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Ersatz des Personenschadens

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Stand: 6. Juli 2015

Positionen, die gegenüber dem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer anlässlich eines Verkehrsunfalles geltend gemacht werden können:

Abfindungsvergleich - Anfechtung
Arbeitslosengeld II - Erwerbsschaden
Aufprallenergie des auffahrenden Fahrzeugs
Ausschluss von Ansprüchen nach § 104 Abs. 1 SGB VII
Barunterhaltsschaden - fixe Kosten
Beerdigungskosten
Begehrensneurose
Beitragsrückerstattung bei privater Krankenversicherung
Besuchskosten
Beweiswürdigung - vorweggenommene - unzulässig
Deklaratorisches Schuldanerkenntnis
Einsatz der Arbeitskraft - Verdienstausfall - Mitverschulden
Entgangene Urlaubsfreude
Erwerbsschaden - ALG II-Verlust
Erwerbsschaden - Verdienstausfall
Fahrtkosten mit eigenem Pkw
Gesetzliche Grundlagen
Gesundheitsschaden
Gesundheitsschaden - Schockreaktion
Grundlagen
Gutachterkosten
Haftungsausschluss gemäß § 105 Abs. 1 SGB VII
Haushaltsführungsschaden
Haushaltsführungsschaden in Höhe von € 1.500,00 - HWS-Distorsion
Haustier - Schmerzensgeld
Heilbehandlungskosten
Heimunterbringung
HWS-Distorsion - Erfahrungswissen und richterliche Überzeugung
HWS-Distorsion - leicht (Grad I nach Erdmann)
HWS-Schleudertrauma
HWS-Verletzung - Beweisanforderungen
HWS-Verletzung - Beweisanforderungen
HWS-Verletzung - Beweisführung bis 15 km/h
Kausalität
Kausalitätsnachweis für Folgeschäden - 24 Jahre nach dem Unfall
Kosten der ambulanten Behandlung
Kosten der Arztberichte
Kosten der stationären Behandlung
Kosten öffentlicher Verkehrsmittel
Krankentransporte
Mehraufwendungen
Misslungene Haarfärbung
Mitverschulden - Verdienstausfall - Einsatz der Arbeitskraft
Psychische Folgeschäden - Zurechnungszusammenhang
Psychische Gesundheitsbeeinträchtigung
Psychischer Schaden
Psychischer Unfallschaden - Darlegungspflichten
Quotenvorrecht
Rechtsanwaltsgebühren
Rente
Rentenversicherungsbeiträge - Erstattungspflicht bei Schaden
Reproduktionsmedizinische Behandlung
Rollstuhlzuggerät
Rückgriff des Sozialversicherungsträgers auf fiktiven Schmerzensgeldanspruch
Schadensminderungspflicht
Schmerzensgeld
Schmerzensgeld - Alter der Geschädigten
Schmerzensgeld - Funktionsverlust der linken Schulter
Schmerzensgeld - Nachricht Unfalltod naher Angehöriger
Schmerzensgeld - Narbe im Gesicht
Schmerzensgeld - Schmerzensgeldaufschlag wegen verzögerter Regulierung
Schmerzensgeld - Schockreaktion
Schmerzensgeld - Schockschaden nach Unfalltod der Tochter
Schmerzensgeld - Schockschaden - Obliegenheit zur Behandlung
Schmerzensgeld - mittelschwerer Tinnitus als Dauerfolge
Schmerzensgeld - Unfalltod naher Angehöriger
Schmerzensgeld - Verletzungen im Genitalbereich - erektive Disfunktion
Schmerzensgeld - Verlust des Haupthaares
Schmerzensgeld - Verlust eines Haustieres
Schmerzensgeldes wegen verzögerter Regulierung
Schmerzensgeldrente
Schockreaktion
Taxikosten
Telefonkosten im Krankenhaus
Tinnitus als Dauerfolge
Tod eines bewusstlosen Unfallverletzten - Schmerzensgeld
Unfallverletzungsfolgen - Anforderungen an den Vortrag des Klägers
Unkostenpauschale
Unterhaltsschaden
Urlaubsentgelt und unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit
Ursächlichkeit
Verdienstausfall - Einsatz der Arbeitskraft - Mitverschulden
Verdienstausfall - Erwerbschaden
Verdienstausfallschaden in Höhe von € 28.688,40 - HWS-Distorsion
Verdienstausfall - Schockschaden nach Unfalltod der Tochter
Vermehrte Bedürfnisse
Verlust eines Haustieres
Vorteilsausgleich
Zahnersatz
Zurechnungszusammenhang - Psychische Folgeschäden



Gesetzliche Grundlagen

§ 249 BGB Art und Umfang des Schadensersatzes

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

§ 251 Schadensersatz in Geld ohne Fristsetzung

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

§ 252 Entgangener Gewinn

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

§ 253 Immaterieller Schaden

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

§ 254 BGB Mitverschulden

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

§ 842 BGB Umfang der Ersatzpflicht bei Verletzung einer Person

Die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt.

§ 843 BGB Geldrente oder Kapitalabfindung

(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.

(2) Auf die Rente findet die Vorschrift des § 760 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.

(3) Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

(4) Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.

§ 844 BGB Ersatzansprüche Dritter bei Tötung

(1) Im Falle der Tötung hat der Ersatzpflichtige die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, welchem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.

(2) Stand der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnis, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten durch Entrichtung einer Geldrente insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde; die Vorschrift des § 843 Abs. 2 bis 4 findet entsprechende Anwendung. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung gezeugt, aber noch nicht geboren war.



Grundlagen

Der Schädiger muss dem Geschädigten alle kausal auf dem Unfall beruhenden Gesundheitsschäden ersetzen. Inbegriffen sind Schäden, die dem Geschädigten erst durch Dritte zugefügt wurden, sofern sie adäquat kausal dem Schädiger zugerechnet werden können.

Adäquat kausal sind alle Schäden, die nicht durch einen gänzlich ungewöhnlichen Lauf der Dinge eintreten, so haftet der Schädiger haftet auch für die Schäden, die der Geschädigte auf Grund eines weiteren Unfalls des den Geschädigten transportierenden Krankenwagens erleidet. Der Schädiger muss für alle verletzungsbedingten Folgen einstehen, d.h. auch anlagebedingte Verletzungsfolgen, die bei einem gesunden Menschen nicht oder nicht in dem Ausmaß eingetreten wären, sind dem Schädiger zuzurechnen.



Abfindungsvergleich - Anfechtung

Zur möglichen Auslegung und Anpassung einer umfassenden Abfindungsvereinbarung, wenn sich der Geschädigte und der Haftpflichtversicherer des Schädigers gemeinsam über die Höhe eines Rechnungspostens (hier: von der Berufsgenossenschaft zu zahlende Verletztenrente) geirrt haben, es sich um einen Irrtum von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite handelt und der Rechnungsposten den Inhalt der Abfindungsvereinbarung maßgeblich beeinflusst hat (BGH, Urteil vom 16. 09.2008 - VI ZR 296/07):

Der Kläger verlangt von den Beklagten die Anpassung eines Abfindungsvergleichs, dessen Gegenstand der Ersatz von Schäden ist, die dem Kläger aufgrund eines Verkehrsunfalls im September 1999 entstanden sind.

Am 24. Oktober 2003 unterzeichnete der Kläger nach längeren Verhandlungen eine Abfindungserklärung, aufgrund deren die Beklagte zu 2 an den Kläger 175.000 € zahlte. In der Erklärung erklärte sich der Kläger hinsichtlich aller Schadensersatzansprüche aus dem Schaden, seien sie bekannt oder nicht bekannt, vorhersehbar oder nicht vorhersehbar, nach Erhalt des genannten Betrages für abgefunden. Ferner verzichtete er auf jede weitere Forderung, gleich aus welchen Gründen, auch aus noch nicht erkennbaren Unfallfolgen. Weitere Regelungen betreffen die Erstattung von Verletzten- und Erwerbsunfähigkeitsrente durch den Kläger und die Erstattung der Einkommenssteuer durch die Beklagte zu 2.

In den Verhandlungen stellten die Parteien für die Abgeltung des Verdienstausfalles u. a. eine von der Berufsgenossenschaft an den Kläger für die Berufsunfähigkeit gezahlte Rente in Höhe von 1.081,65 € in ihre Berechnungen ein. Ab dem 1. August 2005 zahlt die Berufsgenossenschaft dem Kläger indes eine monatliche Rente in Höhe von nur noch 755,79 € mit der Begründung, ein Schreibfehler in der Mitteilung des Arbeitgebers des Klägers habe zu einer falschen Rentenberechnung geführt; das Bruttoentgelt sei seinerzeit unrichtig mit 88.836 DM statt 58.836 DM angegeben worden.

Die Berufsgenossenschaft hat die Beklagte zu 2 für die von ihr an den Kläger gezahlte Rente in Regress genommen. Von der Berufsgenossenschaft an den Kläger gezahlte Beträge hat die Beklagte zu 2 der Berufsgenossenschaft erstattet. Von einer Rückforderung dem Kläger zu viel gezahlter Beträge hat die Berufsgenossenschaft abgesehen.

Mit der Klage verlangt der Kläger eine Anpassung des Abfindungsvergleichs in der Weise, dass die Beklagte zu 2 für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis zum 30. September 2027 den Differenzbetrag von 325,86 € (1.081,65 € - 755,79 €), also 86.352,90 € zahlt.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klaganträge weiter. ...

I. Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch auf Anpassung des Abfindungsvergleichs, weil die Geschäftsgrundlage nicht entfallen und die Opfergrenze nicht überschritten sei.

Es liege im Wesen eines Abfindungsvergleiches, der die Kapitalisierung zukünftig fällig werdender Leistungen enthalte, dass er mehr als eine technischmathematische Zusammenfassung der Ansprüche darstelle. Wer eine Kapitalabfindung wähle, nehme das Risiko in Kauf, dass maßgebliche Berechnungsfaktoren auf Schätzungen und unsicheren Prognosen beruhten. Wolle der Kläger von diesem Regelungsgehalt abweichen und Nachforderungen stellen, müsse er dartun, dass ihm ein Festhalten an diesem Vergleich nach Treu und Glauben nicht mehr zumutbar sei, weil entweder die Geschäftsgrundlage für den Vergleich weggefallen sei oder sich geändert habe, sodass eine Anpassung an die veränderten Umstände erforderlich erscheine, oder weil nachträglich erhebliche Äquivalenzstörungen in den Leistungen der Parteien eingetreten seien, die für den Kläger nach den gesamten Umständen des Falles eine ungewöhnliche Härte bedeuteten. Diese Voraussetzungen lägen im vorliegenden Fall nicht vor. Die Tatsache, dass die Parteien bei ihren Berechnungen einen Zahlbetrag der Berufsgenossenschaft zugrunde gelegt hätten, der materiell unberechtigt - nämlich zu hoch - gewesen sei, sei der Sphäre des Klägers zuzuordnen.

Der Kläger habe im Übrigen nicht dargetan, dass die Parteien bei Kenntnis der wahren Sachlage einen Abfindungsvergleich dergestalt geschlossen hätten, dass ihm ein um 325,86 € monatlich höherer Betrag gezahlt worden wäre. Es habe sich weder aus den vorprozessualen Schriftwechseln der Parteien noch aus der Erörterung vor dem Berufungsgericht ein Anhaltspunkt dafür ergeben, auf welchen Abfindungsbetrag die Parteien sich geeinigt hätten, wäre die fehlerhaft zu hohe Rente erkannt worden.

Auch die sog. Opfergrenze sei nicht überschritten. Ein so krasses Missverhältnis zwischen Schaden und Vergleichssumme, dass es für den Geschädigten eine außergewöhnliche und unzumutbare Härte bedeutete, wenn ihm Nachforderungen versagt würden, sei angesichts des Grades der Erwerbsminderung und des erhaltenen Betrages nicht festzustellen. Den Bescheiden der Berufsgenossenschaft aus den Jahren 2001 und 2002 sei zudem hinreichend deutlich zu entnehmen gewesen, dass die Berufsgenossenschaft von einem viel zu hohen Einkommen des Klägers ausgegangen sei. Dem Kläger sei es - im Gegensatz zur Beklagten zu 2 - positiv bekannt gewesen, welchen Verdienst er beziehe. Der Senat halte es für unglaubhaft, dass der Kläger außerstande gewesen sein wolle, seine Bruttobezüge nachzuvollziehen.

Dabei sei berücksichtigt, dass eine Nachzahlung der Differenz die Beklagten nicht belaste, weil der an die Berufsgenossenschaft zu zahlende Regressbetrag im selben Umfang abnehme. Trotz dieses Umstandes sei der Kläger an den Abfindungsvergleich gebunden. Wären die Rentenzahlungen erhöht worden, wäre der Kläger seinerseits nicht verpflichtet gewesen, der Beklagten zu 2 Beträge zurückzuzahlen. Beide Seiten seien bei dem Abfindungsvergleich auch das Risiko eingegangen, dass sich die Grundlagen der Berechnung nachträglich zu ihren Gunsten veränderten, sie also ohne Abfindungsvergleich im Ergebnis günstiger gestanden hätten.

II. Die Revision hat Erfolg.

1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Geschädigte, der von einem umfassenden Abfindungsvergleich abweichen und Nachforderungen stellen will, dartun, dass ihm ein Festhalten am Vergleich nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist, weil entweder die Geschäftsgrundlage für den Vergleich weggefallen ist oder sich geändert hat, so dass eine Anpassung an die veränderten Umstände erforderlich erscheint, oder weil nachträglich erhebliche Äquivalenzstörungen in den Leistungen der Parteien eingetreten sind, die für den Geschädigten nach den gesamten Umständen des Falls eine ungewöhnliche Härte bedeuten würden. Soweit der Geschädigte das Risiko in Kauf nimmt, dass die für die Berechnung des Ausgleichsbetrages maßgebenden Faktoren auf Schätzungen und unsicheren Prognosen beruhen und sie sich demgemäß unvorhersehbar positiv oder negativ verändern können, ist ihm die Berufung auf eine Veränderung der Vergleichsgrundlage verwehrt (Senats-urteile vom 28. Februar 1961 - VI ZR 95/60 - VersR 1961, 382 f.; vom 12. Juli 1983 - VI ZR 176/81 - VersR 1983, 1034, 1035; vom 19. Juni 1990 - VI ZR 255/89 - VersR 1990, 984; vom 12. Februar 2008 - VI ZR 154/07 - NJW-RR 2008, 649, 650).

2. Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht an, der Kläger habe eine umfassende Abfindungserklärung abgegeben, indem er erklärte, nach Zahlung von insgesamt 175.000 € hinsichtlich aller Schadensersatzansprüche aus dem Schaden, seien sie bekannt oder nicht bekannt, vorhersehbar oder nicht vorhersehbar, abgefunden zu sein, und auf jede weitere Forderung, gleich aus welchen Gründen, verzichtete.

a) Das Berufungsgericht zieht allerdings nicht in Erwägung, dass sich die Begründetheit der Klage aufgrund einer Auslegung des Abfindungsvergleichs ergeben kann.

Grundlage der Berechnung des auf den Verdienstausfall entfallenden Kapitalbetrages war der Nettoverdienst des Klägers abzüglich der von der Berufsgenossenschaft seinerzeit gezahlten Verletztenrente. Neben dem umfassenden Verzicht auf weitere Forderungen erklärt der Kläger in dem Abfindungsvergleich, der Beklagten zu 2 verpflichtet zu sein, die von der Berufsgenossenschaft aufgrund einer Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit über 40 % gezahlten Verletztenrenten sowie die von der LVA gezahlten Erwerbsunfähigkeitsrenten zu erstatten. Dem kann möglicherweise entnommen werden, dass der Verdienstausfall des Klägers auf der Basis einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % auf jeden Fall ausgeglichen werden soll und zwar, soweit er nicht in die Berechnung des Vergleichsbetrags eingeflossen ist, durch Zahlung der Verletztenrente. Der Regress der Berufsgenossenschaft bei der Beklagten zu 2 soll diese im Fall einer Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht belasten, offensichtlich weil die Minderung von 40 % die Vergleichsgrundlage bildete. Nimmt man den Inhalt der Abfindungsvereinbarung insgesamt in den Blick, könnte dem zu entnehmen sein, dass dem Kläger nach der Vorstellung der Parteien neben der Abfindungssumme von 175.000 € 1.081,65 € monatlich zufließen sollen, wobei diesen Betrag letztlich die Beklagte zu 2 zu bezahlen hat. Da diese nunmehr infolge der verminderten Rentenzahlung von der Berufsgenossenschaft nur noch in ebenso vermindertem Umfang in Regress genommen wird, ergibt sich möglicherweise ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des Differenzbetrages schon aufgrund der getroffenen Vereinbarung.

Darüber, ob dies der Fall ist, wird der Tatrichter nach ergänzender Anhörung der Parteien zu diesem Gesichtspunkt zu befinden haben.

b) Sollte die neue Verhandlung eine solche Auslegung nicht nahe legen, kann die Entscheidung des Berufungsgerichts jedenfalls mit der in dem angefochtenen Urteil gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat nicht ausreichend berücksichtigt, dass es im Streitfall nicht um einen Wegfall oder eine Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) im Hinblick auf die reduzierte Zahlung der Berufsgenossenschaft geht, sondern um ein Fehlen der Geschäftsgrundlage von Anfang an, weil wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausgestellt haben (§ 313 Abs. 2 BGB). Denn beide Parteien sind nach den bisher getroffenen Feststellungen bei Abschluss des Abfindungsvergleichs davon ausgegangen, der Kläger erhalte von der Berufsgenossenschaft eine - von dem der Kapitalisierung zugrunde zu legenden Verdienstausfall abzuziehende - Rente in Höhe von 1.081,65 €, während dieser Betrag in Wahrheit auf einem Schreibfehler in der Gehaltsmitteilung des Arbeitgebers des Klägers beruhte und die Rente bei Zugrundelegung des richtigen Bruttoeinkommens nur 755,79 € beträgt. Bei einem derartigen Irrtum aller Vertragsbeteiligten über bestimmte Rechnungspositionen bei grundsätzlichem Einverständnis über den Berechnungsweg liegt aber ein Fehlen der Geschäftsgrundlage vor (vgl. MünchKomm-BGB/Roth, 5. Aufl., § 313 Rn. 227; Palandt/Grüneberg, 67. Aufl., § 313 Rn. 38 f., jeweils m.w.N.).

Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich um einen Irrtum von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite für die Beteiligten handelt und der Rechnungsposten, über den die Vertragspartner sich geirrt haben, den Inhalt der Abfindungsvereinbarung maßgeblich beeinflusst hat. So liegt es im vorliegenden Fall (vgl. oben zu a).

Zwar steht ein Fehlen der Geschäftsgrundlage von Anfang an, wie es hier vorliegt, einer Veränderung der Umstände gleich (§ 313 Abs. 2 BGB), weshalb die besonderen Voraussetzungen für die Abweichung von einem Abfindungsvergleich grundsätzlich auch im Streitfall vorliegen müssen. Doch kann die eingangs dargestellte Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Risikozuweisung nicht ohne weiteres übernommen werden. Bei einem gemeinsamen Irrtum über die Berechnungsgrundlagen geht es nicht darum, dass der Geschädigte das Risiko in Kauf nimmt, dass die für die Berechnung des Ausgleichsbetrages maßgebenden Faktoren auf Schätzungen und unsicheren Prognosen beruhen und sie sich demgemäß unvorhersehbar positiv oder negativ verändern können. Vielmehr spielt eine spezifische Risikobetrachtung hier für die Parteien überhaupt keine Rolle, denn beide gehen davon aus, sich auf einer vermeintlich sicheren Grundlage zu bewegen. Eine einseitige Risikozuweisung ist auch hier denkbar, wird aber nur unter besonderen Umständen in Betracht kommen, etwa wenn eine der Vertragsparteien eine Gewähr für die Richtigkeit der Berechnungsgrundlagen übernommen hat.

3. Bei dieser Sachlage reichen die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen für die Beantwortung der Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit eine Anpassung des Abfindungsvergleichs geboten ist, nicht aus.

a) Zunächst wird der Tatrichter der Frage nachzugehen haben, ob unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags in den Tatsacheninstanzen und des Vortrags in der Revisionsinstanz zur Zurechnung der Fehlinformation des Arbeitgebers des Klägers überhaupt von einem gemeinsamen Irrtum der Parteien auszugehen ist. Die Ausführungen des Berufungsgerichts auf Seite 9 des angefochtenen Urteils, dem Kläger sei es - im Gegensatz zur Beklagten zu 2 - positiv bekannt gewesen, welchen Verdienst er bezog, der Senat halte es für unglaubhaft, dass der Kläger außerstande gewesen sein wolle, seine Bruttobezüge nachzuvollziehen, lassen sich möglicherweise dahin verstehen, dass der Kläger den Irrtum des Arbeitgebers erkannt, dazu aber geschwiegen hat. In diesem Fall könnte er sich nicht auf das Fehlen der Geschäftsgrundlage berufen. Allerdings wird zu berücksichtigen sein, dass eine Kenntnis des Klägers über die Höhe seiner Bruttobezüge nicht ohne weiteres auf die Kenntnis von der Unrichtigkeit des Rentenbescheides der Berufsgenossenschaft schließen lässt. Die Rente wird nicht nach Bruttobezügen, sondern nach dem Jahresarbeitsverdienst berechnet (§ 82 SGB VII). Der Vorwurf, von der Unrichtigkeit des Rentenbescheides gewusst oder sie grob fahrlässig verkannt zu haben, kann dem Kläger nur gemacht werden, wenn zu der in den Bescheiden verwendeten Begrifflichkeit und dem daraus ersichtlichen Zahlenwerk ausreichende Feststellungen getroffen werden können, die dem Kläger zum Nachteil gereichen.

b) Ist ein gemeinsamer Irrtum zu bejahen, wird zu prüfen sein, ob Umstände vorliegen, die für die vorliegende Fallgestaltung ausnahmsweise eine einseitige Risikozuweisung zu Lasten des Klägers rechtfertigen. Ist eine solche einseitige Risikozuweisung zu verneinen, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1, 2 BGB vorliegen, ob es sich also bei der Kenntnis der Höhe der Rentenleistung der Berufsgenossenschaft um eine wesentliche Vorstellung handelte, die zur Grundlage des Vertrages geworden ist und die sich als falsch herausgestellt hat, ob der Vertrag bei Kenntnis der zutreffenden Höhe der Rentenleistung nicht oder mit verändertem Inhalt geschlossen worden wäre und ob dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann.

c) Gegebenenfalls wird sodann über die Art der Vertragsanpassung zu entscheiden sein. Dass der Kläger nicht dargetan hat, dass ihm, wie das Berufungsgericht ausführt, ein um 325,86 € höherer Betrag gezahlt worden wäre, und sich keine Anhaltspunkte dafür finden, auf welchen Abfindungsbetrag sich die Parteien bei Kenntnis des zutreffenden Rentenbetrages geeinigt hätten, steht der Möglichkeit einer Anpassung nicht entgegen. Wenn die Parteien den Irrtum seinerzeit nicht bemerkt haben, müssen solche Anhaltspunkte naturgemäß fehlen und kann dazu auch nicht konkret vorgetragen werden. Die Anpassung ist dann unter wertender Berücksichtigung aller sonstigen Umstände vorzunehmen.

4. Die danach erforderlichen weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts sind nicht deshalb entbehrlich, weil - wie die Revision meint - bereits eine ergänzende Vertragsauslegung den Anspruch des Klägers rechtfertigt. Es liegt keine unbewusste Regelungslücke vor. Gegenstand des Vergleichs ist die endgültige Abfindung des Klägers unter dessen Verzicht auf Nachforderungen. Insoweit ist alles geregelt, was die Parteien regeln wollten. Das Fehlen einer Vereinbarung in einem regelungsbedürftigen Punkt, welches für eine ergänzende Vertragsauslegung erforderlich ist (BGHZ 84, 1, 7), liegt nicht vor (vgl. Senatsurteil vom 12. Februar 2008 - VI ZR 154/07 - aaO, S. 651). ..."



Reproduktionsmedizinische Behandlung

„... 2. Kosten einer reproduktionsmedizinischen Behandlung

a) Der Anspruch auf Vorschuss für die Kosten einer reproduktionsmedizinischen Behandlung ist nicht durch den am 18. September 2006 vor dem Landgericht Halle geschlossenen Prozessvergleich ausgeschlossen.

aa) Richtig ist, dass dort u.a. eine Regelung über vermehrte Bedürfnisse des Klägers getroffen wurde, die dem jetzt geltend gemachten Anspruch entgegenstünde. Darum geht es jedoch nicht. Stillschweigend und soweit ersichtlich in Übereinstimmung mit den Parteien geht die erste Instanz davon aus, dass die in dem Vergleich getroffene Vereinbarung über vermehrte Bedürfnisse dem Begriff der Vermehrung der Bedürfnisse im Sinne des § 843 Abs. 1 2. Alt BGB entspricht. Das ist zutreffend.

bb) Der Begriff der "Vermehrung der Bedürfnisse" umfasst danach alle unfallbedingten Mehraufwendungen, die den Zweck haben, diejenigen Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens entstehen. Es muss sich demnach grundsätzlich um Mehraufwendungen handeln, die dauernd und regelmäßig erforderlich sind und die zudem nicht - wie etwa Heilungskosten - der Wiederherstellung der Gesundheit dienen (BGH, Urt. v. 20. Januar 2004 - VI ZR 46/03 BGHR BGB § 843 Abs. 1 Bedürfnisse, vermehrte 2).

cc) Hier geht es um die Erzielung einer Linderung mittels der Ersetzung einer gestörten Körperfunktion durch medizinische Maßnahmen (BGH, Urt. v. 15.September 2010 - IV ZR 187/07 VersR 2010, 1485) die auch nicht dauernd und regelmäßig erforderlich sind.

b) Nach § 249 Satz 2 BGB a.F. hat der Schädiger bei Verletzung eines Menschen den "daraus entstehenden" Schaden zu ersetzen.

aa) Er hat dem Geschädigten die Mittel zur Verfügung zu stellen, mit denen dieser sich in die Lage versetzen kann, in der er sich ohne das schädigende Ereignis befinden würde (BGHZ 160, 26, 29). Kann der Gesundheitsschaden nur teilweise behoben werden, dann besteht in diesem Umfang ein Anspruch auf Naturalrestitution (MünchKomm/Oetker BGB 5. Aufl. § 249 Rdnr 325). Das gilt bei einer irreparablen Schädigung auch für die Kosten einer Linderung (vgl. MünchKomm/Oetker a.a.O).

bb) Wird die in Aussicht genommene reproduktionsmedizinischen Behandlung vorgenommen, um die unfallbedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden, so ist die Maßnahme eine insgesamt auf dieses durch den Unfall hervorgerufene Krankheitsbild abgestimmte Heilbehandlung, die darauf gerichtet ist, die Unfruchtbarkeit des Mannes zu lindern. Dabei wird die Linderung mittels der Ersetzung der gestörten Körperfunktion durch medizinische Maßnahmen erzielt (BGHZ 158, 166, 170 f; 164, 122, 125 f.; BGH, Urt. v. 15. September 2010 - IV ZR 187/07 NJW-RR 2011, 111). Ist die Maßnahme insgesamt auf die Linderung gerichtet, kommt es, anders als die Beklagte meint, nicht darauf an, dass ein Teil der Kosten unmittelbar die Lebensgefährtin des Klägers betreffen (vgl. BGH a.a.O).

cc) Auch bei Personenschäden ist der nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB geschuldete Geldersatz auf das "erforderliche" Maß beschränkt. Der Schädiger hat deshalb nur die Kosten solcher Heilbehandlungsmaßnahmen zu ersetzen, die aus medizinischer Sicht eine Heilung oder Linderung versprechen. (MünchKomm/Oetker a.a.O Rdnr. 326).

(1.) Dass eine selbstbestimmte Entscheidungsbefugnis für ein gemeinsames Kind auch nichtehelichen Lebenspartnern zusteht, folglich die Erforderlichkeit nicht aus diesem Grund scheitert, wird von dem Beklagen zu Recht nicht Zweifel gezogen (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29. Juni 2009 - 4 S 1028/07 vollständig dokumentiert in juris)

(2.) Auf den Erfolg der Heilbehandlung kommt es nicht an. Der Schädiger schuldet die Behandlung auch bei Erfolglosigkeit, es sei denn, dass von vornherein keine ernsthafte Erfolgschance bestand. Soweit die Behandlung wenigstens Linderung der Schmerzen versprach, schuldet der Schädiger die Kosten unabhängig davon, ob eine Heilungschance bestand. Es genügt, dass bei objektiver Betrachtung eine realistische Chance für Heilung oder Linderung bestand (MünchKomm/Oetker a.a.O Rdnr. 326).

dd) Die Erstattungsfähigkeit privatärztlicher Leistungen, wenn das Leistungssystem der gesetzlichen Krankenkasse keine ausreichenden Möglichkeiten zur Schadensbehebung bietet, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 160, 26, 30). Ist eine bestimmte Behandlung zur Erzielung einer Linderung notwendig und wird diese vom Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfasst, so verbleibt zwangsläufig nur die privatärztliche Versorgung. Diese Kosten sind nach § 249 Satz 2 BGB erstattungsfähig. Ein geschädigter Kassenpatient ist nicht von vornherein von einer privatärztlichen Behandlung ausgeschlossen. Er kann die Kosten der Behandlung dem Schädiger in Rechnung stellen, soweit die notwendigen Maßnahmen vom Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfasst werden (jurisPR-BGHZivilR 37/2004 Anm. 4 Baukelmann).

c) Gegen die Zuerkennung eines Anspruchs auf die voraussichtlichen Kosten der Behandlung wendet sich die Berufung zu Recht nicht (BGHZ 97, 14). ..." (OLG Stuttgart, Beschluss vom 31.10.2011 - 19 U 128/11)



Rollstuhlzuggerät

„... Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung der Kosten für das vom Kläger erworbene Rollstuhlzuggerät verurteilt.

a) Dass der Erstattungsanspruch durch den am 18. September 2006 vor dem Landgericht Halle geschlossenen Prozessvergleich jedenfalls wegen des darin enthaltenen Vorbehalts nicht erfasst ist, legt die erste Instanz zutreffend dar.

b) Mehraufwendungen des Verletzten, sind nur dann vom Schädiger zu ersetzen, wenn die Schädigung zu gesteigerten Bedürfnissen des Geschädigten geführt hat. Die Ersatzpflicht setzt mithin einen verletzungsbedingten Bedarf voraus. Dieser kann verschiedene Ursachen haben. Er kann - wie etwa bei Mehraufwendungen für Verpflegung oder bei der Anschaffung orthopädischer Hilfsmittel, beispielsweise eines Rollstuhls (Staudinger/Vieweg BGB [2007] § 843 Rdnr. 23) - eine unmittelbare Folge der Verletzung sein (BGH, Urt. v. 20. Januar 2004 - VI ZR 46/03 BGHR BGB § 843 Abs. 1 Bedürfnisse, vermehrte 2). Im Rahmen der nach § 287 ZPO vom Senat vorzunehmenden tatrichterlichen Würdigung (BGH a.a.O) unterfällt das Rollstuhlzuggerät dieser Kategorie, weil es, wie die sachverständig beratene erste Instanz zutreffend ausführt, u. a. zu einer Verbesserung konditioneller und koordinativer Ressourcen führt, der Wiedererlangung größtmöglicher Mobilität und Selbständigkeit dient und deshalb eine Eingliederung in den Rehabilitationsprozess medizinisch indiziert ist.

c) Damit steht zugleich fest, dass die gesamten Kosten des Rollstuhlzuggeräts in Ansatz zu bringen sind. Ob, wie die Beklagte meint, und wenn ja in welcher Höhe ersparte Aufwendungen für ein Sportfahrrad im Rahmen der Vorteilsausgleichung in Ansatz zu bringen sind, bedarf keiner Entscheidung. Zu Recht hat das Landgericht jedenfalls auch das hierzu gehaltene Vorbringen zu Höhe für unsubstantiiert erachtet. Mangels greifbarer Anhaltspunkte würde auch eine Schätzung der Kosten nach § 287 ZPO völlig in der Luft hängen. Ein Verfahrensfehler ist auch in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Auf die Ausführung der erhobenen Rüge kommt es nicht an. Des geforderten gerichtlichen Hinweises bedurfte es nicht, weil der Beklagte darauf vom Kläger aufmerksam gemacht wurde (GA 58). ..." (OLG Stuttgart, Beschluss vom 31.10.2011 - 19 U 128/11)




Kosten der stationären Behandlung

Die Kosten der stationären Behandlung sind Heilbehandlungskosten. Diese Kosten werden regelmäßig von den Sozialversicherungsträgern oder von privaten Versicherern übernommen. In beiden Fällen gehen die Schadensersatzansprüche auf die jeweiligen Kostenträger über.

Heilbehandlungskosten müssen medizinisch notwendig sein. Sie dürfen nicht fiktiv abgerechnet werden.

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Leitsätze/Entscheidungen:

Der Geschädigte, der sich nach einem fremdverschuldeten Arbeits- (Wege-) Unfall in privatärztliche Krankenhausbehandlung begibt, statt sich mit den Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu begnügen, verletzt nicht seine Pflicht zur Schadengeringhaltung, wenn er sich auch ohne Bestehen einer Ersatzpflicht des Schädigers so verhalten hätte (OLG Hamm, Urteil vom 02.06.2003 - 6 U 203/02, r + s 2004, 343).

Die Kosten für die Anmietung eines Fernsehgerätes während des Krankenhausaufenthals sind nur dann gem. § 249 BGB erstattungsfähig, wenn die Benutzung des Fernsehgerätes dem Heilungsprozeß förderlich war (OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.1993 - 22 U 135/93, NJW-RR 1994, 352).

Neben dem Einsatz der Kosten für tägliche Besuche der Mutter sind Telefonkosten während des Krankenhausaufenthalts einer 14-jährigen Schülerin nicht gem. § 249 BGB erstattungsfähig (OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.1993 - 22 U 135/93, NJW-RR 1994, 352).

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Beweiswürdigung - vorweggenommene

„... Die Klägerin erlitt am 27. Mai 2008 einen Auffahrunfall. Sie hatte an einer Kreuzung angehalten und war wieder angefahren, um nach rechts abzubiegen. Dann bremste sie wieder ab. In dem Moment fuhr der Beklagte zu 3 auf ihr Fahrzeug auf. Der Renault Clio der Klägerin wurde geringfügig im Bereich der hinteren Stoßstange sowie der Plastikverkleidung darunter beschädigt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 682,01 € netto. Am nächsten Tag begab sich die Klägerin in ärztliche Behandlung. Der Arzt stellte bei ihr die Diagnosen: ‚Halswirbelsäulenschleudertrauma (mittlere Schwere), Thoraxkompression durch Sicherheitsgurt, Prellung rechte Schulter, deutliche vegetative Erschöpfung mit Schweißausbrüchen'. Die Klägerin hatte bereits im Jahr 1989 einen schweren Unfall erlitten, bei dem sie ein Polytrauma und insbesondere ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte.

Die Klägerin macht geltend, sie leide - erstmalig seit dem Unfall vom 27. Mai 2008 - unter andauernden migräneartigen Kopfschmerzen. Die Rotation des Kopfes in beide Richtungen sei eingeschränkt. Sie habe einen fixierten Schiefhals nach links, Tinnitus und Schwindel. Bei der Kopfdrehung sei ein lautes Krachen in der Halswirbelsäule zu hören. Des Weiteren leide sie seit dem Unfall unter Rückenschmerzen und unter anhaltenden Lumbalgien. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerden der Klägerin lebenslang anhalten würden. Das Landgericht hat die Klage ohne Einholung eines Gutachtens abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

1. Das Berufungsgericht ist unter entscheidungserheblichem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu der Annahme gelangt, die Klägerin könne mit den von ihr angebotenen Beweismitteln den Nachweis der Ursächlichkeit des Unfalls für die von ihr geltend gemachten Beschwerden nicht führen. Wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht beanstandet, hat die Klägerin im Schriftsatz vom 24. April 2012 ausdrücklich vorgetragen, dass sie zwar eine Vorschädigung der Wirbelsäule infolge des Unfalls von 1989 gehabt habe, dass sich diese Vorschädigung bei dem Unfallereignis aber nicht ausgewirkt habe. Ihre Beeinträchtigungen seien allein durch das streitgegenständliche Unfallereignis ausgelöst worden. Sie hat auf den ärztlichen Befundbericht vom 28. Mai 2008 verwiesen, der sich nicht auf eine Wiedergabe der Angaben der Klägerin beschränkt, sondern eigene Feststellungen des Arztes in Form der auf den Sicherheitsgurt zurückzuführenden Verletzungszeichen, der Thoraxkompression und der Prellung der rechten Schulter enthält. Zum Beweis ihrer Beschwerden hat sie sich auf die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen berufen und zur Ursächlichkeit des Unfalls für ihre Beschwerden die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beantragt. Diesen Beweisanträgen hätte das Berufungsgericht unter den Umständen des Falles nachgehen müssen. Seine Erwägung, wonach weder ein medizinisches Gutachten noch die Vernehmung der sachverständigen Zeugen weitere Aufschlüsse zu den erlittenen Verletzungen und zur Kausalität liefern könne, beruht auf einer unzulässigen und gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßenden vorweggenommenen Beweiswürdigung (vgl. BVerfG, WM 2012, 492 Rn. 15 ff.).

2. Die Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Sachverständige anhand der Befundberichte des erstbehandelnden Arztes und eigener Untersuchungen der Klägerin Feststellungen zur Ursächlichkeit des Unfalls für die von dieser geltend gemachten Beschwerden treffen kann. ..." (BGH, Beschluss vom 19.11.2013 - VI ZR 202/13)

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Besuchskosten

Besuchskosten sind diejenigen Kosten, die nahe Angehörige aufwenden, um den Verletzten im Krankenhaus zu besuchen.

Erstattungsfähig sind nur die Besuchskosten der nächsten Angehörigen. Der Verletzte muss sich stationär im Krankenhaus aufhalten. Die Besuche müssen medizinisch notwendig sein. Das ist nicht der Fall, wenn sie lediglich der Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens dienen. Erstattet werden nur unvermeidbare Kosten.

Leitsätze/Entscheidungen:

Kosten von Besuchen naher Angehöriger bei stationärem Krankenhausaufenthalt des Verletzten (Fahrtkosten einschließlich Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwand, Verdienstausfall) sind nur dann seinen nach § 823 I BGB zu ersetzenden Heilungskosten zuzuordnen, wenn die Besuche medizinisch notwendig und die Aufwendungen unvermeidbar sind (BGH, Entscheidung vom 19.02.1991 - VI ZR 171/90, VersR 1991, 559).

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Kosten von Besuchen naher Angehöriger bei stationärem Krankenhausaufenthalt des Verletzten (Fahrtkosten einschließlich eventueller Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwand, Verdienstausfall) sind nur dann seinen nach § 823 I BGB zu ersetzenden Heilungskosten zuzuordnen, wenn die Besuche medizinisch notwendig und die Aufwendungen unvermeidbar sind (OLG Brandenburg, Urteil vom 18.12.2001 - 11 U 134/99, NJOZ 2002, 2190).

Besuchskosten des sorgeberechtigten Elternteils eines wegen eines apallischen Syndroms in einem auswärtigen Pflegeheim stationär untergebrachten minderjährigen Kindes, dessen Zustand nicht besserungsfähig ist, können nicht als "Heilungskosten" erstattet verlangt werden, wohl aber in objektiv erforderlichem Umfang nach § 843 II BGB als vermehrte Kosten bei der persönlichen Betreuung des Kindes, auf die das Kind nach § 1606 III 2 BGB während der Minderjährigkeit Anspruch hat (OLG Bremen, Urteil vom 31.08.1999 - 3 U 165/98, VersR 2001, 595).

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Die Kosten des Besuchs eines stationär behandelten Geschädigten durch seine Ehefrau sind nur dann erstattungsfähig, wenn sie medizinisch notwendig sind. Dass sie für das psychische und physische Befinden des Patienten erwünscht sind, genügt nicht für die Annahme der Erstattungsfähigkeit (LG Hildesheim, Urteil vom 21.12.1999 - 3 O 202/98, ZfS 2002, 219).



Telefonkosten im Krankenhaus

Zu den erstattungsfähigen Heilbehandlungskosten können auch die nachgewiesenen Kosten für Telefonate gehören. Es geht um die Kosten für die Anmietung eines Telefonanschlusses bzw. Telefonapparates und die Gesprächskosten.

Die Kosten für notwendigen Telefonate sind erstattungsfähig. Gegebenenfalls muss sich der Verletzte für nicht medizinisch notwendige Telefonate einen Abzug gefallen lassen.

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Leitsätze/Entscheidungen:

Neben dem Einsatz der Kosten für tägliche Besuche der Mutter sind Telefonkosten während des Krankenhausaufenthalts einer 14-jährigen Schülerin nicht gem. § 249 BGB erstattungsfähig (OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.1993 - 22 U 135/93, NJW-RR 1994, 352).


Krankentransporte

Zu den erstattungsfähigen Heilbehandlungskosten gehören auch sämtliche Krankentransportkosten. Sie können vom Schädiger Ersatz verlangen, soweit diese Kosten nicht von der Krankenkasse getragen worden sind.



Kosten der ambulanten Behandlung

Die dem Geschädigten entstandenen Kosten der ambulanten Behandlung sind ebenfalls erstattungsfähig. Sind die Kosten von einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung getragen worden, gehen die Ansprüche von Gesetzes wegen auf die jeweiligen Versicherungsträger über. Der Geschädigte selbst kann nur denjenigen Teil des Schadens geltend machen, der bei ihm verblieben ist.

Mehraufwendungen

Mehraufwendungen gehören zur Gruppe der vermehrten Bedürfnisse.

Leitsätze/Entscheidungen:

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter, der infolge eines Verkehrsunfalls querschnittgelähmt ist und von dem Schädiger Ersatz der Kosten für den behindertengerechten Umbau seines PKW erhalten hat, auch Ersatz der Kosten für den Umbau seines Motorrades beanspruchen kann (BGH, Urteil vom 20.01.2004 - VI ZR 46/03, ZfS 2004, 258).

Zur Frage, inwieweit ein infolge Unfalls Schwerbehinderter vom Schädiger Kosten für den Bau oder Ausbau eines der Behinderung angepaßten Eigenheimes ersetzt verlangen kann (BGH, Entscheidung vom 19.05.1981 - VI ZR 108/79, NJW 1982, 757).

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Eine Heimbetreuung im Alter zählt nicht zum gewöhnlichen Lauf der Dinge; deshalb muß auch bei einer zum Zeitpunkt des Unfalls 80jährigen Person im Einzelfall geprüft werden, ob diese Unterbringung auch ohne den Unfall erforderlich geworden wäre. Eine Unaufklärbarkeit geht zu Lasten des Schädigers (OLG Hamm, Urteil vom 12.02.1998 - 6 U 64/97, MDR 1998, 902).

Kauft der Verletzte nach dem Unfall ein instandsetzungsbedürftiges Haus, so kann er den Schädiger nicht auf Ersatz der Ausbaukosten in Anspruch nehmen, die er ohne die Unfallverletzung durch Eigenleistungen hätte vermeiden können (KG, Urteil vom 11.07.1996 - 12 U 4464/94, NZV 1997, 232).

War zum Zeitpunkt des Unfalls bei dem Geschädigten noch keine Bauabsicht vorhanden, kann er keinen Schadensersatz verlangen mit der Begründung, ohne den Unfall hätte er in seinem Heimatort in Nachbarschaftshilfe ein Eigenheim gebaut (OLG Hamm, Entscheidung vom 28.06.1995 - 13 U 12/95, MDR 1995, 1126).

Sind einem bei einem Verkehrsunfall Verletzten Eigenleistungen bei einem Hausbau nicht möglich, so kann der Schädiger zum Ersatz der Lohnkosten verpflichtet sein, die der Verletzte für die Beschäftigung anderer Arbeitskräfte aufwenden muß, und zwar auch dann, wenn der Verletzte zum Unfallzeitpunkt noch keine konkrete Pläne für einen Hausbau hatte. Auch ein aufgrund unfallbedingter Verletzungen von einem Versicherer erhobener Prämienzuschlag für eine Lebensversicherung gehört zu dem Schaden, den der Schädiger zu ersetzen hat (OLG Zweibrücken, Urteil vom 26.01.1994 - 1 U 209/92, NZV 1995, 315).



Psychische Folgeschäden - Zurechnungszusammenhang

Für die Verneinung des Zurechnungszusammenhangs zwischen unfallbedingten Verletzungen und Folgeschäden wegen einer Begehrensneurose ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Beschwerden entscheidend durch eine neurotische Begehrenshaltung geprägt sind (BGH, Urteil vom 10.07.2012 - VI ZR 127/11):

„... a) Entgegen der Ansicht der Revision kann der Zurechnungszusammenhang für später eingetretene Folgeschäden auch dann verneint werden, wenn sie sich aus Beschwerden entwickelt haben, die zunächst überwiegend dem Unfallgeschehen zuzurechnen sind, aber ab einem bestimmten Zeitpunkt - einem nicht ungewöhnlichen Verlauf entsprechend - wesentlich durch eine Begehrenshaltung geprägt sind.

Sind Schadensfolgen wesentlich durch eine Begehrenshaltung geprägt, entfällt - wie ausgeführt - der Schutzzweckzusammenhang. Das Erfordernis des Schutzzweckzusammenhangs besteht nicht nur für die Primärverletzung, sondern auch für den haftungsausfüllenden Tatbestand (Palandt/Grüneberg, aaO Rn. 29; Lange/Schiemann, Schadensersatz, aaO, S. 125 f.). Daraus ergibt sich die Möglichkeit, dass der Schutzzweckzusammenhang für von einem bestimmten Zeitpunkt an eingetretene Schadensfolgen zu verneinen ist, selbst wenn sie auf einem gewöhnlichen Verlauf einer psychischen Störung - hier der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung - beruhen. Nahezu jeder Unfall beinhaltet ein Unfallerlebnis, das verarbeitet werden muss. Diese Verarbeitung kann unterschiedlich gut gelingen; misslingt sie, können beim Unfallgeschädigten psychische Beschwerden unterschiedlicher Intensität und Dauer auftreten (vgl. Foerster, MED SACH 1997, 44). Die Schadensfolgen können entscheidend durch eine Begehrenshaltung geprägt sein. Sie müssen nicht von Anfang an wesentlich durch eine Begehrenshaltung geprägt sein; die Begehrenshaltung kann sich - wie auch hier - im weiteren Verlauf verstärken, bis sie schließlich prägend im Vordergrund steht. Das Berufungsgericht hat den Zeitpunkt, ab dem die Begehrenshaltung prägend im Vordergrund steht, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf den 1. Januar 1995 festgelegt.

b) Ohne Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht einen auf einer Begehrenshaltung beruhenden Anteil von 90 % der Schadensfolgen ausreichen lässt, um die Schadensersatzpflicht für die ab dem Jahr 1995 bestehenden Beschwerden in vollem Umfang zu verneinen.

aa) Für die Verneinung des Zurechnungszusammenhangs ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Beschwerden entscheidend durch eine neurotische Begehrenshaltung geprägt sind. Nichts anderes ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 16. November 1999 (- VI ZR 257/98, VersR 2000, 372, 373 unter II. 2. b) bb)), in dem von einer "reinen" Begehrensneurose die Rede ist. Diese Formulierung darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass der Ausschluss der haftungsrechtlichen Zurechnung unter dem Gesichtspunkt einer prägend im Vordergrund stehenden Begehrenshaltung nur dann möglich ist, wenn sie die einzige Ursache des Beschwerdebildes ist. Eine alleinige Ursache für eine Begehrenshaltung wird schon deswegen kaum jemals auszumachen sein, weil psychoreaktive Symptome nach äußeren Ereignissen immer aus einem Geflecht verschiedener Ursachen bestehen (Foerster in Venzlaff/Foerster, aaO S. 680; vgl. Senatsurteil vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, aaO S. 150 f.; G. Müller, VersR 1998, 129, 133). Der für die hier zu beurteilende Zurechnung maßgebliche Gesichtspunkt ist daher, ob der neurotische Zustand des Geschädigten entscheidend von der Begehrenshaltung geprägt wird (vgl. Senatsurteil vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, aaO S. 150). Dabei handelt es sich um eine Wertungsfrage, die, wie vorstehend dargelegt, auf der Grundlage von - regelmäßig nach sachverständiger Beratung - zu treffenden Feststellungen zu den bestehenden Beschwerden, den primären Unfallverletzungen und ihren Folgen, dem Unfallerlebnis, der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen und eventuellen sekundären Motiven vorzunehmen ist. Im Einzelfall kann die Wertung schon dann eine das Beschwerdebild prägende Begehrenshaltung ergeben, wenn - wie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - 90 % des Krankheitsbildes auf eine Begehrenshaltung zurückzuführen ist.

bb) Dass das Berufungsgericht die Haftung für die ab dem zweiten Jahr nach dem Unfall bestehenden Beschwerden in vollem Umfang verneint hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar nimmt das OLG Schleswig (Urteile vom 2. Juni 2005 - 7 U 124/01, OLGR 2006, 5, 7 und vom 6. Juli 2006 - 7 U 148/01, NJW-RR 2007, 171, 172 f.) bei einer auf einer Prädisposition beruhenden endgültigen Fehlverarbeitung eines Unfallgeschehens eine anteilige Anspruchskürzung vor (vgl. dazu auch G. Müller, aaO S. 134). Eine solche kommt hier aber auf der Grundlage der rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in Betracht. Hier geht es - anders als bei einem Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB - nicht um eine Abwägung der Verursachungsbeiträge, sondern um eine Frage des Schutzzweckzusammenhangs. Sind die Schadensfolgen entscheidend durch eine Begehrensvorstellung geprägt, rechtfertigt dies, die Haftung in vollem Umfang zu verneinen, weil gerade die maßgebliche Ursache in dem neurotischen Streben nach Versorgung besteht.

4. Auch die Verfahrensrügen verhelfen der Revision nicht zum Erfolg.

a) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe entgegen § 286 ZPO beim Ausschluss der vom Kläger unter Vorlage der Privatgutachten Dr. E. und Dr. R. behaupteten Fraktur des Dens axis (Dorn des zweiten Halswirbels) nicht alle zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel ausgeschöpft. Sie macht geltend, der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. M. habe die Röntgenbilder des Dens axis unzureichend begutachtet. Im Schriftsatz vom 17. Mai 2004 habe der Kläger kritisiert, dass der Sachverständige von seinem Fachgebiet her nicht qualifiziert sei, einen Bruch des Dens axis auszuschließen; die Begutachtung der Röntgenaufnahme sei in unzureichender Weise durch eine Stehlampe oder Schreibtischlampe erfolgt, obwohl hierfür ein Lichtkasten erforderlich sei.

Das Berufungsgericht hat sich jedoch ausreichend mit der Behauptung des Klägers auseinandergesetzt und die Privatgutachten bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigt. Das Berufungsgericht stellt in rechtlich nicht zu beanstandender Weise darauf ab, dass das radiologische Privatgutachten Dr. R. aufgrund einer am 29. Dezember 2004 gefertigten CT-Aufnahme lediglich die Möglichkeit einer alten Fraktur annehme, wohingegen ein Bruch bei der Untersuchung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem mehr als zehn Jahre zuvor geschehenen Unfall nicht diagnostiziert worden sei, obwohl im Kreiskrankenhaus B. eine Spezialaufnahme des Dens axis gerade zum Ausschluss einer Fraktur gefertigt worden sei. Auch die Röntgenuntersuchungen und die Kernspintomographie, die im Rahmen der ebenfalls in größerer zeitlicher Nähe zum Unfall erstellten Begutachtung durch Prof. Dr. Har. erfolgten, haben nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte für einen Bruch ergeben. Dass Prof. Dr. Har. als Orthopäde nicht über die zur Beurteilung knöcherner Verletzungen aufgrund von Röntgenaufnahmen erforderliche Sachkunde verfüge, zeigt die Revision nicht auf und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Eine erneute Begutachtung des Dens axis unter Heranziehung der CT-Aufnahmen und von früher gefertigten Röntgenaufnahmen war unter den besonderen Umständen des Streitfalls entbehrlich. Das Berufungsgericht durfte das prozessuale Vorgehen des Klägers als stillschweigenden Verzicht auf eine erneute Begutachtung verstehen. Der Sachverständige Prof. Dr. M. hat in seinem Schreiben vom 4. Juni 2004 mitgeteilt, dass er ohne Vorlage eines Dünnschicht-CTs mit Rekonstruktionen nichts Neues sagen könne, und eine ergänzende Begutachtung von der Vorlage aller Röntgenaufnahmen und des CTs abhängig gemacht. In der Folgezeit ist der Kläger darauf nicht mehr zurückgekommen. Nach Vorliegen des psychosomatischen Gutachtens von Dr. Hai. haben beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2006 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Weder in der mündlichen Verhandlung noch in den nachfolgend eingereichten Schriftsätzen hat der Kläger die Frage einer erneuten Begutachtung durch Prof. Dr. M. angesprochen. Auch in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 25. Juni 2010 hat er sein früheres Anliegen nicht mehr vorgebracht. Da der Kläger auch zur Frage der Übermittlung der Aufnahmen an den Sachverständigen nicht mehr Stellung genommen hat, durfte das Berufungsgericht unter den besonderen Umständen des Falles davon ausgehen, dass er seine sechs Jahre zuvor erhobenen Bedenken gegen die Begutachtung nicht aufrechterhalte (vgl. BGH, Urteile vom 28. Mai 1998 - VI ZR 160/97, VersR 1998, 776 und vom 14. Januar 2010 - III ZR 173/09, VersR 2010, 814 Rn. 21).

b) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe das Privatgutachten von Prof. Dr. C. nicht ausreichend gewürdigt. Es habe, ohne die eigene Sachkunde aufzuzeigen, den unzutreffenden Erfahrungssatz aufgestellt, dass derjenige, der ein Fahrzeug auf sich zukommen sehe, aber dennoch damit rechne, der Fahrer könne seine Fahrtrichtung noch korrigieren, nicht dergestalt überrascht werden könne, dass muskuläre Abwehrmechanismen unterlaufen würden.

Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts wird den Anforderungen des § 286 ZPO jedoch gerecht, insbesondere verstößt sie nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze. Das Berufungsgericht hat sich in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit dem Privatgutachten von Prof. Dr. C. auseinandergesetzt. Dieser nimmt an, dass die muskulären Abwehrmechanismen im Augenblick unmittelbar vor dem Aufprall "wohl" unterlaufen worden seien. Der Privatgutachter geht deshalb davon aus, dass das Trauma ein "Kopfhalteorgan" getroffen habe, welches nicht auf Abwehr eingestellt gewesen sei. Aufgrund der polizeilichen Unfallaufnahme und der polizeilichen Zeugenvernehmung des Klägers hat das Berufungsgericht jedoch rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Unfall für den Kläger nicht überraschend war. Es hat dargelegt, dass das Privatgutachten diesen Umstand nicht berücksichtigt habe, und ist deshalb bei der Feststellung der unmittelbaren unfallbedingten körperlichen Verletzungen rechtsfehlerfrei dem gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Har. gefolgt. Mithin hat sich das Berufungsgericht weder eigene Sachkunde angemaßt noch unzutreffende Erfahrungssätze aufgestellt, sondern lediglich eine Anknüpfungstatsache anders als der Privatgutachter beurteilt. Es hat zudem darauf hingewiesen, dass sich auch der neurologische Sachverständige Prof. Dr. M., dem das Privatgutachten von Prof. Dr. C. vorlag, mit dieser Frage beschäftigt habe und der gerichtliche Sachverständige klinische Anzeichen für eine Instabilität und Verletzungsfolgen im Bereich des Übergangs zwischen Kopf und Hals nicht habe feststellen können.

c) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe sich zu Unrecht an die Feststellungen des Landgerichts gebunden gesehen, soweit dieses eine posttraumatische Belastungsstörung auf der Grundlage des gerichtlichen Sachverständigengutachtens Dr. Hai. verneint habe. Die Revision vermisst insoweit eine kritische Auseinandersetzung mit dem Privatgutachten von Prof. Dr. B. Sie sieht einen Widerspruch in der Verneinung einer zur Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung erforderlichen Situation ungewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes zu der vom Berufungsgericht bejahten akuten Belastungsreaktion, weil auch das Gutachten Dr. Hai. davon ausgehe, dass der Kläger sich nach dem Unfall "emotional wie betäubt" gefühlt und unter Schock gestanden habe.

Das Berufungsgericht hat jedoch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ohne Verstoß gegen § 287 Abs. 1, § 286 Abs. 1 ZPO eine posttraumatische Belastungsstörung verneint und sich dabei hinreichend mit dem Privatgutachten von Prof. Dr. B. auseinandergesetzt. Eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD10: F43.1) entsteht nach den vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Kriterien des ICD10 als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (Dilling/Freyberger, Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 5. Aufl., S. 173 f.). Demgegenüber erfordert eine akute Belastungsreaktion (ICD10: F43.0) lediglich eine außergewöhnliche psychische oder physische Belastung (Dilling/Freyberger, aaO S. 171 f.); der Betroffene muss also nicht, anders als bei einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophenartigem Ausmaß ausgesetzt sein, die bei nahezu jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde. Deshalb erfüllt das Unfallerlebnis nach den Feststellungen der Vorinstanzen zwar die diagnostischen Kriterien einer akuten Belastungsreaktion, nicht jedoch diejenigen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Der von der Revision behauptete Widerspruch besteht demnach nicht.

Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht dem Kläger zu Recht keinen Schadensersatz für krankheitsbedingt verfallenen oder nicht entstandenen Urlaub zugesprochen. Einen Vermögensschaden hat der Kläger durch entgangenen Urlaub nicht erlitten. ..."




Psychische Gesundheitsbeeinträchtigung

Wird eine psychische Gesundheitsbeeinträchtigung auf das Miterleben eines schwe-ren Unfalls zurückgeführt, so kommt eine Haftung des Schädigers regelmäßig nicht in Betracht, wenn der Geschädigte nicht selbst unmittelbar an dem Unfall beteiligt war (BGH, Urteil vom 22.05.2007 - VI ZR 17/06 zu BGB § 823).



Quotenvorrecht

Trifft eine Anspruchsbegrenzung wegen Mitverschuldens des Geschädigten mit einer gesetzlichen Beschränkung der Haftung auf Höchstbeträge (hier § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVG) zusammen, so steht dem Geschädigten bei teilweisem Forderungsübergang auf Sozialversicherungsträger ein Quotenvorrecht nicht zu (im Anschluss an BGH v. 8.4.1997 - VI ZR 112/96, BGHZ 135, 170 = MDR 1997, 637; BGH, Urt. v. 21.11.2000 - VI ZR 120/99).

Das sog. Quotenvorrecht des Beamten besteht auch dann, wenn der Beamte eine private Krankenversicherung abgeschlossen und der Versicherer für den vom Versorgungsträger nicht zu deckenden Teil des Schadens einzutreten hat (Bestätigung des Senatsurt. v. 30.9.1997 - VI ZR 335/96, VersR 1997, 1537 = MDR 1998, 45; BGH, Urt. v. 10.02.1998 - VI ZR 139/97, MDR 1998, 717).

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„... Der erkennende Senat hat bereits durch Urt. v. 9.11.1956 (BGHZ 22, 136) zu §§ 139 DBG, 168 BBG, 175 LBG Nordrhein-Westfalen in Abkehr von der Rechtsprechung des Reichsgerichts und den in einer früheren Entscheidung (BGHZ 13, 28, 32 = MDR 1954, 353) angestellten Erwägungen entschieden, der Übergang des Schadensersatzanspruchs zugunsten eines öffentlichen Versorgungsträgers dürfe sich nicht zum Nachteil des Beamten oder der Hinterbliebenen auswirken, wenn der Schädiger nur einen Teil des entstandenen Schadens zu ersetzen habe; nur der Teil des Schadensersatzanspruchs, der nach Deckung des Schadens verbleibe, gehe auf den Versorgungsträger über; diesem stehe also ein sogenanntes Quotenvorrecht nicht zu. ... Daran wird festgehalten.

Im Anwendungsbereich des § 103 a LBG Schleswig-Holstein kann nichts anderes gelten.

Das somit auch im Anwendungsbereich des § 103 a LBG Schleswig-Holstein grundsätzlich geltende Quotenvorrecht des verletzten Beamten hat entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dann nicht zugunsten des Versorgungsträgers zurückzutreten, wenn - wie hier - eine private Krankenversicherung des Beamten besteht, die dessen durch die Beihilfe nicht gedeckten (Rest-) Schaden ausgleicht. Dafür besteht kein rechtfertigender Grund. Der Abschluß einer privaten Krankenversicherung zusätzlich zur Beihilfe steht im Belieben des Beamten und erfolgt nicht zur Entlastung des Beihilfeträgers. Ob der Beamte den von der Beihilfe nicht gedeckten Rest (hier: 30%) auf eigene Kosten durch private Krankenversicherung(en) abdecken, gegebenenfalls diese in Anspruch nehmen oder auf eigenes Risiko gegen den Schädiger vorgehen will, bleibt ihm überlassen. Für den Fall, daß er sich zum Abschluß einer privaten Krankenversicherung entschließt, enthalten die gesetzlichen Regelungen des Beamtenrechts (hier: § 103 a LBG Schleswig-Holstein, § 52 BRRG) keine Ausnahme. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der Rechtsprechung des Senats davon abgesehen, ein Quotenvorrecht des Dienstherrn allgemein oder für den Fall einer ergänzenden privaten Krankenversicherung des Beamten (etwa als Eintritt des Versorgungsträgers in das dem geschädigten Beamten gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 VVG gegenüber seinem privaten Krankenversicherer zustehende Quotenvorrecht) anzuordnen.

Dem steht - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht die Entscheidung des Senats MDR 1971, 40 = VersR 1971, 127, 129 entgegen. Vorliegend geht es gerade nicht um eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Landes durch einen Rechtsübergang auf die private Krankenversicherung. Hätte der Beamte keine solche Versicherung abgeschlossen, gingen die Schadensersatzansprüche des Geschädigten nicht zu einer höheren Quote auf den Versorgungsträger über.

Der geschädigte Beamte steht hierdurch nicht anders als ein Selbständiger, der eine private Krankenversicherung mit 70% Ersatzleistung abgeschlossen hat. Auch dieser könnte infolge des Quotenvorrechts des Versicherungsnehmers für den Rest seines Schadens den Schädiger in Anspruch nehmen; einem (privaten) Krankenversicherer verbliebe für einen eventuellen Regreß gegen den Schädiger ebenfalls nur ein Ersatzanspruch in Höhe der Differenz nach Abzug des dem Geschädigten zukommenden Restanspruchs (hier: 40% = 70 - 30%; vgl. Prölss/Martin, VVG, 25. Aufl., § 67 Anm. 5 B). ..." (BGH MDR 1998, 45 f).

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„... Mit rechtsfehlerfreien Erwägungen hat das Berufungsgericht aus dem Wortlaut und Sinn der Vorschrift sowie aus ihrer Entstehungsgeschichte die Auffassung hergeleitet, daß § 116 Abs. 2 SGB X dem Geschädigten ein uneingeschränktes Quotenvorrecht gewährt, so daß er bei höhenmäßiger Begrenzung der Haftung seine gesamten Schadensersatzansprüche vorab befriedigen kann (ebenso Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozeß Kap. 30 Rn. 61; Wussow/Schloen Unfallhaftpflichtrecht, Rn. 2462; Lauterbach/Watermann, SGB X § 116 Anm. 8b; v. Maydell in GK SGB X 3 § 116 Rn. 33 f., 349, 362; Deinhardt, VersR 1984, 697, 700). Demgegenüber vermag die im Schrifttum vertretene Auffassung nicht zu überzeugen, der Geschädigte habe nur für solche Ersatzansprüche ein Quotenvorrecht, die der jeweiligen Leistung des Sozialversicherungsträgers kongruent seien (Wannagat/Eichenhofer, SBG X/3 § 116 Rn. 35, 38; Hauck/ Haines/Bürsch SGB X/3 § 116 Rn. 30; Schroeder-Printzen/ Schmalz, SGB X § 116 Rn. 21; Kater in Kasseler Kom. zum Sozialversicherungsrecht § 116 Rn. 217; Pickel, SGB X § 116 Rn. 39, 41; VerbKom SGB X § 116 Rn. 12; Küppersbusch, VersR 1983, 193, 202; Denck, VersR 1987, 629, 630 f.).

Diese Einschränkung findet im Wortlaut des § 116 Abs. 2 SGB X keine Stütze. Danach wird nämlich ein Vorrang des Verletzten für seinen Schaden begründet, ohne daß sich Anhaltspunkte für eine Begrenzung auf kongruenten Schaden finden lassen. Demgegenüber hätte es angesichts der einschneidenden Wirkung einer Beschränkung des Quotenvorrechts auf den kongruenten Schaden nahegelegen, eine solche Einschränkung ausdrücklich vorzunehmen, wenn sie dem Willen des Gesetzgebers entsprochen hätte. Dies kann jedoch auch den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden (vgl. BT-Drucks. 9/95 S. 28; BT-Drucks. 9/1753 S. 44).

Schon die frühere Regelung des Forderungsübergangs nach § 1542 RVO zielte darauf ab, beim Eingreifen von Sozialleistungen eine unerwünschte Entlastung des Haftpflichtigen einerseits wie auch eine Bereicherung des Verletzten durch doppelte Entschädigung andererseits zu vermeiden (Senatsurteile MDR 1969, 131 = NJW 1969, 98, 100 und MDR 1978, 569 = VersR 1978, 179, 180). Auch der neuen gesetzlichen Regelung des § 116 Abs. 1 SGB X, die insoweit von § 1542 RVO ausgeht (BT-Drucks. 9/95, S. 16, 27), liegt die Bestrebung zugrunde, daß der Individualausgleich zwischen Schädiger und Geschädigtem durch parallel laufende Sozialleistungen möglichst wenig beeinträchtigt werden soll. Dieser Regelungsgedanke eines ungestörten Schadensausgleichs wird durch das in § 116 Abs. 2 SGB X gewährte Quotenvorrecht des Geschädigten sinnvoll ergänzt. Diese Vorschrift läßt nämlich einerseits die Leistungspflicht des Schädigers unberührt und gibt andererseits dem Geschädigten einen Anspruch auf vorrangige Befriedigung seiner Ansprüche vor dem Sozialversicherungsträger, wenn der Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger von Gesetzes wegen der Höhe nach beschränkt ist. Damit hat sich der Gesetzgeber eindeutig für eine Bevorrechtigung des Individualausgleichs zwischen Schädiger und Geschädigtem entschieden, so daß in Abweichung von der früheren Rechtslage der Geschädigte bevorzugt wird, der ja auch durch den Schadensfall unmittelbar und in erster Linie betroffen ist, während das Interesse des Sozialversicherungsträgers am wirtschaftlichen Ausgleich zurücktreten muß. Dieser Schutzzweck des § 116 Abs. 2 SGB X (hierzu Lauterbach/Watermann, SGB X § 116 Anm. 8b; Wussow/Schloen, Unfallhaftpflichtrecht Rn. 2462) wird indessen vollständig nur dann erreicht, wenn sich das Quotenvorrecht des Geschädigten auf seinen gesamten Schaden erstreckt. ..." (BGH MDR 1997, 638).

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Auch ein Witwer muß sich für den Ersatz seines Unterhaltsschadens infolge der Tötung seiner Ehefrau gegenüber einem nur auf eine Quote haftenden Schädiger den Umstand, daß er Renteneinkünfte aus einer früheren Berufstätigkeit nunmehr allein zur Verfügung hat, schadensmindernd nur insoweit anrechnen lassen, als die Ersparnis den von ihm selbst zu tragenden Schadensanteil übersteigt (Fortführung des BGH-Urteils vom 22. 3. 1983 - VI ZR 67/81 - VersR 1983, 726 [= MDR 1983, 923 Nr. 30]; BGH, Urt. v. 16.09.1986 - VI ZR 128/85, MDR 1987, 182).

Haftet der Schädiger der Witwe für deren Unterhaltsschaden infolge Tötung ihres Ehemanns nur auf eine Quote, so ist der Umstand, daß die Witwe die zu Lebzeiten ihres Ehemanns dem Familienunterhalt zugeführten Renteneinkünfte nunmehr allein zur Verfügung hat, zugunsten des Schädigers schadensmindernd nur insoweit zu berücksichtigen, als die Ersparnis den von der Witwe selbst zu tragenden Schadensanteil nicht übersteigt. Zum Übergang der Ersatzforderung der Witwe auf den Sozialversicherungsträger in einem solchen Fall, wenn die an sie gezahlte Witwenrente für ihn keine Mehrbelastung bedeutet (BGHZ 70, 67 [= MDR 1978, 569 Nr. 34]) und die Witwenrente nur bei Berücksichtigung der Unterhaltsersparnis der Witwe deren Unterhaltsschaden deckt (BGH, Urt. v. 22.03.1983 - VI ZR 67/81, MDR 1983, 923).

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Gesundheitsschaden

Zu den Voraussetzungen, wann der Gesundheitsschaden - Schockreaktion - einer Person dem Verursacher eines Verkehrsunfalls haftungsrechtlich nicht zugerechnet werden kann, weil der Schaden nicht in den Schutzbereich des Gesetzes fällt, sondern als Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos zu bewerten ist (OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.08.2012 - 13 U 78/12):

„... 1. Nach gefestigter Rechtsprechung ist auch bei Schadensersatzansprüchen, die aus § 823 BGB oder §§ 7, 18 StVG hergeleitet werden, zu prüfen, ob die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, in den Schutzbereich des Gesetzes fallen, ob sich also in ihnen Gefahren realisiert haben, die die verletzte Verhaltensnorm verhüten will. Tritt der Schaden dadurch ein, dass in einer vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage ein weiterer Umstand - etwa das Verhalten eines Dritten oder das Verhalten des Geschädigten selbst - hinzukommt und sich die Gefahr dadurch realisiert, so haftet der Schädiger grundsätzlich für den auf diesem Wege mittelbar verursachten Schaden. Die Ersatzpflicht setzt jedoch voraus, dass sich eine Gefahr realisiert hat, die die vom Schädiger übertretene Verhaltensnorm vermeiden sollte. Daran fehlt es, wenn die Gefahr nicht über das hinaus ging, was im täglichen Zusammenleben ohnehin unter Billigung der Rechtsordnung an Gefahren hingenommen werden muss. Auf die Vermeidung derartiger Gefahren zielen die Verhaltensnormen nicht ab, so dass ein gleichwohl eingetretener Schaden nicht ihrem Schutzzweck unterfällt. Der Schädiger muss somit solche Schäden nicht ersetzen, die als eine Verwirklichung des sogenannten allgemeinen Lebensrisiko zu bewerten sind (BGHZ 107, 359; NJW 1971, 1982; NJW 1993, 2234; Oetker, in: Münchener Kommentar, 6. Aufl., § 249 RN 194; zum Ganzen vgl. auch Deutsch, VersR 1993, 1041).

So ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass derjenige, der durch vorwerfbares Tun einen anderen zu einem selbstgefährdenden Verhalten herausfordert, diesem anderen dann, wenn dessen Willensentschluss auf einer mindestens im Ansatz billigenswerten Motivation beruht, aus unerlaubter Handlung zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein kann, der infolge des durch die Herausforderung gesteigerten Risikos entstanden ist. Eine solche Schadenszurechnung ist insbesondere in Fällen bejaht worden, in denen sich jemand pflichtwidrig der Festnahme oder Feststellung seiner Personalien durch Polizeibeamte oder andere dazu befugte Personen durch die Flucht zu entziehen versucht und diesen Personen dadurch Anlass gegeben hat, ihn zu verfolgen, wobei weitere Haftungsvoraussetzung ist, dass sie infolge der durch die Verfolgung gesteigerten Gefahrenlage einen Schaden erlitten haben (BGH NJW 1971, 1982; NJW 1993, 2234).

Aus diesen Grundsätzen hat der Bundesgerichtshof geschlossen, dass eine haftungsrechtliche Zurechnung nicht bestehe, wenn ein Polizeibeamter bei der Verfolgung eines Flüchtenden bei dem Überqueren eines feuchten Rasens ausgleite und sich hierbei verletze. Wer sich einer berechtigten Verfolgung durch Flucht entziehe, hafte für einen dadurch bedingten Körperschaden des Verfolgenden nur, wenn dieser Schaden die Folge eines gesteigerten Risikos der Verfolgung sei. Dagegen habe der Verfolgte das normale Risiko des Eingreifenden nicht zu tragen. Bei einem Ausgleiten auf feuchtem Rasen habe sich nicht das besondere gesteigerte Risiko der Verfolgung, sondern ein normales Risiko verwirklicht. Daher habe der Flüchtende für den Schaden, den der Polizeibeamte erlitten habe, nicht zu haften (BGH NJW 1971, 1982).

In einem anderen Fall hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass diese Erwägungen nicht nur in den sogenannten Verfolgungsfällen zum Tragen kommen, sondern vielmehr Ausdruck eines auf rechtlichen Wertungen beruhenden Zurechnungsverständnisses sind, das allgemein gilt. Danach komme es für die haftungsrechtliche Zurechnung darauf an, ob sich in dem Unfall eine gesteigerte Gefahrenlage ausgewirkt habe, für die der Beklagte verantwortlich sei. Im dort zu entscheidenden Fall hatte der dort Beklagte fahrlässig einen Brand verursacht. Nach dem Löschen des Brandes knickte ein Feuerwehrmann beim Aufrollen der benutzten Feuerwehrschläuche mit dem linken Fuß um und verletzte sich dabei. Der Bundesgerichtshof verneinte die haftungsrechtliche Zurechnung, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich der Feuerwehrmann im Zeitpunkt des Unfalls in einer Situation der Anspannung oder Hektik oder sonstigen einsatzbedingten Gefahrsteigerung befunden habe. Allein das Aufrollen der Schläuche nach Beendigung der Löscharbeiten führe noch nicht zu einer Gefahrsteigerung (BGH NJW 1993, 2234).

Auch in einem weiteren Fall, in dem ein Geschädigter zunächst einen Verkehrsunfall und in der Folgezeit eine Gehirnblutung mit Schlaganfall erlitt, verneinte der Bundesgerichtshof den haftungsrechtlichen Zusammenhang der Gehirnblutung mit dem Verkehrsunfall und wies die weiteren Verletzungsfolgen dem allgemeinen Lebensrisiko zu (BGHZ 107, 359). In dem dort entschiedenen Fall versuchte der Schädiger im Anschluss an einen von ihm durch Verletzung der Vorfahrt verschuldeten Verkehrsunfall den Geschädigten vor der Polizei als den wahren Schuldigen darzustellen. Aus Erregung darüber kam es bei dem an Bluthochdruck leidenden Geschädigten zu einer Gehirnblutung mit Schlaganfall. Der Bundesgerichtshof führte aus, dass auch bei Schadensersatzansprüchen, die aus § 823 BGB hergeleitet würden, zu prüfen sei, ob die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt werde, in den Schutzbereich des Gesetzes fallen, ob sich also in ihnen Gefahren realisiert hätten, die die verletzte Verhaltensnorm verhüten wolle. Daran fehle es im dort zu entscheidenden Fall. Gesundheitsschäden, die aus der psychischen Belastung aufgrund der Auseinandersetzungen zur Klärung des Unfallhergangs und der Schuldfrage resultierten, seien dem Unfallverursacher haftungsrechtlich nicht zuzurechnen, da sie nicht in den Schutzbereich der Normen des Straßenverkehrsrechts fielen, deren Verletzung zu dem Verkehrsunfall geführt habe. Gleiches gelte, soweit eine Haftung aus §§ 7 und 18 StVG geltend gemacht werde, da es an einem inneren Zusammenhang zwischen der Betriebsgefahr des den Unfall verursachenden Fahrzeugs und den Gesundheitsschäden fehle. Vielmehr habe sich ein eigenständiger Gefahrenkreis verwirklicht, der dem allgemeinen Lebensrisiko zugewiesen sei.

2. Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Ersatz ihres Gesundheitsschadens gemäß § 823 BGB zu, da der Gesundheitsschaden nicht in den Schutzbereich der verletzten Normen fällt, sich also in dem Gesundheitsschaden keine Gefahren realisiert haben, die die verletzte Verhaltensnorm verhüten will. Die von der Beklagten Ziff. 1 missachtete Vorschrift des § 1 Abs. 2 StVO will zwar auch und gerade die körperliche Integrität anderer Personen schützen. Der Schutzzweck erstreckt sich aber, wie schon aus § 1 Abs. 1 StVO zu entnehmen ist, allein auf die Verhütung von Unfallrisiken und die mit dieser Bedrohung für Leben und Gesundheit in einem inneren Zusammenhang stehenden Gesundheitsschäden. Hierzu können zwar durchaus auch erst im Anschluss an den Verkehrsunfall etwa bei der Bergung oder bei der Unfallaufnahme erlittene Verletzungen gehören, in denen sich die Gefahren des Straßenverkehrs an der Unfallstelle verwirklichen (BGHZ 107, 359). In den Gesundheitsschäden der Klägerin haben sich jedoch nicht spezifische Gefahren des Straßenverkehrs an der Unfallstelle oder die mit der Verletzung von Straßenverkehrsnormen zusammenhängende Gefahrerhöhungen realisiert. Vielmehr behauptet die Klägerin, dass sie durch eine ruckartige Bewegung einen Bandscheibenvorfall erlitten habe, nachdem sie von einem Dritten von dem Unfallgeschehen erfahren und sich daraufhin ruckartig umgedreht habe, um sich mit dem Unfallgeschehen zu befassen. Der Gesundheitsschaden der Klägerin hätte ebenso jederzeit bei Einhaltung der übertretenen Norm eintreten können, wenn ein Dritter die Klägerin mit einem für sie überraschenden Ereignis konfrontiert hätte, das nicht im Zusammenhang mit der Verletzung von Rechtsnormen stände. Somit ging die Gefahr, die sich bei der Klägerin nach ihrem Vortrag realisierte, nicht über das hinaus, was im täglichen Zusammenleben ohnehin unter Billigung der Rechtsordnung an Gefahren hingenommen werden muss. Auf die Vermeidung derartiger Gefahren zielen die Verhaltensnormen des Straßenverkehrsrechts nicht ab, so dass ein gleichwohl eingetretener Schaden nicht ihrem Schutzzweck unterfällt.

Nichts anderes folgt daraus, dass sich die Beklagte Ziff. 1 nach dem Vortrag der Klägerin nach dem Verkehrsunfall unerlaubt vom Unfallort entfernt habe. Die strafbewehrte Norm, wonach sich ein Unfallbeteiligter nach einem Unfall im Straßenverkehr nicht vom Unfallort entfernen darf, bevor er insbesondere zugunsten der anderen Unfallbeteiligten die Feststellung seiner Person ermöglicht hat (§ 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB), dient vornehmlich dem Schutz des Vermögens anderer Unfallbeteiligter und Geschädigter davor, dass ein Unfallbeteiligter keine Kenntnis von der Person des Unfallverursachers erhält und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen hierdurch erschwert oder gar vereitelt wird. Auch ein darüber hinausgehender haftungsrechtlicher Zusammenhang, der daraus resultieren könnte, wenn ein Unfallgeschädigter dem sich unerlaubt vom Unfallort entfernenden Unfallgegner nacheilt, kommt im vorliegenden Rechtsstreit nicht in Betracht. Wie bereits oben aufgezeigt, steht dem Geschädigten, der zu einem selbstgefährdenden Verhalten herausgefordert worden ist, gegen den Herausforderer aus dem Gesichtspunkt der deliktischen Haftung nur ein Schadensersatzanspruch zu, wenn sein Schaden die Folge einer Gefahrsteigerung ist, in die er durch die Herausforderung geraten ist. Der Gesundheitsschaden, der sich bei der Klägerin realisiert hat, ist jedoch nicht Folge einer aus dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort folgenden Gefahrsteigerung, da die Klägerin der Beklagten bereits nicht nachgeeilt ist, sondern sich lediglich umgedreht hat, um sich mit der für sie überraschenden Situation und dem Verkehrsunfall zu befassen. Aber selbst wenn die Klägerin - was sie selbst nicht behauptet - beabsichtigt gehabt hätte, anschließend die Apotheke zu verlassen und der Beklagten nachzueilen, hätten sich bei der Klägerin in den erlittenen Gesundheitsschäden nicht die gesteigerten Risiken einer Verfolgung realisiert. Vielmehr hätte sich bei ihr lediglich ein normales Risiko verwirklicht, das dem allgemeinen Lebensrisiko zugewiesen ist, nachdem sie sich nach einer für sie überraschenden Mitteilung plötzlich und ruckartig umdreht hatte.

3. Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch kein Anspruch auf Ersatz des erlittenen Unfallschadens gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 115 VVG zu. Ebenso wie eine deliktische Haftung erfordert auch eine Einstandspflicht der Beklagten für die von der Klägerin geltend gemachten Schäden nach den §§ 7 und 18 StVG, dass diese Schäden innerhalb des Schutzzwecks der genannten Vorschriften liegen. Eine Zurechnung dieser Schäden zu der Betriebsgefahr des von der Beklagten Ziffer 1 geführten Kraftfahrzeugs ist jedoch aus denselben Gründen zu verneinen wie die haftungsrechtliche Verknüpfung mit dem schuldhaften Verstoß der Beklagten Ziffer 1 gegen die Vorschrift des § 1 Abs. 2 StVO und - wie von der Klägerin behauptet - gegen § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Denn da die Haftung nach § 7 StVG daraus resultiert, dass durch die Verwendung des Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird, muss die darauf gegründete Verantwortlichkeit von Halter und Fahrer auf solche Schäden beschränkt bleiben, in denen sich gerade die von dem Kraftfahrzeug als solchem ausgehenden Gefahren aktualisiert haben (BGHZ 107, 359). Von dem dazu erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen Betriebsgefahr und Schaden kann aber bei dem Bandscheibenvorfall der Klägerin und den daraus erwachsenen Schadensfolgen keine Rede sein. Hierin hat sich vielmehr auch für die Gefährdungshaftung des Straßenverkehrsgesetzes ein eigenständiger Gefahrenkreis verwirklicht, der dem allgemeinen Lebensrisiko zugewiesen ist. ..."

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Heilbehandlungskosten

Ein Unfallgeschädigter kann die durch eine ärztliche Untersuchung oder Behandlung entstandenen Kosten vom Schädiger nur ersetzt verlangen, wenn der Unfall zu einer Körperverletzung geführt hat. Die bloße Möglichkeit oder der Verdacht einer Verletzung genügt dafür nicht (BGH, Urteil vom 17.09. 2013 - VI ZR 95/13).

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Vorteilsausgleich

Wird der Geschädigte aufgrund unfallbedingter Verletzungsfolgen in einem Heim untergebracht, so sind auf den korrespondierenden Schadensanspruch wegen vermehrter Bedürfnisse im Wege des Vorteilsausgleichs die ersparten Kosten der häuslichen Verpflegung anzurechnen. Im Rahmen des Schätzermessens nach § 286 ZPO begegnet es keinen Bedenken, diese ersparten Kosten mit 7,50 EUR pro Tag anzurechnen (OLG Saarbrücken, Urteil vom 27.7.2010 - 4 U 585/09 - 166):

„... c) Schließlich bedarf die Höhe der ersparten Aufwendungen für die ersparte Eigenverpflegung während des Heimaufenthalts des Geschädigten einer Korrektur:

aa) Im Grundsatz sind bei einem Kranken- oder Kuraufenthalt die ersparten häuslichen Verpflegungskosten im Wege des Vorteilsausgleichs anrechenbar (Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 249 Rdnr. 93). Dieselben Erwägungen beanspruchen auch im Fall der Heimunterbringung Geltung: Auch dort ist dem Geschädigten hinsichtlich der Kosten für die Verpflegung im Pflegeheim nur insoweit ein Schaden entstanden, als diese Kosten der Verpflegung im Pflegeheim die Kosten übersteigen, die der Geschädigte ohnehin auch im häuslichen Bereich hätte aufwenden müssen (KG, Urt. v. 12.3.2003 - 22 U 39/06).

Für die Bemessung ist eine normative Bewertung geboten: Da es unbillig erschiene, den Schädiger mit einem erzwungenen Konsumverzicht des Geschädigten zu entlasten, kommt es nicht darauf an, ob der Geschädigte ohne schädigendes Ereignis einen besonders aufwendigen Lebensstil gepflegt hätte. Vielmehr ist in die Vergleichsberechnung einzubeziehen, was der Geschädigte für eine der Heimverpflegung entsprechende Verpflegung im privaten Haushalt hätte aufwenden müssen (MünchKomm(BGB)/Oetker, 5. Aufl., § 249 Rdnr. 235). Die konkret ersparten Aufwendungen sind nur dann von Relevanz, wenn der Geschädigte konkret darlegen kann, über ein besonders geringes Einkommen zu verfügen (so der Sachverhalt des vom KG, aaO, entschiedenen Falles).

bb) Diese Einschränkung kommt im vorliegenden Sachverhalt mangels substantiierten Sachvortrags zu den Haushaltsverhältnissen des Geschädigten nicht zum Tragen, weshalb der Senat den Wert der ersparten Eigenverpflegung in der Qualitätsstufe der Heimverpflegung in Ausübung seines Schätzermessens gem. § 287 ZPO auf 7,50 EUR schätzt. Der Senat bewegt sich mit seiner Schätzung in dem in Literatur und Rspr. eröffneten Rahmen: In der Kasuistik ist eine Bandbreite zwischen 4 und 10 EUR pro Tag nachgewiesen (OLG Hamm, NJW-RR 2001, 218: 20 DM; KG, Urt. v. 12.3.2003 - 22 U 39/06: 4 EUR). Die Literatur erachtet - soweit sie sich auf konkrete Beträge festlegt - einen Betrag zwischen 5 und 10 EUR für angemessen (Palandt/Grüneberg, aaO, § 249 Rdnr. 93).

d) Nach alldem ergeben sich folgenden rechnerische Konsequenzen: Die ersparten Aufwendungen addieren sich auf 11.302,50 EUR: Mai 2003 (11 Tage): 82,50 EUR, Juni - Dezember 2003 (214 Tage): 1.605 EUR, 2004 - 2006 (3 Jahre): 8.212,50 EUR, Januar - Juli 2007 (183 Tage): 1.372,50 EUR, August 2008 (4 Tage): 30 EUR. Die erstattungsfähigen Aufwendungen in Höhe von 45.079,26 EUR sind um die ersparten Verpflegungskosten zu vermindern, weshalb ein Betrag von 33.776,76 EUR verbleibt. Hinzu kommen die erstattungsfähigen Krankentransportkosten (476,70 EUR), woraus bei einer 25%-igen Quote der in Ziff. 1a) tenorierte Betrag von 8.563,36 EUR verbleibt. ..."

Zahnersatz

Grundsätzlich ist der Anspruch auf Schadensersatz des Unfallverletzten auf den Leistungsumfang eines gesetzlichen Krankenversicherers beschränkt. Der Geschädigte braucht sich aber nicht auf einen kostengünstigeren konventionellen Zahnersatz, dessen Kosten zunächst von der Krankenkasse getragen werden, verweisen zu lassen. Dem Verletzten steht die höherwertige Behandlungsmethode jedenfalls zu, wenn er noch vergleichsweise jung ist und unter der Verwendung einer Zahnprothese leiden würde und die Zahnimplantation auch medizinische Vorteile bietet.

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Leitsätze/Entscheidungen:

Da die gesetzlichen Krankenkassen bei Zahnbehandlungen und insbesondere bei Zahnersatz - wenn überhaupt - nur den untersten Standard ersetzen, ist es unter dem Schadensminderungsaspekt nicht zu beanstanden, dass der Geschädigte eine Behandlungsweise wählt, die nicht vollständig von der gesetzlichen Krankenkasse ersetzt wird (OLG Dresden, Urteil vom 01.04.2004 - 7 U 1994/03, VersR 2004, 1567).

Der Anspruch auf Zahnersatz eines durch einen Unfall Geschädigten ist nicht in jedem Fall auf den Leistungsumfang eines gesetzlichen Krankenversicherers beschränkt. Zur Frage der Unverhältnismäßigkeit einer beabsichtigten Therapie (hier: Zahnimplantat statt prothetischer Brückenversorgung; OLG Hamm, Urteil vom 27.03.2001 - 27 U 151/00, DAR 2001, 359).

Taxikosten - Leitsätze/Entscheidungen:

Kann der Geschädigte nach unfallbedingtem Ausfall seines Pkw seinen Fahrbedarf ohne Schwierigkeiten mit Taxifahrten decken, so ist die Anmietung eines Eratzwagens für 16 Tage bei einer Gesamtfahrleistung von 178 km und einem Kostenaufwand von 2.450,-- DM unverhältnismäßig. Anstelle der fiktiven Taxikosten con ca. 500,-- DM kann jedoch der Geschädigte den höheren Ersatz für Nutzungsausfall verlangen (OLG Hamm, Urteil vom 21.05.2001 - 6 U 243/00, DAR 2001, 458).



Kosten öffentlicher Verkehrsmittel

Entstehen dem Geschädigten wegen seiner ambulanten Behandlung in Folge der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel Kosten, so müssen ihm diese Kosten ersetzt werden (Siehe auch unter Taxikosten).

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Leitsätze/Entscheidungen:

Auch bei einem Fahrbedarf von weniger als täglich 20 km kann der Geschädigte den Ersatz von Mietwagenkosten verlangen, wenn er wegen weitgehenden Fehlens öffentlicher Verkehrsmittel und nicht umgehend verfügbarer Taxis aufgrund seines Gesundheitszustandes auf den sofortigen Einsatz eines Pkw angewiesen ist (LG Deggendorf, Urteil vom 26.09.1995 - S 87/95, ZfS 1995, 454).

Von dem Geschädigten muß verlangt werden, daß er vor der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs seinen Fahrbedarf und die Dauer des Nutzungsausfalls seines Kfz überschlägt und eine Vergleichsrechnung aufmacht. Stellt sich bei dieser Vergleichsbetrachtung die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs gegenüber der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel als wirtschaftlich unvernünftig in einer solchen Weise dar, daß ein krasses Mißverhältnis zwischen beiden Rechnungsposten besteht, muß er sich auf die öffentlichen Verkehrsmittel oder die Benutzung eines Taxis verweisen lassen (LG Göttingen, Urteil vom 10.08.1994 - 5 (6) S 168/94, VersR 1995, 1459).

Eine geringe Fahrleistung des Geschädigten allein mit dem von ihm genommenen Mietwagen genügt nicht, eine Verletzung der Schadensminderungspflicht mit der Begründung anzunehmen, ihm sei die Benutzung eines Taxis zumutbar gewesen. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, ob der Geschädigte aus beruflichen oder persönlichen Gründen auf die ständige Verfügbarkeit eines Fahrzeugs angewiesen ist, bestimmte voraussehbare Fahrten in zumutbarer Weise nur mit dem Pkw und nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder einem Taxi durchführen kann, etwa wenn aufgrund der Lage seiner Wohnung kein nahegelegener Anschluß an öffentliche Verkehrsmittel besteht oder die Anfahrt eines Tages unverhältnimäßig lange dauern würde (LG Aschaffenburg, Entscheidung vom 20.01.1994 - 2 S 243/93, ZfS 1994, 167).



Fahrtkosten mit eigenem Pkw

Muss der Verletzte ambulant behandelt werden, so müssen ihm die Kosten für die Fahrten zu den Behandlungsorten erstattet werden, auch wenn er einen Pkw benutzt. Anzusetzen ist ein Betrag in Höhe von EUR 0,33 pro gefahrenem Kilometer.

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Leitsätze/Entscheidungen:

Kosten von Besuchen naher Angehöriger bei stationärem Krankenhausaufenthalt des Verletzten (Fahrtkosten einschließlich Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwand, Verdienstausfall) sind nur dann seinen nach § 823 I BGB zu ersetzenden Heilungskosten zuzuordnen, wenn die Besuche medizinisch notwendig und die Aufwendungen unvermeidbar sind (BGH, Entscheidung vom 19.02.1991 - VI ZR 171/90, VersR 1991, 559).

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Die Fahrtkosten zu Ärzten und Kosten der auf Grund ihrer Diagnosen verschriebenen Krankengymnastik sind nur zu ersetzen, wenn eine unfallbedingte Primärverletzung nach dem Maßstab des § 286 ZPO bewiesen wird (Abweichung von KG, NZV 2003, 281; OLG Hamm, Urteil vom 23.06.2003 - 6 U 99/02, r + s 2003, 434).

Kosten von Besuchen naher Angehöriger bei stationärem Krankenhausaufenthalt des Verletzten (Fahrtkosten einschließlich eventueller Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwand, Verdienstausfall) sind nur dann seinen nach § 823 I BGB zu ersetzenden Heilungskosten zuzuordnen, wenn die Besuche medizinisch notwendig und die Aufwendungen unvermeidbar sind (OLG Brandenburg, Urteil vom 18.12.2001 - 11 U 134/99, NJOZ 2002, 2190).

Zu den erstattungsfähigen Heilungskosten und vermehrten Aufwendungen des Verletzten nach einem Unfall können auch Fahrtkosten gehören, etwa für notwendige Fahrten zum Arzt, Apotheke und zur Arbeitsstelle. Erstattungsfähig sind in der Regel die (vom Fahrzeugtyp abhängigen) variablen Betriebskosten zuzüglich eines Zuschlags für die laufleistungsabhängige erhöhte Abnutzung (konkret: 0,30 DM/km für Opel Astra 1,6; OLG Nürnberg, Urteil vom 13.12.2000 - 4 U 4590/99, VersR 2002, 245).

Auch die Fahrtkosten, die durch Besuche der Lebensgefährtin im Krankenhaus entstehen, können erstattungsfähig sein (LG Münster, Urteil vom 12.06.1997 - 8 S 410/96, NJW 1998, 1801).

Bei Fahrkosten für Arztbesuche kann der Verletzte einen Betrag von 0,40 DM/km in Anlehnung an § 9 III ZSEG verlangen (Bestätigung von OLG Hamm - 6. Zivilsenat, NJW-RR 1995, 599, dort für Fahrtkosten der Angehörigen; OLG Hamm, Urteil vom 07.11.1996 - 27 U 104/96, NJWE-VHR 1997, 107).

Zur Frage, welche Fahrtkosten ein unfallgeschädigtes sechsjähriges Kind für Besuchsfahrten seiner Eltern zum Krankenhaus ansetzen kann (OLG Hamm, Entscheidung vom 13.01.1992 - 13 U 118/91, NJW-RR 1993, 409).



Kosten der Arztberichte

Der Geschädigte muss nachweisen bzw. glaubhaft machen, ob und in welchem Umfang er durch den Verkehrsunfall verletzt worden ist. Der Geschädigte bzw. sein Haftpflichtversicherer können die Vorlage von entsprechenden Arztberichten verlangen. Soweit dem Geschädigten dadurch Kosten entstehen, müssen diese ersetzt werden.

Gutachterkosten

Für die Anfertigung von medizinischen Gutachten sind ebenfalls erstattungsfähig. Oft ist es notwendig, ein medizinisches Gutachten einzuholen, um Art und Umfang der durch den Unfall erlittenen Verletzungen nachzuweisen.

Haftungsausschluss

Der Haftungsausschluss gemäß § 105 Abs. 1 SGB VII erfasst nicht Schmerzensgeldansprüche von Angehörigen oder Hinterbliebenen eines Versicherten aufgrund so genannter Schockschäden infolge eines Arbeitsunfalles des Versicherten (BGH, Versäumnisurteil vom 06.02.2007 - VI ZR 55/06).

Haushaltsführungsschaden

Ein ersatzfähiger Haushaltsführungsschaden liegt vor, wenn der Verletzte seine Fähigkeit, den Haushalt zu führen, ganz oder teilweise verloren hat.

Der durch den Unfall verletzten Person steht ein eigener Schadensersatzanspruch zu, der sich aus §§ 842, 843 BGB ergibt.

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Leitsätze/Entscheidungen:

Bei der Schätzung des Haushaltsführungsschadens nach § 287 ZPO darf sich der Tatrichter in Ermangelung abweichender konkreter Gesichtspunkte grundsätzlich an dem Tabellenwerk von Schulz-Borck/Hofmann (Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt) orientieren (BGH, Urteil vom 03.02.2009 - VI ZR 183/08 zu BGB § 843 Abs. 1, 2. Alt.; ZPO § 287):

„... Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 15. August 2003 geltend, bei dem sie schwer verletzt wurde. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Beklagten für die der Klägerin durch den Unfall entstandenen Schäden in vollem Umfang einzustehen haben. Sie streiten nur noch um die Höhe des der Klägerin - einer allein stehenden erwerbstätigen Frau - entstandenen Haushaltsführungsschadens. Das Landgericht hat der Klägerin hierfür unter Klageabweisung im Übrigen einen Betrag von 9.649 € abzüglich vorgerichtlich gezahlter 3.500 €, insgesamt 6.149 € zuerkannt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und der Klägerin einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von insgesamt 11.243,26 € abzüglich 3.500 €, mithin insgesamt 7.743,26 € zugesprochen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in Höhe eines Betrages von 2.590,95 € weiter.

... 1. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass auch der Klägerin als allein stehender Person mit eigenem Haushalt ein Anspruch auf Ersatz ihres unfallbedingten Haushaltsführungsschadens unter dem Gesichtspunkt der vermehrten Bedürfnisse im Sinne des § 843 Abs. 1, 2. Alt. BGB zusteht (vgl. Senatsurteile vom 25. September 1973 - VI ZR 49/72 - VersR 1974, 162, 163; vom 18. Februar 1992 - VI ZR 367/90 - VersR 1992, 618, 619 und vom 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95 - VersR 1996, 1565).

2. Die Überprüfung der im Rahmen des Schätzungsermessens des Tatrichters nach § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmenden Bewertung der unfallbedingt entgangenen Tätigkeit eines Verletzten im Haushalt durch das Revisionsgericht ist darauf beschränkt, ob das Berufungsurteil auf grundsätzlich falschen Erwägungen beruht oder entscheidungserhebliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (vgl. z.B. Senatsurteil vom 10. April 1979 - VI ZR 151/75 - VersR 1979, 670, 671). Derartige Fehler sind hier nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht hat sich in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise an einem anerkannten Tabellenwerk (Schulz-Borck/Hofmann, Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6. Aufl.) orientiert. Dass sich der Tatrichter in Ermangelung konkreter Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung solcher Erfahrungswerte im Rahmen der Bemessung des Haushaltsführungsschadens bedient, hat der erkennende Senat bereits mehrfach gebilligt (vgl. Senatsurteile BGHZ 104, 113, 117 f.; vom 10. April 1979 - VI ZR 151/75 - aaO; vom 8. Juni 1982 - VI ZR 314/80 - VersR 1982, 951, 952; vom 11. Oktober 1983 - VI ZR 251/81 - VersR 1984, 79, 80 f.). Hieran ist auch für den vorliegenden Fall festzuhalten.

3. Die Revision nimmt zwar hin, dass das Berufungsgericht auf dieser Grundlage die durchschnittliche Arbeitsleistung der Klägerin im Haushalt auf 21,7 Wochenstunden geschätzt hat. Ohne Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Kürzung des Arbeitszeitbedarfes für die Zeit der stationären Aufenthalte der Klägerin im Krankenhaus.

Während der Zeit einer stationären Behandlung ist der Haushaltsführungsschaden in einem Ein-Personen-Haushalt naturgemäß deutlich reduziert und beschränkt sich im Allgemeinen auf notwendige Erhaltungsmaßnahmen (vgl. OLG Hamm NZV 2004, 631, 632; Jahnke, Der Verdienstausfall im Schadensersatzrecht, 3. Aufl., Kap. 7 A Rn. 12). Entgegen der Auffassung der Revision fallen die Positionen ‚Gartenarbeit', ‚Haushaltsführung und Organisation', ‚häusliche Kleinarbeiten' und ‚Pflege und Betreuung von Personen' in einem Zeitraum vollständiger Abwesenheit nicht in vollem Umfange an. Da viele Haushaltsarbeiten bei vollständiger Abwesenheit nicht anfallen, ist insbesondere der Aufwand für ‚Haushaltsführung und Organisation' in dieser Zeit reduziert. Auch zeigt die Revision keinen Sachvortrag der Klägerin auf, welcher die Position ‚Pflege und Betreuung von Personen' ausfüllen könnte. Entgegen der Auffassung der Revision entspricht es auch der Lebenserfahrung, dass während der vollständigen Abwesenheit des alleinigen Bewohners der Reinigungsbedarf auf ein Minimum reduziert ist. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht weiterhin den üblichen Zeitbedarf für die Position ‚Ernährung' während der Zeit der stationären Krankenhausaufenthalte der Klägerin wegen der im Krankenhaus bestehenden Vollverpflegung unberücksichtigt gelassen. Dies betrifft sowohl die üblicherweise anfallende Zeit für Essenszubereitung und Geschirrspülen als auch den Zeitaufwand für den Einkauf von Nahrungsmitteln und anderen Artikeln. Da die Revision insgesamt keinen konkreten Sachvortrag der Klägerin aufzeigt, dass abweichend von diesen Erfahrungswerten Hausarbeiten in größerem Umfang als die vom Berufungsgericht geschätzten drei Wochenstunden angefallen wären, war das Berufungsgericht aus Rechtsgründen nicht gehindert, den Zeitaufwand nach § 287 ZPO entsprechend zu reduzieren.

4. Die Revision hat auch keinen Erfolg mit ihren Angriffen gegen die Zugrundelegung des BAT X bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens durch das Berufungsgericht. Ein Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich.

Das Berufungsgericht durfte sich insoweit im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung nach § 287 ZPO in Ermangelung abweichender konkreter Anhaltspunkte an der Tabelle 3 von Schulz-Borck/Hofmann orientieren, die bei teilweisem Ausfall des Haushaltsführenden in einem Durchschnittshaushalt ohne Kinder und Einstellung einer Ersatzkraft, die nicht die Leitung des Haushalts zu übernehmen braucht, eine Eingruppierung der (fiktiven) Ersatzkraft nach BAT X vorsieht. Entgegen der Auffassung der Revision ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht für die Zeit des zeitweiligen oder dauernden teilweisen Ausfalls des Haushaltsführenden mit verbleibender Leitungsfunktion nicht die Vergütungsgruppe BAT IXb bzw. BAT VIII zugrunde gelegt hat. Die Vergütungsgruppe BAT IXb wird nach Tabelle 3 von Schulz-Borck/Hofmann Durchschnittshaushalten und gehobenen Haushalten ohne Kinder oder mit bereits schulpflichtigen Kindern bei fortbestehender Leitungsfunktion des Haushaltsführenden zugeordnet. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem Haushalt der Klägerin nur um einen einfachen Ein-Personen-Haushalt mit einfachen Wohnverhältnissen (65 m2), geringer technischer Ausstattung und einem unterdurchschnittlichen Haushaltseinkommen. Da es sich mithin um einen unterdurchschnittlichen Haushalt handelt, ist eine Nichtanwendung der Vergütungsgruppe BAT IXb nicht rechtsfehlerhaft. Die Vergütungsgruppe BAT VIII ist für die Zeiten, in denen die Klägerin die Leitungsfunktion in ihrem Haushalt zumindest überwiegend ausüben konnte, ebenfalls nicht einschlägig. Soweit die Revision insoweit meint, der Klägerin sei nicht möglich bzw. zumutbar gewesen, im Wechsel mit den Zeiten stationärer Behandlung abwechselnd Hilfskräfte nach BAT VIII und BAT X einzustellen, wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Klägerin tatsächlich keine Ersatzkraft eingestellt hat, sondern ihren Schaden fiktiv berechnet. Darüber hinaus weist die Revisionserwiderung zutreffend darauf hin, dass unter den Umständen des Streitfalles während der stationären Krankenhausaufenthalte der Klägerin mit stark reduziertem Haushaltsführungsbedarf die Einstellung einer qualifizierten Ersatzkraft im Sinne des BAT VIII nicht erforderlich gewesen wäre. Insofern ist der Klägerin - entgegen der Auffassung der Revision - auch kein rechtlich relevanter Nachteil dadurch entstanden, dass das Berufungsgericht hinsichtlich eines stationären Krankenhausaufenthaltes im Jahre 2007 den Haushaltsführungsschaden - wohl irrtümlich - nicht wie bei den anderen stationären Krankenhausaufenthalten nach BAT VIII, sondern nach BAT X berechnet hat.

Letztlich vermag auch die Auffassung der Revision, die Einstufung nach BAT X sei nicht mehr zeitgemäß, keine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen, auch wenn dies von dem Mitautor Hofmann in einer Fußnote zur Tabelle 3 von Schulz-Borck/Hofmann vertreten wird. Denn diese (pauschale) Einschätzung ist nicht geeignet, einen Ermessensfehler des Tatrichters im Rahmen der Schätzung der Schadenshöhe nach § 287 ZPO zu begründen, wenn er sich in Ermangelung abweichender Gesichtspunkte an der Einstufung des Tabellenwerks orientiert. ..."

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Verdienstausfall oder der Ausfall im Haushalt der Angehörigen ist nur zu ersetzen, wenn der Ausfall nicht durch Vor- oder Nacharbeit aufgefangen werden kann. Darüber hinausgehende Fortkommensnachteile sind nicht erstattungsfähig (Eingrenzung von BGHZ 106, 28 = NJW 1989, 766; NJW 1990, 1037; BGH, Entscheidung vom 19.02.1991 - VI ZR 171/90; VersR 1991, 559).

Zur Nachforderbarkeit von Einkommen- und Kirchensteuerbeträgen, die auf eine aus Anlaß eines Stationierungsschadens gewährte Schadensrente wegen Beeinträchtigung in der Haushaltsführung nachträglich erhoben werden (BGH, Entscheidung vom 23.05.1985 - III ZR 69/84, NJW 1985, 3011).

Eine verletzte Ehefrau und Mutter muß sich auf den Schadensersatzanspruch wegen Beeinträchtigung ihrer Fähigkeit zur Haushaltsführung (einschließlich Versorgung des Kindes) die von der Berufsgenossenschaft an sie bezahlte Verletztenrente insoweit anrechnen lassen, als der Ersatz die Haushaltsführung für Mann und Kind betrifft (BGH, Entscheidung vom 04.12.1984 - VI ZR 117/83, NJW 1985, 735).

Der Ersatzanspruch der körperlich verletzten Ehefrau wegen Beeinträchtigung in der Führung des Haushalts bestimmt sich - anders als der Ersatzanspruch aus § 844 Abs. 2 BGB - nicht nach der von ihr gesetzlich geschuldeten, sondern auch der von ihr tatsächlich ohne die Verletzung erbrachten Arbeitsleistung (BGH, Urteil vom 07.05.1974 - VI ZR 10/73, NJW 1974, 1651 - 1653).

Der Unterhaltsschaden des Witwers wegen Entziehung der Haushaltsführung bemißt sich, wenn daneben gleichartige Ansprüche unterhaltsberechtigter Kinder bestehen, nur nach dem auf ihn entfallenden Anteil an der von der Ehefrau gesetzlich geschuldeten Haushaltführung (BGH, Urteil vom 14.03.1972 - VI ZR 160/70, NJW 1972, 1130 - 1131).

Bei Berechnung der Schadensersatzansprüche der Hinterbliebenen wegen des ihnen entgangenen Unterhalts sind die festen Kosten der Haushaltsführung nicht insgesamt als entgangener Unterhaltsanspruch der Witwe, sondern zum Teil als Anspruch der Witwe und zum Teil als Unterhaltsanspruch der Kinder zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 23.11.1971 - VI ZR 241/69, NJW 1972, 251).

Sind beide Elternteile berufstätig, so ist der Vater regelmäßig verpflichtet, einen Teil der persönlichen Unterhaltsleistungen (Haushaltsführung und Versorgung und Erziehung des Kindes) zu übernehmen (BGH, Urteil vom 13.07.1971 - VI ZR 245/69, NJW 1971, 1983 - 1986).

Erhält eine Ehefrau wegen einer Arbeitsbeschränkung eine Unfallrente, so geht insoweit ein Ersatzanspruch gegen den Schädiger wegen Beeinträchtigung in der Führung des Haushalts auf den öffentlichen Versicherungsträger über. Dabei ist es gleichgültig, ob der Ersatzanspruch aus den §§ 842, 843 oder aus dem § 845 BGB hergeleitet wird (BGH, Urteil vom 13.12.1966 - VI ZR 73/65, NJW 1967, 442).

