datum der letzten Tat war der 6. April 2006.

6. Am 4. Juni 2007 verurteilte sie das Amtsgericht Brandenburg (Az.: 25 Ds 306/06) schließlich wegen Erschleichens von Leistungen in -fünf Fällen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die bis zum 5. September 2010 zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zugleich wurde ihr eine Bewährungshelfer-in, nämlich die Zeugin …….l, bestellt. Das Urteil ist seit dem 6. September 2007 rechtskräftig. Das Datum der letzten Tat war der 21. Februar 2007. -

Insgesamt ergibt sich aus dem Bundeszentralregister damit eine Verurteilung wegen Erschleichens von Leistungen in insgesamt 30 Fällen.'

Zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten führt das angefochtene Urteil u. a. aus, dass die 30jährige Angeklagte Mutter zweier Kinder ist, die bei der Mutter der Angeklagten leben. Sie selbst habe die Förderschule besucht und den dort möglichen Abschluss erzielt. Die Voraussetzungen für eine Berufsausbildung würden angesichts der fehlenden Berufsreife nicht vorliegen. Die Angeklagte sie ohne Arbeit. Sie erhalte Arbeitslosengeld II in Höhe von 316,- Euro pro Monat. Darüber hinaus bezahle das Arbeitsamt ihr die Miete. Die Angeklagte sei zum zweiten mal verheiratet.

Die Bedeutung, die das Tatgericht den vorangegangenen Freiheitstrafen und dem Bewährungsversagen für die Straffindung zumisst, lässt besorgen, dass es sich durch den Umstand, dass -mangels Rechtsmitteleinlegung- rechtskräftige Vorverurteilungen zu Gesamtfreiheitsstrafen von fünf und sechs Monaten wegen Leistungserschleichung durch ‚Schwarzfahren' erfolgt sind, an einer Verhängung einer Geldstrafe oder einer geringeren Freiheitsstrafe für dasselbe Delikt von vorneherein gehindert sah. Zwar stellt sich die Frage des gerechten Schuldausgleichs bei rechtskräftigen Urteilen außerhalb eines Wiederaufnahmeverfahrens nicht mehr. Allerdings ist das Tatgericht verpflichtet, in jedem Einzelfall eigene Überlegungen zur Tatschuld und zur Verhältnismäßigkeit anzustellen und nicht etwa im Sinne einer Automatisierung bei Begehung einschlägiger Taten die Strafmöglichkeiten von Verwarnung bis Freiheitsstrafe ohne Bewährung sukzessive auszuschöpfen.

Die durch das Tatgericht erfolgte Begründung der Unerlässlichkeit der Verhängung von Freiheitsstrafen in Höhe von drei und vier Monaten lässt wesentliche Umstände unberücksichtigt, die für die Prüfung von Bedeutung sind, ob die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls vorliegen, der zur Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe berechtigt.

Insbesondere hat sich die Kammer mit der Tatsache, dass es sich um Taten mit Bagatellcharakter handelt, überhaupt nicht befasst. Der Preis für jeweils eine Fahrkarte ist in Brandenburg mit 1,20 Euro zu veranschlagen. Insgesamt ist also ein beabsichtigter Vorteil und demgemäß - gedachter- Schaden in Höhe von 2,40 Euro entstanden.

Das geringe Gewicht der Taten zeigt sich auch daran, dass die Angeklagte keine Zugangskontrollen überwinden musste, weil sie lediglich den Bus und die Straßenbahn ohne Fahrscheinkontrolle betreten hatte. Eine Beförderungserschleichung, die lediglich im Fahren ohne Fahrschein besteht, liegt nach ihrem objektiven Gewicht an der untersten Grenze desjenigen Bereichs menschlichen Verhaltens, den die Rechtsordnung mit Strafe bedroht (vgl. KG Strafverteidiger 2004, 383; Beschluss vom 31. Mai 2006 - 1 Ss 68/06 - zitiert nach juris). Vielfach wird sogar eine Entkriminalisierung mit der Begründung gefordert, dass die Sanktionierung mittels Strafe unangemessen hart sei (vgl. Tiedemann in Leipziger Kommentar, 11. Auflage, § 265 a Rn. 7, 47).