Die durch eine unerlaubte Handlung körperlich verletzte Ehefrau hat einen eigenen Schadensersatzanspruch wegen ihrer Beeinträchtigung in der Führung des Haushalts. Das gilt auch, wenn ihr die Verletzung vor der Ehe zugefügt worden ist (BGH, Urteil vom 25.09.1962 - VI Zr 244/61, NJW 1962, 2248 - 2249).

Die Ansprüche aus § 845 BGB stehen dem Ehemann auch dann zu, wenn die Ehefrau berufstätig war und die Haushaltsführung außerhalb der beruflich beanspruchten Zeit geleistet hat (BGH, Urteil vom 10.03.1959 - VI ZR 17/58, NJW 1959, 987).

*** (OLG)

„... 1. In dem Verlust der Fähigkeit, weiterhin Haushaltsarbeiten zu verrichten, liegt ein ersatzfähiger Schaden. Er stellt sich je nach dem, ob die Hausarbeit als Beitrag zum Familienunterhalt oder ob sie den eigentlichen Bedürfnissen des Verletzten diente, entweder als Erwerbsschaden im Sinne des § 843 Abs. 1 1. Alternative BGB oder als Vermehrung der Bedürfnisse im Sinne des § 843 Abs. 2 2. Alternative BGB dar (BGH NJW 1989, 2539). In dem einen wie in dem anderen Fall ist der Schaden messbar an der Entlohnung, die für die verletzungsbedingt in eigener Person nicht mehr ausführbaren Hausarbeiten an eine Hilfskraft gezahlt wird oder gezahlt werden müsste. Zu diesem Zweck ist festzustellen, welche Hausarbeiten der Verletzte vor dem Schadensfall zu verrichten pflegte, wie weit ihm diese Arbeiten nun nicht mehr möglich oder zumutbar sind und für wieviel Stunden folglich eine Hilfskraft benötigt wird (BGH a.a.O. mit Hinweis auf BGH NJW 1983, 1425). Ähnliches wie für die Haushaltsarbeiten gilt für die Gartenarbeit. Sie gehört zu den Haushaltsarbeiten im weiteren Sinne (BGH NJW 1989, 2539). Der Schaden besteht abstrakt, wenn keine Hilfskraft eingestellt wird, in dem Nettolohn, welcher der Hilfskraft bezahlt werden müsste (Palandt/Sprau, Kommentar zum BGB, 65. Auflage, § 843, Rdnr. 8 mit Hinweis auf BGH NJW-RR 1992, 792 und BGH NJW-RR 1990, 34).

2. a) Der Kläger macht im Ansatz zu Recht geltend, dass er nicht gehindert ist, einen ihm unfallbedingt entstandenen Haushaltsführungsschaden abstrakt geltend zu machen. Dies entbindet ihn jedoch nicht von der prozessualen Obliegenheit einer substantiierten Darlegung, welche Verrichtungen in dem gemeinschaftlichen Haushalt arbeitsteilig auf ihn entfielen und aufgrund welcher Einzelheiten ihm nunmehr verletzungsbedingt die Erledigung dieser Verrichtungen nicht mehr möglich ist.

b) Zutreffend ist die Darlegung im angefochtenen Urteil, dass sich dem im Übrigen unsubstantiierten Vortrag des Klägers nur in fassbarer Weise entnehmen lässt, dass die Erledigung der Gartenarbeit vollständig seine Aufgabe war (Bl. 7 UA; Bl. 466 d. A.). Auch das Rechtsmittelvorbringen des Klägers enthält diesbezüglich keine ergänzenden Angaben (Bl. 504 d. A.).

c) Da der Kläger vor dem Unfallereignis vollschichtig berufstätig war und in erheblichem Umfang Überstundenvergütungen realisiert hat, lässt sich mangels konkreter Angaben nicht feststellen, dass er über im familiären Zusammenleben selbstverständliche Handreichungen und Hilfeleistungen hinaus arbeitsteilig bestimmte haushaltsbezogene Verrichtungen, etwa beim Putzen, bei der Wäschereinigung oder bei der Nahrungszubereitung, regelmäßig erledigt hat. Nach Maßgabe seines erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 5. März 2003 stützt sich der Kläger für die Berechnung des Haushaltsführungsschadens auf die Tabelle 8 der Zusammenstellungen bei Schulz-Borck/Hofmann, 6. Auflage, lfd. Nr. 17 ("5-Personen-Haushalt, Kinder 5 bis unter 18 Jahren"). Eine abstrakte Schadensberechnung auf dieser Grundlage kann schon aufgrund der Tatsache nicht einschlägig sein, dass von den drei Kindern des Klägers (Geburtsdaten 18.12.1975; 15.04.1980; 28.11.1982) nur eines zum Unfallzeitpunkt noch ein Lebensalter von unter 18 Jahren hatte. Deshalb kann entgegen dem Klagevorbringen auch der Position "Betreuung der Kinder" für die Berechnung eines Haushaltsführungsschadens keine maßgebliche Bedeutung mehr beigemessen werden.

3. Es verbleibt damit bei der Feststellung des Landgerichts, dass sich als ersatzfähiger Haushaltsführungsschaden nur der Wegfall der Arbeitskraft des Klägers im Zusammenhang mit der Erledigung von Gartenarbeiten feststellen lässt.

a) Zu diesem Punkt rügen die Beklagten mit Erfolg, dass die Arbeitskraft des Klägers bei der Durchführung von Gartenverrichtungen nicht mit derjenigen einer gärtnerischen Fachkraft gleichgesetzt werden kann (Bl. 519 d. A.) - zumindest fehlt es diesbezüglich an konkretisierenden Angaben des Klägers. Damit kann nur der Nettolohn für eine einfache Hilfskraft berücksichtigt werden, den der Senat nach freiem Ermessen (§ 287 Abs. 1 ZPO) auf 12,50 € je Stunde schätzt.

b) Die Beklagten stellen nicht mehr die Richtigkeit der Darlegung des Klägers in Abrede, wonach er auf einer 200 m2 großen Garten- und Grundstücksfläche ein 110 m2 großes, zweigeschossiges Einfamilienhaus mit seinen Angehörigen bewohnt (Bl. 209 d. A.). Der nicht bebaute und deshalb von Gartenarbeiten und artverwandten Pflegetätigkeiten betroffene Grundstücksanteil ist deshalb mit etwa 140 m2 zu berücksichtigen. Der Kläger beziffert seinen jährlichen Arbeitsaufwand für den Garten auf 300 Stunden, was einen wöchentlichen Arbeitseinsatz von 5,7 Stunden ergibt. Gegen die Angemessenheit eines derartigen Berechnungsansatzes bestehen entsprechend den Darlegungen im angefochtenen Urteil keine Bedenken (§ 287 Abs. 1 ZPO). Daraus ergibt sich, bezogen auf den klagegegenständlichen Zeitraum 19. Juli 1999 bis 30. November 2000, ein berücksichtigungsfähiger Aufwand von 410 Stunden. Multipliziert man diesen mit dem maßgeblichen Stundensatz von 12,50 €, errechnet sich der ersatzfähige Haushaltsführungsschaden mit 5.125,00 €. ..." (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2007 I-1 U 206/06)

***

„... Die Klägerin hat mit der Bescheinigung vom 18.08.2006 (Bl. 390 GA) glaubhaft gemacht, dass ihr Ehemann jedenfalls seit dem 31. Mai 2006 aufgrund seiner schweren Herzerkrankung nicht mehr in der Lage ist wie bisher im Haushalt zu arbeiten. Ohne den streitgegenständlichen Unfall wäre die Klägerin in der Lage gewesen, den Haushalt im vollen Umfang zu führen. Die unfallbedingte Einbuße beträgt daher nach der zutreffenden Berechnung in der Beschwerdeschrift vom 15.08.2006 18 Stunden wöchentlich; bei einem Stundensatz von 7 € daher pro Monat 546 €.

Dem Schädiger kommt jedenfalls nicht (ohne weiteres) zugute, dass im Zeitpunkt des Unfalls der Ehemann an der Haushaltsführung zu einem Drittel beteiligt war. Denn der Haushaltsführungsschaden (entweder in Form vermehrter Bedürfnisse oder als geschuldete Unterhaltsleistung) ist typischerweise in der Zukunft entwicklungsfähig; er kann sich verringern, aber auch - wie hier - vergrößern, wenn die Arbeitskraft des im Haushalt Mitarbeitenden schwächer wird oder ganz ausfällt.

Der Senat hält unter den gegebenen Umständen eine zeitliche Befristung der Rente für nicht angebracht. Wenn - wie hier - durch die Verletzung vermehrte Bedürfnisse ausgelöst werden, sind diese typischerweise bis zum Lebensende gegeben (vgl. Pardey, Rdnr. 285). Während der Erwerbsschaden, der auf die Abgeltung der Nachteile im beruflichen Erwerbsleben gerichtet ist, bis zum fiktiven Bezug einer Altersrente begrenzt ist, sind der Erwerbsschaden wegen Beeinträchtigung in der Haushaltsführung sowie der Anspruch wegen vermehrter Bedürfnisse zeitlich nicht begrenzt (vgl. MünchKom/Wagner, §§ 842, 843 Rdnr. 60; Huber in Dauner Lieb/Heidel/Ring, BGB, Schuldrecht Band 2, §§ 842, 843 Rdnr. 211). Zwar wird zum Teil im Rahmen des Haushaltsführungsschadens eine Begrenzung der Geldrente in der Regel bis zum 75. Lebensjahr vorgenommen, weil dann allgemein das Ende der eigenen Haushaltsführung angenommen wird (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1995, 599; vgl. aber auch KG Berlin, R+S 1997, 461). Die steigende Lebenserwartung spricht jedoch dafür, das diesbezügliche Alter eher höher zu veranschlagen. Auch wenn, wie hier - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - eine Feststellungsklage für den Zeitraum nach Vollendung des 75. Lebensjahres erhoben worden ist, ist doch ein Zuspruch über das 75. Lebensjahr, ggfs. auch unbegrenzt, umso eher zu billigen, wenn die von dem Ersatzpflichtigen zu verantwortende Verletzung sich im fortgeschrittenen Alter ereignet ist und absehbar ist, dass der Geschädigte über das 75. Lebensjahr hinaus in der Lage gewesen wäre, eigenverantwortlich den Haushalt zu führen. So verhält es sich vorliegend. Die Geschädigte ist bereits 71 Jahre alt. Sie ist - mit der verletzungsbedingten Einschränkung - in der Lage ihren Haushalt noch zu führen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass dies nach Erreichen des 75. Lebensjahres einer Veränderung unterliegt. In diesem Zusammenhang gewinnt auch der Hinweis der Klägerin an Bedeutung, dass ihre Mutter 90 Jahre alt geworden ist und ihren Haushalt bis in das hohe Alter hinein selbständig geführt habe. ..." (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.09.2006 - I-1 W 53/06)

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„... Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage vollständig abgewiesen. Die Klägerin hat weder Anspruch auf Ersatz des durch sie geltend gemachten Haushaltsführungsschadens, noch sind die Beklagten zum Ausgleich eines unfallbedingten Erwerbsschadens verpflichtet.

Ersterer ist zwar nach Grund und Höhe von der Klägerin schlüssig dargetan; die Schadensposition ist jedoch bereits entsprechend der Begründung im angefochtenen Urteil durch die vorprozessualen Ersatzleistungen der Beklagten zu 2. gänzlich ausgeglichen.

Die Ersatzfähigkeit der von der Klägerin als Erwerbsschaden geltend gemachten Beeinträchtigung ihrer haushaltsbezogenen Arbeitsfähigkeit scheitert daran, dass sie die durch ihre Unfallverletzungen verhinderten Haushaltsführungsleistungen im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erbracht hat. In Bezug auf diese Leistungen fehlt es an einer schlüssigen Darlegung, dass diese einen selbständigen und einem Schadensausgleich zugänglichen Vermögenswert hatten, wobei eine entsprechende Anwendung der Vorschrift über den Ehegattenunterhalt ausscheidet. Entsprechend der Begründung der angefochtenen Entscheidung muss sich die Klägerin im Ergebnis so behandeln lassen, als habe sie in schadensersatzrechtlich neutraler Weise den Haushalt eines Dritten geführt.

Unabhängig davon, ob die klagegegenständlichen Kosten für die Inanspruchnahme eines Reinigungsdienstes zur Kompensierung des Haushaltsführungsschadens oder eines ohnehin nicht ersatzfähigen Erwerbsschadens angefallen sind, lässt sich - wie das Landgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat - nicht feststellen, dass die diesbezüglichen Aufwendungen der Klägerin eine in ihrer Person angefallene Schadensposition betreffen.

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht ist dem Landgericht auch kein entscheidungserheblicher Verfahrensfehler unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die richterliche Hinweispflicht unterlaufen. Ebenso wenig ist die durch das Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung zu beanstanden. Soweit der Kläger mit seiner Rechtsmittelbegründung umfänglich neue Angriffsmittel vorbringt, sind diese im Berufungsrechtszug nicht zulassungsfähig und geben dem Senat keinen Anlass zu einer ergänzenden Sachaufklärung.

II. Im Einzelnen ist folgendes auszuführen:

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt in dem Verlust der Fähigkeit, weiterhin Hausarbeiten zu verrichten, ein ersatzfähiger Schaden. Dieser stellt sich, je nachdem, ob die Hausarbeit als Beitrag zum Familienunterhalt oder ob sie den eigenen Bedürfnissen des Verletzten diente, entweder als Erwerbsschaden im Sinne des § 843 Abs. 1 1. Alternative BGB oder als Vermehrung der Bedürfnisse im Sinne des § 843 Abs. 1 2. Alternative BGB dar (BGH VersR 1989, 1273).

Gegenstand der Gesamtklageforderung in Höhe von 6.999,21 € sind Schadenspositionen, die in dem oben genannten Sinne entweder als Erwerbsschaden oder unter dem Gesichtspunkt vermehrter Bedürfnisse geltend gemacht werden. Ihren Gesamtaufwand für haushaltsbezogene Verrichtungen beziffert die Klägerin mit 12 Stunden wöchentlich, wobei die Hälfte dieser Zeit auf Tätigkeiten entfallen sein soll, die aufgrund einer Vereinbarung mit ihrem Lebensgefährten, dem Zeugen A., für diesen erbracht worden seien (Bl. 10 d.A.). Im Ergebnis ersatzfähig sind jedoch nur die Aufwendungen für Haushaltshilfeleistungen, die im Zusammenhang mit unfallbedingten vermehrten Bedürfnissen der Klägerin gemäß § 843 Abs. 1 2. Alternative BGB stehen.

1. a) Bei einer Verletzung des oder der Haushaltsführenden im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist zweifelsfrei ein Ersatzanspruch wegen des Wegfalls der Eigenversorgung - unfallbedingter Mehrbedarf - gegeben (Schulz-Borck/Hofmann, Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6. Auflage, S. 22 m.w.Nachw.). Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt kommen im Ansatz nur die - hypothetischen - Aufwendungen als ersatzfähig in Betracht, welche die Klägerin für die Zeit vom 21. Oktober 2002 bis zum 31. Januar 2003 mit dem Ausgangsbetrag von 1.800,00 € auf der Basis eines Aufwandes von 12 Arbeitsstunden je Woche beziffert (Bl. 14 d.A.; dazu nachfolgend d)).

b) Der für den Anschlusszeitraum 1. Februar 2003 bis 14. Dezember 2003 mit insgesamt 2.760,00 € bezifferte Schaden ist ausdrücklich als Erwerbsschaden im Sinne des § 843 Abs. 1 1. Alternative BGB geltend gemacht (Bl. 14 d.A.) und kann als solcher nicht Gegenstand einer begründeten Schadensersatzverpflichtung der Beklagten sein.

c) Soweit die Klägerin im Übrigen unter Vorlage von Kostenaufstellungen der F. GmbH für die Zeit ab Februar 2003 bis Oktober 2004 Rechnungsbeträge mit einer Gesamtsumme von fast 8.100,00 € abzüglich der vorprozessualen Ersatzleistungen der Beklagten zu 2. einfordert, ist nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme aus den durch das Landgericht dargelegten Gründen nicht feststellbar, dass die berechneten Kosten eine der Klägerin entstandene Vermögenseinbuße darstellen.

d) Da der für die Zeitspanne 21. Oktober 2002 bis 31. Januar 2003 mit 1.800,00 € bezifferte Aufwand für die Erledigung von Haushaltsarbeiten unter Inanspruchnahme einer Hilfskraft (vorstehend Ziffer 1a) auf der Grundlage von 12 wöchentlichen Einsatzstunden errechnet ist, andererseits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin der berücksichtigungsfähige Wegfall der Eigenversorgung - unfallbedingter Mehrbedarf - nur mit der Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit berücksichtigungsfähig ist, muss auch der Gesamtbetrag von 1.800,00 € auf die Hälfte gekürzt werden mit der Folge, dass der nach Maßgabe des § 843 Abs. 1 2. Alternative BGB ersatzfähige Schaden per Saldo nur den Umfang von 900,00 € erreicht.

e) Selbst wenn man die Zeiten, in welchen wegen der stationären Krankenhausunterbringung der Klägerin kein unfallbedingter Mehrbedarf gegeben war, außer Ansatz lässt, ist offenkundig, dass allein schon die von der Beklagten zu 2. vorprozessual auf den Haushaltsführungsschaden erbrachten Zahlungen von 1.667,60 € (Bl. 13 d.A.) die begründete Schadensersatzverpflichtung der Beklagten übererfüllt haben.

f) Soweit die Klägerin einen Kostenersatz für die Tätigkeiten verlangt, die im Umfang von 6 Wochenstunden mit der Haushaltsführung für den Lebensgefährten in Verbindung zu bringen sind, liegt kein nach Maßgabe des § 843 Abs. 1 1. Alternative BGB ersatzfähiger Erwerbsschaden vor. Die rechtliche Stellung der Klägerin kann nicht mit derjenigen eines haushaltsführenden Ehegatten gleichgestellt werden, der infolge der unfallbedingten Verletzungen an der Erledigung der haushaltsbezogenen Verrichtungen gehindert ist.

2. a) Gemäß § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Diese Regelung wird ergänzt durch § 1360 BGB, wonach die Ehegatten zudem wechselseitig verpflichtet sind, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Dies geschieht bei der Einverdienerehe dadurch, dass ein Ehegatte den Haushalt führt und der andere die hierzu notwendigen Mittel zur Verfügung stellt. Derjenige Ehegatte, der in dieser Form der Ehe den Haushalt führt, erbringt seinen geschuldeten Beitrag zum Familienunterhalt durch Einbringung und Verwertung seiner Arbeitskraft. Daraus folgt, dass er im Falle der Verletzung seiner Person und einem sich daraus ergebenden Unvermögen zur Erfüllung der Haushaltsführungspflicht einen eigenen, wirtschaftlich messbaren Schaden erleidet, den der Schädiger zu ersetzen verpflichtet ist (Raiser NJW 1994, 2672 mit Hinweis auf BGHZ 38, 55). Der Ehegatte, der infolge einer Verletzung die ihm als Unterhaltsbeitrag obliegende Hausarbeit nicht leisten kann, hat auch dann einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Kosten einer Ersatzkraft, wenn eine solche nicht angestellt wird (BGH GrZS NJW 1968, 1832; BGH NJW 1983, 1425).

b) Eine einer ehelichen Verbindung entsprechende Versorgungslage ist für die Klägerin indes durch die eheähnliche Lebensgemeinschaft mit dem Zeugen A. nicht geschaffen worden. Für eine entsprechende Anwendung der Regeln über den Ehegattenunterhalt auf derartige Lebensgemeinschaften ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kein Raum (BGH VersR 1984, 936, 937 = NJW 1984, 2520 mit Hinweis auf BGH NJW 1980, 124 sowie BGH NJW 1980, 1686). Grundsätzlich stehen die Partner einer solchen Gemeinschaft, was ihre Leistungen für den anderen betrifft, nicht in rechtlichen Beziehungen zueinander, sondern sind auf die jederzeit aufkündbare Bereitschaft des anderen zur freiwilligen Unterstützung angewiesen. Selbst wenn ausnahmsweise rechtsverbindliche Abmachungen getroffen worden sind, stellen sie die Unterhaltsbeziehungen jedenfalls nicht auf eine derart selbständige Grundlage wie die Begründung einer ehelichen Lebensgemeinschaft, die diese wesensmäßig in sich selbst trägt (BGH a.a.O.).

c) Folglich ist der Verlust der Fähigkeit, Haushaltsarbeiten zu verrichten, nur dann ein Erwerbsschaden im Sinne des § 843 Abs. 1 1. Alternative BGB, wenn sie der Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht dient. Die Führung des Haushalts in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft reicht hierfür nicht aus (OLG Nürnberg, NZV 2006, 209; OLG Düsseldorf - 13. Zivilsenat - VersR 1992, 1418; OLG Köln ZfS 1984, 132; LG Hildesheim VersR 2002, 1431; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 8. Auflage, Rdnr. 183; Raiser NJW 1994, 2672; Geigel/Pardey, Der Haftpflichtprozess, 24. Auflage, Kapitel 4, Rdnr. 149; Palandt/Sprau, Kommentar zum BGB, 65. Auflage, § 843, Rdnr. 8). Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Verlust der Arbeitskraft als solcher nicht als Erwerbsschaden angesehen werden kann (Schulz-Borck/Hofmann a.a.O., S. 23 mit Hinweis auf BGHZ 54, 45 und die ständige Rechtsprechung des BGH). Es kann auch nicht darauf abgestellt werden, der oder die Haushaltsführende hätte durch eine andere entlohnte Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt Einkünfte erzielen können, denn ein Verzicht auf Erwerbseinkommen kann noch nicht mit dem konkreten Nachweis eines Erwerbsschadens gleichgesetzt werden (Schulz-Borck/Hofmann a.a.O.).

d) Der Bundesgerichtshof hat davon abgesehen, den Wert der Haushaltsführung in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Todesfall als Vorteil auf den Unterhaltsschaden der Witwe zur Anrechnung zu bringen (BGH VersR 1984, 936 = NJW 1984, 2520). Folgerichtig kann dann die Versorgung des Lebensgefährten auch nicht als eine Verwertung der Arbeitskraft der Witwe qualifiziert werden. Der Schadensersatzanspruch aus § 843 Abs. 1 BGB ist im Ergebnis so zu behandeln, als hätte sie ohne die Versorgung anderer Personen als Alleinstehende einen Haushalt geführt (OLG Düsseldorf VersR 1992, 1418, 1419; Küppersbusch a.a.O., Rdnr. 183).

3. In der Rechtsprechung und Literatur wird teilweise die Ersatzfähigkeit des Haushaltsführungsschadens unter dem Gesichtspunkt des Verlustes der Erwerbsfähigkeit gemäß § 843 Abs. 1 1. Alternative BGB bejaht, wenn der Betroffene infolge einer durch einen Dritten verschuldeten Körper- oder Gesundheitsverletzung in der Haushaltsführung ausfällt (grundlegend LG Zweibrücken FamRZ 1994, 955 = NJW 1993, 3207; OLG Karlsruhe DAR 1993, 391 ohne Begründung; Wagner in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage, §§ 842, 843, Rdnr. 53; Staudinger/Vieweg, Kommentar zum BGB, 13. Auflage, § 842, Rdnr. 133; Huber in Dauner-Lieb/Heidel/Ring, Kommentar zum BGB, §§ 842, 843, Rdnr. 169). Auch soweit der Kläger sich diese Mindermeinung zu Eigen macht, dringt er mit seinen Berufungsangriffen nicht durch.

Er machte ohne Erfolg unter Hinweis auf § 20 SGB XII und § 814 BGB geltend, die Anerkennung einer faktischen oder sittlichen Unterhaltspflicht sei dem Recht nicht fremd. Dagegen ist einzuwenden, dass der Kreis der im Rahmen der unerlaubten Handlung Anspruchsberechtigten nicht im Wege der Analogie erweitert werden kann auf Beziehungen, die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechen. Eine derartige Ausdehnung kann nicht Aufgabe der Rechtsprechung sein, sondern muss dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Während nach § 5 LPartG gleichgeschlechtliche Partner einander zum Unterhalt verpflichtet sind, so dass für diese ein Erwerbsschaden bei Verletzung des haushaltsführenden Partners anzuerkennen ist (Wagner a.a.O., §§ 842, 843, Rdnr. 53), ist eine vergleichbare Regelung für die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bisher nicht existent. Ausnahmeregelungen der durch die Klägerin zitierten Art können nicht erweitert ausgelegt werden und sind einer Analogie nicht zugänglich (vgl. Schulz-Borck/Hofmann a.a.O., S. 22). Wird auf das Kriterium der Unterhaltsbeziehung, wie etwa zuletzt in § 5 LPartG normiert, verzichtet, hatte die normative Wertung, dem Wegfall der fremdnützigen Hausarbeit die Eigenschaft eines ersatzfähigen Vermögensnachteils beizumessen, keinen objektiven Bezug und mutet fast willkürlich an (Pardey/Schulz-Borck DAR 2002, 289, 296).

4. Allerdings ist der Klägerin zuzugeben, dass auch im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Fallgestaltungen denkbar sind, die es rechtfertigen können, den Fortfall der Haushaltsführungstätigkeit des verletzten Partners als einen nach Maßgabe des § 843 Abs. 1 1. Alternative BGB ersatzfähigen Vermögensschaden zu qualifizieren. Dies ist etwa der Fall, wenn die Leistungen zur Haushaltsführung in einer solchen Beziehung aufgrund einer vertraglichen Regelung erfolgen, insbesondere soweit sie sich als Gegenleistung zur Unterhalts- oder Versorgungsleistung des anderen Partners verstehen (Geigel/Pardey, Der Haftpflichtprozess, 24. Auflage, 4. Kapitel, Rdnr. 149; LG Zweibrücken NJW 1993, 3207). Möglicherweise kommt auch die Qualifizierung als ersatzfähiger Erwerbsschaden unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass die Haushaltsführung in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine sinnvolle Verwertung der Arbeitskraft des davon betroffenen Partners darstellt (Huber in Dauner-Lieb/Heidel/Ring, Kommentar zum BGB, §§ 842, 843, Rdnr. 169; Staudinger/Vieweg a.a.O., Rdnr. 133; LG Zweibrücken a.a.O.; LG Hildesheim VersR 2002, 1431, 1432).

Im vorliegenden Fall kann aber im Ergebnis die Entscheidung dieser Rechtsfragen dahinstehen. Denn weder lässt sich feststellen, dass die Haushaltsführung der Klägerin sich auf der Grundlage einer vertraglichen Regelung mit ihrem Lebenspartner als Gegenleistung für dessen Unterhalts- oder Versorgungsleistungen darstellt; noch ist auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin ersichtlich, dass die vollständige Übernahme der Haushaltsdienstleistungen durch sie im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft als eine in jeder Hinsicht wirtschaftlich sinnvolle Verwertung ihrer Arbeitskraft bewertet werden kann.

a) Erstinstanzlich hat die Klägerin die Behauptung aufgestellt, sie habe mit ihrem Lebensgefährten, dem Zeugen A., die rechtlich bindende Vereinbarung getroffen, dass die anfallenden Haushaltstätigkeiten allein durch sie vorzunehmen seien (Bl. 16 d.A.). Aus den durch das Landgericht dargelegten Gründen lässt sich jedoch nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme schon nicht feststellen, dass mit der behaupteten Absprache mehr als nur eine interne Zuständigkeitsaufteilung für die Erledigung der anfallenden Haushaltsarbeiten verbunden war, die jeden rechtsgeschäftlich verpflichtenden Charakter entbehrte (Bl. 6 UA; Bl. 161 d.A.).

Denn der zu den Einzelheiten der Haushaltsführung der Klägerin vernommene Zeuge A. hat nichts von einer irgendwie gearteten rechtsgeschäftlichen Verpflichtung der Klägerin im Zusammenhang mit der Übernahme der Versorgung des gemeinschaftlichen Haushaltes zu berichten gewusst (Bl. 145-146 d.A.). Zudem gibt weder seine Darstellung noch das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers irgendwelche Anhaltspunkte für die Annahme her, dass die Klägerin in der Vergangenheit ihre Haushaltstätigkeiten im Gegenzug für irgendwelche Unterhalts- oder Versorgungsleistungen des Zeugen verrichtet hat.

b) Es ist auch kein Raum für die Annahme, dass die alleinige Haushaltsführung durch die Klägerin im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft in der Vergangenheit eine sinnvolle Verwertung ihrer Arbeitskraft darstellte.

aa) Zwar mag entsprechend der Behauptung der Klägerin ihr Lebensgefährte das gemeinschaftlich bewohnte Einfamilienhaus mit großem Garten nur unter der Voraussetzung zu Eigentum erworben haben, dass sie, die Klägerin, sich vollumfänglich um den Haushalt kümmerte, weil sich ihr Partner aufgrund seiner beruflichen Auslastung als Rechtsanwalt an diesbezüglichen Hilfeleistungen gehindert sah (Bl. 131, 132 d.A.). In diesem Zusammenhang darf indes nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch die Klägerin bis zum Unfallereignis einer Berufstätigkeit nachgegangen ist. Dies lässt die vorgerichtliche Korrespondenz mit der Beklagten zu 2. erkennen. Diese hat mit Schreiben vom 20. August 2004 mitgeteilt, sie wiederhole ein früheres Angebot betreffend die Regulierung des Verdienstschadens der Klägerin verbunden mit der Anregung der Anforderung von Verdienstbescheinigungen des Arbeitgebers (Bl. 88, 89 d.A.). Vorangegangen war ein anwaltliches Schreiben der Klägerin vom 16. August 2004, in welchem sie bekannt gegeben hatte, ihr habe eine Nettolohnvergütung in Höhe von 1.716,48 € zugestanden, ebenso wie ein Anspruch auf Zahlung eines Urlaubsgeldes in Form eines 14. Monatsgehaltes (Bl. 86 d.A.).

bb) Zwar bleibt offen, in welchem zeitlichen Umfang die Klägerin in der Vergangenheit aufgrund ihrer Berufstätigkeit in Anspruch genommen worden ist. Die bezeichnete Nettolohnvergütung lässt jedoch darauf schließen, dass sie nicht nur mit einer Aushilfsbeschäftigung befasst war. Zusätzlich zu einer Vollzeit- oder auch nur einer Teilzeitbeschäftigung der Klägerin erscheint es jedoch nicht zwangsläufig als eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung ihrer Arbeitskraft, wenn sie dazu im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft die vollständige Versorgung des Haushaltes mit großem Haus und Garten ohne feststellbare Gegenleistung durch Unterhalts- oder Versorgungszuwendungen ihres Lebenspartners übernimmt.

5. Ohne Einfluss auf die Entscheidung des Rechtsstreites bleibt die erstmals in der Berufungsbegründung aufgestellte Behauptung der Klägerin, sie habe "die Haushaltsdienstleistungen für den Zeugen gemäß der getroffenen Abrede als Ausgleich für von dem Zeugen ihr gewährter Versorgung und Unterhalt" erbracht (Bl. 185 d.A.); dieser habe - abgesehen von einer monatlichen Zuwendung in Höhe von 300,00 € - alle mit dem Einfamilienhaus verbundenen Kosten und insbesondere auch die gesamten Kosten des gemeinsamen Lebensunterhaltes getragen (Bl. 186 d.A.). Dieser - streitige - Vortrag ist, was die Klägerin nicht verkennt, ein neues Angriffsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Entgegen der durch sie vertretenen Rechtsansicht ist ihr neues Vorbringen indes nicht gemäß Ziff. 2 dieser Bestimmung zulassungsfähig. Dem Landgericht ist kein Verfahrensfehler in Form eines Verstoßes gegen § 139 Abs. 1 ZPO aufgrund des Umstandes anzulasten, dass es ohne vorherigen gesonderten Hinweis in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils festgestellt hat, die von der Klägerin vorgetragene Absprache mit dem Zeugen A. habe keine Verpflichtung zur Haushaltsführung zum Gegenstand und stelle nicht mehr als eine interne Arbeitsaufteilung dar (Bl. 6 UA; Bl. 161 d.A.).

a) Der zuständige Einzelrichter der 10. Zivilkammer des Landgerichts hatte im Zusammenhang mit der Verfügung vom 8. April 2005 betreffend die Ladung zum Verhandlungstermin am 25. Mai 2005 der Klägerin gemäß § 273 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO zur Vorbereitung des Termins aufgegeben, "binnen drei Wochen unmissverständlich klarzustellen, wessen Haushalt durch die Arbeiten geführt wurde, deren Bezahlung sie mit der Klage geltend macht und alle Absprachen mit ihrem Lebensgefährten hierzu darzulegen". Als Reaktion darauf hat die Klägerin einen Schriftsatz vom 9. Mai 2005 mit ergänzendem Vortrag zu den Akten gereicht, der jedoch kein entscheidungserhebliches Vorbringen zu den hier im Raum stehenden Fragen hinsichtlich des rechtsgeschäftlich verpflichtenden Charakters der Übernahme der Haushaltsverrichtungen durch die Klägerin sowie der dafür seitens ihres Lebensgefährten erbrachten Gegenleistungen enthält. Der diese Punkte betreffende Vortrag ist erstmals Gegenstand ihres Rechtsmittelvorbringens. Mit Rücksicht auf die anlässlich der Schlussverhandlung vor dem Landgericht am 28. Oktober 2005 bestehende Prozesssituation war der zuständige Einzelrichter nicht gehindert, im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 286 Abs. 1 ZPO) die nunmehr durch die Klägerin angegriffene Feststellung der rechtlichen Unverbindlichkeit der fraglichen Absprache zu treffen.

b) Eines vorherigen Hinweises gemäß § 139 Abs. 1 ZPO an die Klägerin, um im Hinblick auf das für sie ungünstige Ergebnis der Beweisaufnahme dieser die Gelegenheit zu einem nachträglichen Vorbringen mit Beweisantritten einzuräumen, bedurfte es nicht. Dem steht schon entgegen, dass die Klägerin wegen ihrer Prozessförderungspflicht (§ 282 Abs. 1 ZPO) gehalten war, als Reaktion auf die ihr mit der Terminsverfügung vom 8. April 2005 erteilte Auflage rechtzeitig alle als sachdienlich erachteten Angriffsmittel bezüglich des Inhaltes der fraglichen Absprache mit dem Zeugen A. in den Rechtsstreit einzuführen. Hätte die Klägerin demnach den Vortrag, der nunmehr Gegenstand ihrer Berufungsbegründung ist, im Anschluss an den erstinstanzlichen Schlusstermin vom 28. Oktober 2005 nach der Vernehmung des Zeugen schriftsätzlich zu den Akten gereicht, hätte das Landgericht von der Verspätungszurückweisung gemäß § 296 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 273 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO Gebrauch machen können.

c) Das Unterlassen des als erforderlich erachteten umfassenden Sachvortrages nebst Beweisantritten als Reaktion auf die terminsvorbereitende Auflage des Einzelrichters vom 8. April 2005 stellt eine Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 3 ZPO dar mit der Folge, dass der neue Sachvortrag der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung betreffend Rechtsnatur und Tragweite der fraglichen Absprachen mit dem Zeugen A. der Zurückweisung nach Maßgabe dieser Vorschrift unterliegt.

III. Nicht zu beanstanden ist darüber hinaus die durch die Klägerin angegriffene Feststellung des Landgerichts, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lasse sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass die Klägerin die Kosten für die Reinigungskraft tatsächlich bezahlt habe und dass sie insoweit von einem unfallbedingten Schaden betroffen gewesen sei (Bl. 5 UA; Bl. 160 d.A.).

1. Gemäß § 529 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Derartige Zweifel sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Dabei lässt der Senat nicht außer Betracht, dass in Bezug auf den Umfang ihrer unfallbedingten Vermögenseinbußen der Klägerin die Darlegungs- und Beweiserleichterungen des § 287 Abs. 1 ZPO zugute kommen. Gleichwohl vermag der Senat auch nicht mit einer nur überwiegenden Wahrscheinlichkeit die Feststellung zu treffen, dass die von den Rechnungen der F. GmbH erfassten Reinigungsarbeiten für den Zeitraum Februar 2003 bis Oktober 2004 einen Schaden darstellen, der in der Person der nach Maßgabe des § 843 Abs. 1 2. Alternative BGB anspruchsberechtigten Klägerin entstanden ist.

a) Alle diesbezüglichen Kostenaufstellungen sind an den Zeugen A., und zwar unter der Anschrift seiner Anwaltskanzlei, gerichtet. Wie der Zeuge bei seiner Vernehmung im Termin am 28. Oktober 2005 bekundet hat, hatte er selbst das Unternehmen mit der Durchführung von Reinigungsverrichtungen und wäschebezogenen Zusatzarbeiten im gemeinschaftlichen Haushalt mit der Klägerin beauftragt. Hintergrund war die Tatsache, dass die Firma F. GmbH auch in den Kanzleiräumen des Zeugen Reinigungsarbeiten durchführt (Bl. 144, 145 d.A.).

Naheliegenderweise hatte sich der Zeuge dann auch um die Bezahlung der klagegegenständlichen Rechnungen des Unternehmens gekümmert. Diese sind, wie er bei seiner Vernehmung angegeben hat, durchgehend von seinem Privatkonto überwiesen worden (Bl. 145 d.A.). Die an ihn gerichtete Frage, ob die Klägerin dem Zeugen schon Geld für die verauslagten Rechnungsbeträge bezahlt habe, hat dieser zweifelsfrei verneint (Bl. 145 d.A.). Bei dieser Bekundung ist er auch auf Vorhalt der gegenteiligen Darstellung der Klägerin im Termin am 28. Oktober 2005, sie habe dem Zeugen bis Oktober 2004 die Rechnungsbeträge durch Barzahlungen erstattet (Bl. 144 d.A.), geblieben (Bl. 145 d.A.). Angesichts dieses Beweisergebnisses lässt sich nicht feststellen, dass der Klägerin im Zusammenhang mit den Kostenaufstellungen der Firma F. GmbH bisher eine Vermögenseinbuße entstanden ist. Vielmehr ist von einer Übereinkunft zwischen der Klägerin und dem Zeugen auszugehen, derzufolge letzterer sich um die Bezahlung der Rechnungsbeträge aus den Kostenaufstellungen der Fl. GmbH kümmern sollte, die mit seiner Büroanschrift adressiert waren.

b) Nichts anderes ergibt sich aus den im Urteil dargelegten Gründen aus der vagen nachträglichen Bekundung des Zeugen A., "es mag etwas länger als ein Jahr her sein, so ungefähr jedenfalls", dass zwischen ihm und der Klägerin ein "Kontenausgleich" stattgefunden habe, im Zuge dessen er Geld von der Klägerin bekommen habe, ohne dass er genaue Beträge zu nennen vermochte (Bl. 145 d.A.). Ganz abgesehen davon, dass diese Darstellung wesentliche Einzelheiten des "Kontenausgleiches" offen lässt, steht die weitere Angabe des Zeugen, der Ausgleich sei im Überweisungswege erfolgt (Bl. 146 d.A.), in einem unvereinbaren Gegensatz zu der Darstellung der Klägerin, sie habe dem Zeugen bei verschiedenen Gelegenheiten Bargeldbeträge zu Ausgleichszwecken zukommen lassen (Bl. 144 d.A.).

2. a) Ohne Substanz ist die durch die Klägerin erhobene Verfahrensrüge, der Einzelrichter des Landgerichts habe im Beweisaufnahme- und Verhandlungstermin vom 28. Oktober 2005 überraschend die komplexe Thematik des zwischen ihr und dem Zeugen A. erfolgten finanziellen Ausgleichs thematisiert, nachdem in der Ladungsverfügung als Beweisthema nur Art und Umfang der streitigen Haushaltsführung vor und nach dem Verkehrsunfall angekündigt worden sei; auf dem Hintergrund dieser unerwarteten Erweiterung der Beweisthematik seien ihre Angaben und diejenigen des Zeugen A. im Termin zu würdigen (Bl. 188 d.A.).

b) Die Schadensbezogenheit der Rechnungen der Fl. GmbH sowie die Bezahlung der darin ausgewiesenen Beträge durch die Klägerin ist von vornherein streitig gewesen. Nachdem die Beklagten zu Beginn des Beweisaufnahmetermins am 28. Oktober 2005 ihr insoweit bestreitendes Vorbringen wiederholt hatten, hat die Klägerin zum Nachweis ihres anspruchsbegründenden Vorbringens hinsichtlich der Rechnungsbeträge sich auch insoweit auf die Aussage des Zeugen A. als Beweismittel berufen (Bl. 144 d.A.). Erst auf diesen Beweisantritt hin hat sich das Landgericht dann zu Recht veranlasst gesehen, den Zeugen auch zu der Thematik der Schadensbezogenheit der Kostenaufstellungen des Reinigungsunternehmens sowie zu der Art und Weise des Ausgleichs der Rechnungsbeträge zu befragen. Bei dieser Sachlage kann von einem die Klägerin benachteiligenden Überraschungsmoment keine Rede sein.

3. Darüber hinaus ist dem in der Berufungsbegründung formulierten Hilfsantrag der Klägerin kein Erfolg beschieden, die Beklagten zu verurteilen, sie gegenüber dem Zeugen A. "von der Verbindlichkeit auf Rückzahlung von 6.999,21 € nebst Zinsen" freizustellen (Bl. 181 d.A.).

a) Ganz abgesehen davon, dass die Klagesumme von fast 7.000,00 € sich nicht allein auf die Rechnungsbeträge der F. GmbH bezieht, ist folgendes zu berücksichtigen: Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nicht von der Annahme ausgegangen werden, dass die Klägerin im Innenverhältnis zu dem Zeugen A. von einer rechtlich durchsetzbaren und unbedingten Verpflichtung betroffen ist, diesem die durch das Reinigungsunternehmen in Rechnung gestellten Beträge zu erstatten, für deren Ausgleich der Zeuge während des klagegegenständlichen Zeitraumes gesorgt hatte. Die diesbezügliche Darstellung der Klägerin im Beweisaufnahmetermin vom 28. Oktober 2005, nach den einzelnen Überweisungen gebe sie dem Zeugen "das Geld dann wieder" ist ebenso wenig erwiesen, wie die durch die Klägerin in diesem Zusammenhang dargestellten Barzahlungen. Der Senat vermag deshalb nicht der durch das Landgericht geäußerten Rechtsansicht zu folgen, hinsichtlich ihrer Verbindlichkeiten gegenüber dem Zeugen A. komme nur ein Freistellungsanspruch der Klägerin gegenüber den Beklagten in Betracht (Bl. 5 UA; Bl. 160 d.A.).

b) Nach dem von der Klägerin in ihrem Prozessvortrag und bei ihrer persönlichen Anhörung geschilderten Leidensweg nach dem Eintritt ihrer erheblichen Unfallverletzungen und ihrem daraus folgenden Unvermögen zur Erledigung von Haushaltsverrichtungen während des klagegegenständlichen Zeitraumes erscheint es alles andere als plausibel, dass sie in ihrem bemitleidenswerten Zustand alsbald mit dem Zeugen A. eine rechtlich bindende Vereinbarung des Inhaltes getroffen haben soll, dass sie als Surrogat für ihre unmöglich gewordenen Haushaltsdienstleistungen letztlich für die Rechnungsbeträge einstehen soll, die sich aus der Ersatzvornahme der seitens des Zeugen A. beauftragten F. GmbH ergeben. Viel naheliegender im Hinblick auf ihre Verbindung ist vielmehr eine Absprache des Inhaltes, dass der Zeuge A. aufgrund der Tatsache, dass er ohnehin mit dem Reinigungsunternehmen in Geschäftsverbindung stand, die Überweisung der Rechnungsbeträge übernehmen sollte und dass man den Versuch unternahm, die Aufwendungen klageweise über einen Ersatzanspruch der Klägerin aus § 843 Abs. 1 BGB gegenüber den Beklagten als Unfallschäden durchzusetzen. Sofern dieser Versuch - wie dies tatsächlich der Fall ist - scheitert, versteht es sich dann bei einer lebensnahen Betrachtung von selbst, dass die Klägerin in dem Verhältnis zu ihrem als Rechtsanwalt finanziell leistungsfähigen Lebenspartner keine Einstandspflicht als Surrogat für die ihr unverschuldet unmöglich gewordenen Haushaltsleistungen trifft.

c) In diesem Kontext ist die Darstellung des Zeugen A. zu verstehen, er sei "mit der Klägerin dann so verblieben", dass er "das Geld vorstrecke, bis eine Klärung erfolgt", also eine erfolgreiche Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegenüber den Beklagten vorgenommen sei (Bl. 145 d.A.). Diese "Klärung" ist jedoch nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme im Hinblick auf die Unstimmigkeiten und offenkundigen Widersprüche zwischen der Darstellung der Klägerin einerseits und der Aussage des Zeugen andererseits, was die Bezahlung und den Ausgleich der Rechnungsbeträge des Reinigungsunternehmens anbelangt, nicht eingetreten.

IV. Die Berufungsbegründung der Klägerin enthält ein dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme angepasstes, umfängliches neues Vorbringen zu den angeblichen Einzelheiten der Bezahlung der Rechnungsbeträge der F. GmbH sowie der Ausgleichungsmodalitäten im Innenverhältnis zwischen der Klägerin und dem Zeugen A. (Bl. 188-190 d.A.). Der Senat hat keinen Anlass, den dazu von der Klägerin angebotenen Beweis durch Vernehmung des Zeugen A. zu erheben. Denn auch insoweit enthält ihr Rechtsmittelvortrag neue Angriffsmittel, die nach Maßgabe des § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO im zweiten Rechtszug nicht zulassungsfähig sind. Die Klägerin dringt nicht mit ihrem Einwand durch, die Statthaftigkeit folge aus § 531 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO, weil das Landgericht verfahrensfehlerhaft den Hinweis darauf unterlassen habe, dass anstatt der klagegegenständlichen Zahlungsforderung auch ein Freistellungsanspruch in Betracht komme (Bl. 190 d.A.). Ganz abgesehen davon, dass aus den oben ausgeführten Gründen ein aus § 843 Abs. 1 BGB abgeleiteter Freistellungsanspruch der Klägerin gegenüber den Beklagten nicht gegeben ist, gelten für die Zurückweisung gemäß § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO die obigen Ausführungen betreffend die Prozessförderungspflicht der Klägerin (§ 282 Abs. 1 ZPO) entsprechend: Nach der Auflage des Landgerichts im Zusammenhang mit der Ladungsverfügung vom 8. April 2005, die Klägerin solle alle beweisthemabezogenen Absprachen mit ihrem Lebensgefährten innerhalb von drei Wochen darlegen, hätte bereits das Landgericht die Möglichkeit zur Zurückweisung des nunmehr als Berufungsvorbringen geltend gemachten streitigen Vortrages der Klägerin gemäß §§ 296 Abs. 1, 273 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO gehabt, wenn sie dieses erst im Anschluss an den Beweisaufnahmetermin vom 28. Oktober 2005 in den Rechtsstreit hätte einführen wollen. ..." (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.2006 - I-1 U 241/05)

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Zur Ermittlung und Bemessung des sog. Haushaltsführungsschadens (OLG Schleswig, Urteil vom 13.01.2005 - 7 U 78/02, SchlHA 2005, 303).

Bei der Bemessung eines Haushaltsführungsschadens ist ein Stundensatz von 8 Euro gerechtfertigt (OLG Celle, Entscheidung vom 09.09.2004 - 14 U 32/04, SVR 2005, 68).

Zur Höhe des Haushaltsführungsschadens einer alleinstehenden Rentnerin (OLG Hamm, Urteil vom 18.12.2003 - 6 U 105/03, NZV 2004, 631).

Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Haushaltsführungsschadens (OLG Koblenz, Urteil vom 03.07.2003 - 5 U 27/03, NJW 2003, 2834).

Der Umfang des Haushaltsführungsschadens ist gem. § 287 ZPO mit einem Mindestbetrag zu schätzen, wenn der Geschädigte es versäumt, diejenigen Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die seine Vorstellungen zur Schadenshöhe rechtfertigen sollen. Dazu gehört die konkrete Darlegung, welche Tätigkeiten im Haushalt vor dem schädigenden Ereignis ausgeübt wurden und welche schadensbedingt nicht mehr ausgeübt werden können. Der Geschädigte muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass Angehörige die Arbeiten mit erledigen, zu denen er schadensbedingt nicht mehr in der Lage ist. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.08.2002 - 8 U 190/01).

Eine unfallbedingte Minderung der Fähigkeit zur Haushaltsführung ist nach § 843 I BGB in Höhe des hierdurch entstehenden Mehrbedarfs auszugleichen. Der Mehrbedarf des Geschädigten ist nach der konkreten Lebenssituation des Geschädigten im Unfallzeitpunkt zu ermitteln. Die Berechnung kann nach Schulz/Borck-Hofmann "Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt" erfolgen, die in der Rechtsprechung anerkannt ist. Bei der Berechnung des Mehrbedarfs ist zunächst die Zeit zu ermitteln, die der Geschädigte vor dem schädlichen Ereignis wöchentlich auf die Haushaltsführung verwendet hat. Dabei gelten die Arbeitszeitwerte gleichermaßen für männliche wie für weibliche Geschädigte, da ein Erfahrungssatz, dass Männer schneller die Hausarbeit erledigen, nicht existiert. Bei der Bestimmung des unfallbedingten Mehraufwandes in der Haushaltsführung sind diese für die einzelnen Tätigkeiten gesondert festzustellen. Geringfügige Beeinträchtigungen, die einen zeitlichen Mehrbedarf bis zu 10 % verursachen, bleiben bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens außer Ansatz. Begründet der Geschädigte nach dem Unfallereignis eine nichteheliche Lebensgemeinschaft, ist es für die Bestimmung des zeitlichen Mehrbedarfs unerheblich, ob der Partner mehr als 50 % der anfallenden Haushaltstätigkeit erledigt. Vielmehr kann der Geschädigte 50 % der nunmehr im Zweipersonenhaushalt anfallenden Hausarbeit bei der Berechnung seines Haushaltshilfeschadens in Ansatz bringen. Neben dem Anspruch des Geschädigten wegen beeinträchtigter Haushaltstätigkeit unter dem Gesichtspunkt vermehrter Bedürfnisse gem. § 843 BGB kann sich ein Anspruch des Geschädigten wegen verminderter Arbeitskraft aus § 842 BGB ergeben, wenn der Ehepartner einer Arbeit nachgeht und der verletzte Ehegatte im Gegenzug die Hausarbeit übernimmt. Der Geschädigte, der den unfallbedingten zeitlichen Mehrbwedarf in der Haushaltsführung durch erhöhten Einsatz kompensiert, kann grundsätzlich die fiktiven Kosten einer adäquaten Hilfskraft in Ansatz bringen. Erstattungsfähig ist nur der Nettolohn der jeweils nach dem Zuschnitt des Haushaltes maßgeblichen Stufe des BAT (OLG Rostock, Urteil vom 14.06.2002 - 8 U 79/00, ZfS 2003, 233).

Die sozialrechtliche Aufteilung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist für den Hauhaltsführungsschaden nicht maßgeblich. Die unfallbedingten Beeinträchtigungen sind konkret zu bemessen. Zum Umfang der Obliegenheit, die Verteilung der Hausarbeit zwischen dem Geschädigten und seinem Ehegatten umzuorganisieren, weil der Geschädigte zur Durchführung bestimmter Arbeiten nicht mehr in der Lage ist (OLG Hamm, Urteil vom 26.03.2002 - 27 U 185/01, VersR 2002, 1430).

Entwickelt sich nach einem Auffahrunfall mit erheblicher biomechanischer Einwirkung (anstoßbedingte Geschwindigkeitsänderung von 35 km/h) und organischen Verletzungen (Weichteilzerrung der HWS, Prellungen, Schockzustand mit Kreislauf- und Herzbeschwerden) unfallbedingt durch eine Störung der Erlebnisverarbeitung eine psychische Erkrankung (hier: chronifizierte depressive Symptomatik im Sinne einer posttraumatischen Anpassungsstörung), die zur Dienstunfähigkeit und zur Frühpensionierung führt, ist der Schädiger für den eintretenden Erwerbs- und Haushaltsführungsschaden haftpflichtig (OLG Hamm, Urteil vom 27.08.2001 - 6 U 252/99, NZV 2002, 171).

Bei der Bemessung der Haushaltsführungsschadensrente kommt es auf den vor einem Unfallereignis tatsächlich erbrachten Umfang der Arbeitsleistung im Haushalt an (OLG Hamm, Urteil vom 05.03.2001 - 13 U 95/00, NJOZ 2001, 514).

Wird die Behinderung bei der Hausarbeit aufgrund konkreter, auf die Hausarbeit bezogener Tabellen geschätzt, ist eine weitere Schadenskürzung wegen einer allgemein festgestellten Erwerbsminderung nicht vorzunehmen (OLG Köln, Urteil vom 18.02.2000 - 19 U 87/99, VRS Bd. 99, 18).

*** (LG)

„... Der Schadensersatzanspruch des Klägers folgt aus §§ 398, 311 Abs. 2, 241 BGB.

1.) Die Aktivlegitimation des Klägers ist durch Vorlage der Abtretungserklärung vom 31.07.2012 (Anlage K15) nachgewiesen und wurde von der Beklagten im Verhandlungstermin nicht länger bestritten.

2.) Die Beklagte hat gegen ihre vorvertragliche Verpflichtung verstoßen, ausreichende Vorkehrungen zum Schutz der Kunden vor Gesundheitsgefahren zu treffen. Der Inhaber von Verkaufsräumen hat dafür zu sorgen, dass seine Kunden möglichst gefahrlos das Geschäftslokal begehen und hierbei Waren aussuchen können (OLG Koblenz, NJW-RR 1996, 670; Brandenburgisches OLG, ZGS 2010, 536).

Ein Vertragsanbahnungsverhältnis zwischen der Zeugin ... und der Beklagten bestand, weil die Zeugin das Ladenlokal mit der Absicht aufsuchte, ein Geschenk für ihre Freundin zu erwerben. Insoweit legt das Gericht die uneingeschränkt verlässlichen Angaben der Zeugin ... zugrunde.

Die Beklagte hat die ihr demnach obliegenden vorvertraglichen Nebenpflichten verletzt, weil sie nicht ausreichend Sorge dafür trug, dass sich das Regalsystem vom Kunden gefahrenfrei bedienen ließ.

Nach der Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass das Regal derart mit schweren Bildern aufgefüllt gewesen ist, dass bereits eine leichte Berührung ausreichte, um einen Dominoeffekt auszulösen, der zum Kippen zahlreicher Bilder geführt hat.

Das Gericht wertet die Angaben der Zeugin ... zum Hergang ihres Sturzes als uneingeschränkt verlässlich. Diese schilderte, dass beim Versuch, ein Bild aus der obersten Reihe zu nehmen, sämtliche Bilder „wie eine Wand" auf sie gefallen seien. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass die Zeugin ... ein Eigeninteresse am Ausgang der Klage hat und die durch Forderungsabtretung gewonnene Zeugenstellung letztlich lediglich formaler Natur ist. Unbeschadet dieses Eigeninteresses waren die Angaben der Zeugin in hohem Maße authentisch und von bewegter Erinnerung an Eigenerleben geprägt. Die Zeugin berichtete den Vorfall sichtlich aufgewühlt und mitgenommen, ohne aber den Vorgang zu dramatisieren oder zu übertreiben.

So vermochte die Zeugin den Ablauf anhand der vorgelegten Fotos anschaulich zu illustrieren. Für die Glaubwürdigkeit der Zeugin spricht auch, dass sie ohne Übertreibungstendenzen die unmittelbaren Schadensfolgen sachlich und nachvollziehbar schilderte. Die Angaben der Zeugin zum weiteren Verlauf unmittelbar nach dem Sturz wurden zudem von der Zeugin H., die keinerlei Eigeninteresse am Ausgang dieses Prozesses hat, bestätigt, was weiter für die Verlässlichkeit der Angaben der Zeugin ... spricht. Es bestehen daher keine Zweifel, dass die gerahmten Bilder bei allenfalls geringfügiger Berührung auf die Zeugin gestürzt sind.

Die verlässlichen Angaben der Zeugin ... belegen, dass das Regal überfüllt und unsachgemäß einsortiert gewesen ist. Bewiesen ist, dass die besonders großen und schweren Bilderrahmen in der zweiten Regalreihe aufbewahrt gewesen sind, wie auch die vom Kläger am Folgetag aufgenommenen Fotos zeigen.

Der Einwand der Beklagten, vergleichbare Vorfälle seien nicht bekannt geworden, ist in mehrfacher Hinsicht unbehelflich, da zum einen nicht jeder Vorfall zur Kenntnis des Herstellers oder gar der Beklagten gelangen muss und zum zweiten als Ursache des Sturzes die Art der Befüllung im Einzelfall ausschlaggebend war.

Dem Beweisangebot der Beklagten, ein Sachverständigengutachten zu der Behauptung, die Sicherheit des Regalsystems sei durch die Schrägstellung des Bodens gewährleistet, ist mangels Erheblichkeit nicht nachzugehen. Ob diese - überschaubare - Sicherheitsvorkehrung bei sachgerechter Bedienung ausreichende Sicherheit gewährleisten kann, muss nicht entschieden werden, weil das Regal nicht sachgerecht einsortiert gewesen ist. Auch die Beklagte behauptet nicht, dass derartige Bedienungsfehler technisch ausgeschlossen seien.

Sofern die Beklagte nunmehr nachträglich gefertigte Fotos vorlegt, die einen anderen Aufbau zeigen, bestätigt dies die Vermutung des Klägers, dass die Anordnung im Nachhinein geändert worden sei. Eine nähere Aufklärung hierzu war im Verhandlungstermin nicht möglich, da die Beklagte ihrer Verpflichtung, im Termin persönlich zu erscheinen, nicht nachgekommen ist und ihr Prozessbevollmächtigter insoweit über keine zusätzlichen Informationen verfügte. Auch die von der Beklagten selbst angeregte Anhörung ihres Geschäftsführers (As. 57) konnte daher nicht durchgeführt werden.

Das Angebot weiterer Zeugen „NN" in der Klageerwiderung ist prozessual unbeachtlich (statt aller: Zöller, ZPO, 29.Auflage 2012, § 356 Rz. 4).

3.) Es ist weiter bewiesen, dass die Zeugin ... sich als unmittelbare Folge des Sturzes eine BWK12-Berstungsfraktur zugezogen hat. Auch insoweit sind die Angaben der Zeugin uneingeschränkt verlässlich. Sie werden zudem gestützt durch den Arztbericht des ...-Klinikums vom 05.05.2011 (Anlage K2), der die entsprechende Operation am 28.04.2011 sowie die stationäre Aufnahme im Krankenhaus am 26.04.2011 bestätigt. Die Zeugin wurde also noch am Tag des Sturzes im Krankenhaus aufgenommen. Es bestehen auch im Hinblick auf diesen engen zeitlichen Zusammenhang keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Operation auf eine andere Ursache als den Sturz im Ladenlokal der Beklagten zurückzuführen sein könnte. Solche Anhaltspunkte lassen sich insbesondere nicht daraus herleiten, dass die Zeugin der Anregung der Mitarbeiter der Beklagten, einen Krankenwagen zu rufen, nicht Folge leistete und zunächst mit dem Auto zu ihrem Bruder nach A. fuhr. Dies wurde von der Zeugin lebensnah und authentisch damit erklärt, dass sie die kurze Fahrstrecke auf sich genommen habe, „das werde schon gut gehen", zumal sich ihr Hund noch im Auto befunden habe. Angesichts der Gesamtumstände und des persönlichen Eindrucks der Zeugin ... kann ausgeschlossen werden, dass der Wirbelbruch auf eine andere Ursache zurückzuführen ist.

Soweit die Beklagte mit der Klageerwiderung den Unfallhergang bestreitet und insoweit „unter Protest gegen die Beweislast" Beweis durch Sachverständigengutachten anbietet, ist dies unbehelflich. Anknüpfungspunkte für ein Sachverständigengutachten sind nicht ersichtlich. Die Aufklärung des tatsächlichen Unfallhergangs ist dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich. Auch die Beklagte behauptet nicht, dass aus medizinischer Sicht ein plötzlicher Sturz auf den Rücken nicht geeignet sei, einen Wirbelbruch auszulösen.

4.) Die Beklagte handelte gem. §§ 280 Abs. 1 S. 2, 276 BGB schuldhaft. Sofern sich die Beklagte auf die generelle Sicherheit des Regalsystems beruft, entbindet sie dies nicht von der Verantwortung für Bedienungsfehler.

5.) Die Ansprüche des Klägers sind nicht wegen eines Mitverschuldens der Zeugin ... gem. § 254 BGB zu kürzen. Der Vortrag der Beklagten, die Zeugin ... habe sich an unten stehenden Bildern hochgezogen (Seite 7 der Klageerwiderung, As. 67), erfolgte erkennbar ins Blaue, da die Beklagte auf Seite 3 der Klageerwiderung (As. 59) ausführte, weder deren Geschäftsführer, noch deren Mitarbeiter hätten von dem behaupteten Geschehen unmittelbar Kenntnis genommen. Ob dieser Vortrag der Beklagten damit prozessual unbeachtlich bleiben kann, mag letztlich dahingestellt bleiben, da die Beklagte für diese Behauptung keine geeigneten Beweise anzubieten vermochte.

Ein Mitverschulden der Zeugin ... liegt nicht darin begründet, dass diese es unterlassen hat, beim Bedienen des Bilderregals Personal der Beklagten zu Hilfe zu bitten. Das Gericht hält die Angaben der Zeugin für verlässlich, es sei ihr auch bei einer Körpergröße von 1,65 m möglich gewesen, nach dem Bild im oberen Regal zu greifen. Diese Angaben lassen sich ohne Weiteres mit den vorliegenden Fotos in Einklang bringen. Im Übrigen wäre es Sache der Beklagten, das Warensortiment so aufzubauen, dass es für Kunden von noch durchschnittlicher Größe auch ohne Mithilfe des Personals erreichbar ist.

6.) Die Beklagte hat dem Kläger die folgenden Schadenspositionen zu ersetzen:

a) Unter Berücksichtigung von Genugtuungs- und Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes ist ein angemessenes Schmerzensgeld von 10.000 € zu bezahlen.

Bemessungskriterien sind hierbei insbesondere, dass sich die Zeugin einer risikobehafteten Operation mit 2-wöchigem stationären Aufenthalt unterziehen musste.

Zu berücksichtigen ist weiter, dass als Folge dieser Operation die Zeugin unter anhaltenden Schmerzen gelitten hat und zumindest 1 Jahr regelmäßig Schmerzmittel genommen hat. Erhebliche Beeinträchtigungen im Alltag waren hiermit verbunden.

Die Zeugin musste sich weiter einem 3-wöchigen Reha-Aufenthalt unterziehen. Der weitere Schadensverlauf ist noch nicht abschließend geklärt; die Zeugin unterzieht sich noch heute zur Beobachtung des weiteren Verlaufs vierteljährlichen Röntgenuntersuchungen. Diese Schadensfolgen sind ebenfalls bewiesen durch die glaubhaften Angaben der Zeugin ... Diese schilderte den weiteren Ablauf sehr anschaulich ohne Übertreibungstendenzen.

b) Der Haushaltsführungsschaden nach §§ 842, 843 BGB berechnet sich wie folgt:

aa) Soweit der Ausfall der Hausfrau durch Mehrarbeit von Familienangehörigen oder überobligatorischer Anstrengung der Verletzten aufgefangen wird, ist der Schaden normativ festzusetzen und gem. § 287 ZPO unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse zu schätzen.

Als Grundlage der Schätzung ist von dem bewiesenen Sachverhalt auszugehen, dass der 2-Personen-Haushalt weitestgehend von der Zeugin ... geführt wurde. Insoweit waren sowohl die Angaben der Zeugin, als auch des Klägers zur Rollenverteilung innerhalb der Ehe uneingeschränkt verlässlich. Dieser berichtete sehr authentisch über die erkennbar neu entdeckte Begeisterung über die technischen Eigenschaften des Staubsaugers und referierte seine Einschätzung, Badputzen sei keine anstrengende Arbeit, mit dem gelassenen Selbstverständnis desjenigen, dem derlei Tätigkeiten bislang erspart geblieben sind.

Unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse und der Angaben der Zeugin, etwa 6 Stunden pro Tag Haushaltsarbeiten zu erledigen, bemisst das Gericht den wöchentlichen Arbeitsaufwand des konkreten Haushaltes mit 30 Stunden in der Woche (4,3 Stunden am Tag).

bb) Durch die ärztliche Stellungnahme des Dr. M. vom 08.09.2011 ist ausreichend belegt, dass der Zeugin in den ersten 8 Wochen nach dem Sturz aus medizinischer Sicht Haushaltstätigkeit nicht zumutbar gewesen ist. Diese einleuchtende Einschätzung macht sich das Gericht zu eigen. Während des stationären Krankenhausaufenthaltes liegt der völlige Ausfall der Haushaltsführung auf der Hand. Angesichts der plausibel begründeten Intensität der Schmerzen und hiermit verbundenen Beeinträchtigungen kann auf Grundlage der ärztlichen Stellungnahme auch für die dem stationären Aufenthalt unmittelbar folgende Zeit eine 100 %-ige Beeinträchtigung zugrundegelegt werden.

Bei einem angemessenen Stundensatz von 7,50 € und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden resultiert für den Zeitraum vom 26.04. bis 21.06.2011 ein Haushaltsführungsschaden von 1.800 €.

cc) Für die Folgezeit ist eine sich steigernde Leistungsfähigkeit zugrunde zu legen. Hierbei kann nicht ohne Weiteres die vom Arzt zugrundegelegte Beeinträchtigungsquote von 50 % übertragen werden (Küpperbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 9. Auflage 2006, Rz. 198). Auch im Hinblick auf Kompensationsmöglichkeiten und die auch von der Zeugin und vom Kläger eingeräumte allmähliche Besserung schätzt das Gericht gem. § 287 ZPO die Beeinträchtigung für die folgenden 90 Tage auf 1/3. Hieraus resultiert bei einem täglichen Arbeitsaufwand von 4,3 Stunden ein Haushaltsführungsschaden von 967,50 €.

dd) Im vierten Monat ist eine - noch berücksichtigungsfähige - abstrakte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % zugrunde zu legen. Insoweit ist ein weiterer Haushaltsführungsschaden von 193,50 € entstanden.

Insgesamt beträgt der Haushaltsführungsschaden 2.961,00 €.

c) Weiter zu erstatten sind die folgenden materiellen Schadenspositionen gem. § 249 BGB:

Gutachtenkosten von 24,43 €.

Behandlungskosten von 121,34 € als gem. § 287 ZPO zuzurechnende Schadensfolge, belegt durch Zahlungsquittungen (Anlagen K7 bis K11).

Die geltend gemachten Fahrtkosten zur Arztbehandlung sind dem Grunde nach erstattungsfähig. Die Einwendungen der Beklagten sind unbehelflich, soweit sie die Fahrstrecke betreffen, da es nicht Sache der Beklagten ist, die Arztwahl zu treffen. Eine Verletzung von Schadensminderungspflichten vermochte die Beklagte nicht aufzuzeigen. Anstelle des geltend gemachten Kilometersatzes von 30 Cent sind aber entsprechend § 5 Abs. 2 Nr. 1 JVEG 25 Cent zugrunde zu legen.

Zu erstatten sind daher 462 € für die Fahrten zur Praxis Dr. M., 180 € für die Fahrten zur Praxis Dr. B. sowie 91 € für die Fahrten zum Krankenhaus K.

d) Zu erstatten ist weiter gem. § 287 ZPO eine Auslagenpauschale von 25,00 €. Aus der Entscheidung BGH, NJW 2012, 839 folgt nichts Gegenteiliges. Das Gericht teilt die Einschätzung des BGH, dass die bei Verkehrsunfällen anerkannte Auslagenpauschale nicht ohne Weiteres auf sämtliche Schadensfälle übertragen werden kann. Der vorliegende Schadensfall zeichnet sich aber, insoweit durchaus vergleichbar mit typischen Verkehrsunfällen, dadurch aus, dass als Schadensfolge zahlreiche Arztbesuche mit entsprechendem Organisationsaufwand erforderlich wurden. Der konkrete Sachverhalt bietet also ausreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung der Pauschale auf 25,00 €.

e) Die außergerichtlichen Anwaltskosten sind in Höhe von 873,77 € zu ersetzen. Bei der Abrechnung ist ein Gegenstandswert von 13.834,77 € zugrunde zu legen. Die von der Beklagten geäußerten Bedenken gegen die Aktivlegitimation wurden durch die vorgelegte Abtretungserklärung der C. Versicherungen vom 13.11.2012 beseitigt.

Die Zinsen sind als Verzugsschaden gem. § 286 BGB geschuldet. ..." (LG Konstanz, Urteil vom 16.01.2013 - 6 O 197/12)

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Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden, vermehrte Bedürfnisse (LG München I, Urteil vom 20.07.2012 - 6 O 19662/10).

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Eine konkrete, haushaltsspezifische Minderung der Erwerbsfähigkeit von 15 % und mehr stellt eine erhebliche Beeinträchtigung dar. Der hierdurch entstehende Mehrbedarf bei der Haushaltsführung ist durch den Schädiger auszugleichen (LG Wuppertal, Urteil vom 04.05.2006 - 17 O 98/04, MittBl der Arge VerkR 3/2006).



HWS-Schleudertrauma

Bei dem „HWS-Schleudertrauma" handelt es sich um eine Verletzung im Hals-Wirbelsäulen-Bereich. Das ist ein Personenschaden, der bei Verkehrsunfällen häufig bei Auffahrunfällen das HWS-Schleudertrauma auftritt.

Die Verletzung ist - nach Ansicht der KfZ.-Haftpflichtversicherer in der letzten Zeit vielfach missbraucht worden, da sie durch den Arzt nicht mit einfachen Behandlungsmethoden festgestellt werden kann und sich der Arzt insofern auf die Angaben des Patienten verlassen muss.

Hinzukommt, dass die Verletzung verkehrsrechtlich ungewöhnliche Voraussetzungen hat:

Je geringer die Kollisionsgeschwindigkeit, desto höher ist das Risiko einer HWS-Schleudertrauma-Verletzung. Dies führt dazu, dass die Ursächlichkeit eines HWS-Syndroms nunmehr oftmals interdisziplinär begutachtet wird. Neben die medizinische Begutachtung tritt eine verkehrstechnische Analyse des Unfalls. Beide erfordern u. a. folgende Informationen und Unterlagen:
- Fotos der Unfallstelle bzw. der beschädigten Fahrzeuge
- Angaben zu den Beschädigungen der Fahrzeuge
- Angaben zu den Fahrzeugen (Ausstattung, Fahrzeugtyp, Beladung etc.)
- Angaben zu den Personendaten des Verletzten (Körpergröße, Alter, Gewicht etc.)
- Angaben zu der Körper- und Kopfhaltung des Geschädigten im Zeitpunkt der Kollision
- Vorerkrankungen des Verletzten im Bereich der Halswirbelsäule

Ist eine HWS-Verletzung bewiesen, ist der Schädiger zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet. Die Beweislast obliegt dem Geschädigten. Es sind zwei Fälle zu unterscheiden.
1. Die durch den Unfall bedingte Primärverletzung ist vom Geschädigten nach § 286 ZPO mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu beweisen.
2. Der Umfang der Verletzungen sowie sich aus der Verletzung ergebende Dauerschäden sind nach der BGH-Rechtsprechung gemäß § 287 ZPO mit einer erheblichen bzw. einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit zu beweisen. Der genau erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit soll der Einzelfallbeurteilung unterliegen.

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„...Am 7. Oktober 2003 bog die Beklagte zu 1 mit ihrem bei der Beklagten zu 2 versicherten PKW aus einem Parkplatz kommend auf die daran vorbeiführende Vorfahrtsstraße ein, ohne auf den von links herannahenden bevorrechtigten PKW der Beamtin L. zu achten. Trotz einer Vollbremsung stieß L. mit der Frontseite ihres Fahrzeugs gegen die linke Seite des PKW der Beklagten zu 1. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist außer Streit. Die Zeugin L., die vor dem Unfall beschwerdefrei war, suchte am 9. Oktober 2003 wegen Nacken- und Kopfschmerzen ihren Hausarzt Dr. G. auf, der wegen der eingeschränkten Rotation der Halswirbelsäule eine radiologische Untersuchung veranlasste und Tabletten verordnete. Die radiologische Untersuchung erbrachte keinen krankhaften Befund. Am 20. Oktober 2003 suchte L. erneut Dr. G. auf und klagte über fortdauernde Kopfschmerzen, körperliche Bewegungsbeeinträchtigungen sowie ein andauerndes Unwohlgefühl. Dr. G. schrieb daraufhin L. bis zum 2. November 2003 arbeitsunfähig und verordnete physiotherapeutische Behandlungen. Der Kläger erbrachte hierfür Heilfürsorgeleistungen und zahlte an L. für den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit die Dienstbezüge weiter. Er behauptet, L. habe durch den Zusammenstoß ein HWS-Schleudertrauma erlitten und sei dadurch vorübergehend arbeitsunfähig geworden. Die Beklagten hätten deshalb die entstandenen Kosten von insgesamt 1.622,69 € zu erstatten.

Das Amtsgericht hat die Zeugin L. vernommen und der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht unter Zugrundelegung der Aussage der erneut vernommenen Zeugin L. und des behandelnden Arztes Dr. G. sowie des Inhalts der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zur Klärung der Frage zugelassen, ob auch bei einer Frontkollision die Grundsätze des Senatsurteils vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - VersR 2003, 474 ff., dem ein Heckanstoß zugrunde lag, Anwendung finden können. Die Beklagten begehren mit der Revision weiterhin die Abweisung der Klage. ...

1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beamtin L. habe bei dem Unfall am 7. Oktober 2003 eine HWS-Distorsion erlitten, lässt entgegen der Auffassung der Revision einen Rechtsfehler nicht erkennen.

Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, dass die Frage, ob sich L. bei dem Unfall überhaupt eine Verletzung zugezogen hat, die haftungsbegründende Kausalität betrifft und damit den strengen Anforderungen des Vollbeweises gemäß § 286 ZPO unterliegt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 4, 192, 196; Senatsurteile vom 11. Juni 1968 - VI ZR 116/67 - VersR 1968, 850, 851; vom 20. Februar 1975 - VI ZR 129/73 - VersR 1975, 540, 541; vom 21. Oktober 1986 - VI ZR 15/85 - VersR 1987, 310 und vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - VersR 2003, 474, 475). Danach hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten ist. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit", was die Revision meint, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. BGHZ 53, 245, 256; Senatsurteile vom 9. Mai 1989 - VI ZR 268/88 - VersR 1989, 758, 759 und vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - aaO sowie BGH, Urteil vom 18. April 1977 - VIII ZR 286/75 - VersR 1977, 721). Die Würdigung der Beweise ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr. vgl. z.B. BGHZ 160, 308, 317 m.w.N.; Senatsurteil vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 364). Einen solchen Fehler weist die Revision nicht nach.

2. Unter den gegebenen Umständen war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, mittels eines unfallanalytischen und eines biomechanischen Gutachtens zu klären, ob der Unfall geeignet war, eine HWS-Distorsion bei der Zeugin L. hervorzurufen. Das Berufungsgericht hat sich seine Überzeugung auf der Grundlage der Bekundungen der Zeugin L. und des behandelnden Arztes Dr. G. gebildet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Unfall für die geklagten Beschwerden ursächlich gewesen ist. Dagegen bringt die Revision keine durchgreifenden Beanstandungen vor. Ihr Einwand, dass die Beschwerden der Zeugin L. nicht objektivierbar seien, kann die tatrichterliche Würdigung nicht in Frage stellen. Auch soweit sie sich darauf beruft, dass bei geringfügiger Geschwindigkeit eine Verletzung der Halswirbelsäule ausgeschlossen sei, bleibt sie erfolglos.

a) Der erkennende Senat hat eine "Harmlosigkeitsgrenze" in Form einer geringen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung für ungeeignet erachtet, um eine Verletzung der Halswirbelsäule trotz entgegenstehender konkreter Hinweise auf eine entsprechende Verletzung generell auszuschließen (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - aaO). Dass bei einem Zusammenstoß im Frontbereich andere Erwägungen gelten müssten als bei einem Heckanstoß, zeigt die Revision nicht auf. Ebenso fehlt Vortrag der Revision zu gesicherten medizinischen Erkenntnissen, nach denen HWS-Verletzungen bei Unfällen mit niedriger Anstoßgeschwindigkeit und einer bestimmten Anordnung der beteiligten Fahrzeuge zueinander sehr unwahrscheinlich oder gar gänzlich unmöglich seien (vgl. hierzu Wedig, DAR 2003, 393, 397 ff.). Auch wenn die Bewegungen eines Fahrers bei einer Heck- und bei einer Frontalkollision unterschiedlich sein können, kann der Senat mangels Feststellungen nicht ausschließen, dass es bei einer Frontalkollision zu einer Verletzung der Halswirbelsäule kommen kann. Die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung durch den Zusammenstoß zweier Fahrzeuge ist nicht die einzige Ursache für die Entstehung eines HWS-Syndroms, vielmehr sind hierfür eine Reihe weiterer gewichtiger Faktoren ausschlaggebend, etwa die konkrete Sitzposition des Fahrzeuginsassen oder auch die unbewusste Drehung des Kopfes. Deshalb ist eine "Harmlosigkeitsgrenze" der erwähnten Art auch für Verletzungsfolgen aus Frontalkollisionen ungeeignet. Bei der Prüfung, ob ein Unfall eine HWS-Verletzung verursacht hat, sind vielmehr stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - aaO und vom 3. Juni 2008 - VI ZR 235/07 - zur Veröff. best.).

b) Die Einholung eines unfallanalytischen und biomechanischen Gutachtens war unter den Umständen des Streitfalls entbehrlich. Die Revision zeigt keinen Vortrag vor dem Tatrichter auf, der die Einholung solcher Gutachten erfordert hätte. Die Sachverständigen für Unfallanalyse und Biomechanik verfügen regelmäßig nicht über die erforderliche medizinische Fachkompetenz, auf die es letztlich für die Frage der Ursächlichkeit des Unfalls für die geklagten Beschwerden ankommt (vgl. Senatsurteil vom 3. Juni 2008 - VI ZR 235/07 - zur Veröff. best.). Die individuelle Verletzungsmöglichkeit sowie die Art und Schwere der Verletzung und deren Verlauf betreffen Fragen, zu deren fachlich kompetenter Beurteilung medizinische Kenntnisse erforderlich sind. Ihre Beantwortung muss grundsätzlich dem medizinischen Sachverständigen vorbehalten bleiben. Vorliegend hat das Berufungsgericht zwar ein medizinisches Gutachten nicht eingeholt. Dies rügt die Revision jedoch nicht.

c) Soweit sie die tatrichterliche Würdigung der Aussage der Zeugen L. und Dr. G. beanstandet, aufgrund deren sich das Berufungsgericht die erforderliche Überzeugung gebildet hat, bleibt sie erfolglos. Neben dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Auftreten der Beschwerden durfte das Berufungsgericht den Umstand entscheidend würdigen, dass L. bis zum Unfall beschwerdefrei gewesen ist. Letzteres zieht die Revision nicht in Zweifel. Auch begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht den Bekundungen des Zeugen Dr. G. neben den Angaben der Zeugin L. eigenständigen Beweiswert beigemessen hat. Welche Bedeutung der medizinischen Erstuntersuchung nach einem Verkehrsunfall zukommt, ist zwar umstritten. Im Regelfall wird das Ergebnis einer solchen Untersuchung nur als eines unter mehreren Indizien für den Zustand des Geschädigten nach dem Unfall Berücksichtigung finden können (vgl. Senatsurteil vom 3. Juni 2008 - VI ZR 235/07 - Umdruck Bl. 7 z. Veröff. best.; Müller, VersR 2003, 137, 146; ebenso v. Hadeln, NZV 2001, 457 ff.). Die Bekundungen von Dr. G. über die Angaben der Zeugin L. am 9. und 20. Oktober 2003 ihm gegenüber könnten danach für sich allein schwerlich zum Beweis der Kausalität genügen. Jedoch ist im Streitfall neben den bereits geschilderten Indizien zu berücksichtigen, dass der Befund der eingeschränkten Rotation der Halswirbelsäule am 9. Oktober 2003 auf einer medizinischen Untersuchung der Beweglichkeit des Halses durch Dr. G. beruhte und nicht nur, wie von der Revision bemängelt, auf den Schilderungen der Beschwerden durch L. gegenüber dem erstbehandelnden Arzt Dr. G.. Schließlich durfte das Berufungsgericht einen Tastbefund von Verspannungen im Nackenbereich durch Dr. G. aufgrund der nachvollziehbaren Erklärung für die fehlende Dokumentierung für erwiesen erachten. ..." (BGH, Urteil vom 08.07.2008 - VI ZR 274/07)

***

Die Tatsache, dass sich der Unfall mit einer geringen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung ereignet hat, schließt die richterliche Überzeugungsbildung von seiner Ursächlichkeit für eine HWS-Verletzung nicht aus (BGH, Urteil vom 28.01.2003 - VI ZR 139/02).

*** (OLG)

Auch wenn das medizinische Erfahrungswissen zum sicheren Nachweis leichtgradiger Verletzungsfolgen und hieraus resultierender fortdauernder Beschwerden (hier: andauernde Beschwerden nach allenfalls mittelgradiger HWS-Distorsion) nicht in der Lage ist, kann das Gericht am Maßstab des § 287 ZPO seine Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache insbesondere auf die Glaubhaftigkeit und Plausibilität des Klägervortrag stützen (OLG Saarbrücken, Urteil vom 28.02.2013 - 4 U 587/10):

„... Die zulässige Berufung hat im tenorierten Umfang anteiligen Erfolg. Dem Kläger stehen auf der Grundlage der im Berufungsrechtszug ergänzten Beweisaufnahme Ansprüche auf Verdienstausfall, Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden und Kostenersatz für die Infiltrationstherapie zu, die in ihrer Addition die bereits geleisteten Zahlungen der Beklagten zu 1) übersteigen.

A. zu den Leistungsanträgen:1. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach für die dem Kläger aus dem Unfallereignis entstandenen Schäden nach § 7 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1 und 2 PflVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung, hinsichtlich des Beklagten zu 3) aus § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB steht zwischen den Parteien außer Streit.

2. Umstritten ist jedoch, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Kläger infolge des Unfallereignisses erlitt und wie lange er in seinem körperlichen Wohlbefinden unfallursächlich beeinträchtigt war.

a) Nach dem Sachvortrag der Berufung hat der Kläger diesen Zeitraum vom Unfalltag bis zum Frühjahr 2006 begrenzt. Obwohl sich sowohl der Berufungsvortrag als auch der in der Berufungsbegründung in Bezug genommene erstinstanzliche Vortrag (GA II Bl. 305 f.; GA III 351, 456) explizit nur auf die volle Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit beziehen, ist der Sachvortrag nicht dahingehend zu verstehen, dass der Kläger über den genannten Zeitraum hinaus an fortdauernder Wetterfühligkeit und Beschwerden im Kopf- und Nackenbereich leidet.

b) Das Landgericht hat es als unstreitig angesehen, dass der Kläger durch den Aufprall ein HWS-Schleudertrauma erlitt. Es ist sodann nach Durchführung der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit für einen Zeitraum von etwa sieben Wochen an leichten bis mittelgradigen HWS-Beschwerden gelitten habe. Diese Gesundheitsbeeinträchtigung habe bis zum 24.3.2005 die volle Arbeitsunfähigkeit des Klägers herbeigeführt. Demgegenüber sei der Beweis dafür, dass der Kläger über diesen Zeitraum hinaus unfallbedingt arbeitsunfähig gewesen sei, nicht mit der erforderlichen Sicherheit geführt.

Dagegen bestehen durchgreifende Bedenken: Nach dem Ergebnis der im Berufungsrechtszug ergänzten Beweisaufnahme ist der Senat vielmehr davon überzeugt, dass der Kläger mit abnehmender Intensität noch bis zum Jahresende 2005 unter den Folgen der HWS-Distorsion litt und seine Arbeitsfähigkeit nach Maßgabe der vom Sachverständigen Prof. Dr. R. für den Fall einer HWS-Distorsion des Grades II als Grenze des Ermessensspielraums ermittelten Werte (bis zum 16.6.2005 um 60%, bis zum 28.7.2005 um 40%, bis zum 28.10.2005 um 20% und bis zum Jahresende 2005 um 10%) gemindert war.

aa) Das Landgericht ist von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen: Der Kläger trägt die Beweislast dafür, dass auch fortbestehende (unstreitige oder bewiesene) Beschwerden adäquate Folgen des Unfallereignisses sind. Zwar hat die Rechtsprechung zugunsten des Geschädigten Beweiserleichterungen anerkannt: Steht nämlich fest, dass der Geschädigte eine Primärverletzung erlitten hat, so ist die Frage, ob der Unfall über diese Primärverletzung hinaus auch für die weiteren Beschwerden des Klägers ursächlich ist, eine Frage der am Maßstab des § 287 ZPO zu prüfenden haftungsausfüllenden Kausalität (st. Rspr. seit BGHZ 4, 192, 196, aus der neueren Rspr. vgl. nur BGH, Urt. v. 16.4.2004 - VI ZR 138/03, NJW 2004, 1945; Urt. v. 4.11.2003 - VI ZR 28/03, VersR 2004, 118; Urt. v. 28.1.2003 - VI ZR 139/02, VersR 2003, 474, 476; vgl. auch Zöller/Greger, 29. Aufl., § 287 Rdnr. 3; MünchKomm(ZPO)/Prütting, 4. Aufl., § 287 Rdnr. 13; Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl., § 287 Rdnr. 3 ff.; P/G/Laumen, ZPO, 4. Aufl.; § 287 Rdnr. 9).

Bei der Beweiswürdigung nach § 287 ZPO werden geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Gerichtes gestellt. Im Gegensatz zum Vollbeweis des § 286 ZPO kann der Beweis nach § 287 ZPO je nach Lage des Einzelfalles bereits dann erbracht sein, wenn eine höhere oder deutlich höhere i.S. einer zumindest überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der zu beweisenden Tatsache spricht (BGH, Urt. v. 7.6.2006 - XII ZR 47/04, NJW-RR 2006, 1238; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 287 Rdnr. 43). Hierbei begegnet es keinen Bedenken, den Beweis am Maßstab des § 287 ZPO als geführt anzusehen, wenn das Gericht im Wege des Ausschlusses anderer Ursachen zu der Überzeugung gelangt, dass der Unfall als einzige realistische Ursache für die Beschwerden in Betracht kommt (BGH, VersR 2003, 476). Ein solcher Rückschluss verbietet sich hingegen, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass sich die Krankheit schicksalhaft entwickelt hat. Dann reichen allein die zeitliche Nähe zwischen dem Unfallereignis und der Entstehung der Beschwerden und die daran anknüpfende „gefühlsmäßige" Wertung, dass beide Ereignisse irgendwie miteinander in Zusammenhang stehen, nicht aus (Senat, OLGR 2009, 897; 126; 2006, 186; 2005, 740; 489, 490 f.; Urt. v. 11.10.2005 - 4 U 566/04 - 51/05; BGH, VersR 2004, 119; zu den Beweisanforderungen im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO vgl. auch Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 33. Aufl., § 287 Rdnr. 9 ff., P/G/Laumen, aaO, § 287 Rdnr. 17; Musielak/Foerste, aaO, § 287 Rdnr. 7).

bb) Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist es zunächst von Relevanz, dass der Kläger unstreitig in Gestalt der HWS-Schleuderverletzung eine die Bagatellgrenze übersteigende Primärverletzung erlitt. Folglich ist die Beweisfrage, welche Weiterungen aus dieser Primärverletzung entstanden sind, nach dem abgeschwächten Beweismaß des § 287 ZPO zu beantworten.

cc) Im Rahmen der Beweiswürdigung ist insbesondere von Bedeutung, mit welcher Aufprallenergie der Unfallgegner auf das klägerische Fahrzeug auffuhr. Zwar gibt es keine Harmlosigkeitsgrenze, die den Schluss erlaubt, dass bei einer geringeren kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung eine Verletzung der Wirbelsäule ausscheiden muss. Vielmehr sind in die Prüfung, ob ein Unfall eine HWS-Verletzung verursacht haben kann, alle Umstände des jeweils zu betrachtenden Einzelfalles zu gewichten (BGH, Urt. v. 8.7.2008 - VI ZR 274/07, NJW 2008, 2845; Urt. v. 28.1.2003 - VI ZR 139/02, VersR 2003, 474; zur Harmlosigkeitsgrenze siehe auch: Schmidt/Senn/Wedig/Baltin, Schleudertrauma - neuester Stand, 2004, S. 154). Dennoch ist die Höhe der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung für das Beweisergebnis nicht ohne Relevanz: Es ist nicht erfahrungswidrig, tendenziell mit umso schwereren Verletzungsfolgen zu rechnen, je stärker die Aufprallenergie auf den Körper des Unfallopfers einwirkt.

Demnach war im vorliegenden Sachverhalt durchaus in die Betrachtung einzubeziehen, dass der Aufprall des vom Beklagten zu 3) gesteuerten Fahrzeugs eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von maximal 14 km/h hervorrufen konnte. Diese Geschwindigkeitsänderung war nach der Einschätzung des medizinischen Sachverständigen immerhin so groß, um das Verletzungsrisiko deutlich über 50% ansteigen zu lassen: So hat der Sachverständige in seiner Anhörung vor dem Landgericht am 4.10.2010 ausgesagt, bei einer kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung im Bereich von 4 bis 6 km/h sei ein Verletzungsrisiko von „vielleicht 10 bis 30 vom Hundert" gegeben. Bei einer Geschwindigkeitsänderung von etwa 14 km/h steige „dieses Risiko deutlich über 50 vom Hundert" (GA V Bl. 795). Soweit die Berufung die Feststellungen zur kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung angreift, ist die Relevanz nicht zu erkennen: Das Landgericht hat seiner Entscheidung den höheren Grenzwert zugrunde.

dd) Im Schwerpunkt beruht die Überzeugung des Landgerichts auf der Einschätzung des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. R.. Dieser hat nach Auswertung der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen das Vorliegen einer schweren HWS-Distorsion für unwahrscheinlich erachtet und diese Einschätzung nachvollziehbar - und von der Berufung unangefochten - darauf gestützt, dass die Beschwerden nicht unmittelbar nach dem Unfall, sondern erst 45 bis 60 Minuten danach auftraten, der Kläger keine Schluckbeschwerden hatte und er dazu in der Lage war, das Fahrzeug durch den Stadtverkehr bis zum Landeskriminalamt zu steuern.

ee) Soweit das Landgericht indessen die nachgewiesene unfallursächliche Arbeitsunfähigkeit ausgehend von einer lediglich leichten HWS-Distorsion (Grad I nach Erdmann) auf einen Zeitraum von sieben Wochen bis zum 24.3.2005 beschränkt hat, hält die Beweiswürdigung des Landgerichts den Angriffen der Berufung nicht stand. Vielmehr ist der Senat auf der Grundlage der im Berufungsrechtszug ergänzten Beweisaufnahme am Maßstab des § 287 ZPO davon überzeugt, dass der Kläger mit abnehmender Intensität zumindest bis zum Ende des Jahres 2005 an den Folgen der HWS-Distorsion litt.

aaa) Im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme hat der Gutachter Prof. Dr. R. die Beweisfrage nicht mit einer eindeutigen Einschätzung beantwortet, sondern bei genauer Betrachtung zwei alternative Leidenswege aufgezeigt:

Der medizinische Sachverständige Prof. Dr. R. hat die Beweisfrage unter zwei unterschiedlichen methodischen Ansätzen beantwortet. So hat der Sachverständige zum einen die Frage gestellt, wie lange unter empirischem Blickwinkel ein Geschädigter in der Situation des Klägers üblicherweise, der Sachverständige spricht von „Standardverläufen", arbeitsunfähig ist. Nach dieser standardisierten Betrachtung, die den Nachteil hat, dass sie den individuellen Besonderheiten nicht Rechnung tragen kann, gehe - so der Sachverständige weiter - mit einer leichten HWS-Distorsion üblicherweise eine Arbeitsunfähigkeit von „null bis vier Wochen" einher. Unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen des Berufsbildes des Klägers wäre unter Zugrundelegung einer HWS-Distorsion nach Grad II nach Erdmann bei standardisierter Betrachtung mit rückläufiger Intensität bis zum 28.1.2006 Arbeitsunfähigkeit zu erwarten (GA V Bl. 751 f.).

Zum andern hat der Sachverständige die Arbeitsunfähigkeit nach dem aktenkundigen Verlauf beantwortet und zu diesem Zweck insbesondere den Entlassungsbericht der M.-Klinik in W. vom 24.3.2005 (GA I Bl. 25) sowie den Umstand ausgewertet, dass der den Kläger behandelnde Arzt Dr. H. dem Kläger bis zum 31.8.2005 Arbeitsunfähigkeit attestiert hat. Nach Auswertung dieser Unterlagen gelangte der Sachverständige zu der Einschätzung, dass die Befundung durch Dr. H. nicht kohärent sei. Mit Blick auf den im Entlassungsbericht enthaltenen Befund, der sehr nahe einem Normalbefund liege, sei nicht verständlich, weshalb der Verfasser des Berichts überhaupt eine Arbeitsunfähigkeit attestiert habe. Diese sei allenfalls nach den Kriterien der gesetzlichen Krankenversicherung zeitlich befristet zu bescheinigen gewesen. Damit fehle der AU-Bescheinigung die Plausibilität.

bbb) Soweit sich das Landgericht angesichts dieses recht offenen Beweisergebnisses auf das aus Sicht des Klägers ungünstigste Zeitintervall zurückgezogen hat, vermag die Entscheidung schon deshalb verfahrensrechtlich nicht zu überzeugen, weil das Landgericht der vom gerichtlichen Sachverständigen aufgezeigten fehlenden Plausibilität der vom behandelnden Arzt Dr. H. attestierten Arbeitsunfähigkeit nicht durch ergänzende Vernehmung des als Zeuge benannten Arztes nachgegangen ist. In jedem Fall hat das Landgericht das Beweismaß überspannt:

Bereits die Auffassung, es sei lediglich eine leichte HWS-Distorsion Grad I nachgewiesen, begegnet Bedenken. Der medizinische Sachverständige Prof. Dr. R. hält eine mittelschwere HWS-Distorsion und den für diese Verletzung nach standardisierter Betrachtung zu erwartenden längeren Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit für möglich. Ausdrücklich vertritt er die Auffassung, der Schweregrad liege bei „strenger Auslegung zwischen Grad I und II, bei großzügiger Auslegung kann eine Zuordnung nach Grad II, modifiziert erfolgen" (GA V Bl. 753). Diese Einschätzung beruht einerseits auf dem Umstand, dass die Halswirbelsäule des Klägers in Gestalt vorauseilender altersdegenerativer Veränderungen vulnerabel war (GA V Bl. 748). Zum anderen wäre die gravierendere Folge plausibel, wenn der Kopf des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls in Rotationsstellung war.

Diese Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen: Selbst wenn den Argumenten des Landgerichts zu folgen ist, wonach gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen M. Zweifel bestehen, weil der Zeuge nach aller Lebenserfahrung zum Zeitpunkt seiner Vernehmung keine positive Erinnerung an die Kopfstellung des Klägers besessen haben konnte, so kann die Aussage dennoch unter einem objektiven Blickwinkel wahr gewesen sein.

Auf der Prämisse einer mittelschweren HWS-Distorsion decken sich die vom Sachverständigen Prof. R. dargestellten Ergebnisse der standardisierten Betrachtung weitgehend mit dem attestierten Befund der behandelnden Ärzte.

ccc) Auch in der Beweisaufnahme vor dem Senat hat die medizinische Begutachtung des Sachverhalts keine eindeutigen Ergebnisse geliefert. Gleichwohl ist das Ergebnis der ergänzenden Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen Professor Dr. R. und die Vernehmung des sachverständigen Zeugen Dr. H. durchaus in der Lage, in der Zusammenschau aller für die Beweiswürdigung maßgeblichen Umstände das Gericht im Wesentlichen von der Wahrheit des klägerischen Sachvortrags zu überzeugen:

So hat der sachverständige Zeuge Dr. H. ausgesagt, dass er den Kläger nach seiner Entlassung aus der stationären Behandlung regelmäßig bis Oktober 2005 behandelt habe. In diesem Zeitraum habe sich der Kläger 30-35-mal bei dem Zeugen vorgestellt und sich Therapien, zum Teil auch Infiltrationen, unterzogen. Aus Sicht des behandelnden Arztes habe der Kläger plausibel unter den Beschwerden gelitten, deren Ursache in der HWS-Verletzung zu suchen sei. Hierbei hat der Zeuge Dr. H. herausgestellt, dass das Beschwerdebild des Klägers auch das Ergebnis eines psychischen Begleitsyndroms gewesen sei, welches seinerseits Folge des Unfallgeschehens gewesen sei. Er hat hierbei auf die Feststellungen im Entlassungsbericht der M.-KlinikW. vom 24.3.2005 verwiesen. Dieser führt unter der Überschrift „psychologischer Bericht" (GA I Bl. 26 f.) aus, dass der Patient aktuell sehr besorgt um die Organisation seiner Firma sei, er ein hohes Verantwortungsgefühl habe und sich von seinen beruflichen Verpflichtungen nicht gedanklich freimachen könne. Im Lauf der Behandlung und mit zunehmender Beschwerdelinderung und Bewegungsfreiheit sei es dem Patienten gelungen, wieder mehr Zutrauen in die eigene Regeneration zu gewinnen. Mit Blick auf seine medizinische Sachkunde hat der sachverständige Zeuge darauf hingewiesen, dass bei HWS-Verletzungen durchaus eine gewisse Bandbreite festzustellen sei.

Zwar hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. R. gegen die Einschätzung des behandelnden Arztes durchaus gewichtige Bedenken aufgezeigt. Diese beruhen in ihrem Kern darauf, dass es keine objektivierbaren Befunde gibt, deren Auswertung die subjektiven Beschwerden unter Anwendung einer wissenschaftlichen Maßstäben standhaltenden Methodik verifizieren könnte. Zum anderen hat der Sachverständige Prof. Dr. R. seine Bedenken - in Abweichung zu seiner erstinstanzlichen Einschätzung - auf neuere medizinische Studien gestützt, die belegen, dass eine gravierende HWS-Verletzung regelmäßig nicht zu erwarten ist, wenn die impulsinduzierte Geschwindigkeitsänderung bei einem Auffahrunfall unter 15 km/h liege. Beide Argumente sind im Ergebnis im vorliegenden Fall nicht stichhaltig:

Nicht selten bleiben objektiv existente und valide gesundheitliche Beschwerden ohne messbares oder in bildgebenden Verfahren nachweisbares Substrat. Gewissermaßen paradigmatisch sind in diesem Zusammenhang HWS-Distorsionen zu nennen, deren Vollbeweis - so der Sachverständige Prof. Dr. R. in seinem Gutachten vom 21.4.2010, S. 29 - „im Rahmen der klinischen Diagnostik sowie der Röntgendiagnostik eigentlich dann nicht zu führen ist, wenn keine knöchernen Verletzungen oder Instabilitäten mit nachweisbarer Positionsänderung vorliegen". Dies ist typischerweise bei leichten bis mittleren HWS-Verletzungen nicht der Fall. Hinzukommt, dass der erstbehandelnde Arzt den Geschädigten in aller Regel mit einer therapeutischen Zielsetzung untersucht und keine Veranlassung sieht, zum Zeitpunkt der Erstbehandlung aus therapeutischem Blickwinkel nicht indizierte Maßnahmen zu ergreifen, um für den Fall einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung Beweise zur Ursache der vom Patienten geklagten Beschwerden zu sichern. Würde man diese Unzulänglichkeit der objektivierbaren Tatsachenfeststellung ausreichen lassen, um durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Tatsachenschilderung zu wecken, wäre es dem Unfallopfer regelmäßig versagt, für die in Rede stehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen Schmerzensgelder durchzusetzen. Das vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr muss das gemäß §§ 286, 287 ZPO zu beachtende Beweismaß der eingeschränkten Aussagekraft objektiver Erkenntnismethoden Rechnung tragen: Ist das medizinisch-technische Erfahrungswissen zum sicheren Nachweis leichtgradiger Verletzungsfolgen nicht in der Lage, so begegnet es keinen Bedenken, wenn das Gericht die forensische Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache insbesondere auf die Glaubhaftigkeit und Plausibilität des Klägervortrags stützt (Senat NJW-RR 2011, 178, 179).

ddd) Unter dem ergänzenden Blickwinkel einer umfassenden Plausibilitätskontrolle sieht der Senat keine Veranlassung, die Glaubhaftigkeit des Klägervortrags in Zweifel zu ziehen:

Der Kläger suchte unmittelbar nach dem Unfall eine Arztpraxis in L. auf. Er begab sich vom 4. bis zum 24.3.2005 in stationäre Behandlung. Im Anschluss daran konsultierte der Kläger 30-35-mal den Arzt Dr. H. und unterzog sich hierbei mehrfach schmerzhaften Infiltrationstherapien. Nach aller Lebenserfahrung liegt es fern, dass sich ein Geschädigter derart intensiven Behandlungen nur deshalb unterzieht, um die Haftungsansprüche zu realisieren.

Eine solche Motivation liegt erst recht fern, wenn man die geschäftliche Situation des Klägers einbezieht: Der Kläger ist ein selbstständiger Elektroinstallateur und hatte nach dem Unfallereignis keine Angestellte, weshalb der wirtschaftliche Erfolg und sein Verdienst mit der eigenen Arbeitskraft stand und fiel. Der Kläger hatte allein schon mit Blick auf seine Selbständigkeit ein nachhaltiges Interesse daran, den Ausfall seiner Arbeitskraft so gering wie möglich zu halten. Dass dieses Interesse auch der tatsächlichen Intention des Klägers entsprach, wird durch die bereits zitierte Passage aus dem Abschlussbericht der M.-KlinikW. vom 24.3.2005 anschaulich bestätigt, in dem der Berichtsverfasser dem Kläger ein hohes Verantwortungsgefühl und eine ausgeprägte „Sorge um die Organisation seiner Firma" (GA I Bl. 26) attestiert.

Zwar mag eine andere Einschätzung dann geboten sein, wenn es greifbare Anhaltspunkte dafür gäbe, dass die wirtschaftliche Grundlage des Unternehmens zum Zeitpunkt des Unfalls ernsthaft gefährdet oder gar zerrüttet war. Davon ist indessen nach dem Ergebnis der betriebswirtschaftlichen Analyse nicht auszugehen: Wie sogleich dargestellt werden wird, hatte der Kläger sowohl vor dem Unfall als auch ab 2006 Gewinne mit seinem Unternehmen erzielt, während der Sachverständige Ho. im Zeitraum nach dem Unfall durch Auswertung der Geschäftsunterlagen keine Tätigkeit festgestellt hat. Es widerspräche jeder wirtschaftlichen Vernunft, wenn der Geschädigte ohne dazu aufgrund gesundheitlicher Beschwerden veranlasst zu sein, während eines derart langen Zeitraums von zehn Monaten jegliche gewerbliche Tätigkeit eingestellt hätte.

Spricht somit alles dafür, dass der Kläger während der Behandlungsdauer durch den sachverständigen Zeugen Dr. H. aufgrund valider HWS-Beschwerden in Behandlung war, so stünde es einer Haftung der Beklagten dennoch entgegen, wenn die Beschwerden auf ein unfallunabhängiges Zweitereignis zurückzuführen wären. Für diese theoretische Möglichkeit streitet allenfalls, dass der Entlassungsbericht vom 24.3.2005 (GA I Bl. 25) sehr nahe an einem Normalbefund lag. Im Ergebnis verfängt dieser Einwand jedoch nicht: Denn dieser Befund kann aus den vom sachverständigen Zeugen Dr. H. genannten Gründen darauf zurückzuführen sein, dass der Kläger während seines stationären Aufenthalts intensiv auch unter Schmerzmittelgabe behandelt worden war, weshalb sich zum Zeitpunkt des Abschlussberichts ein Normalbefund eingestellt haben konnte. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Beschwerden wieder einstellten, nachdem der Kläger nach Absetzung der Schmerzmittel den Versuch unternommen hatte, seine körperlich anstrengende Tätigkeit wieder aufzunehmen.

Schließlich stehen die vom Sachverständigen Prof. Dr. R. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erwähnten neueren empirischen Untersuchungen dem Nachweis der Unfallursächlichkeit der HWS-Beschwerden nicht entgegen: Selbst wenn die Unfallstatistik bei Auffahrunfällen der vorliegenden Art im statistischen Mittel nur in seltenen Fällen gravierende Unfallfolgen ausweist, besagt dies nicht zwingend, dass das Ereignis, dessen Eintrittswahrscheinlichkeit die Statistik untersucht, gerade im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt eingetreten ist.

eee) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Kläger über den 24.3.2005 hinaus unter weitergehenden Beschwerden litt, die mit degressiver Intensität zumindest bis zum Jahresende 2005 (im Dezember 2005 erfolgte eine letztmalige Infiltrationstherapie) als adäquate Folgen des Unfallereignisses anzuerkennen sind.

3. Das Ergebnis der Beweisaufnahme über die Dauer der erwiesenermaßen unfallursächlichen Beeinträchtigungen hat Auswirkungen für die Bemessung der Schadenshöhe.

a) Zum Ausgleich der unfallursächlichen immateriellen Schäden war dem Kläger gem. § 11 StVG, § 253 Abs. 2 BGB ein Schmerzensgeld von 3.000 EUR zuzusprechen.

aa) Das Schmerzensgeld verfolgt vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden zu verschaffen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien (vgl. BGHZ 18, 149, 154). Als objektivierbare Umstände besitzen vor allem die Art der Verletzungen, Art und Dauer der Behandlungen sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein besonderes Gewicht. Hierbei zählen das Entstehen von Dauerschäden, psychischen Beeinträchtigungen und seelisch bedingten Folgeschäden zu den maßgeblichen Faktoren. Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 253 Rdnr. 16; MünchKomm(BGB)/Oetker, 6. Aufl., § 253 Rdnr. 36 ff.; Erman/I. Ebert, BGB, 13. Aufl., § 253 Rdnr. 20 ff.; Bamberger/Roth/Spindler, BGB, 3. Aufl., § 253 Rdnr. 26 ff.). Auch die beruflichen Folgen der Verletzung und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes (Erman/I. Ebert, BGB, 13. Aufl., § 253 Rdnr. 16, 25 ff.; PWW/Medicus, BGB, 7. Aufl., § 253 Rdnr. 10). Hierbei kommt es auch auf das Alter des Geschädigten an: Ein und dieselbe Beeinträchtigung wird nicht in jedem Lebensalter gleich gravierend empfunden (vgl. MünchKomm(BGB)/Oetker, aaO, § 253 Rdnr. 36, 43).