Zudem wäre es geboten gewesen, die im Urteil erwähnte Feststellung mit in die Strafzumessung einzubeziehen, dass die Angeklagte seit Oktober 2007 offensichtlich nicht mehr ohne Fahrausweis den öffentlichen Nahverkehr benutzt hat.

Es hätte auch Berücksichtigung finden müssen, dass die Angeklagte die gegen sie verhängten Geldstrafen durch freie Arbeit offenbar getilgt hat, so dass die Schuldausgleichsfunktion der Geldstrafen Platz greifen konnte.

Die Bezahlung des jeweils geforderten ‚erhöhten Beförderungsgeldes' in Höhe von jeweils 40 € kann ebenfalls von Bedeutung für die Strafzumessung sein, hierzu fehlen allerdings konkrete Feststellungen.

Auch sind die Besonderheiten in der Persönlichkeit der Angeklagten, die nach Besuch der Förderschule offensichtlich nicht in der Lage gewesen ist, einen Beruf zu erlernen, eine Arbeit zu finden und für sich und ihren Lebensunterhalt sowie den Lebensunterhalt ihrer Kinder selbst zu sorgen, bei der Findung der angemessenen Strafe nur unzureichend berücksichtigt. Die persönlichkeitsbedingten Hintergründe für das immer wieder gleiche Fehlverhalten müssten zudem näher hinterfragt werden. Die im Rahmen der Bewährungsüberwachung eventuell gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere die Beurteilung des Bewährungsverlaufs durch die Bewährungshelferin finden im Urteil keine Erwähnung.

Der Umstand, dass die zuvor gewährten Strafaussetzungen zur Bewährung widerrufen werden könnten und die Verbüßung von dann insgesamt 16 Monaten und zwei Wochen Freiheitsstrafe wegen der Bagatelltaten des ‚Schwarzfahrens' bevorstehen würde, hat die Kammer zwar erwähnt, allerdings nicht im Sinne der Bedeutung für das Übermaßverbot gewürdigt. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.01..2009 - 1 Ss 99/08)

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„... 1. Die durch die Sachrüge veranlasste Überprüfung ergibt, dass der Rechtsfolgenausspruch des landgerichtlichen Urteils keinen Bestand haben kann, weil er auf einer rechtsfehlerhaften Erfassung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Verhängung von Freiheitsstrafen unter sechs Monaten nach § 47 Abs. 1 StGB beruht. Es fehlen hinreichende Feststellungen zur Unerlässlichkeit der zweimonatigen Freiheitsstrafe.

a) Wenn auch die Strafzumessungserwägungen im tatrichterlichen Ermessen liegen, sind sie nicht schlechthin einer Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Diese hat sich allerdings nur darauf zu erstrecken, ob der Tatrichter von unrichtigen oder unvollständigen Erwägungen ausgegangen ist oder sonst von seinem Ermessen in rechtsfehlerhafter Weise Gebrauch gemacht hat. Daraus folgt, dass gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO die für die Bemessung der Strafe wesentlichen Umstände so vollständig wiedergegeben sein müssen, dass es möglich ist, das dabei ausgeübte Ermessen auf Rechtsfehler zu überprüfen (vgl. KG, Urteil vom 13. Oktober 1994 - (4) 1 Ss 139/94 (73/94); Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., § 337 Rdn. 34 m.w.Nachw.). Hinzu kommt, dass gemäß § 47 Abs. 1 StGB Freiheitsstrafen unter sechs Monaten nur verhängt werden dürfen, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Nach den § 47 StGB zugrunde liegenden kriminalpolitischen Vorstellungen des Gesetzgebers soll die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen weitestgehend zurückgedrängt werden und nur noch ausnahmsweise unter ganz besonderen Umständen und als letztes Mittel in Betracht kommen. Dem gesetzgeberischen Gebot ist dadurch Rechnung zu tragen, dass von dieser Ahndungsmöglichkeit äußerst zurückhaltend Gebrauch gemacht wird (vgl. KG, Beschluss vom 31. Mai 2006 - (5) 1 Ss 68/06 (8/06) - m.w.Nachw.).Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten darf allein verhängt werden, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände auf sie nicht verzichtet werden kann. Das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des § 47 StGB darf dabei nicht schematisch aus einschlägigen Vorstrafen geschlossen werden, sondern ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles festzustellen, wobei die Anzahl, das Gewicht und der zeitliche Abstand der Vorstrafen, die Umstände der Tat und deren Schuldgehalt sowie die Lebensverhältnisse des Täters zu berücksichtigen sind. Dabei steht der Bagatellcharakter einer Tat der Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht ausnahmslos entgegen. Bei Taten, die aus prinzipieller rechtsfeindlicher Gesinnung begangen werden oder bei der Feststellung von Umständen, die ausweisen, dass Geldstrafen auf den Täter keine Wirkung entfalten, könnte die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe auch bei einem geringfügigen Delikt mit den Grundsätzen des § 47 StGB im Einklang stehen (vgl. KG a.a.O).

b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe können die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts keinen Bestand haben.

Denn die Strafkammer begnügt sich mit der Begründung, der Angeklagte habe die dem Verfahren zugrunde liegenden Taten nur kurze Zeit - im Februar und März 2007 - nachdem er ebenfalls wegen Erschleichens von Leistungen am 31. Januar 2007 mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt worden war, belegt worden war, begangen. Dies müsse sich strafschärfend auswirken, so dass zur Einwirkung auf den Angeklagten die Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe gemäß § 47 StGB unerlässlich sei (UA S. 5). Diese Begründung lässt wesentliche Umstände unberücksichtigt, die für die Prüfung von Bedeutung sind, ob die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls vorliegen, die die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe rechtfertigen können.

Zwar hat die Strafkammer mildernd berücksichtigt, dass es sich bei den Taten um Bagatelldelikte handelt, die an der Untergrenze strafrechtlich relevanten Verhaltens liegen. Sie hat jedoch außer Acht gelassen, dass der Unrechtsgehalt der Taten noch erheblich dadurch gemindert wird, dass der Angeklagte bei den U-Bahnfahrten keine Zugangskontrollen überwinden musste, die Taten damit nach ihrem objektiven Gewicht an der untersten Grenze desjenigen Bereichs menschlichen Verhaltens liegen, die mit Strafe bedroht sind (vgl. KG a.a.O. m.w.Nachw.). Der Schaden betrug jeweils nur 2,10 Euro und liegt ebenfalls an der untersten Grenze. Die Begründung des Landgerichts lässt besorgen, dass das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit von Tat und Rechtsfolge nicht ausreichend beachtet worden ist (vgl. KG StV 2004, 3188). Auch die Änderungen der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten seit dem Zeitpunkt der Begehung der Taten bis zum Urteilserlass sind nur unzureichend gewürdigt worden. Der Angeklagte befand sich im Februar/März 2007 in einer persönlich verzweifelten Situation, nachdem sein Bruder und seine Freundin verstorben waren, ihm war damals „alles egal" und er hatte sein Geld vor allem für weiche Drogen ausgegeben. Inzwischen hat er eine eigene Wohnung, steht unter psycho-sozialer Einzelbetreuung, lässt sein Arbeitslosengeld auf das Konto einer Betreuerin überweisen und verfügt über ein BVG-Sozialticket. Soweit das Landgericht auf die Vorstrafen des Angeklagten und sein Bewährungsversagen eher schematisch abstellt, ist diese Verwertung verfehlt. Vielmehr hätte konkret dargelegt werden müssen, dass ihnen eine straferschwerende Bedeutung zukommt. Dies kann sich zwar auch alleine aus der Warnfunktion einer Vorverurteilung und einer Aussetzungsentscheidung ergeben, muss jedoch auch im Zusammenhang mit den speziellen persönlichen Verhältnissen des Angeklagten zur Tatzeit gewertet werden. Schließlich belegen die Urteilsgründe nicht ausreichend, warum die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich ist, denn die Bewertung, ob eine Geldstrafe bei der Bevölkerung auf Unverständnis stoßen würde, ist ebenfalls nach den konkreten Umständen, unter denen die Tat begangen worden ist, vorzunehmen.