Bei der Schmerzensgeldbemessung verbietet sich eine schematische, zergliedernde Herangehensweise. Einzelne Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen dürfen nicht gesondert bewertet und die so ermittelten Beträge addiert werden. Vielmehr ist die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten Falls zu ermitteln, wobei die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder einen gewissen Anhaltspunkt bieten können, ohne jedoch zwingend zu einer bestimmten „richtigen" Schmerzensgeldhöhe zu führen (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.1976 - VI ZR 216/74, VersR 1976, 967 f.; Beschl. v. 1.10.1985 - VI ZR 195/84, VersR 1986, 59).

bb) Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erachtet der Senat die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes von 3.000 EUR für sachgerecht.

aaa) Hierbei war zum einen zu berücksichtigen, dass der Kläger über einen recht langen Zeitraum von nahezu 10 Monaten unter den Folgen der Verletzung litt, er sich für die Dauer von drei Wochen in stationäre Behandlung begab, woran sich an 30 - 35 Terminen eine ambulante Behandlung anschloss, anlässlich derer sich der Kläger unter anderem unangenehmen Infiltrationstherapien unterzog. Andererseits waren die Beschwerden spätestens Anfang August nicht mehr gravierend (der Sachverständige hat den Grad der Minderung der Arbeitsfähigkeit mit lediglich 20% angesetzt). Diese Einschätzung erlaubt den Schluss, dass die Beschwerden des Klägers ab diesem Zeitpunkt durchaus erträglich waren, solange der Kläger belastende Tätigkeiten vermied.

bbb) Schließlich hat sich der Senat bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes an der einschlägigen Kasuistik orientiert (Senat, Urt. v. 31.1.2013 - 4 U 314/11: HWS-Distorsion Grad I mit Beschwerden über 3 Monate: 1.000 EUR; KG, SP 2011, 10: HWS Grad I, Thoraxprellung, posttraumatisches Belastungssyndrom, 2,5 Monate AU - 3.000 EUR; LG Dortmund, Urt. v. 14.11.2007 - 21 U 62/06: HWS-Distorsion und Distorsion rechter Daumen, MdE zu 100% für 3 Monate, zu 10% für weitere 5 Monate: 3.000 EUR; LG Traunstein, Urt. v. 20.10.2008 - 7 O 2602/06: HWS I bis II nach Erdmann, 3 Monate Beschwerden: 2.500 EUR).

b) Auf der Grundlage der länger fortbestehenden unfallursächlichen Beschwerden bedarf die landgerichtliche Entscheidung auch hinsichtlich des geltend gemachten Verdienstausfalls einer Korrektur. Dem Kläger steht gem. § 252 BGB ein Anspruch wegen eines Verdienstausfalls in Höhe von 28.688,40 EUR zu.

aa) Auch hier ist das Landgericht von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Gemäß § 252 BGB umfasst der zu ersetzenden Schaden den entgangenen Gewinn. Dieser ist bei einer Tätigkeit aus selbstständiger Arbeit nicht nach dem Gehalt für eine gleichwertige, tatsächlich nicht eingestellte Ersatzkraft, sondern danach zu bemessen, welche konkrete Minderung des Gewinns durch die Arbeitsunfähigkeit des Selbstständigen eingetreten ist (vgl. MünchKomm(BGB)/Oetker, aaO, § 252 Rdnr. 12). Für den Nachweis des Schadens kann sich der Geschädigte auf die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO berufen. Hierbei obliegt es dem Geschädigten, durch die Darlegung konkreter Anhaltspunkte eine ausreichende Grundlage für die Wahrscheinlichkeitsprognose zu schaffen, inwieweit sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Arbeitskraft sichtbar im Betriebsergebnis konkret ausgewirkt hat (BGH, Urt. v. 23.2.2010 - VI ZR 331/08, NJW 2010, 1532). Dennoch sind an den Nachweis der hypothetischen Entwicklung keine überzogenen Anforderungen zu stellen (BGH, NJW 2010, 1532; Urt. v. 16.3.2004 - VI ZR 138/03, VersR 2004, 874, 875). So begegnet es keinen Bedenken, den konkreten Gewinnverlust durch einen Vergleich mit den Betriebsergebnissen der letzten Jahre vor dem schädigenden Ereignis zu ermitteln. Allerdings ist in Betracht zu ziehen, dass der Gewinnrückgang auf unfallunabhängigen Faktoren - insbesondere konjunkturellen Schwankungen - beruhen kann, weshalb die Schätzung des Gerichts gegebenenfalls Veranlassung sehen muss, diese alternativen Faktoren auszuschließen (Palandt/Grüneberg, aaO, § 252 Rdnr. 14).

Weiterhin ist zu beachten, dass eine Minderung der Erwerbstätigkeit bis zu 20% in aller Regel kompensationslos hinzunehmen ist (Palandt/Grüneberg, aaO, § 252 Rdnr. 14; KG, NZV 2006, 305).

bb) In der Anwendung auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt hat sich das Landgericht zunächst eingehend mit dem Jahresabschluss zum 31.12.2005 und mit den aus einem Vergleich mit den Jahresabschlüssen der Jahre 2001 bis 2004 und 2006-2007 zu ziehenden Folgerungen befasst. Hierbei hat das Landgericht festgestellt, dass der Vergleich des Gesamtwertes der zum Jahresende 2005 in Arbeit befindlichen Aufträge (333.447,67 EUR) zu dem korrespondierenden Wert des Vorjahres (360.361,46 EUR) einen Verdienstausfall nicht nachhaltig belege, zumal die Betrachtung der entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnung der Jahre 2001-2005 erhebliche Schwankungen aufweise. Auffallend sei weiter, dass die in Arbeit befindlichen Aufträge im Jahr 2006 am Ende dieses Jahres auf 46.206,89 EUR, im Jahr 2007 auf lediglich 10.903,71 EUR zurückgegangen seien. All dies sei nicht objektivierbar mit unfallbedingten Beeinträchtigungen zu erklären. Es sei schließlich zu berücksichtigen, dass in der Bilanz des Jahres 2006 ein nicht durch Vermögenseinlagen gedeckter Verlust von 37.585,53 EUR, im Jahr 2007 ein Verlust von 10.903,71 EUR entstanden sei.

cc) Zwar ist die Argumentation des Landgerichts nicht von der Hand zu weisen: Die mit der Anlage BK1 vorgelegte Aufstellung belegt, dass die fakturierten Umsätze während des gesamten Betrachtungszeitraums deutlichen Schwankungen unterlagen: So betrug der Spitzenwert der fakturierten Umsatzerlöse im Jahr 2002 rund 470.000 EUR, während in den Jahren 2004 und 2005 lediglich rund 112.000 und 64.200 EUR abgerechnet wurden. Diese starken Schwankungen verbieten den auf den ersten Blick naheliegenden Schluss, dass der deutliche Einbruch des Jahres 2005 allein auf den krankheitsbedingten Ausfall zurückzuführen ist. Auffallend ist weiter, dass es im Jahr 2007 gegenüber dem Jahr 2006 einen starken, ebenfalls unfallunabhängigen Einbruch bei den Umsatzerlösen gab. Insgesamt hat der Kläger in den Jahren 2006 und 2007 nicht mehr an die Jahresgesamtleistungen der Jahre 2001 bis 2004 anknüpfen können.

dd) Dennoch ist die Betrachtung der Entwicklung der Umsatzerlöse allein nicht aussagekräftig. Denn die Schwankungen können auch darauf beruhen, dass bereits erbrachte Leistungen nicht im Kalenderjahr der Leistungserbringung, sondern erst in einem späteren Kalenderjahr abgerechnet wurden. Darüber hinaus sind die angefallenen Umsätze nicht unmittelbar Gegenstand des gemäß § 252 BGB zu kompensierenden Schadens. Für die Berechnung des erstattungsfähigen Schadens kommt es allein auf die Höhe des entgangenen Gewinns, nicht hingegen auf die ausgefallenen Umsatzerlöse an. Mithin muss sich die rechtliche Betrachtung zur Feststellung des erstattungsfähigen Gewinnausfalls mit der Frage befassen, in welchem Umfang sich der krankheitsbedingte Ausfall des Klägers im Geschäftsergebnis konkret niedergeschlagen hat. Diese Frage kann nur durch eine betriebswirtschaftliche Analyse unter Einblick in die Geschäftsunterlagen erfolgen, weshalb der Senat Veranlassung gesehen hat, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in eine eigene Tatsachenfeststellung einzutreten.

ee) Nach den Feststellungen des Sachverständigen Ho. steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger tatsächlich im Jahr 2005 im Wesentlichen keine eigene werbende Tätigkeit entfaltete:

aaa) Die im Jahr 2005 erwirtschafteten Erlöse in Höhe von rund 64.058 EUR resultieren in Höhe von rund 42.480 EUR aus dem Zeitraum vor dem Unfallereignis. Nach dem Unfallereignis wurden lediglich Umsätze von 21.578 EUR erzielt, wobei ein erheblicher Anteil von rund 16.982 EUR auf Lieferungen von Material entfiel. Erst beginnend mit dem Oktober 2005 werden Umsätze nachgewiesen, die der Kläger aus Überprüfungs- und Instandhaltungsarbeiten erzielte. Darüber hinaus hat der Sachverständige Ho. keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Kläger im Jahr 2005 erbrachte Leistungen erst in einem späteren Zeitpunkt abrechnete. Auch konnte er nachvollziehbar ausschließen, dass es konjunkturelle Gründe für den Rückgang der betrieblichen Aktivitäten gab.

Dieses Beweisergebnis überzeugt: Wie der Sachverständige bereits in seinem Gutachten dargestellt hat, standen ihm für die Erstattung des Gutachtens detailliert bezeichnete, umfangreiche Geschäftsunterlagen des Klägers zur Verfügung. Er hat nach eigener Analyse der ihm zugänglichen Unterlagen keine Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten gefunden und sah sich nach Auswertung der Geschäftsunterlagen uneingeschränkt dazu in der Lage, die an ihn gerichtete Beweisfrage zu beantworten.

bbb) Vor diesem Hintergrund war dem Antrag der Beklagten auf Überlassung der dem Sachverständigen Ho. zur Einsicht übergebenen Geschäftsunterlagen nicht zu entsprechen:

Der Senat hat den Sachverständigen mit Verfügung vom 22.5.2012 (GA VI Bl. 992) gem. § 404a Abs. 4 ZPO dazu ermächtigt, die zur Beantwortung der Beweisfrage heranzuziehenden Befundtatsachen zu ermitteln.

Soweit ein Sachverständiger zur Sachverhaltsaufklärung Einsicht in Geschäftsunterlagen nimmt, ist er als Augenscheinsgehilfe des Gerichts tätig (vgl. MünchKomm(ZPO)/Zimmermann, aaO, § 404a Rdnr. 8). Ergeben sich nach der Erstattung des Gutachtens Zweifel an den vom Sachverständigen erhobenen Tatsachen, so können diese nicht dadurch überwunden werden, dass die Befundtatsachen der Gegenpartei zur eigenen Auswertung übergeben werden. Ein solches prozessuales Recht auf Überlassung eines Augenscheinsobjekts zum Zwecke der eigenen Begutachtung steht der Partei nicht zu. Vielmehr ist nach Maßgabe der §§ 355 ff. ZPO über die Validität der Befunderhebung Beweis zu erheben, wenn nach der Vorlage des Gutachtens Streit über die Anknüpfungstatsachen entsteht (Wieczorek/Ahrens, ZPO, § 404a Rdnr. 19). Diesen Weg hat der Senat durch Anhörung des Sachverständigen Ho. beschritten, der im Termin vor dem Senat die Tatsachengrundlage seiner Begutachtung anschaulich offengelegt hat:

Für die Zuerkennung des Verdienstausfallschadens ist es alleine von Relevanz, ob der Gutachter nach Auswertung der Geschäftsunterlagen des Klägers den Umsatzrückgang im Jahr 2005 nachvollziehen kann. Zur verlässlichen Beantwortung dieser Beweisfrage war es erforderlich, die Möglichkeit auszuschließen, dass im Jahr 2005 erwirtschaftete Umsätze erst im Jahr 2006 fakturiert worden sind. Auf diese nicht ausgeschlossene Möglichkeit einer Manipulation wurde das Augenmerk des Sachverständigen bereits aufgrund der Erläuterung des Beweisthemas im Beweisbeschluss vom 29.11.2011 gelenkt. In der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens hat der Senat überdies den nachhaltigen Eindruck gewonnen, dass der Sachverständige gerade diesem Aspekt eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat. Gleichwohl ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass sich aus den ihm zugänglichen Unterlagen keine Anhaltspunkte für Manipulationen finden. Auch zeigt die Beklagte keine konkreten Umstände auf, die die Aussagekraft und Glaubhaftigkeit der vom Sachverständigen Ho. präsentierten Ergebnisse in Zweifel ziehen.

ff) Zum Ausgleich des nachgewiesenen Umsatzeinbruchs, der zur Überzeugung des Senats zumindest zum überwiegenden Teil auf den unfallbedingten Ausfall des Klägers zurückzuführen ist, war dem Kläger ein Verdienstausfall in Höhe von 28.688,40 EUR zuzuerkennen. Im Einzelnen beruht die Schadensschätzung auf folgenden Erwägungen:

aaa) Im Ausgangspunkt bieten die vom Kläger vorgelegten Steuererklärungen der Jahre 2001 - 2007 eine verlässliche Schätzgrundlage für die durchschnittlich erzielten Einkünfte. Die dort ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechen dem aus der gewerblichen Tätigkeit resultierenden Nettoverdienst. Dem steht nicht entgegen, dass in den gegenüber dem Finanzamt deklarierten Einkünften gem. § 7 ff. EStG gewinnmindernde Abschreibungen für Aufwendungen enthalten waren. Eine Berücksichtigung dieser Abschreibungen scheidet schon deshalb aus, weil kein erkennbarer Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der unternehmerischen Entscheidung zur Anschaffung eines abschreibungsfähigen Wirtschaftsguts besteht. Nach richtiger Auffassung (Geigel/Pardey, aaO, Kap. 4 Rdnr. 102) finden Abschreibungsmöglichkeiten in die Schadensberechnung nur dann Eingang, wenn dem Schädiger durch das Schadensereignis eine Abschreibungsmöglichkeit entgeht. Dessen ungeachtet wird nicht offengelegt, wie sich die Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG im Einzelnen zusammensetzen, weshalb auch der den Abschreibungen jeweils zugrunde liegende Sachverhalt nicht nachvollzogen werden kann. Schließlich war zu berücksichtigen, dass die in der Anlage BK 1 dargestellten Abschreibungen sich in den Jahren 2003 bis 2005 gegeneinander aufheben: So wird die im Jahr 2003 angesparte Abschreibung über 25.200 EUR im Jahr 2004 wieder aufgelöst. Ebenso verhält es sich mit der im Jahr 2005 aufgelösten Abschreibung über 32.500 EUR. Denn diese wurde betragsgleich im Jahr 2004 angespart, weshalb sich diese Abschreibungen im mehrjährigen Mittel rechnerisch neutralisieren.

bbb) Die Auswertung der Einkommenssteuerbescheide zeigt, dass das gemittelte Einkommen des Klägers in den Jahren 2001-2004 und 2006-2003 bei rund 45.810 EUR lag, wohingegen die Einkünfte im Jahr 2005 auf 13.934,30 EUR abgesunken sind. Folglich sind dem Kläger bei dieser Betrachtung im Jahr 2005 Einkünfte von rund 31.876 EUR entgangen.

ccc) Gleichwohl sieht der Senat Veranlassung, diesen rechnerischen Betrag mit Blick auf das Ergebnis der medizinischen Begutachtung herabzusetzen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aus den bereits dargelegten Erwägungen zur Überzeugung des Senats fest, dass die Arbeitsfähigkeit des Klägers längstens bis zum 31.8.2005 mehr als 20% gemindert war. Spätestens mit Ablauf der letztmalig dokumentierten Krankschreibung zum 31.8.2005 war der Kläger durchaus in der Lage, sich zumindest um solche Arbeiten zu bemühen, die mit nur mäßigen körperlichen Anstrengungen verbunden waren. Diese trotz der in geringem Umfang fortbestehenden Beschwerden zumutbare Verdienstmöglichkeit hat der Kläger ausweislich des Ergebnisses der betriebswirtschaftlichen Begutachtung indessen nicht ergriffen, da der Sachverständige Ho. nach Auswertung der Geschäftsunterlagen erst beginnend mit dem Monat Oktober 2005 eine geringfügige Tätigkeit festgestellt hat. Mithin war der anhand der Steuerbescheide errechnete Verdienstausfall, der ab dem Unfallereignis bis zum Jahresende während eines Zeitraums von 10 Monaten auflief, nicht in vollem Umfang adäquate Folge des Unfallereignisses, sondern beruhte zugleich auf der autonomen Entscheidung des Klägers, den Wiedereintritt in die berufliche Tätigkeit - möglicherweise um die Regeneration nicht zu gefährden - nicht mit der ihm zumutbaren Nachhaltigkeit voranzutreiben. Es erscheint daher sachgerecht, diesem Umstand durch einen 10%igen Abschlag Ausdruck zu verleihen.

Diesem Abschlag liegt die Erwägung zugrunde, dass sich der Zeitraum der zumindest im eingeschränkten Umfang zumutbaren Verdienstmöglichkeit über 4 von insgesamt 10 Monaten erstreckt, die der Kläger lediglich in geringem Umfang ab Oktober 2005 nutzte. Eingedenk der Erfahrungstatsache, dass die Tätigkeit des Klägers in ihrem Schwerpunkt erhebliche körperliche Anforderungen stellt, wäre hingegen selbst bei einer früheren und intensiveren Aufnahme der dem Kläger zumutbaren Betätigung ein substanzieller Verdienstausfall nicht zu vermeiden gewesen. Es erscheint daher sachgerecht, den schadensrelevanten Zeitraum für die Berechnung des Verdienstausfalls um einen Monat zu verkürzen, was rechnerisch in Anbetracht des 10-monatigen Beurteilungszeitraums einer anteiligen Kürzung um 10% entspricht, weshalb sich der zu erstattende Verdienstausfallschaden auf 28.688,40 EUR beläuft.

c) Auch hinsichtlich des zuerkannten Haushaltsführungsschadens bedarf die angefochtene Entscheidung mit Blick auf den verlängerten Zeitraum der unfallursächlichen Beeinträchtigung der Korrektur: Der Senat schätzt den erstattungsfähigen Haushaltsführungsschaden auf 1.500 EUR.

aa) Hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens hat das Landgericht lediglich einen Schadensersatz in Höhe von 480,50 EUR zugesprochen. Es hat hierzu ausgeführt: Vor dem Unfall sei lediglich von einer durchschnittlichen Tätigkeit des Klägers im Haushalt von 1 h auszugehen. Soweit der Kläger behauptet habe, er habe durchschnittlich 3 h im Haushalt mitgearbeitet, habe der Kläger den ihm obliegenden Beweis für eine so umfangreiche Haushaltstätigkeit nicht erbracht. Unter Berücksichtigung der behaupteten Arbeitszeiten als Bauhandwerker von 12-14 h am Tag und der Angaben zum Umfang der Haushaltführung gegenüber dem Sachverständige Prof. Dr. R. sei ein weitergehender Haushaltsführungsschaden nicht nachgewiesen. Unter Zugrundelegung einer erstattungsfähigen Stundenvergütung von 9,61 EUR ergebe sich für den Zeitraum vom 2.2. bis 24.3.2005 ein Betrag von 480,50 EUR.

bb) Auch hier hat das Landgericht den zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt gewählt:

Der gemäß § 843 Abs. 1 BGB zu erstattende Haushaltsführungsschaden gehört zu den vermehrten Bedürfnissen, soweit sich die ausgefallene Haushaltsführung auf die eigene Bedarfsdeckung bezieht. Erfüllte der Geschädigte in gesunden Tagen mit seiner Haushaltsführung eine Unterhaltsleistung für Familienangehörige, so führen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die den Ausfall der Haushaltstätigkeit bedingen, zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (so die allg. Meinung; statt aller: BGH, Urt. v. 10.10.1989 - VI ZR 247/88, NJW-RR 1990, 34; 25.9.1973 - VI ZR 49/72 - VersR 1974, 162, 163). Unter beiden rechtlichen Aspekten ist der Ersatzanspruch nicht nach den gesetzlich geschuldeten Arbeitsleistungen, sondern danach zu bemessen, welchen Wert die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen in gesunden Tagen besaßen (BGH, NJW 1974, 1651). Hierbei darf sich der Richter bei seiner Schätzung an den Tabellenwerten von Schulz-Brock/Hofmann (Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6. Aufl.) orientieren (BGHZ 104, 113, 117 f.; Urt. v. 3.2.2009 - VI ZR 183/08, NJW 2009, 2060) oder seinen gesunden Menschenverstand in die Schätzung nach § 287 ZPO einbringen.

cc) Weiterhin begegnet es in Anwendung dieser Rechtsgrundsätze keinen durchgreifenden Bedenken, soweit das Landgericht die durchschnittliche Tätigkeit des Klägers im Haushalt mit 1 h in Ansatz gebracht hat. Der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, wonach der vom Kläger behauptete höhere Arbeitseinsatz von täglich durchschnittlich 3 h schon allein mit Blick auf die behauptete betriebliche Arbeitszeit wenig plausibel erscheint. Demgegenüber hat die Zeugin D.-J. glaubhaft ausgesagt, dass der Schwerpunkt der Haushaltführung des Klägers in der Pflege des Gartens sowie darin bestanden habe, Holz für den Holzofen herbeizuschaffen. Soweit die Zeugin davon berichtet hat, der Kläger habe „auch im Haushalt mitgeholfen, manchmal die Wäsche gebügelt und (sei der Zeugin) ansonsten zur Hand gegangen" - exemplarisch hat die Zeugin das Richten des Frühstücks und das Mitversorgen der Kinder erwähnt -, besitzen diese Tätigkeiten schon in der Darstellung der Zeugin erkennbar ein geringeres Gewicht. Nur so ist zu erklären, dass die Zeugin die Haushaltsführung im engeren Sinne erst an zweiter Stelle erwähnt hat und den Schwerpunkt der Tätigkeit indessen bei der Gartenpflege und dem Herbeischaffen des Holzes gesetzt hat.

dd) Angesichts des Umstandes, dass im Zeitraum des hundertprozentigen Ausfalls (vom 2. Februar bis 24.3.2005) jahreszeitbedingt Gartenarbeiten allenfalls in sehr untergeordnetem Umfang anfielen, begegnet es keinen Bedenken, den für diesen Zeitraum entstandenen Ausfall mit maximal 1 h anzusetzen. Frei von Rechtsfehlern hat das Landgericht die erstattungsfähige Stundenvergütung auf 9,61 EUR geschätzt, weshalb dem Kläger für die Zeit bis zum 24.3.2005 lediglich ein Haushaltsführungsschaden von 480,50 EUR zuzuerkennen war.

ee) Im anschließenden Zeitraum bis zum 16.6.2005 (für weitere zwölf Wochen) ist unter der Prämisse einer schwereren HWS-Distorsion nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. R. eine Arbeitsunfähigkeit von 60 % eingetreten. Auch während dieses Zeitintervalls war der Kläger in seiner Haushaltsführung beschränkt. Zwar war der Kläger mit Blick auf die stetige Verbesserung seines Gesundheitszustandes in diesem Zeitintervall nach der Überzeugung des Senats zumindest teilweise wieder dazu in der Lage, Hausarbeit im engeren Sinne - etwa das Richten des Frühstücks, das Beaufsichtigen der Kinder, das Zurhandgehen mit kleineren Tätigkeiten und auch das Bügeln der Wäsche - zu leisten. Dies scheint überdies in der Aussage der Zeugin D.-J. auf, die ausgesagt hat, dass der Kläger auch nach dem Unfall die Kinder mitversorgt habe, soweit dies nicht mit Schmerzen verbunden gewesen sei. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass während der Sommermonate erfahrungsgemäß vermehrt Gartenarbeiten anfallen, an deren Erledigung der Kläger weitgehend gehindert war.

Unter Berücksichtigung der nur teilweise eingeschränkten Haushaltsführung verbleibt ein erstattungsfähiger Haushaltsführungsschaden von 484,34 EUR (9,61 EUR * 7 * 12 * 60/100).

ff) Hinsichtlich des weiteren Zeitraums bis zum Ende des Jahres 2005 erachtet der Senat zum Ausgleich der ausgefallenen Haushaltstätigkeit die Zahlung eines Betrages von 500 EUR für angemessen. Zwar beinhaltet dieser weitere Zeitraum eine Periode, in der Kläger den Nachweis für eine 20% übersteigende Beeinträchtigung in der Haushaltsführung nicht führen kann. In aller Regel rechtfertigt eine solche geringe Beeinträchtigung von bis 20% die Zuerkennung eines Haushaltsführungsschaden noch nicht. Im vorliegenden Sachverhalt kommt jedoch hinzu, dass der Kläger nach der Überzeugung des Senats bis zum Schluss des Jahres 2005 noch nicht dazu in der Lage war, das Brennholz für den Ofen zu richten. Denn bei dieser Tätigkeit handelt es sich erfahrungsgemäß um eine schwere körperliche Arbeit, deren Verrichtung einer sich regenerierenden Halswirbelsäule nicht dienlich ist. In der Höhe des zuerkannten Schadensersatzes orientiert sich der Senat an den Brennholzpreisen, die im fraglichen Zeitraum einen Betrag von rund 35 EUR (woraus rechnerisch bei 15 lfd m ein Betrag von 525 EUR resultiert) nicht überstiegen.

gg) Die Summe der Einzelbeträge beläuft sich rechnerisch auf 1.464,84 EUR. Da Einzelwerte nicht auf einer exakten Ermittlung der tatsächlichen Haushaltsführung beruhen, erscheint es sachgerecht in Ausübung des Schätzermessens einen erstattungsfähigen Haushaltsführungsschaden von 1.500 EUR zuzuerkennen.

d) Weiterhin steht dem Kläger gem. § 249 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die im Dezember 2005 veranlasste Infiltrationstherapie in Höhe von 226,14 EUR zu. Mit Blick auf die bis zum Jahresende fortbestehenden Beschwerden steht die Unfallursächlichkeit dieser Aufwendung nicht mehr in Zweifel.

e) Soweit der Kläger eine Beitragsrückerstattung seiner privaten Krankenversicherung begehrt, ist die Klageforderung nicht schlüssig: Aus der Anlage K 13 ist zu ersehen, dass dem Kläger für das Jahr 2004 eine Beitragsrückerstattung in Höhe des Klagebetrages (402,40 EUR) ausbezahlt wurde. Ob diese Beitragsrückerstattung auch in gleicher Höhe im Jahr 2005 gezahlt worden wäre, erschließt sich nicht. Ebenso wenig wird klar, ob die Beitragsrückerstattung nur deshalb nicht gezahlt wurde, weil der Kläger unfallbedingte Arztkosten etc. anmeldete. Es ist durchaus in Betracht zu ziehen, dass der Kläger im Beitragsjahr 2005 aus unfallunabhängiger Ursache Ärzte aufsuchte. Der Beleg K 12 (GA I Bl. 51) beschreibt lediglich den Abrechnungsstatus zum 3.6.2005.

f) Weiterhin steht dem Kläger dem Grunde nach gem. § 249 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Anwaltskosten zu, da die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit Blick auf die Schwierigkeit der Sache eine zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung darstellte. Indessen hat der Kläger die Höhe dieser Nebenforderung lediglich im tenorierten Umfang schlüssig dargelegt:

Der Kläger hat in der Klageschrift vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 804,50 EUR eingefordert. Soweit der Kläger mit klageerweiterndem Schriftsatz vom 15.8.2008 (GA III Bl. 454 ff.) die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.589 EUR erstrebt, kann die Berechtigung dieser Forderung mangels Sachvortrags indessen nicht nachvollzogen werden. Obwohl die berechtigte Klageforderung hinter der Forderung zurückbleibt, die der Gebührenberechnung des Klägers zugrunde lag, waren die in der Klageschrift geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten in vollem Umfang erstattungsfähig, da der Kläger ausgehend von dem höheren Streitwert in der Klageschrift die Nebenforderung lediglich nach dem hälftigen Gebührentatbestand berechnet hat. Stattdessen mindert sich nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG (VV Teil Vormerkung 3 Abs. 4) durch die Anrechnung die gerichtliche Verfahrensgebühr, weshalb der Anwalt die schon entstandene Geschäftsgebühr in vollem Umfang liquidieren kann (vgl. BGH, Beschl. v. 7.2.2011 - I ZB 95/09, Magazindienst 2011, 313).

g) Der Zinsanspruch beruht hinsichtlich der Hauptforderung auf Verzugsgesichtspunkten, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 26.7.2006 eine weitere Leistung endgültig und ernsthaft verweigert hat (§ 286 Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB). Hinsichtlich der Nebenforderung folgt der Zinsausspruch aus §§ 291, 288 BGB.

h) Zusammenfassend sind die Beklagten zur Erstattung von 3.000 EUR Schmerzensgeld, 28.688,40 EUR Verdienstausfall, 1.500 EUR Haushaltsführungsschaden und einer Arztrechnung über 226,14 EUR verpflichtet, woraus eine Gesamtforderung von 33.414,54 EUR resultiert. Bei der Tenorierung war die Urteilssumme zur besseren Verständlichkeit abzüglich des erhaltenen Vorschusses über 5.000 EUR in einer Summe auszuwerfen, da der Zeitpunkt der Vorschusszahlung in jedem Fall vor dem Verzugszeitraum lag, weshalb dem Kläger mit Blick auf § 367 BGB kein Nachteil geschieht.

B. Zu den Feststellungsanträgen

1. Mit dem Klageantrag zu 2) begehrt der Kläger festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger die auf die auszuurteilende Entschädigung zu entrichtende Steuer zu ersetzen. Dieser Feststellungsantrag bleibt ohne Erfolg.

Zwar steht dem Kläger auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen ein Schadensersatzanspruch auf Zahlung von Verdienstausfall zu. Der entgangene Gewinn ist auch zu versteuern, da Schadensersatzleistungen gem. § 24 Nr. 1a EStG der Einkommenssteuer unterliegen (MünchKomm(BGB)/Oetker, aaO, § 252 Rdnr. 14). Gleichwohl sind die Beklagten nicht verpflichtet, dem Kläger auch die auf den Verdienstausfall zu entrichtenden Steuer zu erstatten: Die Berechnung des Verdienstausfalls orientierte sich allein an den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit. Eine eventuelle Einkommensbelastung blieb demgegenüber bei der Schadensberechnung außer Betracht. Da der Kläger auch betragsgleiche Einkünfte hätte versteuern müssen, geschieht ihm durch eine nachträgliche Besteuerung des Schadensersatzes kein Nachteil.

2. Mit dem Klageantrag zu 3) begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagten auch zur Erstattung aller weiteren, zukünftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet sind. Dieser Feststellungsantrag bleibt ohne Erfolg, weil ein Feststellungsinteresse nicht nachgewiesen ist:

Die Erhebung einer Feststellungsklage setzt gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein Feststellungsinteresse voraus. Dieses ist - sofern die Feststellungsklage bei der Verletzung eines absoluten Rechtsgutes die Einstandspflicht bezüglich künftiger Schadensfolgen betrifft - nachgewiesen, wenn der Eintritt künftiger Schadensfolgen möglich, nicht notwendigerweise wahrscheinlich ist (BGH, Urt. v. 16.1.2001 - VI ZR 381/99, NJW 2001, 1432, vgl. BGHZ 116, 60, 75; Zöller/Greger, aaO, § 256 Rdnr. 8a). Dieser Schluss ist vorliegend nicht gerechtfertigt. Bei verständiger Würdigung besteht kein Grund, mit dem Eintritt unfallbedingter Dauerschäden zu rechnen. Die Auffassung der Berufung (GA VI Bl. 920), von keinem der Sachverständigen seien für den gesamten Lebensweg des Klägers Spätfolgen ausgeschlossen worden, ist substanzlos. Aus der allein nachgewiesenen unfallursächlichen, allenfalls mittelgradigen HWS-Distorsion sind - vor allem mit Blick auf die inzwischen symptomfrei verlaufene Zeit - keine Spätfolgen zu erwarten.

C. Zur Widerklage:

Die Widerklage unterliegt in vollem Umfang der Abweisung, da die Summe der berechtigten Schadensersatzforderungen den geleisteten Vorschuss übersteigt. ..."

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Beweisanforderungen bei HWS-Verletzung: Ist der Geschädigte bei einem Verkehrsunfall nur einer sher geringen biomechanischen Belastung ausgesetzt gewesen und sind bei der Erstuntersuchung durch den Durchgangsarzt keine Verletzungen festgetgestellt worden, rechtfertigt allein der Umstand, dass der Geschädigte bei dieser Untersuchung über Verspannungsschmerzen im Halsbereich mit Aisstrahlung auf die Schultermuskukulatur geklagte hat, nicht die Feststellung, dass er bei dem Unfall verletzt worden ist (OLG Celle, Beschluss vom 03.06.2013 - 14 U 58/13, RuS 2013, 574-575).

***

Beweisanforderungen bei HWS-Verletzung (OLG Bamberg, Beschluss vom 13.11.2012 - 5 U 66/12):

„... Die Beweiswürdigung durch das Gericht bestimmt sich im Zivilprozess nach § 286 ZPO. Danach ist der Richter dazu aufgefordert, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Dies bedeutet, dass der Richter lediglich an die Denk- und Naturgesetze sowie die bestehenden Erfahrungssätze gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf und muss. Der Vorgang der Überzeugungsbildung ist nicht von objektiven Kriterien abhängig, sondern beruht auf Erfahrungswissen und Judiz des erkennenden Richters (vgl. BGH NJW 08, 2845 m.w.N.; vgl. auch zum Ganzen Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 286 Rn. 13). Eine Behauptung ist bewiesen, wenn das Gericht von ihrer Wahrheit überzeugt ist, ohne dabei unerfüllbare Anforderungen an deren Nachweis zu stellen (BGH WM 98, 1689). Nach § 286 Abs. 1 ZPO bezieht sich die Beweiswürdigung auf den gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung und des Vortrages der Parteien. Das Gericht beurteilt den Wert der einzelnen Beweismittel unter Berücksichtigung der ihnen eigenen Fehlerquellen (BGH NJW 98, 2736). Die ausdrücklich in § 286 Abs. 1 ZPO vorgesehene Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung gibt dem Richter die Möglichkeit, unabhängig von Partei- und Zeugenstellung die Aussagen gegeneinander abzuwägen und zu bewerten (vgl. BVerfG NJW 01, 2531; BGH NJW-RR 06, 61; BGH NJW 03, 3636).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung nicht zu beanstanden. Die Klägerin nimmt lediglich eine andere, ihr günstigere Beweiswürdigung vor, die jedoch weder zwingend noch derjenigen des Landgerichts vorzugswürdig ist. Dem Landgericht ist auch kein entscheidungserheblicher Verfahrensfehler unterlaufen.

Das Landgericht hat insbesondere nicht verkannt, dass es bei der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung keine absolute ‚Harmlosigkeitsgrenze' gibt, deren Unterschreitung eine HWS-Verletzung ausschließt. Dementsprechend hat das Landgericht, obwohl der Sachverständige F. eine Geschwindigkeitsänderung von nur 5 bis 6 km/h ermittelt und u. a. ausgeführt hat, dass nach durchgeführten Untersuchungen bei Geschwindigkeitsänderungen unter 10 km/h grundsätzlich keine HWS-Verletzungen auftreten, weiter Beweis erhoben durch Erholung eines medizinischen Gutachtens zu der Frage, ob trotz der festgestellten relativ geringen Geschwindigkeitsänderung die geklagten Beschwerden auf den Unfall zurückgeführt werden können (vgl. die Beweisbeschlüsse vom 07.04.2010, Bl. 60/62, und 12.09.2011, Bl. 169/179 d. A. sowie LGU S. 8).

Die medizinische Begutachtung hat einen solchen Zusammenhang aber ebenfalls nicht belegen können, sondern im Gegenteil degenerative Veränderungen der HWS als mögliche Alternativursache festgestellt, während die neben dem HWS-Syndrom behaupteten Verletzungen mangels Traumatisierung des Schädels als Unfallfolge ausgeschlossen werden konnten und einige der beschriebenen Beschwerden für eine HWS-Beschleunigungsverletzung als untypisch eingestuft wurden. Auf dieser Grundlage ist es nicht zu beanstanden, sondern gut nachvollziehbar, dass sich das Landgericht nicht von der Unfallbedingtheit der geltend gemachten Beschwerden überzeugen konnte.

Mit den vorliegenden Befunden und Diagnosen der behandelnden Ärzte haben sich sowohl der Sachverständige Prof. Dr. B. (Gutachten vom 23.09.2011, Bl. 175 ff d. A., dort S. 4 ff und 7 ff, und Ergänzungsgutachten zu den Einwendungen der Klägerin vom 04.01.2012, Bl. 207 ff d. A., dort S. 3/4) als auch - ihm folgend - das Landgericht (LGU S. 9) im gebotenen Umfang auseinandergesetzt. Unbeschadet des Umstands, dass eine HWS-Verletzung und die entsprechenden Beschwerden - wie vom Sachverständigen Prof. Dr. B. ausgeführt, meist nicht objektivierbar sind, wurde den vorliegenden ärztlichen Äußerungen letztlich nicht abgesprochen, das Beschwerdebild und die daraus resultierenden Beeinträchtigungen nach den damals jeweils zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen, insbesondere auch nach den Beschwerdeäußerungen der Klägerin, grundsätzlich zutreffend dokumentiert und diagnostiziert zu haben. Für den im Zivilprozess nach Maßgabe des § 286 ZPO zu führenden Vollbeweis einer durch den Unfall verursachten und damit haftungsbegründenden Verletzung sind jedoch höhere Anforderungen zu stellen. Erst dem medizinischen Gerichtsgutachter standen alle nun vorliegenden Erkenntnisse aus dem Behandlungsverlauf, über die vorbestehenden degenerativen Veränderungen und über das erst im Prozess gutachtlich ermittelte Maß der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung zur Verfügung. Demgegenüber setzen die vorgelegten Arztberichte die Unfallbedingtheit der Beschwerden im Hinblick auf den zeitlichen Zusammenhang eher voraus und beschreiben den Behandlungsverlauf, als die Unfallbedingtheit zu hinterfragen. Eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage der Ursächlichkeit des Unfalls ist auch nicht Aufgabe des behandelnden Arztes.

Soweit sich das Gutachten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. vom 17.05.2010 (Anlage K 23) ausdrücklich mit der Klärung der ‚Zusammenhangsfrage' zu befassen hatte und dabei von einer HWS-Beschleunigungsverletzung ‚im Rahmen eines Auffahrunfalls' ausging, lagen auch dort keine Erkenntnisse über die konkrete kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung vor. Im übrigen äußert sich dieses für die Berufsgenossenschaft erstattete Gutachten zur Frage der Ursächlichkeit nicht nach Maßgabe des zivilrechtlichen Kausalitätsbegriffs sondern nach Maßgabe sozialrechtlicher Kriterien, insbesondere dazu, ob und in wieweit die geklagten Gesundheitsschäden (sozialrechtlich) ‚mit Wahrscheinlichkeit' durch ‚das Ereignis' verursacht wurden (vgl. dort Frage 4, S. 10). Eine Wahrscheinlichkeit reicht jedoch für den im Zivilprozess gemäß § 286 ZPO zu führenden Vollbeweis unfallbedingter Verletzungen nicht aus.

Soweit nunmehr vorgetragen wird, die Beschwerden der Klägerin seien nach Abschluss der ersten Instanz abgeklungen, so kann dies nicht als Beweis gewertet werden, dass unfallunabhängige Ursachen ausscheiden. Denn auch degenerativ bedingte Beschwerden können grundsätzlich durch ärztliche Maßnahmen, wie sie die Klägerin auch erfahren hat, erfolgreich behandelt werden. Dieser Umstand ist daher nicht aussagekräftig. ..."

***

„... Entsprechend der Begründung der angefochtenen Entscheidung lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger infolge des Kollisionsereignisses vom 24. Juni 2006 Unfallverletzungen in Form eines Schleudertraumas der Halswirbelsäule sowie einer Prellung der rechten Schulter erlitten hat. Die Beklagten sind deshalb keiner begründeten Schmerzensgeldforderung ausgesetzt.

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sind die kollisionsdymanischen Zusammenhänge sowie die biomechanische Belastung, welcher der Kläger als Fahrer des angestoßenen Fahrzeuges ausgesetzt war, hinreichend aufgeklärt. Ausweislich dieser Erkenntnisgrundlagen war der Unfallaufprall nicht geeignet, bei dem Kläger die durch ihn behaupteten Verletzungen, deren unfallbedingten Eintritt er nach den Grundsätzen des Strengbeweises (§ 286 ZPO) nachzuweisen hat, herbeizuführen. Insbesondere vermag der Kläger den ihm obliegenden Nachweis nicht mit Hilfe des durch ihn vorgelegten Attestes des ihn behandelnden Arztes unter Beweis zu stellen. Eine ergänzende Tatsachenaufklärung durch zeugenschaftliche Vernehmung dieses Arztes oder durch Einholung eines weiteren unfallanalytischen oder medizinischen Gutachtens ist in der Rechtsmittelinstanz nicht veranlasst. Im Einzelnen ist Folgendes auszuführen:

I. Gemäß § 529 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinne ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (BGH NJW 2006, 152 mit Hinweis auf BGH 152, 254, 258).

Derartige Zweifel sind in Bezug auf die Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil nicht gegeben. Im Ergebnis erweisen sich die Angriffe als unbegründet, die der Kläger gegen die Richtigkeit des unfallanalytischen Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dipl.-Ing. V. vom 30. Oktober 2008 in Verbindung mit dem Ergänzungsgutachten vom 30. April 2009 vorbringt.

1) Der Sachverständige ist zu der Feststellung gelangt, der Kläger sei unfallbedingt einem geringfügigen Frontalanstoß mit einer minimalen, bezogen auf die Längsachse seines Pkw Mercedes-Benz von rechts nach links gerichteten queraxialen Komponente ausgesetzt gewesen. Infolge der Kollision habe auf den Wagen des Klägers bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von ca. 40 km/h - im Vergleich zu derjenigen des Pkw Audi A 4 in Höhe von 30 km/h - eine Geschwindigkeitsänderung in der Größenordnung von nicht mehr als 5 km/h eingewirkt. Diesen Wert hat der Sachverständige als weit unter der sogenannten Harmlosigkeitsgrenze für Frontalkollisionen von ca. 20 km/h liegend bezeichnet und hat deshalb den unfallbedingten Eintritt einer Distorsionsschädigung der Halswirbelsäule definitiv ausgeschlossen.

2) Einerseits macht der Kläger zu Recht geltend, dass die Festlegung einer sogenannten Harmlosigkeitsgrenze für eine unfallbedingte HWS-Schädigung auch im Zusammenhang mit einer Frontalkollision nicht in Betracht kommt. Dies entspricht der Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs als auch derjenigen des erkennenden Senats (BGH VersR 2008, 1126; Senat, Urteil vom 30. Juni 2008, Az.: I- 1 U 161/08). Allein der Umstand, dass der Körper des Klägers einer geringen biomechanischen Belastung wegen einer entsprechend geringfügigen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung ausgesetzt war, schließt die Annahme einer durch den Unfall hervorgerufenen Distorsionsschädigung der Halswirbelsäule nicht aus. Indes heben sowohl der Kläger in seiner Berufungsbegründung als auch die Beklagten in ihrer Erwiderung mit Rechtsprechungsnachweisen zu Recht hervor, dass die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Halswirbelsäule des Insassen des angestoßenen Fahrzeuges proportional ist zu dem Ausmaß der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung (Bl. 269, 294, 295 d.A.). Mit anderen Worten: Je geringer das Ausmaß dieser Veränderung ist, desto kleiner ist auch die Wahrscheinlichkeit des unfallbedingten Eintritts einer Distorsionsschädigung der Halswirbelsäule - und umgekehrt.

3) Festzuhalten ist, dass der Körper des Klägers nach der unfallanalytischen Erkenntnis des Sachverständigen nur einer geringen biomechanischen Belastung infolge des Anstoßereignisses ausgesetzt war. Um zu der Feststellung der durch den Kläger behaupteten Unfallverletzung zu gelangen, müssen weitere Indizien hinzutreten, welche den Rückschluss auf eine HWS-Distorsionsschädigung zulassen. Diese Indizien werden zwar durch den Kläger in seiner Berufungsbegründung in abstrakter Aufzählung zutreffend dargelegt (Bl. 269 d.A.). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass diese Beweisanzeichen in einem ausreichenden Umfang hier einschlägig sind.

Die Würdigung der maßgeblichen Parameter (z.B. Konstitution und Alter des Verletzten, überraschende oder erwartete Kollision sowie Sitzposition zur Zeit des Unfalls) lässt vielmehr den Rückschluss darauf zu, dass das Kollisionsereignis für den Kläger verletzungsneutral war.

a) Er war zum Zeitpunkt des Unfallereignisses 25 Jahre alt, so dass nicht von einer altersbedingten besonderen Verletzungsanfälligkeit der Halswirbelsäule des Klägers wegen Degenerationserscheinungen ausgegangen werden kann. Das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt, dass jeglicher Vortrag des Klägers zu Anomalien, degenerativen Veränderungen oder zu einer besonderen Verletzungsanfälligkeit seiner Halswirbelsäule fehlt. Ein entsprechendes Vorbringen findet sich auch nicht in der Berufungsbegründung.

b) Der Zusammenstoß mit dem seitlich vordringenden Pkw Audi A 4 kam für den Kläger nicht überraschend. Wie er bei seiner informatorischen Befragung im Termin vom 26. September 2009 dargelegt hat, hat er die Annäherung des Fahrzeuges des Unfallgegners "aus den Augenwinkeln wahrgenommen" und leitete daraufhin eine Vollbremsung ein (Bl. 132 d.A.). Deshalb ist nicht auszuschließen, dass es vorkollisionär noch zu einer reflektorischen Anspannung der Halsmuskulatur des Klägers gekommen ist, die nach den Erkenntnissen der Unfallforschung verletzungspräventiv im Hinblick auf den Eintritt einer HWS-Distorsionsschädigung wirkt. Über eine verletzungsfördernde Position des Klägers auf seinem Fahrersitz ist nichts bekannt.

c) Ganz abgesehen davon, dass nach den Darlegungen des Sachverständigen auf den Pkw des Klägers queraxial eine Krafteinwirkung in einer vernachlässigbar minimalen Größe eingewirkt hat, kommt es für die Beurteilung der Verletzungsanfälligkeit eines Fahrzeuginsassen im Falle einer Seitenkollision darauf an, ob er an der stoßzugewandten oder an der stoßabgewandten Fahrzeugseite positioniert war. Versuche haben ergeben, dass bei einem Seitenaufprall schon Geschwindigkeitsveränderungen von 3 km/h ausreichen, um den Kopf des auf der stoßzugewandten Seite sitzenden Insassen am Seitenfenster oder an der B-Säule anschlagen zu lassen (Senat, Urteil vom 2. Juni 2008, Az.: I-1 U 206/07 mit Hinweis auf Mazzotti-Castro, NZV 2008, 113, 117). Die Sitzposition des Klägers war jedoch als Fahrer des Pkw Mercedes-Benz hinter dem Steuerrad auf der stoßabgewandten Seite. Bezeichnenderweise hat er sich auch gegenüber den mit der Unfallaufnahme befasst gewesenen Polizeibeamten als unverletzt bezeichnet (Bl. 2 BeiA).

II. Für den Nachweis des Eintritts einer unfallbedingten Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule reichen nicht die durch den Kläger in Kopie zu den Akten gereichten Atteste des mit seiner Behandlung befasst gewesenen Arztes Dr. S. vom 9. und 31. Oktober 2006.

1) Dem Inhalt dieser Bescheinigungen zufolge wurde der Kläger noch am Unfalltag in der Praxis des Dr. S. vorstellig, der ihn in der Folgezeit mit der Diagnose eines HWS-Schleudertraumas und einer Prellung der rechten Schulter ambulant behandelte. Die Atteste verhalten sich über die Verordnung einer Halskrause, eines Antiphlogistikums, von Tabletten und Salbe und einer physikalischen Therapie (Bl. 36, 37 d.A.).

2) Indes darf nicht außer Acht gelassen werden, dass zeitnah nach einem Unfall erstellte ärztliche Atteste für einen medizinischen Sachverständigen eher von untergeordneter Bedeutung sind. Im Regelfall wird das Ergebnis der unfallnahen Erstuntersuchung nur als eines unter mehreren Indizien für den Zustand des Geschädigten nach dem Unfall Berücksichtigung finden können (BGH VersR 2008, 1133 mit Hinweis auf Müller VersR 2003, 137, 146; Senat, Urteil vom 30. Juni 2008, Az.: I-1 U 161/08). Folglich kann den durch den Kläger zu den Akten gereichten ärztlichen Bescheinigungen schon im Ansatz keine ausschlaggebende Bedeutung für die Feststellung unfallbedingter Primärverletzungen beigemessen werden.

2) Hinsichtlich der Beschwerdesymptomatik verhalten sich die Atteste über paravertebrale Muskelverspannungen, Druck- und Bewegungsschmerzen der Halswirbelsäule sowie entsprechende Schmerzzustände in der rechten Schulter. Ohne Befund waren die durchgeführten Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in drei Ebenen sowie der Schulter in zwei Ebenen (Bl. 36 d.A.).

a) Einerseits ist die beschriebene Beschwerdesymptomatik so ausgeprägt, dass sie bei der Beweiswürdigung nicht außer Acht gelassen werden darf.

b) Andererseits kann das beschriebene Beschwerdebild nicht als ein zwingendes Indiz für das Vorliegen einer unfallbedingten Distorsionsschädigung der Halswirbelsäule herangezogen werden. Denn attestierte Befunde wie Druckschmerzhaftigkeit, Bewegungseinschränkungen und Muskelverhärtungen sind Beeinträchtigungen, die sich sowohl bei unfallunabhängigen als auch bei unfallabhängigen Beschwerdebildern der Halswirbelsäule einstellen können. Sie sind deshalb in Bezug auf eine Distorsionsschädigung der Halswirbelsäule ebenso wenig verletzungstypisch wie ein röntgenologischer Befund einer HWS-Steilstellung (BGH VersR 2008, 1133 mit weiteren Nachweisen).

3) Der Senat zieht nicht in Zweifel, dass am Unfalltag die in den ärztlichen Attesten beschriebenen Beeinträchtigungen der Halswirbelsäule und der rechten Schulter des Klägers tatsächlich vorlagen. Mit dieser Feststellung ist jedoch noch nicht der Nachweis geführt, dass das Beschwerdebild kausal oder mitursächlich auf das Kollisionsereignis zurückzuführen ist. Der entscheidende Gesichtspunkt, welcher Zweifel an dem Ursachenzusammenhang zwischen einem HWS-Schleudertrauma sowie einer Prellung der rechten Schulter einerseits und den Schmerzzuständen, Bewegungseinschränkungen und Muskelverspannungen andererseits aufkommen lässt, ergibt sich aus Folgendem:

a) Auch der Senat erachtet die Feststellung des gerichtlich bestellten Sachverständigen als zwingend, derzufolge sich bei dem angegurteten Kläger im Zusammenhang mit dem Unfallanstoß keine Prellung der rechten Schulter eingestellt haben kann. Das Fehlen eines solchen Ursachenzusammenhangs hat der Sachverständige noch einmal mit aller Deutlichkeit in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. April 2009 dargelegt. Der durch den Kläger gesteuerte Pkw Mercedes-Benz war mit einem Drei-Punkt-Automatikgurt ausgerüstet, der - wie hinlänglich bekannt - von der oberen Befestigung über die linke Schulter diagonal nach rechts unten zum Gurtschloss führt. Von dort verläuft der Beckengurt von rechts nach links quer über das Becken bis zu dem unteren Befestigungspunkt. Es hätte demnach durch den Sicherheitsgurt allenfalls eine Verletzung der linken Schulter - unter der Voraussetzung einer erheblichen höheren Anprallwucht, als sie sich real eingestellt hat - eintreten können (Bl. 227 d.A.).

b) Wegen der Rückhaltefunktion des Sicherheitsgurtes ist es nicht möglich, dass der Kläger als Folge des Anstoßes mit der rechten Schulter gegen das Armaturenbrett oder ein ähnlich starres Hindernis geprallt ist (Bl. 226, 227 d.A.). Da der Kläger zudem nicht durch einen Beifahrer begleitet war, ist auch die mehr theoretische Möglichkeit des Anstoßes seiner rechten Schulter gegen einen Fahrzeuginsassen auf dem Beifahrersitz auszuschließen. In seiner Berufungsbegründung trägt der Kläger ebenfalls nichts zu der Entstehung der rechtsseitigen Schulterprellung vor.

c) Erscheint aber ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Kollisionsereignis und der ärztlich attestierten Prellung der rechten Schulter so gut wie ausgeschlossen, ist der Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung auch insoweit in Frage gestellt, als diese sich über den unfallbedingten Eintritt des attestierten HWS-Schleudertraumas verhält. Die Beklagten machen zu Recht geltend, dass die bescheinigten Verletzungen auch eine unfallfremde Ursache haben können.

III. 1) Der Kläger dringt nicht mit seinem Einwand durch, es dürften an seine Darlegungs- und Beweislast im Zusammenhang mit den behaupteten Unfallverletzungen keine übertrieben strengen Anforderungen gestellt werden.

a) Sicherlich kann von ihm nicht erwartet werden, schlüssig und beweiskräftig zu allen kollisionsdynamischen sowie biomechanischen Details des Unfallereignisses vorzutragen. Auch hat der Sachverständige in seinem Erstgutachten vom 30. Oktober 2008 seine Feststellung, aus unfallanalytischer Sicht habe der Kläger die Kollision unverletzt überstanden, unter den Vorbehalt anderweitiger medizinischer Erkenntnisse im Hinblick auf die Möglichkeiten einer unterdurchschnittlichen körperlichen Konstitution, HWS-bezogener Anomalien sowie degenerativer Veränderungen gestellt (Bl. 196 d.A.).

b) Die Frage ob derartige verletzungsfördernde Besonderheiten vorliegen, betrifft jedoch einen Themenkreis, der Gegenstand des eigenen Wissens des Klägers ist (vgl. § 138 Abs. 4 ZPO). Von ihm ist deshalb zu erwarten, dass er zumindest grob gefasste Angaben zu einer besonderen Schadensanfälligkeit seiner Halswirbelsäule wegen degenerativer Beeinträchtigungen oder vergleichbarer Umstände macht. Seine Darlegung in der Berufungsbegründung, das Fehlen von Vorerkrankungen oder Verschleißerscheinungen sowie das Bestehen einer normalen Konstitution schlössen nicht von vornherein die Diagnose einer unfallbedingten HWS-Distorsionsschädigung aus, spricht in Anbetracht seines jungen Alters für die Annahme, dass seine Halswirbelsäule nicht aufgrund besonderer Umstände als überdurchschnittlich verletzungsanfällig anzusehen ist.