2. Angesichts der unzureichenden Tatsachengrundlagen ist nicht auszuschließen, dass der Mangel Einfluss auf die Strafzumessung gehabt hat, so dass kann der Senat nicht gemäß § 354 Abs. 1 a StPO selbst entscheiden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Juli 2005 - (4) 1 Ss 114/05 (56/05) -; KG, Beschluss vom 30. Januar 2007 - (2/5) 1 Ss 548/06 (77/06) -). Der Senat hebt daher das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch auf und verweist die Sache gemäß § 349 Abs. 4 i.V.m. § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück. ...." (KG Berlin, Beschluss vom 04.11.2008 - (4) 1 Ss 375/08 (249/08))

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„... 2. Das angefochtene Urteil konnte dagegen hinsichtlich der beiden Einzelfreiheitsstrafen von jeweils 3 Monaten, die für die am 14. und 15. 11. 2006 begangenen Beförderungserschleichungen verhängt worden sind, keinen Bestand haben. Diese Einzelstrafen verstoßen nämlich angesichts der Geringwertigkeit der erschlichenen Leistungen gegen das Gebot des schuldangemessenen Strafens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

Angesichts des nur sehr geringen Wertes der Fahrkarten, deren Erwerb der Angeklagte unterlassen hatte, ist das Maß des von ihm verschuldeten Unrechts nur als sehr gering anzusehen. Bei einer solchen Fallgestaltung kann, wenn nicht besondere schulderhöhende Umstände hinzutreten, die Verhängung einer Freiheitsstrafe, deren Mindestmaß nach § 38 Abs. 2 StGB einen Monat beträgt, angesichts des erheblich unterdurchschnittlichen Schuldgehaltes der Straftat nicht mehr als gerechter Schuldausgleich angesehen werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11.10.2007 - 3 Ss 344/07 - , vom 17.08.2006 - 3 Ss 216/06 - und vom 20.03.2003 - 3 Ss 78/03 -, veröffentlicht in www.burhoff.de, betreffend den Diebstahl geringwertiger Sachen m.w.N. aus der Rechtsprechung). Dies bedeutet allerdings nicht, dass sich aus dem Gebot der schuldangemessenen Strafe aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ergibt, dass die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe gemäß § 47 StGB erst ab einer bestimmten Schadenshöhe in Betracht kommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.06.1994 -2 BvR 710/94 -, veröffentlicht in www.juris.de), worauf der Senat bereits in seinem Beschluss vom 17.08.2006 zur Klarstellung hingewiesen hat. Maßgeblich sind vielmehr letztlich die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles.