2) Es besteht kein Anlass, entsprechend dem Antrag des Klägers ein weiteres unfallanalytisches Gutachten zum Hergang des fraglichen Kollisionsgeschehens einzuholen. Unbegründet ist insoweit der Einwand des Klägers, der gerichtlich bestellte Sachverständige sei seinem Untersuchungsauftrag nur unzureichend nachgekommen.

a) Der Kläger stellt nicht die Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen in Frage, welche die ermittelten Einzelheiten im Zusammenhang mit der biomechanischen Belastung betreffen, die unfallbedingt auf seinen Körper einwirkt hat. Richtig ist zwar, dass die Ausführungen des Sachverständigen zu einer sogenannten Harmlosigkeitsgrenze aus Anlass einer Frontalkollision zweifelhaft sind. Diese Zweifel sind indes bei der Beweiswürdigung berücksichtigt und geben aus den dargelegten Erwägungen keinen Anlass, die Richtigkeit der zusammenfassenden Feststellung des Sachverständigen in Abrede zu stellen, wonach die kollisionsbedingte biomechanische Belastung aus verschiedenen Gründen nicht geeignet war, die durch den Kläger behaupteten Verletzungen eintreten zu lassen.

b) Deswegen ist die bisherige Tatsachenaufklärung auch nicht aufgrund des Umstandes unvollständig, dass die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens unterblieben ist. Bei dem Kläger mögen am Unfalltag die ärztlich attestierte HWS-Distorsion sowie die Prellung der rechten Schulter feststellbar gewesen sein. Für die entscheidende Streitfrage der Unfallbedingtheit dieser körperlichen Beeinträchtigungen kommt es aber maßgeblich auf die hinreichend geklärte biomechanische Belastung an, welcher der Körper des Klägers bei dem Kollisionsereignis ausgesetzt war.

3) Darüber hinaus ist die beantragte zeugenschaftliche Vernehmung des Hausarztes des Klägers Dr. S. zu der behaupteten unfallbezogenen Ursache HWS-Distorsion und der Schulterprellung nicht angezeigt.

a) Es ist nicht die Aufgabe eines Zeugen, aufgrund von Erfahrungssätzen oder besonderen Fachkenntnissen Schlussfolgerungen aus einem feststehenden Sachverhalt zu ziehen oder dem Gericht allgemeine Erfahrungssätze oder besondere Kenntnisse in einem jeweiligen Wissensgebiet zu vermitteln (BGH VersR 2008, 235, 236; Senat, Urteil vom 15. März 2011, Az.: I-1 U 96/10). Bei der Frage nach einem Ursachenzusammenhang zwischen den durch die klagende Partei geltend gemachten Beschwerden mit einem bestimmten Unfallgeschehen kommt es maßgeblich auf die Beurteilung durch Sachverständige und nicht auf die Aussage von - auch ärztlichen - Zeugen an (BGH NZV 2000, 121).

b) Überdies waren die durch Dr. S. ausgestellten Atteste zum Zeitpunkt der gutachterlichen Tätigkeit des unfallanalytischen Sachverständigen bereits Aktenbestandteil und damit auch Gegenstand seiner Erkenntnisgrundlage. Der Sachverständige Dipl.-Ing. V. ist dem Senat langjährig als sehr fachkundiger und sorgfältig arbeitender Unfallanalytiker bekannt. ..." (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.04.2011 - 1 U 151/10)

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Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters vom Vorliegen einer Primärverletzung kann nicht durch ein ärztliches Attest begründet werden, das lediglich die Darstellung des Patienten über seine Verletzung wieder gibt oder in der Sache nur eine Verdachtsdiagnose darstellt. Vielmehr bedarf es Sachverständiger Feststellungen einer unfallbedingten Primärverletzung. Das Vorliegen einer unfallbedingten Halswirbelsäulenverletzung kann nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass eine zusammenstoßbedingte Geschwindigkeitsänderung von weniger als 10 km/ h ausgelöst worden ist. Eine solche „Harmlosigkeitsgrenze" kann nicht anerkannt werden, da bei der Prüfung der Kausalität des Zusammenstoßes neben der Geschwindigkeitsänderung auch u.a. die Spitzposition eine Rolle spielen kann (OLG Frankfurt, Urt. v. 28.02.2008 - 4 U 238/06 zu BGB § 253; ZPO §§ 286, 288, zfs 2008, 264).

*** (LG)

„... Liegt eine Geschwindigkeitsänderung im Bereich vom 10 bis 15 km/h, ist eine HWS-Verletzung zwar nicht auszuschließen, aber auch nicht stets als wahrscheinlich zu erwarten. Die Klägerin hätte jedenfalls bis zu einer anstoßbedingten Geschwindigkeitsänderung von 15 km/h, die hier deutlich unterschritten wurde, den ihr obliegenden Beweis ohne Rückgriff auf einen für die Richtigkeit ihrer Behauptung sprechenden ersten Anschein führen müssen. ..." (LG München II, Urteil vom 06.02.2014 - 8 O 3258/12)



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Urlaubsentgelt und unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit

Verursacht der Schädiger die Arbeitsunfähigkeit des Geschädigten, so hat er nicht nur den entgangenen Verdienst aus abhängiger Arbeit, sondern grundsätzlich auch den auf den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entfallenden Anteil des Urlaubsentgelts zu ersetzen. Dieser Anspruch geht gemäß § 6 Abs. 1 EntgFG auf den Arbeitgeber über, soweit dieser dem Geschädigten für die Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bezahlten Urlaub gewährt hat. Zur Berechnung des vom Schädiger zu ersetzenden Urlaubsentgelts (BGH, Urteil vom 13.08.2013 - VI ZR 389/12):

„... Am 18. Oktober 2009 fuhr ein bei der Beklagten versicherter PKW auf das Fahrzeug, in dem B. als Beifahrerin saß, auf. Die volle Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Im Anschluss an den Unfall war B. arbeitsunfähig. Der Kläger zahlte das B. zustehende Gehalt bis zum 10. Dezember 2009 fort. Die von ihm zu tragenden Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung beliefen sich auf 1.258,55 €. Vom 11. Dezember 2009 bis 14. November 2010 bezog B. Krankengeld. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und B. wurde mit Wirkung zum 31. März 2011 beendet.

Mit der Klage begehrt der Kläger den Ersatz seiner Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung in der Zeit vom 19. Oktober bis 10. Dezember 2009 in Höhe von 1.258,55 €, Ersatz des auf die krankheitsbedingt ausgefallenen Arbeitstage entfallenden Urlaubsentgelts für die Jahre 2009 und 2010 in Höhe von 4.289,64 € nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 489,45 €. Nachdem die Beklagte erstinstanzlich die Entgeltfortzahlungskosten für die Zeit vom 19. Oktober bis 30. November 2009 in Höhe von 953,22 € gezahlt hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Amtsgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage auf Ersatz anteiligen Urlaubsentgelts in Höhe von 1.880,89 € und die Klage auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 86,64 € nebst Zinsen abgewiesen. Die weitergehende Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Mit ihrer Anschlussrevision erstrebt die Beklagte die vollständige Klageabweisung. ...

II. In der Sache selbst ist die Revision des Klägers teilweise begründet, während die zulässige Anschlussrevision der Beklagten erfolglos bleibt. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus übergegangenem Recht seiner früheren Angestellten B. auf Ersatz des von dieser in der Zeit vom 1. bis 10. Dezember 2009 bezogenen Bruttogehalts zuzüglich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung in Höhe von 305,33 € nebst Verzugszinsen sowie ein Anspruch auf Ersatz anteiligen Urlaubsentgelts für die Jahre 2009 und 2010 in Höhe von 3.587,05 € zu (§ 7 Abs. 1, § 11 Satz 1 StVG, § 115 VVG, § 6 EntgFG).

1. Ohne Rechtsfehler und von den Parteien nicht beanstandet geht das Berufungsgericht davon aus, dass B. bei dem Verkehrsunfall vom 18. Oktober 2009 eine Halswirbelsäulen-Distorsion erlitten hat und dass die Beklagte ihr für diesen Schaden und die hieraus folgenden Beeinträchtigungen ersatzpflichtig ist (§ 7 Abs. 1 StVG, § 11 Satz 1 StVG, § 115 VVG).

2. Ohne Erfolg beanstandet die Anschlussrevision die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach die Verletzung der Halswirbelsäule der B. gesundheitliche Beeinträchtigungen in Form von Nervenwurzelreizerscheinungen mit einem cervicocephalen Syndrom hervorgerufen hat, die zu ihrer Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 14. November 2010 geführt haben. Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts lässt entgegen der Auffassung der Anschlussrevision Rechtsfehler nicht erkennen.

a) Die Beweiswürdigung kann vom Revisionsgericht lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, GesR 2013, 346, Rn. 13 mwN). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für eine Beweiswürdigung, die - wie hier im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität - nach § 287 ZPO vorzunehmen ist. Diese Vorschrift stellt nämlich lediglich geringere Anforderungen an das Maß für eine Überzeugungsbildung des Tatrichters, ist aber hinsichtlich der revisionsrechtlichen Überprüfung keinen anderen Maßstäben als die Überzeugungsbildung im Rahmen des § 286 ZPO unterworfen (vgl. Senatsurteil vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04, VersR 2005, 945, 946 mwN).

b) Derartige Rechtsfehler sind vorliegend nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Anschlussrevision insbesondere nicht in unzulässiger Weise Sachkunde für sich in Anspruch genommen, die es nicht ausgewiesen hat. Soweit es ausgeführt hat, es sei "auch nicht untypisch und deshalb in vollem Umfang nachvollziehbar, dass bei degenerativen Vorschädigungen der HWS, die durch einen Verkehrsunfall eine Beeinträchtigung erfährt, Beschwerden länger andauern bzw. nie ganz verschwinden, weil sie chronisch werden", handelt es sich nicht um eine selbständige Feststellung, sondern um eine abschließende Gesamtwürdigung der Angaben des gerichtlichen Sachverständigen und der Geschädigten B., die als solche nicht zu beanstanden ist. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision hat das Berufungsgericht auch nicht Einwände der Beklagten in der Berufungsbegründung unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen. Den Entlassungsbericht der Reha-Klinik vom 11. August 2010 hat das Berufungsgericht ersichtlich berücksichtigt. Es war dagegen nicht verpflichtet, auf jedes einzelne Verteidigungsmittel ausführlich einzugehen (vgl. BGH, Urteile vom 30. September 2003 - XI ZR 232/02, NJW-RR 2004, 45, 46; vom 13. Januar 2005 - III ZR 238/04, NJW-RR 2005, 568, 569). Die Anschlussrevision beanstandet auch ohne Erfolg, dass der gerichtliche Sachverständige in Bezug auf die Dauer der behaupteten Arbeitsunfähigkeit keine belastbaren Feststellungen getroffen habe. Denn auf die Angaben des Sachverständigen hat das Berufungsgericht seine Überzeugung von der Dauer der Arbeitsunfähigkeit nicht gestützt. Für seine Überzeugungsbildung maßgeblich war vielmehr der ärztliche Entlassungsbericht der Reha-Klinik vom 11. August 2010 sowie die schriftliche Aussage des Zeugen Dr. S.

3. Ohne Rechtsfehler und von den Parteien nicht beanstandet, ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte der Geschädigten B. sowohl den infolge ihrer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entgangenen Verdienst aus abhängiger Arbeit als auch grundsätzlich den auf den Zeitraum ihrer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entfallenden Anteil des Urlaubsentgelts zu ersetzen hat. Es hat auch zutreffend angenommen, dass der Anspruch auf Zahlung von Urlaubsentgelt gemäß § 6 Abs. 1 EntgFG auf den Kläger übergegangen ist, soweit dieser der Geschädigten für die Zeit ihrer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bezahlten Urlaub gewährt hat (vgl. Senatsurteile vom 4. Juli 1972 - VI ZR 114/71, BGHZ 59, 109, 111 ff.; vom 13. Mai 1986 - VI ZR 80/85, VersR 1986, 968, 969; vom 7. Mai 1996 - VI ZR 102/95, BGHZ 133, 1, 9).

a) Ohne Erfolg macht die Anschlussrevision geltend, das Berufungsgericht habe im Rahmen der Berechnung des anteiligen Urlaubsentgelts die von ihm zugrunde gelegten drei Urlaubstage aus dem Jahr 2009 nicht berücksichtigen dürfen, da der diesbezügliche Urlaubsanspruch der Klägerin gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des 31. März 2010 verfallen sei. Die Anschlussrevision hat übersehen, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert ist, seine gesetzlichen Urlaubsansprüche aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, d.h. erst am 31. März des zweiten auf das jeweilige Urlaubsjahr folgenden Jahres verfallen (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - C 214/10 - KHS, NJW 2012, 290 Rn. 44; BAG, NJW 2012, 3529; DB 2013, 1418 Rn. 11). Nach diesen Grundsätzen konnte B. den ihr gesetzlich zustehenden Urlaub von 20 Arbeitstagen (vgl. § 3 BUrlG) für das Jahr 2009 bis zum 31. März 2011 nehmen.

b) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Berechnung des von der Beklagten zu ersetzenden anteiligen Urlaubsentgelts. Bei der Berechnung des vom Schädiger zu erstattenden anteiligen Urlaubsentgelts ist der Gesamtjahresverdienst auf die Jahresarbeitstage unter Abzug der Urlaubstage umzulegen. Das hat seinen Grund darin, dass während der Urlaubszeit nicht gearbeitet wird und der Jahresverdienst daher an den restlichen Arbeitstagen zu verdienen ist. War der Arbeitnehmer in einem Urlaubsjahr nur zeitweilig arbeitsunfähig, muss das Urlaubsentgelt auf das ganze Jahr verrechnet und entsprechend auf die Jahresarbeitstage aufgeteilt werden, wobei die Urlaubszeit in Abzug zu bringen ist (vgl. Senatsurteile vom 4. Juli 1972 - VI ZR 114/71, aaO, S. 115; vom 7. Mai 1996 - VI ZR 102/95, aaO). In einem ersten Schritt ist dementsprechend das auf ein Urlaubsjahr entfallende Urlaubsentgelt zu ermitteln wie folgt: ...

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=1fad5db9a955a2623409ad0a4ff2bcca&nr=65206&pos=0&anz=1

Diese Berechnung geht davon aus, dass der Geschädigte den gesamten ihm zustehenden Jahresurlaub genommen hat. Hat er lediglich - wie die Geschädigte B. im Jahr 2009 - einen Anteil davon genommen, ist der im zweiten Schritt ermittelte Betrag entsprechend zu reduzieren.

Im Streitfall ergibt sich daher folgende Berechnung für das Jahr 2009: ...

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=1fad5db9a955a2623409ad0a4ff2bcca&nr=65206&pos=0&anz=1

Da die Geschädigte B. von den ihr grundsätzlich zustehenden 30 Urlaubstagen nur drei Tage genommen hat, ist ein Zehntel des Betrages, d.h. 74,57 € anzusetzen.

Für das Jahr 2010 ergibt sich folgende Berechnung:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=1fad5db9a955a2623409ad0a4ff2bcca&nr=65206&pos=0&anz=1

Insgesamt ergibt sich daher ein von den Beklagten zu ersetzender Betrag in Höhe von 3.587,05 €. Das Landgericht hat bei seiner Berechnung übersehen, dass die Geschädigte B. in den Jahren 2009 und 2010 unfallbedingt nicht 44 bzw. 211 Kalendertage, sondern 44 bzw. 211 Jahresarbeitstage ausgefallen war. Es hat rechtsfehlerhaft im zweiten Schritt der Berechnung unfallbedingt ausgefallene Arbeitstage zu Kalendertagen ins Verhältnis gesetzt.

4. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Höhe der ihr vom Berufungsgericht zuerkannten Anwaltskosten. Da dem Kläger vor der während des Rechtsstreits erfolgten Zahlung durch die Beklagten ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Verdienstes in Höhe von 1.258,55 € sowie auf anteiliges Urlaubsentgelt in Höhe von 3.587,05 € d.h. insgesamt 4.845,60 € zustand, beläuft sich die geschuldete 1,3-Geschäftsgebühr unter Berücksichtigung der Pauschale und gesetzlicher Mehrwertsteuer auf 489,45 € nebst Zinsen. ..."

***

Kausalität

Die beantragte Einholung eines fachmedizinischen Gutachtens zum Beweis des Ursachenzusammenhangs zwischen einem Unfall und vorhandenen Beschwerden ist nur dann nicht erforderlich, wenn auszuschließen ist, dass die Partei damit den Beweis der Unfallursächlichkeit führen kann (BGH, Urteil vom 03.06.2008 - VI ZR 235/07 zu ZPO § 286).

*** (OLG)

Zum Kausalitätsnachweis für Folgeschäden, die erstmals rund 24 Jahre nach dem unfallbedingten Primärschaden eintreten. Einem Unfallgeschädigten ist es gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf die mangels schriftlichen Bescheids der Versicherung fortdauernde Hemmung der Verjährung nach § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG in der Fassung vom 5. April 1965 zu berufen, wenn er durch die unterbliebene Verfolgung seiner Ansprüche über einen Zeitraum von 28 Jahren den Anschein erweckt, er betrachte die Schadensregulierung als erledigt (OLG Hamm, Urteil vom 18.01.2013 - 9 U 23/12):

„... I. Der Kläger begehrt Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 31.08.1980 in F ereignete und bei dem der Kläger als Fahrer eines Mokicks u.a. eine commotio cerebri erlitt.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage nach Anhörung des Klägers mit der Begründung abgewiesen, etwaige Ansprüche des Klägers seien nach § 3 Nr. 3 S. 2 2. Hs. PflVG a.F. verjährt.

Mit der hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger seine Ansprüche in vollem Umfang weiter. Er hält die Ansprüche für nicht verjährt. Die Verjährungsfrist des § 3 Nr. 3 S. 2 2. Hs. PflVG a.F. habe nach Treu und Glauben erst mit seiner Kenntnis von sämtlichen Schadensfolgen begonnen, da ihm anderenfalls die Verfolgung unvorhersehbarer, erst nach Ablauf der Verjährungsfrist aufgetretener Schadensfolgen verwehrt sei. Der Kläger behauptet, erstmalig sei eine Kausalität zwischen den unfallbedingten Verletzungen und den epileptischen Anfällen anlässlich seiner stationären Behandlung im Jahre 2008 diagnostiziert worden. Bei der am 24.07.2008 durchgeführten MRT-Untersuchung sei ein Kontusionsherd festgestellt worden, der bei dem Unfall entstanden und Auslöser der epileptischen Anfälle sei. Er habe nur bei dem streitgegenständlichen, nicht aber bei zahlreichen weiteren Verkehrsunfällen, an denen er unstreitig ebenfalls als Führer eines Mokicks beteiligt war, eine Kopfverletzung erlitten.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens 30.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.08.2009 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtliche zukünftigen materiellen und zukünftigen nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 31.08.1980 zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen. Sie hält etwaige Ansprüche für verjährt. Da der Kläger entgegen seiner mitgeteilten Klagebereitschaft keine Klage erhoben, sondern über einen Zeitraum von über 28 Jahren untätig geblieben sei, habe sie die Regulierung des Unfalls als abgeschlossen betrachten dürfen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Unfallereignis vom 31.08.1980 gemäß §§ 7, 17, 18, 10 S. 2 StVG, 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG a.F nicht zu.

1. Dabei bedarf es zunächst keiner Entscheidung des Senats, in welchem Umfang die Beklagte dem Grunde nach für Schäden des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom 31.08.1980 einzustehen hat. Da der Kläger unstreitig entgegen der aus § 21a Abs. 2 StVO i.d.F. vom 24.05.1978, gültig bis zum 31.07.1984, resultierenden Helmpflicht für Führer von Krafträdern mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h bei dem Verkehrsunfall vom 31.08.1980 keinen Motorradhelm trug und dies zumindest mitursächlich für die hierbei erlittenen Kopfverletzungen war, kommt eine Haftung der Beklagten in vollem Umfang jedenfalls nicht in Betracht.

2. Ansprüche gegen die Beklagte stehen dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil der Kläger nicht schlüssig dargelegt hat, dass die epileptischen Anfälle durch den Verkehrsunfall vom 31.08.1980 verursacht wurden. Da der Kläger unstreitig eine unfallbedingte Primärverletzung, nämlich eine commotio cerebri, erlitt, gilt für den Nachweis der Ursächlichkeit des Unfalls für das Auftreten epileptischer Anfälle als Folgeschaden zwar der Beweismaßstab des § 287 ZPO. Dass die Epilepsieerkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die unfallbedingte Hirnverletzung zurückzuführen ist, weil der Kläger bei dem Unfall eine Hirnkontusion erlitt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Ursache der epileptischen Anfälle ist, ist aber weder hinreichend schlüssig dargetan noch sonst ersichtlich:

Insoweit reicht es nicht aus, dass sich der Kläger beim Unfall vom 31.08.1980 eine commotio cerebri zugezogen hat; denn ausweislich des Entlassungsberichts der Dres. L und T vom St. M-Hospitals vom 14.10.1980 (Anlage A 1 der Klageschrift, Bl. 7 GA) wurde bei dem Kläger unfallbedingt zwar eine Gehirnerschütterung (commotio cerebri), zugleich nach Durchführung einer CT aber ein Kontusionsherd bzw. eine Hirnkontusion gerade nicht festgestellt. Soweit nach dem Entlassungsbrief der Katholischen Kliniken S vom 30.07.2008 (Bl. 17 GA) ein älterer Kontusionsherd links frontobasal diagnostiziert und als Ursache der epileptischen Anfälle bezeichnet wurde, erlaubt dies nicht den Schluss darauf, dass diese Hirnkontusion tatsächlich bei dem Verkehrsunfall vom 31.08.1980 entstanden ist. Denn diese Diagnose belegt lediglich, dass bei dem Kläger überhaupt eine - auch ältere - Hirnschädigung aufgetreten sein muss. Dass bzw. warum deren Entstehung auf das Jahr 1980 zurückgeht, ergibt sich hieraus nicht. Daher ist völlig offen, wenn nicht naheliegend, dass die nach dem Verkehrsunfall ausweislich des Entlassungsberichts der Dres. L und T vom St. M Hospital diagnostizierte und daher den behandelnden Ärzten in den Katholischen Kliniken S sicher bekannte Commotio cerebri aus dem Jahre 1980 ohne weitere Ursachenforschung als Ursache des festgestellten Kontusionsherds angenommen wurde. Jedenfalls ist weder vom Kläger dargetan noch sonst ersichtlich, dass bzw. inwieweit im Juli 2008 die Ursächlichkeit des streitgegenständlichen Unfalls für die Hirnkontusion Gegenstand ärztlicher Untersuchungen war. Dies wäre aber deshalb erforderlich gewesen, weil sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausschließen lässt, dass die Epilepsie auf anderen, nicht nur theoretisch denkbaren Ursachen als der unfallbedingten Hirnverletzung beruht. Denn der Kläger war - wie er selbst gemäß § 141 ZPO erstinstanzlich bekundet hat - ab dem 09.01.1981 bis in das Jahr 2007 an mindestens 7 weiteren Verkehrsunfällen beteiligt und wurde hierbei z.T. schwerwiegend verletzt. Vor diesem Hintergrund oblag es ihm, im Einzelnen darzulegen, dass und warum die in den Folgejahren erlittenen Verletzungen nicht zu der in 2008 diagnostizierten Hirnkontusion geführt haben können. Dies gilt umso mehr angesichts dessen, dass zwischen dem erstmaligen Auftreten der epileptischen Anfälle in 2004 und dem streitgegenständlichen Unfall im August 1980 24 Jahre liegen. Da der Kläger dieser Darlegungslast trotz Hinweises des Senats nicht nachgekommen ist, stellte sich die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens als reine unzulässige Ausforschung dar, in deren Rahmen der Sachverständige zunächst die gesamte Unfall- und Krankengeschichte des Klägers recherchieren müsste. Dass dies nicht Aufgabe eines Sachverständigen ist, bedarf keiner Vertiefung. Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht mit der nach § 287 ZPO erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die Epilepsie auf einer Hirnverletzung beruht, die aus dem Unfall vom 31.08.1980 resultierte.

3. Darüber hinaus ist ein etwaiger Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch des Klägers nach §§ 852 Abs. 1 BGB a.F., 3 Nr. 3 S. 2 2. Hs. PflVG a.F. auch verjährt.

Die Verjährung richtet sich vorliegend nach § 3 Nr. 3 PflVG a.F., da der gegen die Beklagte geltend gemachte Direktanspruch gemäß § 3 Nr. 1 PflVG a.F. am 01.01.2008 noch nicht verjährt war, Art. 3 Abs. 1 EGVVG (vgl. Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, Art 3 EGVVG Rn. 1). Im Streitfall wurde die Verjährung, die nach § 3 Nr. 3 S. 2 2. Hs. PflVG a.F. spätestens in 10 Jahren von dem Schadensereignis an, vorliegend mithin am 31.08.1990 rechnerisch endete, gemäß § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F. durch die im September 1980 erfolgte Anspruchsanmeldung bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten bis zu einer schriftlichen Entscheidung der Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. der Beklagten selbst gehemmt. Da die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin vorliegend nicht schriftlich abschließend über die Ansprüche entschieden, sondern als letzte Handlung mit Schreiben vom 29.07.1981 die Zahlung weiterer 1.000,00 DM gegen Unterzeichnung einer Abfindungserklärung angeboten haben (Bl. 256 GA), war die Verjährung nach § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F. daher grundsätzlich bis zur Klageerhebung gehemmt.

Dem Kläger ist es aber verwehrt, sich auf eine Hemmung der Verjährung gemäß § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F. zu berufen. Nach Ansicht des BGH muss sich der Geschädigte, der sich auf eine Hemmung der Verjährung nach § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F. beruft, an Treu und Glauben, § 242 BGB, messen lassen. Danach verliert die Schutzwirkung des § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F., die auf die wirksame Gestaltung des Schutzes der Verkehrsopfer zielt (vgl. BGH, NJW 1977, 87), ihre Berechtigung, wenn für den Geschädigten keinerlei Schutzbedürfnis mehr besteht. Das ist dann der Fall, wenn die Erteilung eines schriftlichen Bescheids durch den Versicherer keinen vernünftigen Sinn mehr hätte und nur eine reine Förmelei wäre, weil der Geschädigte die von ihm zunächst angemeldeten Ansprüche inzwischen offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt und daher auf einen endgültig ablehnenden Bescheid des Versicherers gar nicht mehr wartet (BGH, NJW 1977, 674 [675]).

Vorliegend hat der Kläger seinen Schmerzensgeldanspruch mit Schreiben vom 27.03.1981 vorläufig und mit Schreiben vom 10.07.1981 angesichts der bei einem weiteren Verkehrsunfall vom 09.01.1981 erlittenen Verletzungen, die ihrerseits zur Arbeitsunfähigkeit geführt hatten, endgültig auf 3.500,00 DM beziffert. Auf das von ihm erbetene abschließende Regulierungsangebot der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 29.07.1981 hat der Kläger bis zur erneuten Inanspruchnahme der Beklagten mit Schreiben vom 09.07.2009 nicht reagiert, obgleich er bereits zuvor mehrfach, nämlich mit Schreiben vom 08.09.1980 und 02.02.1981, eine Klageerhebung angedroht hatte. Zwar genügt nach gefestigter Rechtsprechung die bloße Untätigkeit des Geschädigten über einen längeren Zeitraum nicht für die Annahme, dieser verfolge seine Ansprüche offensichtlich nicht mehr weiter (BGH, a.a.O., für eine Untätigkeit über 2,5 Jahre; ebenso OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 472 [473]; VersR 1999, 873 f.; OLG Naumburg, VersR 2008, 775-776). Vorliegend ist der Kläger über einen Zeitraum von rund 28 Jahren untätig geblieben. Die Untätigkeit über einen derart langen Zeitraum legt aber die Annahme nahe, dass er die Regulierung angesichts der bereits erbrachten Vorschusszahlung über 2.000,00 DM für erledigt betrachtete. Auch wenn grundsätzlich die Beklagte die Darlegungslast hinsichtlich der Voraussetzungen der Hemmungsverwirkung trifft, so obliegt es dem Kläger aber im Rahmen der sog. sekundären Darlegungslast darzutun, warum er trotz der verstrichenen Jahrzehnte die Regulierung nicht als abgeschlossen betrachtete. Dies gilt umso mehr, als er unstreitig zumindest in zwei Fällen Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen nach 1980 gerichtlich durchgesetzt hat. Gerade dies ist nämlich ein gewichtiges Indiz dafür, dass der Kläger bis zur Epilepsie-Diagnose in 2008 die Regulierung des streitgegenständlichen Unfalls als erledigt betrachtete. Wenn dies aber aus seiner Sicht so war, durfte auch die Beklagte nach mehr als zwei Jahrzehnten einen schriftlichen Bescheid als verzichtbar und bloße Förmelei betrachten. ..."

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Psychischer Schaden

Ein Schädiger ist grundsätzlich verpflichtet, für psychische Erkrankungen des Opfers uneingeschränkt Ersatz zu leisten. Zu unterscheiden sind ausschließlich psychische Erkrankungen und psychische Krankheiten als Folge einer körperlichen Verletzung.

Als Fernwirkungsschaden oder Schockschaden wird nach der schweren Verletzung bzw. Tötung einer Person die psychische Erkrankung eines nahen Angehörigen bezeichnet.

Der Schädiger ist verpflichtet, für die bei einem Dritten entstandene psychische Krankheit Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld zu leisten, wenn es sich um einen nahen Angehörigen der verletzten/getöteten Person handelt.

Bei einer Unfallneurose werden die durch den Unfall hervorgerufenen Verletzungen vom Geschädigten stärker wahrgenommen, als es dem tatsächlichen Krankheitsbild entspricht. Auch psychische Schäden, die auf einer solchen Unfallneurose beruhen, sind ersatzpflichtig. Eine Ausnahme besteht nach der Rechtsprechung nur, wenn der die Unfallneurose auslösende Unfall ein Bagatellfall war. Ein HWS-Syndrom ist nach der BGH-Rechtsprechung nicht als Bagatellfall anzusehen.

Nicht ersatzpflichtig sind psychische Schäden, die eine Rentenneurose hervorgerufen haben. Dabei handelt es sich um ein krankhaftes Streben nach einer Versorgungsleistung, hinter dem primär der Wille steht, den Belastungen des Berufslebens zu entgehen.

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Psychischer Unfallschaden - Darlegungspflichten
Zu den Pflichten des Rechtsanwalts bei gerichtlicher Geltendmachung eines Verkehrsunfallschadens, wenn eine psychische Schädigung des Mandanten in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 13.06.2013 - IX ZR 155/11):

„... Der beklagte Rechtsanwalt vertrat den Kläger in einem erfolglos gebliebenen Rechtsstreit vor dem Landgericht Bielefeld und dem Oberlandesgericht Hamm gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners, der am 12. März 2002 einen Auffahrunfall verursacht hatte, den der Kläger als Beifahrer erlitten hat. Der Kläger war schon im Jahr 1996 Opfer eines Auffahrunfalls mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen gewesen. Aufgrund des ersten Unfalls, der zum Verlust seiner Arbeitsstelle geführt hatte, lebte er in der ständigen Angst, dass sein körperlicher Zustand nicht so wiederherstellt werden könnte, wie vor diesem Unfall. In dem wegen des 2002 erlittenen Unfalls geführten Prozess trug der Beklagte erstmals am Tag vor der mündlichen Verhandlung, in der das abweisende Urteil des Landgerichts erging, zu den psychischen Folgen des Unfalls vor. Das Landgericht befasste sich in seiner Entscheidung nur mit den vom Kläger behaupteten körperlichen Auswirkungen des erneuten Unfallereignisses. Dies beanstandete der Beklagte in seiner Berufungsbegründung, in der er, ohne den diesbezüglichen Vortrag zu vertiefen, geltend machte, dass ein psychologisches Gutachten eingeholt werden müsse. Eine Stellungnahme der den Kläger seit Ende Oktober 2003 behandelnden Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 17. Oktober 2005 legte der Beklagte dem Berufungsgericht im Vorprozess erst mit Schriftsatz vom 28. Juli 2006 vor. Darin trat er erneut Beweis durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens an. Diesen Vortrag wies das Oberlandesgericht in seinem in der mündlichen Verhandlung am 16. August 2006 verkündeten Urteil als verspätet zurück. Den erstinstanzlichen Vortrag zu den psychischen Auswirkungen sah es in der Entscheidung als nicht hinreichend substantiiert an.

Der Kläger wirft dem Beklagten vor, im Vorprozess nicht ausreichend zu den psychischen Folgen des zweiten Unfalls, der zu einer posttraumatischen Belastungsstörung mit schwerer depressiver Reaktion und als Folge dieser Erkrankung zur dauerhaften Erwerbsunfähigkeit geführt habe, vorgetragen und die ärztliche Stellungnahme vom 17. Oktober 2005 zu spät vorgelegt zu haben. Er macht einen Anspruch auf Erstattung des infolge seiner Verrentung erlittenen Verdienstausfallschadens in Höhe von 136.209,24 € geltend und begehrt Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für jeden weiteren materiellen Schaden. Die Klage ist in beiden Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine bisherigen Sachanträge weiter. ...

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Zwar sei davon auszugehen, dass der Beklagte seine anwaltlichen Pflichten im Zusammenhang mit der Führung des Vorprozesses schuldhaft verletzt habe. Der Beklagte habe unter anderem gegen seine anwaltlichen Pflichten verstoßen, sich die erforderlichen Informationen zu beschaffen, den maßgeblichen Sachverhalt aufzuklären und durch Beschreiten des sichersten Weges einen Schaden des Mandanten zu verhüten. Der Verstoß liege darin, dass er in dem Vorprozess in der ersten Instanz zu den beim Kläger vorliegenden psychischen Beeinträchtigungen nur unsubstantiiert vorgetragen habe und nicht auf die Retraumatisierung durch den erneuten Unfall eingegangen sei. Auch wenn hinsichtlich der medizinischen Fragen an die Substantiierungspflicht nur maßvolle Anforderungen zu stellen seien, wäre der Beklagte als Laie zu einer solchen Darstellung ohne weiteres in der Lage gewesen. Dass ihm trotz einer gezielten Befragung des Klägers eine nähere Sachdarstellung nicht möglich gewesen sei, habe er nicht vorgetragen.

Es sei jedoch nicht festzustellen, dass dem Kläger aufgrund der Pflichtverletzung des Beklagten ein Schaden entstanden sei. Zwar sei aufgrund der vom Berufungsgericht nunmehr durchgeführten Beweisaufnahme davon auszugehen, dass der im Jahr 2002 erlittene Unfall zu psychischen Störungen mit Krankheitswert und einer daraus resultierenden dauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers geführt habe. Dieser Schadenseintritt sei jedoch für den Schädiger objektiv nicht vorhersehbar gewesen, so dass eine Haftung nicht in Betracht komme. Bei der festgestellten Kollisionsgeschwindigkeit von 6,5 km/h liege die Verursachung von psychischen Störungen mit Krankheitswert fern. Nur die besondere Schadensanfälligkeit des Klägers habe zu den unfallbedingt eingetretenen psychischen Störungen geführt. Eine Haftung des Unfallgegners scheide deshalb aus. Dem Kläger sei aufgrund der Pflichtverletzung des Beklagten kein Schaden entstanden, weil die Klage im Vorprozess auch bei pflichtgemäßem Vortrag abgewiesen worden wäre.

II. Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hätte einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten nicht wegen mangelnder Erfolgsaussicht des Vorprozesses scheitern lassen dürfen.

1. Noch zutreffend ist das Berufungsgericht von einer schuldhaften Verletzung der Pflichten des Beklagten bei der Vertretung des Klägers im Vorprozess ausgegangen.

a) Es ist Aufgabe des Rechtsanwalts, der einen Anspruch seines Mandanten klageweise geltend machen soll, die zugunsten seiner Partei sprechenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte so umfassend wie möglich darzustellen, damit sie das Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigen kann (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 179/07, WM 2009, 324 Rn. 8; vom 11. April 2013 - IX ZR 94/10, zVb, Rn. 4). Er darf sich nicht ohne weiteres mit dem begnügen, was sein Auftraggeber ihm an Informationen liefert, sondern muss um zusätzliche Aufklärung bemüht sein, wenn den Umständen nach für eine zutreffende rechtliche Einordnung die Kenntnis weiterer Tatsachen erforderlich und deren Bedeutung für den Mandanten nicht ohne weiteres ersichtlich ist (BGH, Urteil vom 20. Juni 1996 - IX ZR 106/95, WM 1996, 1832, 1834 f; vom 7. Februar 2002 - IX ZR 209/00, WM 2002, 1077, 1078; Vill in Zugehör/G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rn. 738 ff mwN). Er ist zu rechtzeitigem Vortrag verpflichtet (BGH, Urteil vom 28. Juni 1990 - IX ZR 209/89, NJW-RR 1990, 1241, 1244) und muss damit verhindern, dass einzelne Angriffs- oder Verteidigungsmittel als verspätet zurückgewiesen werden (Zugehör/Vill, aaO Rn. 743 mwN). Auch hat er die Interessen seines Auftraggebers in den Grenzen des erteilten Mandats nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen. Er hat, wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, diejenige zu treffen, welche die sicherste und gefahrloseste ist, und, wenn mehrere Wege möglich sind, um den erstrebten Erfolg zu erreichen, den zu wählen, auf dem dieser am sichersten erreichbar ist (BGH, Urteil vom 23. September 2004 - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494, 495; vom 29. Juni 2006 - IX ZR 76/04, WM 2006, 2055 Rn. 9; Zugehör/Vill, aaO Rn. 635 ff; jeweils mwN).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht mit Recht von der schuldhaften Verletzung anwaltlicher Pflichten im Vorprozess durch den Beklagten ausgegangen. Den hiergegen gerichteten Angriffen der Revisionserwiderung muss der Erfolg versagt bleiben.

aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Kläger bereits frühzeitig gegenüber dem Beklagten seine unfallbedingten psychischen Beeinträchtigungen angesprochen. Der Beklagte will diesen Vortrag im Haftungsprozess jedoch zurückgehalten haben, weil ihm die von dem Kläger geschilderten unfallbedingten psychischen Probleme nicht beweisbar erschienen. Damit hat er gegen seine anwaltlichen Pflichten verstoßen. Ein dem Gebot des sichersten Weges verpflichteter Rechtsanwalt hätte die Beibringung entsprechender weiterer Nachweise zur Ursächlichkeit des Unfallereignisses für die geschilderten psychischen Beeinträchtigungen nicht lediglich abwarten dürfen. Er hätte sich bei dem Kläger näher informieren und zeitnah Vortrag zu den von diesem geschilderten psychischen Beeinträchtigungen und der behaupteten Unfallursächlichkeit halten müssen, zumal sich die Frage der Beweisbarkeit der klägerischen Angaben erst bei ihrem Bestreiten durch die Beklagte stellen konnte. Der in diesem Fall bestehenden Gefahr des Prozessverlustes aufgrund einer notwendigen Substantiierung des Sachvortrages hätte der Beklagte mit einer zugleich formulierten Bitte um einen gerichtlichen Hinweis begegnen können, ob das Gericht den Sachvortrag des Klägers für genügend erachte, um daraufhin ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen, oder eine vorherige Substantiierung für geboten halte. Einen solchen Hinweis hätte das Gericht gemäß § 139 Abs. 1 ZPO erteilen müssen. Sollte dem Kläger weiterer Vortrag mangels eigener Sachkenntnis anderenfalls nicht möglich gewesen sein, hätte er auch die Einholung eines privaten Gutachtens als zu seiner Rechtsverfolgung notwendig ansehen dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2002 - VI ZB 56/02, BGHZ 153, 235, 238 f; vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05, NJW 2006, 2415 Rn. 9 ff). Die hierfür notwendige Zeit hätte dem Kläger nach Darlegung der Erforderlichkeit vom Prozessgericht gewährt werden müssen. Ein auf diese Weise ergänzter Vortrag hätte dann weder als unsubstantiiert noch als verspätet behandelt werden dürfen.

Statt dessen hat der Beklagte erst mit Schriftsatz vom 22. Mai 2005 - unmittelbar vor dem Termin per Telefax eingereicht und schriftlich im Termin überreicht - auf die "schweren psychischen Auswirkungen" hingewiesen, die der Unfall auf den Kläger hatte, und einen Befundbericht vorgelegt, aus welchem sich nicht ergibt, dass die dort beschriebenen psychischen Beschwerden im Zusammenhang mit dem im Jahr 2002 erlittenen Unfall stehen.

bb) Im Übrigen ist dem Beklagten vorzuwerfen, dass er in der Berufungsinstanz nicht alles getan hat, um die Lücken im Vortrag, die zum vorläufigen Prozessverlust geführt hatten, noch auszugleichen, wenn er glaubte, ihm hätten bis zum Abschluss der ersten Instanz keine ergiebigen Informationen zur Verfügung gestanden. Dazu hätte es im Hinblick auf § 529 Abs. 1 Nr. 2, §§ 530, 531 Abs. 2 ZPO nicht nur gehört, den bisher versäumten Vortrag zur Kausalität zwischen dem zweiten Unfall und den bisherigen Beeinträchtigungen in einer für eine Beweisaufnahme geeigneten Weise nachzuholen. Der Beklagte hätte im Blick auf § 531 Abs. 2 ZPO auch erläutern müssen, warum ihm der weitergehende Vortrag zuvor nicht möglich war. Demgegenüber ist der Beklagte auch im zweiten Rechtszug eine detaillierte Darstellung zur Ursächlichkeit des Unfallereignisses für die psychischen Störungen des Klägers bis kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung schuldig geblieben. Das Attest der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 17. Oktober 2005 hat er dem Berufungsgericht erst so spät vorgelegt, dass es in dessen Entscheidung auf die mündliche Verhandlung vom 16. August 2006 als verspätet zurückgewiesen worden ist.

c) Das objektiv fehlerhafte Verhalten des Beklagten spricht für sein Verschulden (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 1995 - IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386, 399; vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 37/04, WM 2007, 564 Rn. 20; vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 12/05, WM 2009, 369 Rn. 16 jeweils mwN). Er trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008, aaO). Auch die Gegenrügen der Revisionserwiderung haben ein Verschulden nicht ausgeräumt.

2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann demgegenüber keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, ein Schmerzensgeld- und Feststellungsanspruch des Klägers wäre aufgrund der fehlenden objektiven Vorhersehbarkeit der psychischen Störungen für den Schädiger auch bei pflichtgemäßem prozessualem Vortrag des Beklagten abgelehnt worden. Der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang ist vielmehr gegeben, weil die psychische Störung, die der Kläger aufgrund des Auffahrunfalls im Jahre 2002 erlitten hat, auf einer Retraumatisierung beruht, deren Ausgangspunkt zwar der 1996 erlittene Auffahrunfall ist, die aber aufgrund des erneuten Auffahrunfalls im Jahr 2002 eingetreten ist. Auf die vom Berufungsgericht angenommene Vorhersehbarkeit dieser Folge aus der Sicht eines medizinischen Laien kommt es nicht an.

a) Der für eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung verantwortliche Schädiger muss grundsätzlich auch für Folgewirkungen einstehen, die auf einer psychischen Prädisposition oder einer neurotischen Fehlverarbeitung beruhen; für die Ersatzpflicht als haftungsausfüllende Folgewirkung des Unfallgeschehens genügt die hinreichende Gewissheit, dass diese Folge ohne den Unfall nicht eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 9. April 1991 - VI ZR 106/90, VersR 1991, 704, 705; vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 343 f, 346; vom 25. Februar 1997 - VI ZR 101/96, VersR 1997, 752, 753; vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, BGHZ 137, 142, 145; vom 16. März 2004 - VI ZR 138/03, NJW 2004, 1945, 1946; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 127/11, NJW 2012, 2964 Rn. 8; MünchKomm-BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 189 ff; Staudinger/Schiemann, BGB, 2005, § 249 Rn. 39). Die Zurechnung von Folgeschäden scheitert nicht daran, dass sie auf einer konstitutiven Schwäche des Verletzten beruhen. Der Schädiger kann sich nicht darauf berufen, dass der Schaden nur deshalb eingetreten sei oder ein besonderes Ausmaß erlangt habe, weil der Verletzte infolge von Anomalien oder Dispositionen zur Krankheit besonders anfällig gewesen sei. Wer einen gesundheitlich schon geschwächten Menschen verletzt, kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als wäre der Betroffene gesund gewesen (BGH, Urteil vom 30. April 1996, aaO S. 345; vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04, VersR 2005, 945, 946; vom 10. Juli 2012, aaO). In Extremfällen scheitert die Zurechnung psychischer Folgeschäden allerdings dann, wenn das schädigende Ereignis ganz geringfügig ist, nicht gerade speziell die Schadensanlage des Verletzten trifft und deshalb die psychische Reaktion im konkreten Fall, weil in einem groben Missverhältnis zu dem Anlass stehend, schlechterdings nicht mehr verständlich ist (BGH, Urteil vom 30. April 1996, aaO S. 346; vom 25. Februar 1997, aaO; vom 11. November 1997, aaO S. 146 ff; vom 11. November 1997 - VI ZR 146/96, NJW 1998, 813, 814; vom 10. Juli 2012, aaO Rn. 9; MünchKomm-BGB/Oetker, aaO Rn. 192). Ebenfalls nicht zurechenbar sind psychische Folgeschäden dem Schädiger dann, wenn sie auf einer sogenannten Begehrensneurose beruhen und wesentlich durch die Begehrenshaltung des Geschädigten geprägt sind (BGH, Urteil vom 10. Juli 2012, aaO Rn. 10). Von der Zurechnung psychischer Folgeschäden ist jedoch dann auszugehen, wenn das Unfallereignis - sei es auch geringfügig - speziell die Schadensanlage des Verletzten trifft.

b) Nach diesen Grundsätzen hätte das Berufungsgericht den haftungsrechtlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der beim Kläger eingetretenen psychischen Störung aufgrund fehlender objektiver Vorhersehbarkeit solcher Störungen nicht verneinen dürfen.

Im Streitfall waren die psychischen Unfallschäden des Klägers dem Unfallgegner zuzurechnen, ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 6,5 km/h nur um ein geringfügiges Unfallereignis gehandelt haben mag. Dies folgt aus dem vom Berufungsgericht eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. , auf dessen Grundlage das Berufungsgericht seine Feststellungen getroffen hat. Demnach lag eine besondere Schadensanfälligkeit des Klägers vor, für die entscheidend war, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Unfall um das Spiegelbild des früheren Auffahrunfalls aus dem Jahre 1996 handelte, so dass der erneute Auffahrunfall beim Kläger Erinnerungen wachrief, weil eine nahezu identische Wiederholung "wie ein spezifischer Schlüssel in ein vorgegebenes Schloss" passt. Eine Überreaktion, wie sie sonst bei einem Bagatellereignis gegeben sein könnte, ist in einem solchen Fall nicht anzunehmen.

3. Der Vorprozess hätte deshalb bei pflichtgemäßem anwaltlichem Handeln des Beklagten dem Grunde nach wegen seiner psychischen Schädigung zugunsten des Klägers entschieden werden müssen. Dass der im Vorprozess in Anspruch genommene Unfallgegner den Auffahrunfall schuldhaft herbeigeführt hat, ist nicht streitig gewesen. ..."

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Verdienstausfall - Erwerbsschaden

Dem Geschädigten sollen alle wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die er durch den Unfall erlitten hat, ersetzt werden, weil und soweit er seine Arbeitskraft verletzungsbedingt nicht mehr einsetzen kann. Die Anspruchsgrundlage erfolgt aus §§ 842, 843 I BGB.

Dem Geschädigten müssen jegliche Einkommensverluste ersetzt werden, soweit sie durch das Unfallereignis bedingt sind. Entsprechendes gilt für sämtliche Vermögensnachteile, die dadurch entstehen, dass der Verletzte in der Verwertung seiner Arbeitskraft beeinträchtigt ist.

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Leitsätze/Entscheidungen:

Ein Erwerbsschaden im Sinne des § 842 BGB entsteht auch demjenigen, der infolge des verletzungsbedingten Wegfalls seiner Erwerbsfähigkeit seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II aus § 19 SGB II verliert (BGH, Urteil vom 25.06.2013 - VI ZR 128/12):

„... Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der an S. erbrachten Rentenleistungen und von entgangenen Beiträgen zur Rentenversicherung aus § 823 Abs. 1, § 842 BGB, § 7 Abs. 1, §§ 11, 18 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1 PflVG aF, § 116 Abs. 1 Satz 1, § 119 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht verneint werden.

1. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, S. sei infolge des Unfalls kein Erwerbsschaden im Sinne der § 842 BGB, § 11 Satz 1 StVG entstanden.

a) Da S. im Zeitpunkt des Unfalls arbeitslos war und auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie in der Folgezeit in eine Arbeitsstelle hätte vermittelt werden können, hat sie allerdings keinen konkreten Verdienstausfallschaden erlitten. Ein solcher ist zwischen den Parteien auch nicht im Streit.

b) Wie die Revision mit Erfolg geltend macht, liegt ein ersatzfähiger Erwerbsschaden jedoch darin, dass S. infolge des Unfalls erwerbsunfähig geworden ist und dadurch ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld II aus § 19 SGB II verloren hat.

aa) Gemäß § 842 BGB, § 11 Satz 1 StVG erstreckt sich bei einer Körperverletzung die Verpflichtung zum Schadensersatz auf die (Vermögens-) Nachteile, die der Verletzte durch die Aufhebung oder Minderung seiner Erwerbsfähigkeit erleidet. Dabei kommt der Arbeitskraft als solcher allerdings kein Vermögenswert zu; ihr Wegfall allein stellt deshalb auch bei "normativer" Betrachtung keinen Schaden im haftungsrechtlichen Sinne dar (vgl. Senatsurteile vom 5. Mai 1970 - VI ZR 212/68, BGHZ 54, 45, 50 ff.; vom 20. März 1984 - VI ZR 14/82, BGHZ 90, 334, 336; vom 28. November 2000 - VI ZR 386/99, VersR 2001, 730, 731 mwN; vom 8. April 2008 - VI ZR 49/07, BGHZ 176, 109 Rn. 9 mwN; siehe auch BGH, Urteile vom 24. November 1995 - V ZR 88/95, BGHZ 131, 220, 225 f.; vom 8. November 2001 - IX ZR 64/01, NJW 2002, 292, 293). Aus diesem Grunde entsteht demjenigen, der nur von seinem Vermögen oder seiner Rente lebt, arbeitsunwillig oder arbeitslos ist, ohne Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe beanspruchen zu können, allein durch den Verlust seiner Arbeitsfähigkeit noch kein ersatzpflichtiger Schaden (vgl. Senatsurteile vom 5. Mai 1970 - VI ZR 212/68, BGHZ 54, 45, 52; vom 20. März 1984 - VI ZR 14/82, BGHZ 90, 334, 336; vom 8. April 2008 - VI ZR 49/07, BGHZ 176, 109 Rn. 9 mwN).

Die Ersatzpflicht greift jedoch ein, wenn durch die Beeinträchtigung der Arbeitskraft des Verletzten in dessen Vermögen ein konkreter Schaden entstanden ist. Ein solcher liegt nicht nur in dem Verlust von Arbeitseinkommen; der Erwerbsschaden umfasst vielmehr alle wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die der Geschädigte erleidet, weil und soweit er seine Arbeitskraft verletzungsbedingt nicht verwerten kann, die also der Mangel der vollen Einsatzfähigkeit seiner Person mit sich bringt (vgl. Senatsurteile vom 20. März 1984 - VI ZR 14/82, BGHZ 90, 334, 336 f.; vom 8. April 2008 - VI ZR 49/07, BGHZ 176, 109 Rn. 9; siehe auch Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009 - VI ZB 53/08, VersR 2010, 133 Rn. 7).

bb) Ein derartiger Vermögensschaden entsteht auch demjenigen, der den Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld II aus § 19 SGB II verliert, weil er verletzungsbedingt erwerbsunfähig geworden ist.

(1) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats begründete der unfallbedingte Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe aus § 117 Abs. 1 bzw. §§ 190 ff. SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung einen Erwerbsschaden des Verletzten (vgl. Senatsurteile vom 20. März 1984 - VI ZR 14/82, BGHZ 90, 334, 337 ff.; vom 18. Februar 1986 - VI ZR 55/85, VersR 1986, 485, 486; vom 8. April 2008 - VI ZR 49/07, BGHZ 176, 109 Rn. 9). Maßgeblich hierfür war, dass das Gesetz den Arbeitslosen wegen seiner Arbeitsfähigkeit und Bereitschaft zur Arbeitsleistung weiterhin als in den Arbeitsmarkt eingegliedert ansah und der Arbeitslose seine Leistungsansprüche verlor, wenn er unfallbedingt arbeitsunfähig wurde. Denn der Rechtsanspruch auf Arbeitslosenunterstützung entstand nicht schon durch die bloße Tatsache der Arbeitslosigkeit. Er setzte voraus, dass der Arbeitslose arbeitsfähig war und sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellte (vgl. Senatsurteile vom 20. März 1984 - VI ZR 14/82, BGHZ 90, 334, 337; vom 8. April 2008 - VI ZR 49/07, BGHZ 176, 109 Rn. 9; siehe auch Senatsurteil vom 18. Februar 1986 - VI ZR 55/85, VersR 1986, 485, 486; Denck, NZA 1985, 377, 378 f.).

(2) Diese Erwägungen beanspruchen auch Geltung für das mit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954, in Kraft getreten gemäß Art. 61 am 1. Januar 2005) eingeführte Arbeitslosengeld II (§ 19 SGB II).