Das Landgericht hat diese Problematik nicht verkannt und sich mit mehreren als schulderhöhend bewerteten Umständen auseinandergesetzt. Es stützt seine Überzeugung, dass die Verhängung kurzfristiger Einzelfreiheitsstrafen für die beiden Beförderungserschleichungen gemäß § 47 Abs. 1 StGB unerlässlich sei, aber nicht nur auf die die Vielzahl der einschlägigen Vorbelastungen des Angeklagten - er ist neun Mal wegen Erschleichens von Leistungen strafrechtlich in Erscheinung getreten - sowie auf die Tatsachen, dass er die hier in Rede stehenden Taten vom 14. und 15.11.2006 trotz Verbüßung einer Ersatzfreiheitstrafe und während einer laufenden Bewährungszeit begangen hat, sondern maßgeblich auch darauf, dass der Angeklagte weitere, insbesondere auch einschlägige Straftaten begangen habe, die Gegenstand anderer, nach § 154 StPO eingestellter bzw. noch anhängiger Strafverfahren waren bzw. sind und nach Auffassung der Kammer eine hohe Rückfallgeschwindigkeit belegen und zeigen, dass der Angeklagte sich auch durch bereits anhängige Verfahren nicht beeindrucken lässt. Ausgeschiedene Taten oder Tatteile gemäß §§ 154, 154 a StPO dürfen aber nur dann bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden, wenn die unter die Einstellung oder Beschränkung fallenden Tatkomplexe prozessordnungsgemäß festgestellt worden sind (vgl. BGHSt 30, 147; NJW 1983, 1504). Ob dies hier der Fall war, lässt sich anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen. Diese enthält nämliche keinerlei Ausführungen dazu, auf welche Beweismittel die Strafkammer ihre Überzeugung gestützt hat, dass der Angeklagte am 30.08.2006 und am 12.09.2006 zwei weitere Beförderungserschleichungen und am 05.02.2007 einen Diebstahl begangen haben soll. Lediglich hinsichtlich der bei der Strafzumessung ebenfalls herangezogenen noch nicht rechtskräftigen Verurteilung des Angeklagten vom 08.08.2007 zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe wegen Diebstahls mit Waffen wird mitgeteilt, dass der Angeklagten insoweit geständig sei. Der Senat vermag daher nicht zu überprüfen, ob das Landgericht im Ergebnis zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 47 StGB bejaht hat.

Auf jeden Fall können jedoch die durch die Strafkammer verhängten Einzelfreiheitsstrafen von jeweils 3 Monaten angesichts der Umstände, dass der Wert der von dem Angeklagten jeweils erschlichenen Leistung erheblich unter der Geringfügigkeitsgrenze lag und auch die von dem Angeklagten aufgewandte kriminelle Energie als im untersten Bereich liegend einzustufen ist, da sich die Tathandlung des Angeklagten darin erschöpfte, ein öffentliches Verkehrsmittel ohne gültigen Fahrausweis zu benutzen, ohne dass zusätzliche Täuschungsmanöver oder Manipulationen erfolgten, auch unter Berücksichtigung des Vorlebens des Angeklagten und selbst dann, wenn der Angeklagte tatsächlich am 30.08.2006 und am 12.09.2006 zwei weitere Beförderungserschleichungen und am 05.02.2007 einen Diebstahl begangen haben sollte, nicht mehr als gerechter Schuldausgleich angesehen werden. Vielmehr überschreiten sie die Grenze der schuldangemessenen Strafe. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die Straftaten des Angeklagten zumindest auch auf das bei ihm vorliegende Drogenproblem zurückzuführen sind und der Angeklagte vor der Begehung der hier in Rede stehenden Straftaten Strafhaft nur als Ersatzfreiheitsstrafe für einen sehr kurzen Zeitraum von 12 Tagen hatte verbüßen müssen.

Das angefochtene Urteil war daher im Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der verhängten Einzelfreiheitsstrafen von jeweils 3 Monaten aufzuheben. Die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe konnte bereits deshalb ebenfalls keinen Bestand haben, abgesehen davon, dass die Strafkammer bei deren Bildung von einem unzutreffenden Strafrahmen von Freiheitsstrafe ab 4 Monaten bis zu 7 Monaten anstelle eines solchen von Freiheitsstrafe ab 3 Monaten und einer Woche bis zu 7 Monaten und 3 Wochen - gemäß § 39 StGB wird Freiheitsstrafe unter einem Jahr in vollen Wochen und Monaten bemessen, wenn das Mindestmaß von einem Monat überschritten ist - ausgegangen ist.

Im Umfang der Aufhebung war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Bielefeld zurückzuverweisen. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 10. Januar 2008 - 3 Ss 491/07)

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Die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe - vorliegend wegen Erschleichens von Leistungen (hier der Beförderung durch ein Verkehrsmittel) bedarf einer Begründung, die sich gesondert und eingehend mit den gesetzlichen Voraussetzungen in § 47 Abs. 1 StGB auseinandersetzt. Sie muss auch erkennen lassen, dass das Gericht sich der Bedeutung des verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes bewusst gewesen ist und die besondere Härte der kurzen Freiheitsstrafe im Vergleich zur Geldstrafe in seine Erwägungen einbezogen hat (KG Berlin, Beschluss vom 31.05.2006 - (5) 1 Ss 68/06 (8/06)).

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Das Übermaßverbot schließt die Verhängung von Freiheitsstrafe bei geringfügigen Straftaten oder Bagatelldelikten nicht generell aus. Erfordern diese Delikte den Ausspruch einer Freiheitsstrafe, so können die Anforderungen an einen gerechten Schuldausgleich und die Beachtung des Übermaßverbots jedoch gebieten, auf die Mindeststrafe zu erkennen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.02.2006 - 1 Ss 575/05).

*** (LG)

„... Erheblich sind die zu befürchtenden Straftaten, wenn sie erhöht gefährlich sind oder der Rechtsfrieden durch die neuen Taten schwer gestört würde. Die zeitlich unbefristete Unterbringung gemäß § 63 StGB stellt einen so schweren Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen dar, dass an die Verhältnismäßigkeit zwischen der Maßregel und der Gefahr strenge Anforderungen zu stellen sind. Sind zukünftig lediglich Straftaten zu erwarten, die der "Kleinkriminalität" zuzurechnen sind und in ihrem Gewicht eher "bloße Belästigungen" darstellen, so scheidet eine Unterbringung gemäß § 63 StGB aus. Dazu gehören beispielsweise Straftatbestände mit einer Höchststrafe von bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe (vgl. § 113 StPO), Eingehungsbetrugstaten mit begrenzten Schäden, Beleidigungen, Diebstahl geringwertiger Sachen (vgl. § 248a StGB), Zechprellerei und Leistungserschleichungen ("Schwarzfahrten"). Dass zukünftig weitere Leistungserschleichungen zu erwarten sind, kann mithin nicht Grundlage einer Unterbringungsanordnung gemäß § 63 StGB sein. Insoweit ist die Übernahme aus Rechtsgründen abzulehnen. ..." (LG Kleve, Beschluss vom 04.12.2014 - 120 KLs - 304 Js 146/13 - 46/14)

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„1. Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 47 StGB soll die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen weitestgehend zurückgedrängt werden und nur noch ausnahmsweise unter ganz besonderen Umständen in Betracht kommen.
2. Aus dem Schuldprinzip (§ 46 Abs. 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG) und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) folgt, dass die im konkreten Einzelfall verhängte Strafe in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Maß der Schuld des Täters zu stehen hat.
3. Das Vorliegen einschlägiger Vorstrafen und die Tatbegehung während laufender Bewährungszeit(en) stellen keine besonderen schulderhöhenden Umstände dar und machen für sich allein die Verhängung einer Freiheitsstrafe noch nicht unerlässlich i.S.d. § 47 Abs. 1 StGB. Einen Haftautomatismus dahin, dass Vorstrafen und Bewährungsversagen zwangsläufig in eine Freiheitsstrafe einmünden, darf es nicht geben. Diese Erwägungen gelten uneingeschränkt für die Begehung von Ladendiebstählen bei Entwendung äußerst geringfügiger Sachen." (LG Augsburg, Urteil vom 26.07.2005 - 7 Ns 305 Js 103861/05, juris-Orientierungssätze)

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