(a) Zwar weist das Arbeitslosengeld II deutliche Unterschiede zur Arbeitslosenhilfe nach altem Recht auf. Mit dem Sozialgesetzbuch II hat der Gesetzgeber ein völlig neues Leistungssystem geschaffen, das Elemente der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe in sich vereint und deshalb als spezielles Fürsorgesystem für Erwerbsfähige ohne oder ohne ausreichende Erwerbsarbeit zu qualifizieren ist (vgl. BT-Drucks. 15/1516 S. 41, 49; OLG Stuttgart, OLGR 2008, 795; OLG Köln, OLGR 2009, 538, 540; OLGR 2009, 611 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 8. Februar 2012 - IV ZR 287/10, VersR 2012, 427 Rn. 14: "Transfereinkommen"; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Einf. E 010 Rn. 219 [Stand: Mai 2010]; Gagel/Bieback, SGB II/SGB III, Vor § 1 SGB II Rn. 2, 17, 43, 57 [Stand: Januar 2008]). Das Arbeitslosengeld II weist in stärkerem Maße als früher die Arbeitslosenhilfe Übereinstimmungen mit der Sozialhilfe auf. In Abkehr von dem Lebensstandardprinzip wird es nicht nach dem früher erzielten Arbeitsentgelt bemessen, sondern orientiert sich an dem Bedarf des Leistungsempfängers (§§ 19 ff. SGB II; vgl. BVerfGE 128, 90, 95; BSGE 107, 66 Rn. 33; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Einf. E 010 Rn. 89 [Stand: Mai 2010]); siehe auch BSG, Urteil vom 21. Dezember 2009 - B 14 AS 46/08 R, juris Rn. 10; Kohte in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl., § 20 SGB II Rn. 3). Im Unterschied zur Arbeitslosenhilfe kommt ihm keine Lohnersatzfunktion zu (vgl. BT-Drucks. 15/1516, S. 72 sowie § 3 Abs. 4 SGB III; BSGE 107, 66 Rn. 33; BSG, Urteil vom 21. Juni 2011 - B 4 AS 14/11 B, juris Rn. 8; OLG München, NJW-RR 2006, 439, 440; OLG Düsseldorf, OLGR 2006, 358; OLG Dresden, OLGR 2007, 306; OLG Schleswig, OLGR 2008, 951, 953; OLG Hamm, OLGR 2009, 15; OLG Köln, OLGR 2009, 538, 540; OLGR 2009, 611 ff.; Gagel/Steinmeyer, § 116 SGB III Rn. 2, 16 f. [Stand: Juli 2010]; aA BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 20/07 R, UV-Recht Aktuell 2008, 888, 894; vgl. Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 252 Rn. 29; Staudinger/Vieweg, BGB, Neubearb. 2007, § 842 Rn. 65; Heß/Burmann in Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 6. D. Rn. 14 [Stand: April 2011]).

Auch sieht das Sozialgesetzbuch II den Leistungsberechtigten von Arbeitslosengeld II nicht - wie dies früher für den Empfänger von Arbeitslosenhilfe galt - als in den Arbeitsmarkt eingegliedert an. Die Arbeitslosigkeit und die vorausgegangene sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sind anders als im Fall der Arbeitslosenhilfe nicht mehr Voraussetzungen der Leistung. Auch wer als Erwerbsfähiger nach früherem Recht nicht Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezog, sondern nur Sozialhilfe, fällt nunmehr unter die Grundsicherung für Arbeitsuchende gemäß dem Sozialgesetzbuch II (vgl. Gagel/Bender, § 8 SGB II Rn. 3 f. [Stand: Juni 2012]; Gagel/Hänlein, § 7 SGB II Rn. 10 [Stand: Januar 2009]; Klinkhammer, FamRZ 2004, 1909 f.; siehe auch Pardey, Berechnung von Personenschäden, 4. Aufl., Rn. 1548; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 7 Rn. 68 [Stand: Januar 2012]; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Einf. E 010 Rn. 62 ff. [Stand: Mai 2011]).

(b) Aus diesen Gründen verneint ein Teil der Literatur und der Instanzgerichte den Eintritt eines Erwerbsschadens, wenn ein hilfebedürftiger Erwerbsfähiger verletzungsbedingt seinen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld II verliert (OLG Köln, OLGR 2009, 611 ff.; OLG Celle, Urteil vom 27. Juni 2012 - 14 U 193/10, juris Rn. 89; Plagemann/Probst, DAR 2012, 61, 67; BeckOK BGB/Spindler, § 842 Rn. 5 [Stand: 1. Februar 2013]; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 10. Aufl., Rn. 168; Pardey, Berechnung von Personenschäden, 4. Aufl., Rn. 2120, 2123; Rüßmann in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 842 Rn. 4; Erman/Schiemann, BGB, 13. Aufl., § 842 Rn. 3).

Andere Stimmen im Schrifttum nehmen hingegen einen Erwerbsschaden an (vgl. Dauck, LMK 2008, 264450; MünchKommBGB/Wagner, 5. Aufl., §§ 842, 843 Rn. 48; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 29 Rn. 160; Heß/Burmann in Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 6. D. Rn. 14 [Stand: April 2011]; Huber, JZ 2008, 1114, 1116; ders. in Dauner-Lieb/Langen, BGB, 2. Aufl., §§ 842, 843 Rn. 133; Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 30 Rn. 25 mit Fn. 19; Staudinger/Vieweg, BGB, Neubearb. 2007, § 842 Rn. 79 aE; Waltermann in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl., § 116 SGB X Rn. 46; Himmelreich/Halm/Euler, Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht, 4. Aufl., Kapitel 10 Rn. 4).

(c) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Im Gegensatz zur Sozialhilfe entsteht der Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld II nicht schon durch die bloße Tatsache der Hilfebedürftigkeit. Vielmehr setzt er voraus, dass der Betroffene erwerbsfähig ist (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II) und für die Eingliederung in Arbeit zur Verfügung steht (vgl. § 7 Abs. 4a Satz 1, § 31 Abs. 1 Nr. 2, 3 SGB II, vgl. auch BT-Drs. 16/1696, S. 26; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Einf. E 010 Rn. 88, 219 [Stand: Mai 2010]). Hauptziel des Sozialgesetzbuchs II ist es, arbeitsfähige Arbeitslose wieder in das Erwerbsleben einzugliedern. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht das Sozialgesetzbuch II in sachlicher Hinsicht vielfältige Instrumente und Förderleistungen vor, vor allem solche, die sich im Bereich der Arbeitsförderung nach dem Sozialgesetzbuch III bewährt haben (vgl. BSGE 104, 185 Rn. 14; BSGE 105, 279 Rn. 39; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Einf. E 010 Rn. 210 [Stand: Mai 2010]; Gagel/Bieback, Vor § 1 SGB II Rn. 19 [Stand: Januar 2008]; BeckOK SGB II/Harich, § 16 Rn. 1, 9 f. [Stand: 1. März 2013]; S. Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl., § 16 SGB II Rn. 2, 4).

Dass das Arbeitslosengeld II sich im Unterschied zur Arbeitslosenhilfe nicht an der Höhe des gewöhnlich erzielten Arbeitsentgelts orientiert und daher keine Lohnersatzfunktion hat, steht der Annahme eines Erwerbsschadens nicht entgegen. Die Lohnersatzfunktion einer Sozialleistung kann zwar dafür sprechen, dass mit ihrem Verlust ein Erwerbsschaden eintritt (vgl. Senatsurteile vom 20. März 1984 - VI ZR 14/82, BGHZ 90, 334, 337 f.; vom 8. April 2008 - VI ZR 49/07, BGHZ 176, 109 Rn. 14). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist sie jedoch keine notwendige Bedingung für die Annahme eines Erwerbsschadens. Entscheidend ist vielmehr, dass das Sozialgesetzbuch II die Leistungsberechtigung von der Erwerbsfähigkeit abhängig macht und dem Leistungsbezieher ein Vermögensnachteil entsteht, wenn er infolge des verletzungsbedingten Wegfalls seiner Erwerbsfähigkeit seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II verliert.

cc) Nach diesen Grundsätzen ist S. ein Erwerbsschaden entstanden. Da sie infolge des Unfalls erwerbsunfähig geworden ist, sind die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II entfallen. Eine diese Leistung bewilligende Entscheidung war gemäß § 40 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II, § 330 Abs. 3 SGB III, § 48 Abs. 1 SGB X aufzuheben.

Ein ersatzpflichtiger Vermögensschaden ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil S. aufgrund ihrer bei dem Unfall erlittenen Verletzungen gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI Rente wegen voller Erwerbsminderung (in das Arbeitslosengeld II übersteigender Höhe) von der Klägerin bezieht. Diese Leistung ist bei der Schadensberechnung in normativ wertender Korrektur der Schadensbilanz nicht zu berücksichtigen. Sie stellt eine Maßnahme der sozialen Sicherung und Fürsorge gegenüber dem Geschädigten dar, die dem Schädiger nach dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB nicht zu Gute kommen soll. Andernfalls würde die Bestimmung des § 116 SGB X, die den Ersatzanspruch des Verletzten auf den Drittleistenden überleitet, ihres Sinnes beraubt (vgl. Senatsurteil vom 7. November 2000 - VI ZR 400/99, VersR 2001, 196, 197; MünchKommBGB/Wagner, 5. Aufl., §§ 842, 843 Rn. 83; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 135, jeweils mwN).

2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann auch ein Übergang des Anspruchs der S. auf Ersatz des ihr entstandenen Erwerbsschadens auf die Klägerin gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht verneint werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es nicht an der erforderlichen sachlichen Kongruenz zwischen den von der Klägerin erbrachten Leistungen und der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten.

a) Sachliche Kongruenz besteht, wenn sich die Ersatzpflicht des Schädigers und die Leistungsverpflichtung des Sozialversicherungsträgers ihrer Bestimmung nach decken. Hiervon ist auszugehen, wenn die Leistung des Versicherungsträgers und der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz dem Ausgleich derselben Einbuße des Geschädigten dienen. Es genügt, wenn der Sozialversicherungsschutz seiner Art nach den Schaden umfasst, für den der Schädiger einstehen muss; es kommt nicht darauf an, ob auch der einzelne Schadensposten vom Versicherungsschutz gedeckt ist (vgl. Senatsurteile vom 18. Mai 2010 - VI ZR 142/09, VersR 2010, 1103 Rn. 15 mwN; vom 3. Mai 2011 - VI ZR 61/10, VersR 2011, 946 Rn. 14 mwN).

b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung, die die Klägerin gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI an S. zu erbringen hatte, und der von der Beklagten zu leistende Schadensersatz dienen dem Ausgleich derselben Einbuße der Geschädigten. Denn die Rente ist zur Behebung des dieser unfallbedingt entstandenen Erwerbsschadens bestimmt (vgl. OLG Bamberg, VersR 1979, 473, 474; OLG Hamm, Urteil vom 30. November 2010 - 9 U 19/10, juris Rn. 29; Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 30 Rn. 25; KassKomm/Kater, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB X Rn. 123 [Stand: Juni 2012]; zur Lohnersatzfunktion der Rente siehe Gabke in jurisPK-SGB VI, 2008, § 43 SGB VI Rn. 6). Sie soll einen Ausgleich für die wirtschaftlichen Einbußen schaffen, die sich daraus ergeben, dass die Fähigkeit der Geschädigten, am Erwerbsleben teilzunehmen, gesundheitsbedingt eingeschränkt ist (vgl. Kamprad in Hauck/Noftz, SGB VI, § 43 Rn. 1 [Stand: Mai 2008]).

Der Annahme sachlicher Kongruenz steht nicht entgegen, dass dem Arbeitslosengeld II keine Lohnersatzfunktion zukommt. Es genügt, dass der Wegfall des entsprechenden Leistungsanspruchs einen Erwerbsschaden begründet und die zu erbringende Sozialleistung dem Ausgleich dieses Schadens dient. ..."

***

Zu der für die Bemessung des Erwerbsschadens erforderlichen Prognose der hypothetischen Einkommensentwicklung, wenn der Geschädigte behauptet, er hätte ohne den Schadensfall in fortgeschrittenem Alter eine gut bezahlte Festanstellung erhalten, der Schädiger dies aber unter Hinweis auf die Lage am Arbeitsmarkt bestreitet (BGH, Urteil vom 09.11.2010 - VI ZR 300/08 zu BGB § 252; ZPO § 287):

„... Die dagegen gerichtete Revision hat im Umfang der Zulassung weitgehend Erfolg. Die bisherigen Feststellungen tragen die Zuerkennung einer Verdienstausfallrente in Höhe von 2.680 € nicht.

1. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten ist nicht mehr im Streit. Auf die von der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts zum fehlenden Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens kommt es im Revisionsverfahren nicht an, da die Revision insoweit nicht zugelassen worden ist.

2. Unbegründet ist die Revision, soweit die Beklagten zur Zahlung einer monatlichen Rente wegen Mehrbedarfs in Höhe von 173,33 € bis zum 30. September 2025 verurteilt worden sind. Die Revision hat die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass die Klägerin unfallbedingt eine Hilfe für vier Stunden wöchentlich benötige und der Aufwand dafür auf monatlich 173,33 € zu schätzen sei, nicht angegriffen.

3. Die Revision hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und Vermehrung ihrer Bedürfnisse für die Zeit nach dem 30. September 2025 zugesprochen hat. Dies verstößt gegen § 308 Abs. 1 ZPO, was das Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten hat (BGH, Urteil vom 20. November 1992 - V ZR 82/91, VersR 1993, 609, 612, insoweit in BGHZ 120, 239 nicht abgedruckt). Der Klageantrag war auf eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Rente lediglich bis zum 30. September 2025 gerichtet. Das Berufungsgericht durfte der Klägerin schon deshalb keine zeitlich unbefristete Rente zusprechen.

Entgegen der Auffassung der Revision verstößt das Urteil des Berufungsgerichts hingegen nicht gegen § 308 Abs. 1 ZPO, soweit es eine über einen monatlichen Betrag von 2.723,33 € hinausgehende Rente zugesprochen hat. Die Klägerin hat im Berufungsrechtszug beantragt, die Beklagten über den bereits zuerkannten monatlichen Rentenbetrag von 130 € hinaus zur Zahlung einer monatlichen Rente von weiteren 2.723,33 € zu verurteilen. Dies entspricht dem im Berufungsrechtszug zuerkannten monatlichen Rentenbetrag von 2.853,33 €.

4. Die Revision hat weiter Erfolg, soweit das Berufungsgericht die Verdienstausfallrente über den Zeitpunkt des mutmaßlichen Ausscheidens der Klägerin aus dem Erwerbsleben hinaus zuerkannt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Anspruch eines abhängig Beschäftigten auf Ersatz des Erwerbsschadens auf die voraussichtliche Lebensarbeitszeit zu begrenzen (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 1995 - VI ZR 165/94, VersR 1995, 1321; vom 26. September 1995 - VI ZR 245/94, VersR 1995, 1447, 1448; vom 27. Januar 2004 - VI ZR 342/02, VersR 2004, 653 f. = r+s 2004, 342 m. Anm. Lemcke).

5. Die Revision ist auch begründet, soweit das Berufungsgericht der Klägerin eine monatliche Rente wegen unfallbedingter Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 2.680 € zuerkannt hat. Die dem zugrunde liegende Prognose, die Klägerin hätte ohne den Unfall während der gesamten Dauer ihres Erwerbslebens ein Bruttogehalt in Höhe von 4.550 € erzielt, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Eine vom Tatrichter gemäß § 287 Abs. 1 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmende Schadensschätzung unterliegt allerdings nur der beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht dahin, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 1984 - VI ZR 262/82, BGHZ 92, 85, 86 f. = VersR 1984, 966; vom 8. Dezember 1987 - VI ZR 53/87, BGHZ 102, 322, 330 = VersR 1989, 299, 301; vom 24. Januar 1995 - VI ZR 354/93, VersR 1995, 469, 470; vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 173/07, VersR 2009, 408 Rn. 12; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 186/08, Rn. 17, z.V.b.). Derartige Fehler zu Lasten der Beklagten liegen hier indes vor.

b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht den hier streitigen Verdienstausfallschaden unter Heranziehung von § 252 Satz 2 BGB und § 287 ZPO ermittelt. Ist die voraussichtliche berufliche Entwicklung eines Geschädigten ohne das Schadensereignis zu beurteilen, muss der Geschädigte nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zwar soweit wie möglich konkrete Anhaltspunkte für die erforderliche Prognose dartun. Doch dürfen insoweit keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (Senatsurteile vom 31. März 1992 - VI ZR 143/91, VersR 1992, 973; vom 6. Juli 1993 - VI ZR 228/92, VersR 1993, 1284, 1285; vom 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94, VersR 1995, 422, 424; vom 24. Januar 1995 - VI ZR 354/93, VersR 1995, 469, 470; vom 17. Februar 1998 - VI ZR 342/96, VersR 1998, 770, 772; vom 20. April 1999 - VI ZR 65/98, VersR 2000, 233). Dies gilt insbesondere dann, wenn das haftungsauslösende Ereignis den Geschädigten zu einem Zeitpunkt getroffen hat, als er noch in der Ausbildung oder am Anfang seiner beruflichen Entwicklung stand und deshalb noch keine Erfolge in der von ihm angestrebten Tätigkeit nachweisen konnte (vgl. Senatsurteile vom 6. Juni 2000 - VI ZR 172/99, VersR 2000, 1521, 1522; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 186/08, aaO Rn. 18).

Soweit sich keine Anhaltspunkte ergeben, die überwiegend für einen Erfolg oder einen Misserfolg sprechen, liegt es nahe, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge von einem voraussichtlich durchschnittlichen Erfolg des Geschädigten in seiner Tätigkeit auszugehen und auf dieser Grundlage die weitere Prognose der entgangenen Einnahmen anzustellen und den Schaden gemäß § 287 ZPO zu schätzen; verbleibenden Risiken kann durch gewisse Abschläge Rechnung getragen werden (Senatsurteile vom 17. Februar 1998 - VI ZR 342/96, aaO; vom 20. April 1999 - VI ZR 65/98, aaO; vom 6. Juni 2000 - VI ZR 172/99, aaO; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 186/08, aaO Rn. 21).

Insoweit sind dem weiten Ermessen des Tatrichters zur Schadensschätzung allerdings auch Grenzen gesetzt. Insbesondere darf er sich nicht über Vorbringen des Schädigers, das für die Schadensschätzung von Bedeutung ist, ohne weiteres hinwegsetzen oder dies ohne den Ausweis eigener Sachkunde und die Hinzuziehung sachverständiger Hilfe als unerheblich oder widerlegt ansehen.

c) Diesen Grundsätzen wird das Urteil des Berufungsgerichts nicht gerecht. Die Revision beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht weder den Vortrag der Beklagten noch die Ausführungen des Landgerichts zu den Berufsaussichten der Klägerin in der gebotenen Weise bei seinen Überlegungen zur Schadensschätzung in Betracht gezogen hat.

Die Beklagten haben darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls bereits fast 39 Jahre alt gewesen sei, erst zwei Jahre nach dem Abschluss ihres Germanistikstudiums im Mai 1996 einen bis zum 31. März 2003 befristeten Teilzeit-Arbeitsvertrag als wissenschaftliche Lehrbeauftragte erhalten und geplant habe, im Anschluss zu promovieren, wobei sie bei Abschluss einer Promotion mindestens 45 Jahre alt gewesen und insoweit als Berufsanfängerin völlig aus der Norm gefallen wäre. Dabei sei völlig offen, ob und ggf. wann die Klägerin ihre Dissertation tatsächlich abgeschlossen hätte, zumal diese berufsbegleitend und neben der Betreuung zweier minderjähriger Kinder erfolgreich hätte abgeschlossen werden müssen. Zudem haben die Beklagten geltend gemacht, die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin hätte nach dem fiktiven Abschluss ihrer Promotion ab dem 1. Januar 2006 eine feste Vollzeitanstellung auf hohem Niveau mit einem Gehalt in Höhe von BAT IIa auf Dauer erhalten, gehe in keiner Weise auf die Feststellungen des Landgerichts ein, wonach die Hessische Landesregierung zur damaligen Zeit ihr Projekt ‚Sichere Zukunft in Hessen" gestartet habe, zu dem auch Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst gehört hätten; infolgedessen seien insbesondere Zeitverträge nicht verlängert sowie NeueinsteIlungen kaum noch vorgenommen worden. Überdies haben die Beklagten vorgetragen, dass bei Einstellung einer Kraft im höheren Alter höhere Gehälter zu bezahlen seien, so dass sich auch aus diesem Grund angesichts der aufgezeigten Sparmaßnahmen die Chancen der Klägerin bei der Stellensuche verringert hätten.

Die Ausführungen im Berufungsurteil lassen nicht erkennen, dass das Berufungsgericht diese Einwände ausreichend in Erwägung gezogen hat. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht aufgrund eigener Sachkunde die Gegebenheiten des hier in Frage stehenden Arbeitsmarkts zutreffend beurteilen konnte. Seine Feststellung, dass die Akademikerarbeitslosigkeit geringer sei als die Arbeitslosigkeit der Gesamtheit aller Arbeitnehmer, stellt auf die konkreten Gegebenheiten des Streitfalls ebenso wenig ab wie die Feststellung, im Bereich sprachlicher Ausbildung bestehe erheblicher Bedarf, und diesem Bedarf werde - insoweit habe das Landgericht seinen Blick allzu sehr verengt - nicht nur von einigen öffentlichen Instituten begegnet.

Es kann aufgrund der bisherigen beruflichen Entwicklung der Klägerin, die nach Abschluss ihres Studiums eine Stelle als Lehrkraft für besondere Aufgaben erlangt hat und auch in der Vergangenheit immer erwerbstätig war, davon ausgegangen werden, dass es ihr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gelungen wäre, ihrer Qualifikation entsprechende Arbeitsstellen zu finden. Die vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen und seine Erwägungen bilden jedoch keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass die Klägerin mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ab Januar 2006 bis zu ihrem Renteneintritt durchgehend ein monatliches Bruttoeinkommen von 4.550 € erzielt hätte.

6. Das Berufungsurteil kann danach insoweit keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die Schadensschätzung unter Berücksichtigung des entscheidungserheblichen Parteivortrags erneut vornimmt.

Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der erkennende Senat auf Folgendes hin:

a) Mit Recht beanstandet die Revision, dass die Ermittlung des Verdienstausfallschadens, wie sie das Berufungsgericht bisher vorgenommen hat, zu unrichtigen Ergebnissen führen kann.

Dabei kommt es allerdings auf die von der Revision gerügten Fehler des Berufungsgerichts bei der Anwendung der Bruttolohnmethode für den Erwerbsschaden bis zum 31. Dezember 2005 nicht an. Insoweit ist die Revision nicht zugelassen worden. Die Grundsätze, die bei der Anwendung dieser Methode zu beachten sind, insbesondere wenn der Geschädigte in der gesetzlichen Sozialversicherung versichert ist und neben den Schadensersatzleistungen auch Leistungen aus einer Sozialversicherung erhält, sind geklärt (vgl. Senatsurteile vom 24. September 1985 - VI ZR 65/84, VersR 1986, 162, 163; vom 15. November 1994 - VI ZR 194/93, VersR 1995, 104, 105 f.; vom 28. September 1999 - VI ZR 165/98, VersR 2000, 65; vgl. ferner Jahnke, Der Verdienstausfall im Schadensersatzrecht, 3. Aufl., Kap. 3 Rn. 261 ff.; ders., r+s 1996, 205 ff.; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 10. Aufl., Rn. 95 ff.; Langenick, NZV 2009, 257 ff., 318 ff.).

Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass auch bei der Bemessung des Zukunftsschadens, bei dem rechnerisch von einem angemessenen Bruttoeinkommen ausgegangen werden kann, auf die konkreten Verhältnisse des Geschädigten hinsichtlich der Belastung durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge und hinsichtlich der Vorteile, die sich aufgrund von Lohnersatzleistungen der Drittleistungsträger ergeben, abzustellen ist. Eine pauschalisierende Betrachtung führt insbesondere bei abhängig Beschäftigten vielfach zu falschen Ergebnissen (vgl. Langenick, NZV 2009, 318 ff. m.w.N.).

b) Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Beklagten, die Klägerin müsse sich Werbungskosten oder sonstige ersparte berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 10 % ihres hypothetischen Einkommens anrechnen lassen, unberücksichtigt gelassen, weil dieser nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgte; die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hat es abgelehnt. Ob dies, wie die Revision meint, aus Rechtsgründen zu beanstanden ist, kann dahinstehen. Aufgrund der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht ist eine erneute mündliche Verhandlung geboten, aufgrund derer das Vorbringen geprüft werden kann. Bei einer Prüfung in der Sache wird das Berufungsgericht die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze in Betracht zu ziehen haben (vgl. dazu etwa Jahnke, Der Verdienstausfall im Schadensersatzrecht, aaO, Kap. 8 Rn. 16 ff., 33 ff.; Küppersbusch, aaO, Rn. 78 f., jeweils m.w.N.).

c) Für die Mehrbedarfsrente gilt die Beschränkung auf die Lebensarbeitszeit der Klägerin nicht. Insoweit ist darauf abzustellen, wie lange der Mehrbedarf voraussichtlich bestehen wird. ..."

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Trifft ein Schadensereignis ein jüngeres Kind, über dessen berufliche Zukunft aufgrund des eigenen Entwicklungsstands zum Schadenszeitpunkt noch keine zuverlässige Aussage möglich ist, so kann es geboten sein, dass der Tatrichter bei der für die Ermittlung des Erwerbsschadens erforderlichen Prognose auch den Beruf sowie die Vor- und Weiterbildung der Eltern, ihre Qualifikation in der Berufstätigkeit, die beruflichen Pläne für das Kind sowie schulische und berufliche Entwicklungen von Geschwistern berücksichtigt. Ergeben sich aufgrund der tatsächlichen Entwicklung des Kindes zwischen dem Zeitpunkt der Schädigung und dem Zeitpunkt der Schadensermittlung (weitere) Anhaltspunkte für seine Begabungen und Fähigkeiten und die Art der möglichen Erwerbstätigkeit ohne den Schadensfall, ist auch dies bei der Prognose zu berücksichtigen und von einem dem entsprechenden normalen beruflichen Werdegang auszugehen (BGH, Urteil vom 05.10.2010 - VI ZR 186/08 zu ZPO § 287 Abs. 1; BGB § 252).

***

Verstößt der Geschädigte gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht, weil er es unterlässt, einer ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit nachzugehen, sind die erzielbaren (fiktiven) Einkünfte auf den Schaden anzurechnen. Eine quotenmäßige Anspruchskürzung kommt grundsätzlich nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 26.09.2006 - VI ZR 124/05).

Die Frage, ob und in welcher Höhe für einen bestimmten Zeitraum ein Verdienstausfallschaden eingetreten ist, betrifft den Umfang des Unfallschadens, also die Höhe des Anspruchs, und wird deshalb von der Rechtskraft eines vorausgegangenen Feststellungsurteils betreffend die Ersatzpflicht sämtlicher materieller Schäden aus dem Unfallereignis nicht erfaßt (Bestätigung des Senatsurteils VersR 1995, 469 (470); BGH, Urteil vom 28.06.2005 - VI ZR 108/04, VersR 2005, 1159).

Die Verdienstausfallrente ist auf die voraussichtliche Dauer der Erwerbslosigkeit des Verletzten, wie sie sich ohne Unfall ergeben hätte, zu begrenzen. Dabei ist grundsätzlich bei einem nicht selbstständig Tätigen auf den gesetzlich vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand abzustellen; dieser Zeitpunkt ist auch bei Frauen maßgebend (BGH, Urteil vom 05.11.2002 - VI ZR 256/01, r + s 2004, 342).

Zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Ersatz des Erwerbsschadens durch einen Sozialhilfeempfänger (BGH, Urteil vom 10.10.2002 - III ZR 205/01, NJW 2002, 3769).

Das beträchtliche Beschäftigungsrisiko eines ungelernten Arbeiters ist für die Höhe des Erwerbsausfallersatzes nach einem Unfall zu berücksichtigen. Allerdings sind in Zusammenhang mit dem Beschäftigungsrisiko eines ausländischen Arbeiters seine ausländerrechtliche Stellung und die Verdienstmöglichkeiten in seiner Heimat zu würdigen (BGH, Urteil vom 08.11.2001 - IX ZR 404/99, NZV 2002, 268).

Zur Ermittlung des Erwerbsschadens eines selbständigen Unternehmers. Wird der Berechnung des Erwerbsschadens die Bruttolohnmethode zu Grunde gelegt, so müssen, wenn sich der Geschädigte die Einkünfte aus einer anderweitigen Erwerbstätigkeit anrechnen lassen muss, von dem hypothetischen Bruttoverdienst die anderweitig erzielten Bruttobezüge abgezogen werden (BGH, Urteil vom 06.02.2001 - VI ZR 339/99, NJW 2001, 1640).

Zum Einfluss auf den Schadensersatz für Verdienstausfall, wenn der gesetzlich rentenversicherte Geschädigte mit Vollendung des 58. Lebensjahres als anerkannter Schwerbeschädigter schädigungsbedingt Vorruhestandsgeld nach dem Vorruhestandsabkommen für die Versicherungswirtschaft vom 25.9.1991 in Anspruch nimmt (BGH, Urteil vom 07.11.2000 - VI ZR 400/99, NJW 2001, 1274).

Zur Frage, ob bei der Berechnung von Verdienstausfall nach der modifizierten Bruttolohnmethode die Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie Rentenversicherungsbeiträge abzuziehen und inwieweit steuerliche Vorteile zu berücksichtigen sind. (BGH, Urteil vom 28.09.1999 - VI ZR 165/98, NJW 1999, 3711).

An die Darlegungen zur voraussichtlichen beruflichen Fortentwicklung des Geschädigten ohne das Unfallgeschehen dürfen, wenn er sich zur Zeit des Unfalls in wechselnden, auch vorübergehenden, Beschäftigungsverhältnissen oder in Bemühungen um eine Weiterbildung befand, keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. (BGH, Urteil vom 20.04.1999 - VI ZR 65/98, NJW-RR 1999, 1039).

Zur Frage, ob der Geschädigte aus seiner Schadensminderungspflicht gehalten ist, sich ein Kraftfahrzeug anzuschaffen, wenn er einen ihm angebotenen Arbeitsplatz nur bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs unter zumutbaren Bedingungen erreichen kann (BGH, Urteil vom 29.09.1998 - VI ZR 296/97, NJW 1998, 3706).

Zu den Anforderungen an die Darlegung unfallbedingten Verdienstentgangs bei selbständig Tätigen (BGH, Urteil vom 03.03.1998 - VI ZR 385/96, NJW 1998, 1634).

Zu den Anforderungen, die an eine Prognoseentscheidung über die ohne das Schadensereignis nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Entwicklung eines Geschädigten zu stellen sind, der noch am Anfang seiner (neben-) beruflichen Laufbahn stand und daher in dieser noch keine Erfolge aufzuweisen hatte. ZPO § 256 I Feststellungsklage; Verhältnis; Leistungsklage A/80 2. Ein Schadensposten, der zum Gegenstand einer bezifferten Leistungsklage gemacht worden ist, kann grundsätzlich nicht in identischem Umfang Gegenstand eines (hilfsweise gestellten) Feststellungsantrags sein (BGH, Urteil vom 17.02.1998 - VI ZR 342/96, NJW 1998, 1633)

Beruht die vom Geschädigten geltend gemachte Erwerbsunfähigkeit auf einer psychischen Fehlverarbeitung des Schadensereignisses, so kann es der Tatrichter für Dauer und Höhe eines etwa in Betracht kommenden Verdienstausfallschadens berücksichtigen, wenn eine Prognose mit einer für § 287 ZPO ausreichenden Wahrscheinlichkeit ernsthafte Risiken für die Entwicklung der Berufslaufbahn des Geschädigten aufgrund seiner vorgegebenen psychischen Struktur ergibt (BGH, Urteil vom 11.11.1997 - VI ZR 376/96, ZfS 1998, 93).

Hätte ein Geschädigter ohne den Unfall seinen Jahresunterhalt aus den Einkünften einer nur während einzelner Monate ausgeübten Erwerbstätigkeit bestritten, so kann die gesamte ihm wegen seiner unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit im betreffenden Jahr gezahlte Sozialhilfe seinem ersatzfähigen Verdienstausfall zeitlich und sachlich kongruent sein. Die vom Schädiger für die Zukunft zu entrichtende Verdienstausfallrente darf wegen des Subsidiaritätsgrundsatzes in § 2 BSHG nicht von vornherein im Hinblick auf dem Geschädigten für den Fall seiner Mittellosigkeit zustehende Sozialhilfeansprüche gekürzt werden (BGH, Urteil vom 04.03.1997 - VI ZR 243/95, ZfS 1997, 250).

Aufwendungen für Ersatzarbeitskräfte oder den erhöhten Einsatz vorhandenen Personals stellen regelmäßig in voller Höhe einen erstattungsfähigen Erwerbsschaden des verletzten Unternehmers dar, wenn dadurch ein Betriebsergebnis erzielt worden ist, das jedenfalls nicht höher lag, als es ohne das Schadensereignis durch den Unternehmer selbst hätte voraussichtlich erreicht werden können. Ist der Erwerbsschaden eines selbständigen Unternehmers zu ermitteln, so darf im Rahmen der Prognose des ohne das Schadensereignis erzielbaren Gewinns in aller Regel nicht davon ausgegangen werden, daß die Unternehmensergebnisse, wäre der verletzte Unternehmer selbst weiterhin einsatzfähig gewesen, schlechter ausgefallen wären, als sie ohne diesen tatsächlich erreicht worden sind (BGH, Urteil vom 10.12.1996 - VI ZR 268/95, ZfS 1997, 90).

Schadensrechtlich ist im Regelfall davon auszugehen, daß das Weihnachts- und Urlaubsgeld - unabhängig von der arbeitrechtlichen Beurteilung - auch ein Entgelt für geleistete Arbeit darstellt. Der Verletzte erleidet daher im Falle unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit einen erstattungspflichtigen Schaden. Freistellungstage sind schadensrechtlich wie Urlaubstage zu behandeln. Bei der Berechnung der Verdienstausfallbeträge muß das jährliche Weihnachts- und Urlaubsgeld auf die Jahrestage unter Abzug der Urlaubs- und Freistellungstage verteilt werden (BGH, Urteil vom 07.05.1996 - VI ZR 102/95, MDR 1996, 911).

Ein Verstoß des Geschädigten gegen die Verpflichtung, seine Verpflichtung, seine verbliebene Arbeitskraft gewinnbringend einzusetzen, kann nur dann angenommen werden, wenn er zur Verwertung der Arbeitskraft in der Lage ist (BGH, Urteil vom 05.12.1995 - VI ZR 398/94, MDR 1996, 695).

Die Vollendung des 65. Lebensjahres als Zeitpunkt für die Begrenzung der Verdienstausfallrente eines nicht selbständig Tätigen ist auch bei Frauen maßgebend. Das gilt auch für Bewohnerinnen der ehemaligen DDR, soweit deren Altersrente erst nach dem 31.12.1996 beginnt (BGH, Urteil vom 26.09.1995 - VI ZR 245/94, NJW 1995, 3313).

Das voraussichtliche Ende der Erwerbstätigkeit ist bei nicht selbständig Tätigen mit der Vollendung des 65. Lebensjahres anzunehmen. Auf diesen Zeitpunkt muß eine Verdienstausfallrente im Urteilstenor begrenzt werden (BGH, Entscheidung vom 27.06.1995 - VI ZR 165/94, NJW-RR 1995, 1272).

Zur Feststellung eines Verdienstausfallschadens bei wechselhaftem beruflichen Werdegang des Verletzten vor dem Unfall (BGH, Entscheidung vom 24.01.1995 - VI ZR 354/93, NJW 1995, 2227).

Bei der Ermittlung eines nach §§ 842, 843 BGB zu ersetzenden Erwerbsschadens darf auch unter Berücksichtigung der Beweiserleichterungen nach § 252 S. 2 BGB, § 287 I ZPO einem Verletzten, dessen Arbeitskraft im arbeitsfähigen Alter unfallbedingt beeinträchtigt worden ist, nicht ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, wie sich seine Erwerbstätigkeit ohne das Unfallereignis voraussichtlich entwickelt hätte, pauschal ein abstrakt geschätzter ‚Mindestschaden' zugesprochen werden. An die Darlegung der erforderlichen konkreten Anhaltspunkte für die Ermittlung des Erwerbsschadens dürfen bei einem Verletzten, der im Unfallzeitpunkt nicht in einem festen Arbeitsverhältnis stand und in besonderem Maße mit der Schwierigkeit belastet ist, eine verläßliche Prognose für die Fortentwicklung seines zur Zeit des Schadensereignisses noch wenig strukturierten Erwerbslebens zu ermöglichen, keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (BGH, Entscheidung vom 17.01.1995 - VI ZR 62/94, NJW 1995, 1023).

Der Ermittlung des entschädigungspflichtigen Verdienstausfallschadens eines sozialversicherten Arbeitnehmers können sowohl die entgangenen Brutto- als auch die entgangenen Nettobezüge des Geschädigten zugrunde gelegt werden. Die im Fall einer nur quotenmäßigen Haftung des Schädigers zwischen beiden Berechnungswegen auftretende steuerliche Progressionsdifferenz ist dem Schädiger gutzubringen (BGH, Entscheidung vom 15.11.1994 - VI ZR 194/93, MDR 1995, 155).

Die Steuervergünstigung des § 34 II Nr. 2 EStG für den Schadensausgleich von Verdienstausfall ist kein zugunsten des Schädigers zu berücksichtigender Vorteil; das galt auch dann, wenn der Geschädigte wegen der Höhe seiner übrigen Einkünfte ohnehin der Höchstbesteuerung unterliegt, so daß die Zusammenballung von laufenden Einkünften und Entschädigungsleistungen ausnahmsweise keine zusätzliche Progressionswirkung auslöst (Fortentwicklung von NJW 1980, 1877 = LM § 249 BGB Nr. 27 = VersR 1980, 529; BGH, Entscheidung vom 22.03.1994 - VI ZR 163/93, NJW 1994, 2084).

Dem Anspruch einer in mehreren Privathaushalten als Putzhilfe beschäftigten Verletzten auf Ersatz ihres unfallbedingten Verdienstausfalls kann der Schädiger nicht entgegenhalten, daß ihre einzelnen, i. S. von § 8 I SGB IV ‚geringfügigen' Beschäftigungen, die zusammen aber die Grenze der ‚Geringfügigkeit' überschreiten und daher sozialversicherungspflichtig sind, der Einzugsstelle nicht gemeldet worden sind (BGH, Entscheidung vom 11.01.1994 - VI ZR 143/93, NJW 1994, 851).

Übt ein Verletzter, der infolge eines Schadensereignisses vor dem 1.7.1983 erwerbsunfähig geworden ist, eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit aus, zu deren Aufnahme es unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht verpflichtet war, so hat der Schädiger dem Verletzten die auf die erzielten Einkünfte abgeführten Pflichtversicherungsbeiträge zur Rentenversicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) als Teile des Verdienstausfallschadens zu ersetzen (BGH, Entscheidung vom 19.10.1993 - VI ZR 56/93, NJW 1994, 131).

Bei einem Erwerbsschaden wegen geminderter Arbeitsfähigkeit darf der Verletzte die Einnahmen aus einer ersatzweise aufgenommenen Tätigkeit nicht vorrangig auf die Quote seines Erwerbsschadens anrechnen, die nicht von der Haftung des Schädigers gedeckt ist. Erzielt ein Verletzter, der unfallbedingt seine bisherige Berufstätigkeit nicht mehr ausüben kann, dessen Arbeitsfähigkeit aber nicht aufgehoben, sondern nur gemindert ist, Einnahmen aus einer ersatzweise aufgenommenen Erwerbstätigkeit, so stellt die aus einem Vergleich des früheren mit dem jetzigen Einkommen des Verletzten ermittelte Einkommensdifferenz den Erwerbsschaden dar, den der Schädiger entsprechend der Höhe seiner Haftungsquote zu ersetzen hat (BGH, Entscheidung vom 28.04.1992 - VI ZR 360/91, NJW-RR 1992, 1050)

Zum Erwerbsschaden des verletzten Inhabers eines Geschäfts wegen der Einstellung von Hilfskräften (BGH, Entscheidung vom 31.03.1992 - VI ZR 143/91, VersR 1992, 973).

Hat die bei einem Verkehrsunfall erlittene Verletzung zu einer Verlängerung der Schulausbildung geführt, handelt es sich bei den hierfür aufzubringenden Kosten nicht um ‚vermehrte Bedürfnisse' i. S. § 843 I BGB. In Betracht kommt allenfalls ein Schadensersatzanspruch wegen Verdienstausfalls (BGH, Entscheidung vom 11.02.1992 - VI ZR 103/91, VersR 1992, 1235).

Zur Berücksichtigung einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf den Verdienstausfallschaden eines Beamten (BGH, Entscheidung vom 28.05.1991 - VI ZR 250/90, NJW-RR 1991, 1177).

Ein unfallbedingter Erwerbsschaden ist nicht stets schon von dem Zeitpunkt ab zu verneinen, zu dem der Verletzte gesundheitlich voll wiederhergestellt ist. Schadensersatz wegen Verdienstausfalles kann vielmehr auch nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit gewährt werden, wenn die Erwerbslosigkeit ihre Ursache weiterhin in dem Unfall findet (BGH, Entscheidung vom 02.04.1991 - VI ZR 179/90, NJW 1991, 2422).

Verdienstausfall oder der Ausfall im Haushalt der Angehörigen ist nur zu ersetzen, wenn der Ausfall nicht durch Vor- oder Nacharbeit aufgefangen werden kann. Darüber hinausgehende Fortkommensnachteile sind nicht erstattungsfähig (Eingrenzung von BGHZ 106, 28 = NJW 1989, 766; NJW 1990, 1037; Entscheidung vom 19.02.1991 - VI ZR 171/90, VersR 1991, 559).

Auf den Ersatz seines Verdienstausfallschadens muß sich der Geschädigte, dem sein Arbeitgeber wegen der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit gekündigt hat, eine im Kündigungsschutzprozess vereinbarte Abfindung grundsätzlich nicht anrechnen lassen (BGH, Entscheidung vom 16.01.1990 - VI ZR 170/89, NJW 1990, 1360).

*** (OLG)

Zur Pflicht des Unfallgeschädigten, seine verbliebene Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen. Den Unfallgeschädigten trifft ein weitgehendes Mitverschulden am Entstehen des Verdienstausfallschadens, wenn er nach unfallbedingt notwendig gewordener und absolvierter Umschulung entgegen seiner Erwerbsobliegenheit nicht alles Zumutbare unternimmt, um einen seinen Bedürfnissen angepassten Arbeitsplatz in zumutbarer Entfernung zu finden (OLG Schleswig, Urteil vom 09.01.2014 - 7 U 83/13):

„... Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz seines Verdienstausfallschadens für den in Rede stehenden Zeitraum - April 2009 bis Mai 2011 - nicht zu, denn ihn trifft ein weitgehendes Mitverschulden am Entstehen dieses Schadens. Zutreffend hat die Beklagte für diesen Zeitraum die geltend gemachten Ansprüche teilweise bzw. vollständig unreguliert gelassen.

Aufgrund der erstinstanzlich eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. A (Unfallchirurgie) und Prof. Dr. B (Psychiatrie) steht fest, dass der Kläger in der Lage ist, in seinem Beruf als Bürokaufmann vollschichtig zu arbeiten, wobei ihm allerdings die Möglichkeit zur Entlastung seines geschädigten Knies gegeben sein muss. Der Arbeitsplatz muss die Möglichkeit bieten, zwischen Sitzen, Gehen und Stehen zu wechseln. Die vollschichtige Arbeitsfähigkeit besteht trotz einer psychiatrisch attestierten leicht unfallbedingten Anpassungsstörung sowie einer MdE, die der Gutachter Dr. A mit 30% eingeschätzt hat. Diese Feststellungen sind zweitinstanzlich unangegriffen.

Ist der Kläger mithin - wenn auch mit den genannten Einschränkungen - vollschichtig arbeitsfähig, ist er in diesem Rahmen verpflichtet, seine Arbeitskraft zur Minderung des Erwerbsschadens zu verwenden (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 254 Rn. 39 m. w. N.).

Die Beklagte hat dem Kläger, nachdem er unfallbedingt nicht mehr in der Lage war, seinen erlernten Beruf als Elektroinstallateur auszuüben, mit der Umschulung die Möglichkeit eröffnet, seine verbliebene Arbeitskraft einzusetzen. Der Kläger seinerseits war gehalten, alles Zumutbare zu unternehmen, um einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden, mithin seine verbliebene Arbeitskraft zu verwerten und gewinnbringend einzusetzen. Dafür, dass er Entsprechendes unternommen ist, ist der Geschädigte im Streitfalle darlegungs- und ggf. beweisbelastet. Hingegen ist es nicht Aufgabe des Schädigers - bzw. des Haftpflichtversicherers - dem Geschädigten einen auf seine Bedürfnisse zugeschnittenen Arbeitsplatz nachzuweisen.

Soweit vorgetragen und ersichtlich, gab es im Zeitraum von 2005 bis April 2009 aber konkret nur das eine Vorstellungsgespräch vom 04.02.2008; darüber hinaus will sich der Kläger - wofür allerdings jegliche Nachweise fehlen - im Zeitraum von Ende 2007 bis einschließlich Januar 2008 rund 20 Mal beworben haben, davon ‚mehr als 10 Mal' schriftlich.

Ein derartiges Bewerbungsverhalten - die Richtigkeit des Vorbringens des Klägers unterstellt - genügt den Anforderungen, die an die Schadensminderungspflicht des Klägers zu stellen sind, nicht; vielmehr wäre der Kläger gehalten gewesen, sich permanent und unter Ausnutzung zumindest der Stellenanzeigen in der örtlichen Presse im Raum … um Stellen als Bürokaufmann zu bewerben. Dies hat er ganz offensichtlich nicht getan; auch auf Nachfrage des Senats im Rahmen der mündlichen Verhandlung hin konnte der Kläger nichts Näheres zu seinen Bemühungen um einen Arbeitsplatz als Bürokaufmann vortragen.

Mit seiner geringfügigen Tätigkeit beim Kreisjugendring mit Einkünften von allenfalls 300 € pro Monat genügt der Kläger seiner Schadensminderungspflicht jedenfalls nicht.

Einzig, wenn es einen seinen Bedürfnissen angepassten Arbeitsplatz (in zumutbarer Entfernung) überhaupt nicht gäbe oder der Kläger aufgrund seiner unfallbedingten Einschränkungen gänzlich unvermittelbar wäre (vgl. BGH VI ZR 291/89, Urteil vom 09.10.1990), läge kein Verstoß des Klägers gegen seine Erwerbsobliegenheit vor.

Indes steht weder das eine noch das andere fest.

Dass es für Bürokaufleute keinen Arbeitsplatz geben sollte, in dem zwischen sitzender, stehender und gehender Tätigkeit gewechselt werden kann, ist ausgeschlossen. Es entspricht heutigem Bürostandard - der sogar schon in Gerichten Einzug gehalten hat -, dass beispielsweise Schreibtische ohne weiteres höhenverstellbar sind, so dass an ihnen sowohl sitzend als auch stehend gearbeitet werden kann. Dabei kann selbstverständlich auch phasenweise gegangen werden, und sei es in Büroräumen selber. Bescheinigungen der Bundesagentur für Arbeit darüber, dass der Kläger aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen gänzlich unvermittelbar wäre, gibt es ebenfalls nicht. Der sozialmedizinische Dienst der Bundesagentur für Arbeit hat unter dem 17.03.2010 (Anlage K7) lediglich bestätigt, dass der Kläger für einen Zeitraum von sechs Monaten vollständig arbeitsunfähig - und damit wohl auch vermittlungsunfähig - war. Dies reicht indes nicht aus, um seinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht auszuräumen, denn diese setzte bereits unmittelbar nach Abschluss seiner Umschulung zum Bürokaufmann ein. ..."

*** (LG)

Prognosegrundsätze bei Verdienstausfallschaden eines neunjährigen Mädchens (LG Münster, Urteil vom 10.06.2011 - 16 O 280/10):

„... Die Parteien streiten über einen Verdienstausfall bzw. -erwerbsschaden der zum Unfallzeitpunkt 9-jährigen Klägerin für den Zeitraum 01.08.2008 bis 30.06.2010. Sie streiten insbesondere darüber, ob die Klägerin ohne den Unfall in dieser Zeit eine Ausbildung gemacht oder das Gymnasium besucht hätte.

Am 07.10.2001 um 18:28 Uhr wurde die am 27.08.1992 geborene und damals 9 Jahre alte Klägerin in I von dem von dem Beklagten zu 1) geführten PKW T2, amtliches Kennzeichen ..., der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war, frontal erfasst und durch die Luft geschleudert, wodurch sie sich schwerste Verletzungen zuzog. Die volle Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig. Ebenso unstreitig ist es, dass die Klägerin infolge des Unfalls auf Lebenszeit erwerbsunfähig ist und bleiben wird.

Die am 27. August geborene Klägerin wurde am 10.08.1998 mit knapp 6 Jahren eingeschult. Gemessen am damaligen Einschulungsstichtag wurde die Klägerin vorzeitig eingeschult; wäre sie 17 Tage früher geboren worden, hätte es sich um eine reguläre Einschulung gehandelt. Zum Unfallzeitpunkt besuchte sie die 4. Klasse der R, der katholischen Grundschule in ihrem Wohnort. Ausweislich ihrer Zeugnisse der Klassen 1 bis 3 (Bl. 74 ff d.A.) war sie stets eine (sehr) gute Schülerin und hatte ausschließlich die Schulnoten "gut" und "sehr gut". Sie zeigte in allen Lernbereichen starke Leistungen, welche die Anforderungen häufig weit übertrafen und nahm bereits seit dem 2. Schuljahr gemeinsam mit ihrer Schwester in ihrer Freizeit an einem spielerischen Englischkurs für Kinder teil. Ihre Klassenlehrerin attestierte nach dem Unfall, dass zu erwarten war, dass die Klägerin den Anforderungen des Gymnasiums gerecht geworden wäre (Anlage K 1, Bl. 13 d.A.). Zum Zeitpunkt des Unfalls hatten die Klägerin und ihre Eltern noch keine Entscheidung getroffen, welche weiterführende Schule die Klägerin besuchen sollte.

In einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 02.08.2002 (Anlage B1, Bl. 39 f) ist unter Ziffer 2.2 u.a. festgehalten "S sei bis zu ihrem Unfall ein gesundes und normal entwickeltes Kind gewesen. In diesem Sommer sei ihre Einschulung auf dem Gymnasium vorgesehen gewesen." Ein ärztlicher Bericht der Klinik I2, Klinik für Neurologische Rehabilitation vom 22.07.2002 (Anlage B 2, Bl. 42 ff) hält u.a. fest "Bereits im Kindergartenalter brachte sich S selbständig das Lesen bei und konnte ihren Altersgenossen zusammenhängend vorlesen. Darum erfolgte die Einschulung in das 1.Schuljahr im Alter von knapp 6 Jahren. S zählte bis zum Unfallereignis immer zu den Klassenbesten." Nach einem Regulierungsgespräch des Vaters der Klägerin mit der Zeugin X als Sachbearbeiterin der Beklagten zu 2) am 27.10.2003 notierte die Zeugin X in einem internen Regulierungsbericht nur für die Beklagte zu 2) (Anlage zum Protokoll vom 20.05.2011), dass der Vater der Klägerin geäußert habe, die gesamte Familie der Klägerin bestehe aus Akademikern, er sei der einzige Nicht-Akademiker. Dass der Vater sich tatsächlich so geäußert haben könnte, stellt die Klägerin nicht in Abrede.

Die einzige Schwester der Klägerin (K), geboren am 20.01.1994, erreichte in ihrem Zeugnis der 4.Klasse, 2.Halbjahr in 8 Fächern die Note gut und in einem Fach die Note befriedigend (Anlage K 10, Bl. 58 d.A.). Sie besuchte ausweislich ihrer Zeugnisse die Städtische Realschule I (Anlage K 2, Bl. 14 ff d.A.).

Der am 31.05.1962 geborene Vater der Klägerin absolvierte ausweislich seines Abschlusszeugnisses der Technikerschule T vom 18.09.1992 die zweijährige Fachschule Maschinentechnik und erlangte im Alter von 30 Jahren die Berufsbezeichnung "Staatlich geprüfter Techniker - Fachrichtung Maschinentechnik".

Mit Schreiben vom 29.10.2009 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zu 2) unter Fristsetzung bis zum 12.11.2009 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 10.350,00 € für den Zeitraum bis einschließlich Oktober 2009 auf. Die Beklagte zu 2) lehnte mit Schreiben vom 04.11.2009 (Anlage K 6, Bl. 23 d.A.) die Zahlung eines Verdienstausfallschadens ab mit dem Hinweis man werde sich mit einem Erwerbsschaden frühestens mit dem Zeitpunkt des gedachten Abschlusses des Gymnasiums befassen.

Die Klägerin behauptet, ohne den Unfall hätte sie wie ihre Schwester die Realschule besucht und im Sommer 2008 ihre Fachoberschulreife erworben. Ab dem 01.08.2008 hätte sie eine Ausbildung zur Industriekauffrau begonnen und bis 30.06.2010 durchgeführt. Dem stünden nicht die Prognose ihrer Klassenlehrerin oder Äußerungen ihrer Eltern entgegen, weil diese naturgemäß nach dem schlimmen Unfall sehr positiv gefärbt gewesen seien.

Dass sie diese Ausbildung habe aufnehmen wollen, habe sie im Jahr des Unfalls geäußert, als sie ihren Vater anlässlich des Tags der offenen Tür aus Anlass des 100jähren Bestehens der Stadtwerke N an seinem Arbeitsplatz besucht habe. Sämtliche Familienmitglieder seien keine Akademiker: ihr Vater habe die F in S2 besucht und mit der mittleren Reife abgeschlossen und im Alter von 16 Jahren (am 01.08.1978) eine Ausbildung zur Gas- und Wasserinstallateur bei der Firma C in S2 aufgenommen, die er am 21.01.1982 beendet habe. Danach sei er als Geselle übernommen worden und habe sich anschließend für 8 Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet. Um bereits nach 7 Jahren ausscheiden zu können habe er sich im Alter von 28 bis 30 Jahren im Rahmen des Berufsförderungsdienstes der Bundeswehr zur Eingliederung in das Zivilleben weiterqualifiziert. Er arbeite heute bei den Stadtwerken N. Ihre Mutter habe die S3 in J mit der mittleren Reife verlassen und habe in der S2 Eisenhandlung GmbH eine Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau absolviert, in der sie bis zur Geburt der Klägerin gearbeitet habe. Zum Unfallzeitpunkt habe sie halbtags als Verkäuferin gearbeitet. Die Schwester der Klägerin habe zunächst die Realschule und anschließend für die Wartezeit bis zum Beginn ihrer beabsichtigten Ausbildung zur MTA das Gymnasium besucht. Ihre Großeltern väterlicherseits seien Isolierer bzw. Näherin gewesen; ihre Großeltern mütterlicherseits Schlosser bzw. Hauswirtschafterin. Ihre Tante C2 habe kein Abitur und sei Fotografiererin. Ihre Tante T2 habe eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin gemacht, erst im Alter von 25 Jahren ihr Abitur nachgeholt und im Alter von 38 bis 43 Jahren ein Studium der Psychologie absolviert. Ihr Onkel I3 sei Schlosser. Ihre Tante G habe Bürokauffrau gelernt. Lediglich die angeheirateten Ehemänner ihrer Tanten G und T2 seien Akademiker.

Die Klägerin behauptet, als Industriekauffrau hätte sie einen Verdienst von 690,00 € monatlich brutto erzielt, so dass sich für den streitgegenständlichen Zeitraum die Klageforderung von 15.180,00 € ergibt. Sie ist der Ansicht, einen Anspruch auf den Bruttolohn zu haben, weil sie nicht wisse, inwieweit sie Rentenanwartschaften erwerbe; hilfsweise macht sie einen Nettolohn von 550,44 €, abzüglich des Vorteilsausgleichs für berufsbedingte Aufwendungen also 504,77 € monatlich geltend. Zur Bezifferung des Gehaltes nimmt sie Bezug auf den Tarifvertrag der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und Ausdrucke von Internetrecherchen auf der Homepage der Hans-Böckler-Stiftung (Anlage zum Schriftsatz vom 23.12.2010, Bl.98 d.A.). ...

Sie bestreiten, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum eine Ausbildung gemacht und Einkommen erzielt hätte und behaupten, die Klägerin hätte ohne den Unfall mit absolut überwiegender Wahrscheinlichkeit bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Gymnasium besucht und erst 2011 mit dem Abitur verlassen. Sie beziehen sich insoweit auf die guten Noten der Klägerin in der gesamten Grundschulzeit und auf die Äußerungen der Eltern sowie der Klassenlehrerin nach dem Unfall. Die Beklagten sind (hilfsweise) der Meinung, dass die Klägerin allenfalls einen Nettoverdienst beanspruchen könne und sich zudem 10% berufsbedingte Aufwendungen vom Nettoverdienst anrechnen lassen müsse. ...

Das Gericht hat den Vater der Klägerin persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen X und I3. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung Bezug genommen. Darüber hinaus hat das Gericht eine Auskunft der IHK Nord Westfalen vom 07.12.2010 über die Höhe eines Ausbildungsgehaltes eingeholt, auf die ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 94 d.A.). ...

1. Nach der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin ohne den Unfall im streitgegenständlichen Zeitraum eine Ausbildung zur Industriekauffrau absolviert hätte.

Die Prognose der schulischen Entwicklung der Klägerin in deren familiären Umfeld ohne das Schadensereignis lässt es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen, dass sie nach der Grundschule die Realschule besucht und jedenfalls im Alter von 16 Jahren - wie ihre Schwester, Eltern und Tanten - eine nichtakademische Ausbildung aufgenommen hätte.

Die Klägerin hat soweit wie möglich konkrete Anhaltspunkte für die erforderliche Prognose dargelegt.

An die Prognose dürfen nach ständiger Rechtsprechung des BGH keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (vgl. Urteil des BGH vom 05.10.2010 VI ZR 186/08 m.w.N.), insbesondere dann, wenn das haftungsauslösende Ereignis den Geschädigten zu einem Zeitpunkt getroffen hat, als er noch in der Ausbildung oder am Anfang seiner beruflichen Entwicklung stand und deshalb noch keine Erfolge in der von ihm angestrebten Tätigkeit nachweisen konnte (BGH a.a.O.). Trifft das Schadensereignis ein jüngeres Kind, über dessen berufliche Zukunft aufgrund des eigenen Entwicklungsstands zum Schadenszeitpunkt noch keine zuverlässige Aussage möglich ist, darf es dem Geschädigten nicht zum Nachteil gereichen, dass die Beurteilung des hypothetischen Verlaufs mit nicht zu beseitigenden erheblichen Unsicherheiten behaftet ist. Denn es liegt in der Verantwortlichkeit des Schädigers, dass der Geschädigte in einem sehr frühen Zeitpunkt seiner Entwicklung aus der Bahn geworfen wurde und dass sich daraus die besondere Schwierigkeit ergibt, eine Prognose über deren Verlauf anzustellen. Daher darf sich das Gericht in derartigen Fällen seiner Aufgabe, auf der Grundlage von § 252 BGB und § 287 ZPO eine Schadensermittlung vorzunehmen, nicht vorschnell unter Hinweis auf die Unsicherheit möglicher Prognosen entziehen (BGH a.a.O.). Zutreffend werden deshalb in solchen Fällen auch der Beruf, die Vor- und Weiterbildung der Eltern, ihre Qualifikation in der Berufstätigkeit, die beruflichen Pläne für das Kind sowie schulische und berufliche Entwicklungen von Geschwistern herangezogen (BGH a.a.O.). Ergeben sich keine Anhaltspunkte, die überwiegend für einen Erfolg oder einen Misserfolg sprechen, dann liegt es nahe, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge von einem voraussichtlich durchschnittlichen Erfolg des Geschädigten in seiner Tätigkeit auszugehen und auf dieser Grundlage die weitere Prognose der entgangenen Einnahmen anzustellen und den Schaden gemäß § 287 ZPO zu schätzen; verbleibenden Risiken kann durch gewisse Abschläge Rechnung getragen werden (BGH a.a.O.).

Vorliegend ist es unstreitig, dass die Klägerin bis zum Unfall stets eine (sehr) gute Schülerin war, die in allen Fächern und Lernbereichen (sehr) starke Leistungen erbrachte, welche die Anforderungen häufig weit übertrafen. Unstreitig ist weiter, dass die Klassenlehrerin nach dem Unfall prognostizierte, dass die Klägerin den Anforderungen des Gymnasiums gewachsen gewesen wäre. Angesichts der bisherigen individuellen Leistungen der Klägerin geht das Gericht davon aus, dass sie in der Lage gewesen wäre, nach der Grundschule auf die Realschule oder sogar das Gymnasium zu wechseln und jedenfalls die Fachoberschulreife zu erwerben. Ungewiss und streitgegenständlich ist allerdings, ob sie nach der 10.Klasse die Oberstufe besucht und das Abitur gemacht hätte.

Das Gericht geht gemeinsam mit beiden Parteien davon aus, dass die Eltern der Klägerin stets das Beste für die Klägerin wollten und dies bereits durch außerschulisches Engagement hinsichtlich eines frühen freiwilligen Englischkurses gezeigt haben. Es ist auch allgemein bekannt, dass heutzutage mehr Eltern versuchen, ihren Kindern eine gymnasiale Schulbildung angedeihen zu lassen, als dies früher - in der Generation der Eltern und Großeltern der Klägerin - der Fall war. Gleichwohl neigen viele Eltern dazu, für ihre Kinder dieselbe Schulform zu bevorzugen, die sie selbst besucht haben. Zuweilen bestehen bei nicht akademisch gebildeten Eltern Hemmnisse, ihre Kinder auf das Gymnasium zu schicken und das Abitur anstelle einer Ausbildung anstreben zu lassen. Auch erwerben längst nicht alle auf dem Gymnasium eingeschulten Kinder dort erfolgreich ihr Abitur. Letztlich erlauben diese allgemeinen Erwägungen vorliegend keinen Rückschluss auf die Prognose für die Klägerin. Entscheidend ist neben den individuellen Fähigkeiten der Klägerin vielmehr ihr konkretes familiäres Umfeld, das durchgehend von Nichtakademikern geprägt ist. Davon ist das Gericht nach der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Onkels der Klägerin überzeugt. Danach sind lediglich die beiden angeheirateten Onkel G2 und T3 und die Tante T2 Akademiker, wobei letztere zunächst eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin absolvierte und erst im Alter von 25 Jahren ihr Abitur nachholte und ein Studium aufnahm. Selbst von den Cousins/Cousinen der Klägerin waren die Abiturienten bzw. Studenten in der Minderheit, obwohl diese zumindest teilweise Elternteile mit akademischer Bildung haben. Ein weiteres Indiz für die Prognose sieht das Gericht im Werdegang der ca. 1 ½ Jahre jüngeren Schwester der Klägerin. Auch diese hatte in der Grundschule gute Noten und war eine gute Schülerin. Ihr Abschlusszeugnis der Grundschule lässt vermuten, dass es auch ihr möglich gewesen wäre, das Gymnasium zu besuchen. Dennoch haben ihre Eltern entschieden, sie - wie sie selbst damals auch - zur Realschule gehen zu lassen. Dafür, dass dies durch den Unfall der Klägerin und die damit verbundene schwierige familiäre Situation bedingt gewesen sein soll - wie die Beklagten vermuten - sieht das Gericht keine Anhaltspunkte. Die Eltern der Klägerin haben konkret dargelegt, dass die Schwester der Klägerin eine Ausbildung zur MTA anstrebt und nur zur Überbrückung der Wartezeit die Sekundarstufe II besucht. Wenn sowohl die Eltern eine Ausbildung absolviert haben als auch die schulisch gute Schwester der Klägerin eine Ausbildung anstrebt, so liegt es nahe, dass auch die Klägerin eine Ausbildung begonnen hätte.

Ein weiteres maßgebliches Indiz für die Prognose ist der von der Klägerin im Jahr des Unfalls geäußerte Wunsch, einen ähnlichen Beruf wie der Vater zu ergreifen. Die Schilderung anlässlich eines Tages der offenen Tür zum 100-jährigen Bestehen der Stadtwerke N erscheint dem Gericht recht plastisch und durchaus nicht ungewöhnlich für ein 8-jähriges Mädchen. Das Gericht ist sich auch der Tatsache bewusst, dass in diesem Alter geäußerte Berufswünsche durchaus wandelbar sind. Da aber Mutter, Vater und eine Tante ähnliche Berufe im Büro ausüben oder zumindest gelernt haben, erscheint die Ergreifung des weitverbreiteten Berufs der Industriekauffrau nicht abwegig.

Letztlich haben die Eltern der Klägerin prognostiziert, dass diese im Alter von 16 Jahren eine Ausbildung zur Industriekauffrau begonnen hätte. Von allen am Verfahren beteiligten Personen kennen und kannten sie die Klägerin am besten. Die Angaben des Vaters in seiner persönlichen Anhörung erscheinen dem Gericht glaubhaft. Angesichts der von ihm plastisch geschilderten Äußerung der damals 8-jährigen Klägerin auf dem Tag der offenen Tür "Papa, das möchte ich auch einmal machen." erscheint die Prognose der Eltern auch nicht aus der Luft gegriffen - insbesondere vor dem Hintergrund, dass sowohl Eltern als auch Schwester und die verwandten Onkel und Tanten nach der mittleren Reife eine Ausbildung begonnen haben.

Nach alledem sieht das Gericht ausreichende Indizien für die gestellte Prognose.

2. Die Klägerin hat einen Verdienstausfallschaden in Höhe des Nettogehaltes einer Auszubildenden zur Industriekauffrau abzgl. 10 % berufsbedingter Aufwendungen erlitten. Das um die ersparten Aufwendungen geminderte Einkommen schätzt das Gericht auf monatlich 495,40 €, so dass sich für die streitgegenständlichen 23 Monate der tenorierte Betrag von 11.394,20 € ergibt.

a) Ersatzfähig ist lediglich der Nettolohn abzüglich einer Pauschale von 10 % für berufsbedingte Aufwendungen.

Soweit die Klägerin vorrangig den Bruttolohn begehrt, weil sie nicht wisse, inwieweit sie Rentenanwartschaften erwerbe, so hat sie einen von ihr für möglich gehaltenen Rentenschaden nicht dargetan. Die Ersatzfähigkeit und Berechnung eines Rentenverkürzungsschadens richtet sich auch nicht nach den für den Erwerbsschaden geltenden Maßstäben. Selbst wenn die Klägerin aktivlegitimiert sein sollte (vgl. §§ 119, 120 Abs. 1 SGB X), so könnte sie die Beiträge zur Sozialversicherung nicht zur freien Verfügung beanspruchen, um sie außerhalb der Sozial- und Arbeitslosenversicherung in einer privaten Versicherung oder für eine andere Art der Vermögensbildung anzulegen, da solche private Vorsorge mit dem System der Sozialvorsorge für Pflichtversicherte nicht vergleichbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.1983, VI ZR 126/81). Ersatz für Aufwendungen zu Vorsorgemaßnahmen, durch die solcher Schaden schon jetzt aufgefangen werden könnte, steht ihr zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu (vgl. BGH a.a.O.).

b) Die konkrete Höhe des Netto-Gehaltes einer Auszubildenden zur Industriekauffrau schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO anhand der Auskunft der IHK vom 07.12.2010 (Bl. 94 d.A.), des Tarifvertrags der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (Bl. 98 d.A.) und den Internetrecherchen auf der Homepage der Hans-Böckler-Stiftung (vgl. Ausdrucke Bl. 100 ff d.A.), jeweils bezogen auf NRW. Danach kommt es nicht nur auf den Ausbildungsberuf der Industriekauffrau, sondern vor allem auf die Branche an.

Die geringste Vergütung, die die IHK im Jahr 2008 für den Fall des Nichtvorliegens eines Tarifvertrags akzeptierte lag für das 1. Ausbildungsjahr bei 428,- € brutto und für das 2.Ausbildungsjahr bei 473,- € brutto.

Das im Internet frei zugängliche Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung sieht ab 2010 z.B. für die Branche des Groß- und Einzelhandels für das 1. Ausbildungsjahr 690,- € brutto und für das 2.Ausbildungsjahr bei 762,- € brutto vor; für die Branche der Energiewirtschaft 653 € bzw. 754 €, für die Versicherungsbranche 778 bzw. 853 € und für den Öffentlichen Dienst in Bund und Gemeinden 696 € bzw. 745 € vor. Der danach durchschnittliche Lohn beträgt im 1. Ausbildungsjahr ca. 704 € und im 2. Ausbildungsjahr ca.778 €, mithin insgesamt ca.741 €.

Der Tarifvertrag der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände sieht ab Januar 2010 für das 1. Ausbildungsjahr 695,59 € brutto und für das 2.Ausbildungsjahr bei 774,98 € brutto vor.

Unter Berücksichtigung dieser Schätzgrundlagen hält das Gericht ein durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen der Klägerin für ihre beiden ersten Ausbildungsjahre in Höhe der von ihr angegebenen 690,- € für realistisch. Ihr Vater arbeitet bei den Stadtwerken N; sie war eine gute Schülerin, die eine ordentliche mittlere Reife erwarten ließ, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie eine Ausbildungsvergütung in tarifvertraglicher Höhe erzielt hätte. Auch insoweit geht das Gericht von einem durchschnittlichen Werdegang aus, so dass nicht die Minimaltarife der IHK, sondern eine im Durchschnitt liegende Ausbildungsvergütung zu erwarten war.

Ein Bruttolohn in Höhe von 690,- € entspricht nach Abzug des Beitrags für die gesetzliche Krankenkasse in Höhe von damals 54,51 €, für die Pflegeversicherung von 6,73 €, für die Arbeitslosenversicherung von 9,66 € einem Nettolohn in Höhe von 550,44 € (vgl. Berechnung Anlage K 11, Bl. 59 d.A.). Nach Abzug pauschaler berufsbedingter Aufwendungen in Höhe von 10 % (= 55,04 €) hätte die Klägerin 495,40 € erzielt. Für die streitgegenständliche Zeit vom 01.08.2008 bis 30.06.2010, also (5 Monate in 2008, 12 Monate in 2009 und 6 Monate in 2010) 23 Monate, ergeben sich 11.394,20 €.

3. Zinsen auf den tenorierten Betrag stehen der Klägerin erst ab Rechtshängigkeit zu. Zwar forderte sie die Beklagte zu 2) bereits mit außergerichtlichem Schreiben vom 29.10.2009 unter Fristsetzung bis zum 12.11.2009 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 10.350,00 € für den Zeitraum bis einschließlich Oktober 2009 auf. Damit forderte sie jedoch für den angegebenen Zeitraum vom 01.08.2008 bis 31.10.2009 (15 Monate) ca. ein Drittel und damit erheblich zu viel, so dass die Beklagte nicht in Verzug geriet, vgl. Palandt - Grüneberg, BGB, § 286 Rn.20.

Da die weit übersetzte Forderung nicht zum Verzug der Beklagten führte, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Freistellung von der Gebührenforderung ihrer Prozessbevollmächtigten für ihre außergerichtliche Vertretung. Darüber hinaus wäre das Schreiben allenfalls verzugsbegründend und damit nicht ersatzfähig gewesen. ..."



Schmerzensgeld

Der Schmerzensgeldanspruch ergibt sich aus § 253 II BGB. Wegen des Nichtvermögensschadens kann der Geschädigte eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Voraussetzung ist das Vorliegen einer unfallbedingten Verletzung des Körpers oder der Gesundheit.

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Mit dem Schmerzensgeld werden Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens ausgeglichen. Das ist der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist.

Der Anspruch setzt seit dem 01.08.2002 nicht - mehr - voraus, dass dem Schädiger ein Verschulden nachgewiesen wird.

Das Schmerzensgeld hat sowohl Ausgleichs- als auch Genugtuungsfunktion, es ist übertragbar und vererblich.

Der Klageantrag auf Zahlung von Schmerzensgeld ist einer der wenigen Fälle, in denen ein unbestimmter Antrag zulässig ist. Die Höhe des Schmerzensgeldes kann in das Ermessen des Gerichts gestellt werden. In der Klagebegründung sind die Nennung einer Mindestsumme bzw. Andeutungen, aus denen sich eine Mindestsumme ergibt, Schlüssigkeitsvoraussetzung.

Zur Höhe der bisher zugesprochenen Schmerzensgelder gibt es umfangreiche Rechtsprechungstabellen (z.B. Schmerzensgeldtabelle online). Der nur auf der Gefährdungshaftung beruhende Anspruch auf Schmerzensgeld ist nicht niedriger zu bemessen als bei einem auf der Verschuldenshaftung beruhenden Anspruch.

Ein Arbeitnehmer kann im Falle eines Arbeitsunfalles nur die von der Gesetzlichen Unfallversicherung gedeckten Ansprüche geltend machen. Diese umfassen keinen auf Schmerzensgeld. Ein direkter Anspruch gegen den Arbeitgeber oder den den Unfall verursachenden Arbeitskollegen ist ausgeschlossen.

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Leitsätze/Entscheidungen:

Zur Haftung des Schädigers für psychische Beeinträchtigungen und Schockschaden, wenn der Geschädigte es unterlässt, sich einer (weiteren) Behandlung zu unterziehen (BGH, Urteil vom 10.02.2015 - VI ZR 8/14):

„... Die Klägerin wurde am 29. September 2005 von Nachbarn herbeigerufen, nachdem ihr fast 4-jähriger Sohn beim Spielen auf die Straße gelaufen und dort von dem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw des Beklagten zu 1 erfasst worden war. Sie fand ihren Sohn mit einer erheblich dislozierten Oberschenkelfraktur, einer Commotio cerebri und einer Platzwunde am Hinterkopf vor und macht geltend, als Reaktion hierauf habe sich bei ihr ein posttraumatisches Belastungssyndrom entwickelt, das sich in Magersucht, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule äußere und es ihr unmöglich mache, weiterhin den Haushalt zu führen. Die Klägerin begehrt Ersatz materiellen und immateriellen Schadens. ...

a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, dass das Berufungsgericht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes allein die durch den Unfall verursachte Magersucht - und diese nur bis Ende 2007 - berücksichtigt hat und nicht auch die übrigen von der Klägerin geltend gemachten Beeinträchtigungen, weil diese nicht über das hinausgingen, was Nahestehende von Unfallopfern in derartigen Fällen erfahrungsgemäß an Beeinträchtigungen erlitten, und deshalb unter dem Aspekt eines ‚Schockschadens' nicht ersatzfähig seien.

aa) Die Bemessung des Schmerzensgeldes der Höhe nach ist grundsätzlich Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob die Festsetzung Rechtsfehler enthält (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1973 - VI ZR 189/72, VersR 1974, 489, 490; vom 19. September 1995 - VI ZR 226/94, VersR 1996, 380), insbesondere ob das Gericht sich mit allen für die Bemessung des Schmerzensgeldes maßgeblichen Umständen ausreichend auseinandergesetzt und sich um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (vgl. Senatsurteile vom 12. Mai 1998 - VI ZR 182/97, BGHZ 138, 388, 391; vom 24. Mai 1988 - VI ZR 159/87, VersR 1988, 943; vom 15. Januar 1991 - VI ZR 163/90, VersR 1991, 350, 351; vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, VersR 2005, 1559, 1562 [insoweit in BGHZ 163, 351 nicht abgedruckt] und vom 17. November 2009 - VI ZR 64/08, VersR 2010, 268 Rn. 16).

bb) Für die Revision ist zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass bei ihr, wie vom Berufungsgericht festgestellt, aufgrund des Erlebnisses der Unfallverletzungen ihres Sohnes ein posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS) eingetreten ist, als dessen Folge sich eine Magersucht entwickelt hat. Auf dieser Grundlage lässt das Berufungsurteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen. Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers (Senatsurteil vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, aaO). Diese Gesichtspunkte hat das Berufungsgericht beachtet und hinreichend gewürdigt.

Entgegen der Auffassung der Revision sind bei der Bemessung des Schmerzensgeldes wegen psychischer Folgen solche Umstände, die für sich allein genommen nicht die Tatbestandsmerkmale des Schadensersatzanspruchs erfüllen, nicht zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats können psychische Beeinträchtigungen wie Trauer und Schmerz beim Tod oder bei schweren Verletzungen naher Angehöriger, mögen sie auch für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sein, nur dann als Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB angesehen werden, wenn sie pathologisch fassbar sind und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung von dem Unfall eines nahen Angehörigen oder dem Miterleben eines solchen Unfalls erfahrungsgemäß ausgesetzt sind (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, VersR 1976, 539, 540; vom 31. Januar 1984 - VI ZR 56/82, VersR 1984, 439; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854; vom 6. Februar 2007 - VI ZR 55/06, VersR 2007, 803 Rn. 6, 10; vom 20. März 2012 - VI ZR 114/11, VersR 2012, 634 Rn. 8 und vom 27. Januar 2015 - VI ZR 548/12, zVb; ablehnend: Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 46; MünchKommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 148, 151; MünchKommBGB/Wagner, 6. Aufl., § 823 Rn. 144, jeweils mwN). Ist das nicht der Fall, fehlt es mithin insoweit an einem ersatzfähigen Schaden. Dieser wird nicht dadurch ersatzfähig, dass neben den grundsätzlich nicht zum Schadensersatz führenden Beeinträchtigungen auch eine unfallursächliche ersatzfähige Beeinträchtigung besteht. Insoweit geht es nicht um die Frage der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes, sondern um die vorgelagerte Frage der Ersatzfähigkeit eines eingetretenen immateriellen Schadens.

b) Die Revision rügt aber mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin auf die Zeit bis Ende 2007 begrenzt hat.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats hat der Schädiger für eine psychische Fehlverarbeitung als haftungsausfüllende Folgewirkung eines Unfallgeschehens einzustehen, wenn hinreichende Gewissheit besteht, dass die Folge ohne den Unfall nicht eingetreten wäre. Der Zurechnungszusammenhang ist nur ausnahmsweise dann zu verneinen, wenn der Geschädigte den Unfall in neurotischem Streben nach Versorgung und Sicherheit lediglich zum Anlass nimmt, um den Schwierigkeiten und Belastungen des Erwerbslebens auszuweichen (vgl. nur Senatsurteile vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 346; vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, BGHZ 137, 142, 150 und vom 10. Juli 2012 - VI ZR 127/11, VersR 2012, 1133 Rn. 8, 10). Eine Zurechnung kann auch dann ausscheiden, wenn das Schadensereignis ganz geringfügig ist (Bagatelle).

bb) Wie die Revision mit Recht geltend macht, kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Unfall und der über 2007 hinaus andauernden Erkrankung der Klägerin nicht verneint werden. Ihr Unterlassen, sich einer Behandlung zu unterziehen, kann weder mit einer Fehlverarbeitung noch mit einer Begehrensneurose gleichgesetzt werden. Das Unfallgeschehen war keine Bagatelle. Die Kausalität zwischen dem Unfallgeschehen und den Gesundheitsbeeinträchtigungen kann auch nicht wegen fehlender Adäquanz verneint werden. Eine Haftung für die Folgen ab 2008 könnte nur unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht entfallen (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Voraussetzungen dieser Norm hat das Berufungsgericht jedoch ausdrücklich verneint.

c) Die Nichtzuerkennung eines Schmerzensgeldes über das Jahr 2007 hinaus erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.

aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts könnte für die Bemessung des Schmerzensgeldes allerdings der Umstand Gewicht haben, dass die Klägerin die von ihr begonnene Therapie nicht fortgesetzt hat. Wegen der positiven Entwicklung des Gesundheitszustands der Klägerin nach der verhältnismäßig kurzen Vorbehandlung bewertet das Berufungsgericht die Prognose, dass eine Fortführung der Therapie eine Besserung erbracht hätte, als günstig. Es meint jedoch, der Klägerin könne wegen der unterbliebenen Fortsetzung der Therapie kein Mitverschulden angelastet werden, weil sie sich ausweislich der dokumentierten Behandlungsgeschichte um die Heilung, zumindest aber Besserung ihrer nach dem Unfall manifestierten Essstörung bemüht habe. Alles spreche zwar dafür, dass dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sei. Dass ihr dies in dem maßgeblichen Zeitraum subjektiv vorzuwerfen und nicht etwa Ausdruck ihrer auf das Unfallereignis zurückgehenden psychischen Fehlentwicklung sei, lasse sich weder nach dem Vorbringen der insoweit darlegungspflichtigen Beklagten noch dem Sachverhalt im Übrigen feststellen.

bb) Möglicherweise hat das Berufungsgericht die für die Annahme eines Mitverschuldens erforderlichen Anforderungen überspannt. Von dem Verletzten muss nämlich verlangt werden, dass er, soweit er dazu imstande ist, zur Heilung oder Besserung seiner Krankheit oder Schädigung die nach dem Stande der ärztlichen Wissenschaft sich darbietenden Mittel anwendet; er darf in der Regel nicht anders handeln, als ein verständiger Mensch, der die Vermögensnachteile selbst zu tragen hat, es bei gleicher Gesundheitsstörung tun würde (RGZ 60, 147, 149; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 22 Rn. 112). Der Umstand, dass die Klägerin sich nach den getroffenen Feststellungen mit Rücksicht auf die mit einer Behandlung verbundene Trennung von ihren Kindern nicht weiter therapieren ließ, könnte ein Mitverschulden begründen, wenn der Klägerin eine weitere Behandlung der Essstörung zumutbar gewesen wäre (vgl. Senatsurteile vom 4. November 1986 - VI ZR 12/86, VersR 1987, 408 mit zust. Anm. Deutsch, VersR 1987, 559; vom 18. April 1989 - VI ZR 221/88, VersR 1989, 701, 702 und vom 15. März 1994 - VI ZR 44/93, NJW 1994, 1592, 1593). Dazu hat das Berufungsgericht bislang keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

2. Anschlussrevision der Beklagten

a) Das Berufungsgericht ist zu der Überzeugung gelangt, bei der Klägerin sei aus dem Erlebnis der Unfallverletzung ihres Sohnes ein posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS) eingetreten, als dessen Folge sich eine Magersucht entwickelt habe. Dagegen wendet sich die Anschlussrevision mit Erfolg.

b) Die Beweiswürdigung ist allerdings grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 28; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, VersR 2013, 321 Rn. 16; vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, VersR 2014, 1130 Rn. 28 und vom 30. September 2014 - VI ZR 443/13, VersR 2015, 196 Rn. 11). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung erweist sich als unvollständig.

c) Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen eines Gesundheitsschadens, der nach ihrem Vorbringen mittelbar als (psychische) Folge des Verkehrsunfalls ihres Sohnes eingetreten ist. Ein solcher Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1, § 11 Satz 2 StVG, § 823 Abs. 1, § 843 Abs. 1, § 253 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG in der hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung wäre zwar ein eigener Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung eines eigenen Rechtsguts (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163, 168; vom 20. März 2012 - VI ZR 114/11, BGHZ 193, 34 Rn. 8; vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, VersR 1976, 539, 540 und vom 6. Februar 2007 - VI ZR 55/06, VersR 2007, 803 Rn. 10). Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt jedoch nicht jede psychisch vermittelte Beeinträchtigung der körperlichen Befindlichkeit, um einen Schadensersatzanspruch eines dadurch nur ‚mittelbar' Geschädigten im Falle der Tötung oder schweren Verletzung eines Dritten auszulösen. Dies widerspräche der Intention des Gesetzgebers, die Deliktshaftung gerade in § 823 Abs. 1 BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO; vom 20. März 2012 - VI ZR 114/11, BGHZ 193, 34 Rn. 8; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854 und vom 27. Januar 2015 - VI ZR 548/12, zVb). Deshalb können psychische Beeinträchtigungen naher Angehöriger, mögen sie auch für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sein, wie oben dargelegt nur dann als Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB angesehen werden, wenn sie pathologisch fassbar sind. Dabei hat der erkennende Senat stets dem Umstand Bedeutung beigemessen, ob die von dem Dritten geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen auf seine direkte Beteiligung an einem Unfall oder das Miterleben eines Unfalls zurückgeführt werden oder ob sie durch den Erhalt einer Unfallnachricht ausgelöst worden sein sollen (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO S. 167; vom 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 13 f.; vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 448 und vom 27. Januar 2015 - VI ZR 548/12, zVb).

d) Die Anschlussrevision rügt mit Erfolg, dass sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen lässt, ob das Berufungsgericht bei seiner Annahme, bei der Klägerin sei aus dem Erlebnis der Unfallverletzung ihres Sohnes ein posttraumatisches Belastungssyndrom eingetreten, berücksichtigt hat, dass die Klägerin an dem Unfall weder direkt beteiligt war noch ihn unmittelbar miterlebt hat. Wie die Anschlussrevision mit Recht geltend macht, lässt sich auch den Darlegungen des Sachverständigen Dr. W. nicht entnehmen, ob dieser bei seiner Beurteilung dem von der Klägerin für die psychische Beeinträchtigung verantwortlich gemachten auslösenden Ereignis hinreichend Rechnung getragen hat. Der Sachverständige begründet die nach seiner Bewertung gegebene Ursächlichkeit des Erlebens der Unfallverletzung für die eingetretene posttraumatische Belastungsstörung im Wesentlichen mit dem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und dem Auftreten der Magersucht. Die Anschlussrevision weist jedoch zutreffend daraufhin, dass nach anerkannter medizinischer Definition ein posttraumatisches Belastungssyndrom (ICD10: F43.1) durch ein schwerwiegendes traumatisches Erleben ausgelöst wird. Es handelt sich um eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (Dilling/Mombour/Schmidt, Internationale Klassifikation psychischer Störungen, 9. Aufl., S. 207; vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - VI ZR 127/11, VersR 2012, 1133 Rn. 33). Ob sich das von der Klägerin erlebte Geschehen als ein derart schwerwiegendes traumatisches Erleben darstellt, lassen die Darlegungen des Sachverständigen Dr. W. nicht erkennen.

3. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Die Sache ist unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird bei erneuter Befassung Gelegenheit haben, auch das weitere Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen. ..."

***

Bei der Beurteilung der Frage, ob psychische Beeinträchtigungen infolge des Unfalltodes naher Angehöriger eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen, kommt dem Umstand maßgebliche Bedeutung zu, ob die Beeinträchtigungen auf die direkte Beteiligung des "Schockgeschädigten" an dem Unfall oder das Miterleben des Unfalls zurückzuführen oder ob sie durch den Erhalt einer Unfallnachricht ausgelöst worden sind (BGH, Urteil vom 27.01.2015 - VI ZR 548/12):

„... 3. Die Revision rügt aber mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die Anforderungen an die Annahme einer Gesundheitsverletzung in diesem Sinne überspannt und nicht berücksichtigt hat, dass der Kläger den Unfalltod seiner Ehefrau unmittelbar miterlebt hat und durch das grob verkehrswidrige Verhalten des W. selbst gefährdet war.

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte Dr. F. beim Kläger eine akute Belastungsreaktion nach ICD F43.9 G festgestellt. Bei der ICD handelt es sich um die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems). Sie wird von der Weltgesundheitsorganisation herausgegeben (vgl. http://apps.who.int/classifications/icd/en/, abgerufen am 13. Januar 2015). Im Kapitel V (F00-F99) der ICD werden psychische und Verhaltensstörungen beschrieben. Die Untergruppe F40-F48 befasst sich dabei mit neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen. Gegenstand des Unterabschnitts F43 sind Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen, die als direkte Folge einer akuten schweren Belastung oder eines kontinuierlichen Traumas entstehen, erfolgreiche Bewältigungsstrategien behindern und aus diesem Grunde zu Problemen der sozialen Funktionsfähigkeit führen (vgl. https://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/index.htm, abgerufen am 13. Januar 2015). Wie das Berufungsgericht weiter festgestellt hat, sah sich der Kläger infolge der Eindrücke aus dem Unfallgeschehen veranlasst, aus der in seinem Eigentum stehenden ehelichen Wohnung auszuziehen und seinen Beruf als Lkw-Fahrer aufzugeben. Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag des Klägers hatte ihm sein Arzt zu dem Wohnungswechsel geraten, um die Bedingungen der psychischen Verarbeitung des Unfallereignisses zu verbessern. Der Kläger musste seinen Beruf aufgeben, weil er unter fortdauernden Angstzuständen, Schweißausbrüchen und Zittern im Straßenverkehr leidet und deshalb nicht mehr in der Lage ist, ein Fahrzeug zu führen. Auch auf das Motorradfahren muss der Kläger verzichten. Diese Beeinträchtigungen gehen aber deutlich über die gesundheitlichen Auswirkungen hinaus, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung vom Unfalltod eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind.

b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch nicht berücksichtigt, dass der Senat stets dem Umstand maßgebliche Bedeutung beigemessen hat, ob die von dem "Schockgeschädigten" geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen auf seine direkte Beteiligung an einem Unfall oder das Miterleben eines Unfalls zurückzuführen oder ob sie durch den Erhalt einer Unfallnachricht ausgelöst worden sind (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163, 166 f.; vom 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 13 f.; vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 241 f.; vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99, VersR 2001, 874, 875 f.). So hat der Senat die Haftung des Schädigers für psychisch vermittelte Gesundheitsstörungen in den Fällen für zweifelsfrei gegeben erachtet, in denen der Geschädigte am Unfall direkt beteiligt war und dieser das Unfallgeschehen psychisch nicht verkraften konnte (vgl. Senatsurteile vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 241; vom 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 14).

Die Revision macht zu Recht geltend, dass der Kläger nach den getroffenen Feststellungen nicht lediglich vom Tod seiner Ehefrau benachrichtigt wurde und deshalb einen tief empfundenen Trauerfall bewältigen musste, sondern den tödlichen Unfall seiner Ehefrau unmittelbar miterlebt hat; darüber hinaus war er selbst dem Unfallgeschehen ausgesetzt und durch das grob verkehrswidrige Verhalten des W. gefährdet. Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers hatte dieser, nachdem ihn das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug um Haaresbreite verfehlt hatte, in den Rückspiegel geblickt und mit angesehen, wie seine Ehefrau mit voller Wucht von dem Fahrzeug erfasst wurde. Legt man dies zugrunde, so hat der Kläger zum einen selbst unmittelbare Lebensgefahr für sich wahrgenommen und zum anderen akustisch und optisch miterlebt, wie seine Ehefrau bei einer sehr hohen Kollisionsgeschwindigkeit als Motorradfahrerin nahezu ungeschützt von einem Auto erfasst und getötet wurde. Ein solches Erlebnis ist hinsichtlich der Intensität der von ihm ausgehenden seelischen Erschütterungen mit dem Erhalt einer Unfallnachricht nicht zu vergleichen. ..."

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Kein Schmerzensgeld für den Verlust eines Haustieres bei Verkehrsunfall. Die Rechtsprechung zu Schmerzensgeldansprüchen in Fällen psychisch vermittelter Gesundheitsbeeinträchtigungen mit Krankheitswert bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst nahestehenden Personen (sog. Schockschäden) ist nicht auf Fälle psychischer Gesundheitsbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Verletzung oder Tötung von Tieren zu erstrecken (BGH, Urteil vom 20.03.2012 - VI ZR 114/11):

„... Die Klägerin verlangt materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld im Zusammenhang mit der tödlichen Verletzung eines Hundes bei einem Verkehrsunfall.

Am 24. Oktober 2008 spazierte die Klägerin mit einer 14 Monate alten Labradorhündin auf einem Feldweg. Die Hündin war nicht angeleint. Der Beklagte, der mit einem Traktor von einer angrenzenden Straße in den Feldweg einfuhr, überrollte die Hündin, die dadurch so schwere Verletzungen erlitt, dass sie von einem Tierarzt eingeschläfert werden musste.

Die Klägerin macht materiellen Schadensersatz wegen entstandener Tierarztkosten, Kosten für die Anschaffung eines Labrador-Welpens und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie einen Schmerzensgeldanspruch geltend mit der Begründung, sie habe durch das Erlebnis einen Schockschaden mit schweren Anpassungsstörungen und einer schweren depressiven Episode erlitten. Es sei zu einer pathologischen Dauerreaktion gekommen, welche medikamentös habe behandelt werden müssen und die Durchführung einer Langzeitbehandlung erfordert habe. Der Zustand habe über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten angedauert und sei bis heute nicht ausgestanden.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der materiellen Schäden stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht der Klage hinsichtlich der materiellen Schäden nur in Höhe von 50 % stattgegeben und den Beklagten in entsprechender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an die Klägerin 388 € nebst Zinsen zu zahlen sowie sie von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 € freizustellen. Die Berufung der Klägerin und die weitergehende Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat. ...

I. Das Berufungsgericht ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass ein Schmerzensgeld wegen eines Schockschadens nicht in Betracht kommt. Für die ersatzfähigen materiellen Schäden hafte der Beklagte als Fahrer des unfallbeteiligten Traktors nach § 18 StVG für den Unfall, bei dem der Hund der Klägerin so schwer verletzt worden sei, dass er anschließend habe eingeschläfert werden müssen. Der Beklagte habe weder nachgewiesen, dass der Unfall für ihn unabwendbar gewesen sei, noch dass ihn an dem Unfall kein Verschulden getroffen habe. Auf der anderen Seite müsse sich die Klägerin nach § 17 Abs. 1 und 4 StVG die Tiergefahr ihres frei laufenden Hundes im Sinne des § 833 BGB anrechnen lassen. Die Abwägung zwischen der Betriebsgefahr des Traktors mit Anhänger und der Tiergefahr des auf einem Feldweg frei laufenden Hundes rechtfertige unter den besonderen Umständen des Falles eine hälftige Schadensteilung.

II. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht einen auf Schmerzensgeld gerichteten Schadensersatzanspruch der Klägerin aus dem Gesichtspunkt eines - durch den Tod des Tieres psychisch vermittelten - sogenannten Schockschadens verneint.

a) Ein solcher Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1, § 11 Satz 2, § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1, § 253 BGB wäre zwar, obwohl die Klägerin einen Gesundheitsschaden nur mittelbar als (psychische) Folge des tödlichen (Verkehrs-)Unfalls ihrer Hündin erlitten haben will, ein eigener Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung eines eigenen Rechtsguts (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163, 168; vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, VersR 1976, 539, 540 und vom 6. Februar 2007 - VI ZR 55/06, VersR 2007, 803 Rn. 10). Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt jedoch nicht jede psychisch vermittelte Beeinträchtigung der körperlichen Befindlichkeit, um einen Schadensersatzanspruch eines dadurch nur "mittelbar" Geschädigten im Falle der Tötung oder schweren Verletzung eines Dritten auszulösen. Dies widerspräche der Intention des Gesetzgebers, die Deliktshaftung gerade in § 823 Abs. 1 BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO S. 168 f. und vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854). Deshalb setzt die Zurechnung psychischer Beeinträchtigungen wie Trauer und Schmerz nicht nur eine - hier zugunsten der Klägerin revisionsrechtlich zu unterstellende pathologisch fassbare - Gesundheitsbeschädigung voraus, sondern auch eine besondere personale Beziehung des solcherart "mittelbar" Geschädigten zu einem schwer verletzten oder getöteten Menschen (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO S. 170; vom 31. Januar 1984 - VI ZR 56/82, VersR 1984, 439; vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 241; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, aaO; vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, aaO und vom 6. Februar 2007 - VI ZR 55/06, Rn. 8, 10). Bei derartigen Schadensfällen dient die enge personale Verbundenheit dazu, den Kreis derer zu beschreiben, die den Integritätsverlust des Opfers als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als "normales" Lebensrisiko der Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt empfinden (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 209, 220 f.).

b) Aus den vorgenannten, die Schadensersatzpflicht bei Schockschäden eng umgrenzenden Grundsätzen ergibt sich bereits, dass eine von der Revision geforderte Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf psychisch vermittelte Gesundheitsbeeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren nicht in Betracht kommt (so auch zutreffend LG Bad Kreuznach, Jagdrechtliche Entscheidungen Bd. XIV, XI Nr. 128; KreisG Cottbus, NJW-RR 1994, 804, 805; AG Recklinghausen, ZfS 1989, 191 und AG Essen-Borbeck, JurBüro 1986, 1494; MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 251 Rn. 55). Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber keinen Anlass für einen besonderen Schmerzensgeldanspruch des Tierhalters gesehen hat; die Verletzung oder Tötung von Tieren sollte den von der Rechtsprechung anerkannten Fällen von Schockschäden mit Krankheitswert bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst dem Betroffenen nahestehenden Menschen nicht gleichgestellt werden (vgl. BT-Drs. 11/7369, S. 7).

Derartige Beeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren, mögen sie auch als schwerwiegend empfunden werden und menschlich noch so verständlich erscheinen, gehören zum allgemeinen Lebensrisiko und vermögen damit Schmerzensgeldansprüche nicht zu begründen.

2. Die Revision beanstandet schließlich ohne Erfolg die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge im Zusammenhang mit den geltend gemachten materiellen Schadensersatzansprüchen der Klägerin. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben (vgl. etwa Senatsurteil vom 7. Februar 2012 - VI ZR 133/11, juris Rn. 5 mwN).

Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen hält das Berufungsurteil stand. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts sind gefahrerhöhende Umstände von beiden Seiten nicht bewiesen worden. Auf dieser Grundlage ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung unter den besonderen Umständen des Streitfalles unter Berücksichtigung der Tiergefahr des freilaufenden Hundes einerseits und der Betriebsgefahr des Traktors andererseits zu einer hälftigen Schadensteilung gelangt ist. ...."

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Ein Sozialversicherungsträger kann wegen der von ihm erbrachten Aufwendungen beim Rückgriff nach § 110 SGB VII grundsätzlich auch auf den fiktiven Schmerzensgeldanspruch des Geschädigten gegen den nach den §§ 104 ff. SGB VII haftungsprivilegierten Schädiger zurückgreifen (BGH, Urteil vom 27.06.2006 - VI ZR 143/05 zu SGB VII § 110).

Der Kläger, der ein angemessenes Schmerzensgeld unter Angabe eines Mindestbetrages begehrt hat, ist nicht beschwert, wenn das Gericht ihm diesen Betrag zugesprochen, aber abweichend von seiner Auffassung ein Mitverschulden bejaht hat (BGH, Urteil vom 02.10.2001 - VI ZR 356/00, ZfS 2002, 69).

Besteht die Möglichkeit des Eintritts weiterer Verletzungsfolgen, so kann ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht für immaterielle Zukunftsschäden auch dann gegeben sein, wenn der Schmerzensgeldanspruch dem Grunde nach bereits für gerechtfertigt erklärt worden ist (BGH, Urteil vom 20.03.2001 - VI ZR 325/99, ZfS 2001, 450).

Die Bemessung des Schmerzensgeld bei einer Körperverletzung, an deren Folgen der Verletzte alsbald verstirbt, erfordert eine Gesamtbetrachtung der immateriellen Beeinträchtigung unter besonderer Berücksichtigung von Art und Schwere der Verletzungen, des hierdurch bewirkten Leidens und dessen Wahrnehmung durch den Verletzten wie auch des Zeitraums zwischen Verletzung und Eintritt des Todes. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld kann zu verneinen sein, wenn die Körperverletzung nach den Umständen des Falles gegenüber dem alsbald eintretenden Tod keine abgrenzbare immaterielle Beeinträchtigung darstellt, die aus Biligkeitsgesichtspunkten einen Ausgleich in Geld erforderlich macht (BGH, Urteil vom 12.05.1998 - VI ZR 182/97, ZfS 1998, 330).

Die Teilnahme am modernen Straßenverkehr stellt ein sozialadäquates Verhalten dar. Es kann dem einzelnen daher im Schadensfall nicht schmerzensgeldmindernd angelastet werden. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes kann es geboten sein zu berücksichtigen, daß die zum Schaden führende Handlung des Schädigers nur eine bereits vorhandene Schadensbereitschaft in der Konstitution des Geschädigten ausgelöst hat und die Gesundheitsbeeinträchtigungen Auswirkungen dieser Schadensanfälligkeit sind (BGH, Urteil vom 05.11.1996 - VI ZR 275/95, ZfS 1997, 51).

Ist durch die rechtswidrig-schuldhafte Verletzung eines Kindes dessen Lebensführung infolge schwerster Schäden (hier: neben Beinverkürzung hirnorganisches Anfallsleiden, Wesensveränderung mit verminderter Leistungsfähigkeit, psychomotorischer Verlangsamung, Verlangsamung des Denkablaufs, Affektlabilität und Antriebsminderung, sowie Sehschärfeneinschränkung und Gesichtsfeldausfälle mit zunehmender Tendenz) auf Dauer beeinträchtigt, erscheint die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes in Höhe von jedenfalls 200.000,- DM gegebenenfalls aufgeteilt in Kapitalbetrag und Rente, vertretbar (BGH, Urteil vom 04.06.1996 - VI ZR 227/94, NJWE-VHR 1996, 141).

Die strafrechtliche Verurteilung des Täters wirkt sich bei vorsätzlichen Straftaten auf die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes und auf dessen Bemessung grundsätzlich nicht aus (Bestätigung von BGHZ 128, 117 = NJW 1995, 781 = LM H. 6/1995 § 847 BGB Nr. 94; BGH, Urteil vom 16.01.1996 - VI ZR 109/95, MDR 1996, 364).

Nach der durch Gesetzesänderung zum 1.7. 1990 erfolgten Streichung des Satzes 2 in § 847 I BGB setzt die Übertragbarkeit und Vererblichkeit des Schmerzensgeldanspruchs keine Willensbekundung des Verletzten zu Lebzeiten mehr voraus, Schmerzensgeld fordern zu wollen (BGH, Entscheidung vom 06.12.1994 - VI ZR 80/94, MDR 1995, 265).

Auch in den Fällen, in denen an einen Geschädigten, der durch die Schädigungshandlung die Empfindungsfähigkeit verloren hat, ein Schmerzensgeld zu zahlen ist, kann der Richter bei der Schmerzensgeldbemessung den Grad des Verschuldens des Schädigers und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigen (im Anschluß an Senat, NJW 1993, 781; BGH, Entscheidung vom 16.02.1993 - VI ZR 29/92, MDR 1993, 849).

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat das Gericht bei Würdigung aller maßgeblichen Umstände die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Verletzten zu berücksichtigen. Durch die Berücksichtigung der finanziellen Lage des Schädigers soll insbesondere verhindert werden, daß die Verpflichtung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes zur unbilligen Härte für diesen wird. Dem Schmerzensgeldanspruch gem. § 847 BGB kommt eine Doppelfunktion zu. Er dient sowohl dem Ausgleich nicht vermögensrechtlicher Schäden, als auch der Genugtuung des Geschädigten. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes kann deshalb eine strafrechtliche Ahndung der Tat zu berücksichtigen sein. Dies liegt jedenfalls dann nahe, wenn die zugleich verhängte Freiheitsstrafe nicht milde ist (BGH, Entscheidung vom 30.10.1992 - 3 StR 478/92, StV 1993, 118).

Bei geringfügigen Verletzungen des Körpers oder der Gesundheit ohne wesentliche Beeinträchtigungen der Lebensführung und ohne Dauerfolgen (den sogenannten Bagatellschäden) hält sich der Tatrichter im Rahmen des durch § 287 ZPO eingeräumten Ermessens, wenn er prüft, ob es unter den Umständen des Einzelfalles der Billigkeit entspricht, den immateriellen Schaden durch ein Schmerzensgeld auszugleichen (BGH, Entscheidung vom 14.01.1992 - VI ZR 120/91, VersR 1992, 504).

Der Verletzte, der ein Schmerzensgeld verlangt, muß zur Begründung seines Begehrens nicht darlegen, auf welche Weise er sich mit der Entschädigung einen Ausgleich für seine Einbußen an Lebensfreude verschaffen will und daß die beabsichtigte Verwendung des Geldes wirtschaftlich sinnvoll ist (BGH, Entscheidung vom 15.01.1991 - VI ZR 163/90, VersR 1991, 350).

*** (OLG)

Mit dem auf eine unbeschränkte Klage zuzuerkennenden Schmerzensgeld werden nicht nur alle bereits eingetretenen, sondern auch alle erkennbaren und objektiv vorhersehbaren künftigen unfallbedingten Verletzungsfolgen abgegolten. Weiter gehende Ansprüche aufgrund von nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eintretender, objektiv nicht vorhersehbarer immaterieller Schäden können durch einen Antrag auf Feststellung der Einstandpflicht für künftige immaterielle Schäden aufgrund des Urteils geltend gemacht werden. Schmerzensgeld in Höhe von 150.000,00 € bei 100%iger Haftung aufgrund eines Verkehrsunfalls für eine 66-jährige Frau, Verletzungen: u. a. Schädel-Hirn-Trauma mit intrakranieller Blutung, nicht dislozierte Dens-Fraktur, Effendi-II-Fraktur, Thoraxkontusion, Beckenschaufelfraktur links; Behandlung: 1 Monat stationär, mehr als 4 Monate neurologische Frührehabilitation; Implantation eines Shuntsystems unter die Schädeldecke zur Ableitung des Hirnwassers; Dauerfolgen: armbetonte Halbseitenlähmung rechts; erhebliche Hirnleistungsdefekte und kognitive Leistungseinbußen, Gedächtnisdefizite, psychomotorische Verlangsamung, bleibendes Angewiesensein auf die Hilfe Dritter, grundlegende Antriebslosigkeit. Erheblicher Schmerzensgeldaufschlag wegen des ungebührlich zögerlichen Regulierungsverhaltens (OLG Naumburg, Urteil vom 10.07.2014 - 2 U 101/13):

„... e) aa) Das Schmerzensgeld ist aufgrund der vorgenannten Umstände mit 150.000,00 Euro zu bemessen. Eine Vergleichbarkeit mit dem vom Landgericht angeführten Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg (Urteil vom 25.04.1997, VersR 1998, 732) ist gegeben. Aber auch eine Vergleichbarkeit mit dem Sachverhalt, welcher der von der Beklagten selbst vorgelegten Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg (Urteil vom 23.06.2011, 12 U 263/08, Schaden-Praxis 2011, 361) zugrunde gelegen hat, ist anzunehmen. Allerdings ist, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, in dieser Entscheidung allein deshalb auf ein Schmerzensgeld von nur 75.000,00 Euro erkannt worden, weil sich die dortige Geschädigte ein hälftiges Mitverschulden hat anrechnen lassen müssen.

bb) Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin, anders als in den von den Oberlandesgerichten Nürnberg und Brandenburg entschiedenen Rechtsstreiten, in denen eine 34-jährige Frau bzw. ein 38-jähriger Mann geschädigt worden waren, und auch anders als in der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, bei der es um den Unfall eines 16-Jährigen ging (Urteil vom 25.09.2002, 13 U 62/02, DAR 2003, 118), im Unfallzeitpunkt bereits 66 Jahre alt war. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof es als sachgerechtes Kriterium benannt, dass ein verhältnismäßig alter Geschädigter (dort 73 Jahre alt) keinen so langen Leidensweg vor sich habe wie ein jüngerer Mensch und dass deshalb bei ihm im Verhältnis zu einem jungen Verletzten ein geringerer Schmerzensgeldbetrag angemessen ist (Urteil vom 15.01.1991, VI ZR 163/90, NJW 1991, 1544).

cc) Dies führt im Ergebnis aber deshalb zu keiner anderen Bemessung des Schmerzensgeldes, weil aufgrund des zögerlichen Regulierungsverhaltens der Beklagten ein erheblicher Schmerzensgeldaufschlag gerechtfertigt ist, der den vorgenannten, wegen des Alters der Klägerin vorzunehmenden ‚Abzug' vollständig ausgleicht (vgl. zu diesem Schmerzensgeld erhöhenden Kriterium: OLG Nürnberg, Urteil vom 22.12.2006, 5 U 1921/06; OLG Naumburg, Urteil vom 28.11.2001, 1 U 161/99 sowie Urteil vom 15.10.2007, 1 U 46/07, jeweils zitiert nach juris; OLG Köln, Urteil vom 09.08.2013, 19 U 137/09, NJW-Spezial 2014, 75).

(1) Die Beklagte hat bisher eine Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 55.000,00 Euro - und von materiellem Schadensersatz in Höhe von 2.013,11 Euro - vorgenommen.

(2) Diese Zahlung war auch für die anwaltlich beratene Beklagte - nicht zuletzt angesichts der von ihr selbst angeführten einschlägigen Rechtsprechung - erkennbar völlig unzureichend. Darüber hinaus hat die Beklagte in diesem Prozess unmissverständlich ausgeführt, dass sie selbst ein Schmerzensgeld in Höhe von 75.000,00 Euro (Seite 4 der Berufungsbegründung) bzw. 78.650,00 Euro für angemessen hält. Daher handelt es sich um eine treuwidrige, ungebührliche Verzögerung.

Die Beklagte kann sich nicht auf - an sich zulässiges - Verteidigungsvorbringen berufen. Soweit sie auch in diesem Zusammenhang die Verletzungen und deren Folgen in Abrede gestellt, kann dem, wie ausgeführt, keine Bedeutung beigemessen werden. Es stand vielmehr fest, dass die Klägerin bei dem Unfall erheblich verletzt worden ist. Diese Verletzungen machten schon für sich genommen die Zahlung eines nicht unerheblichen Schmerzensgelds erkennbar erforderlich. Dass die Beklagte dennoch lediglich ca. ein Drittel des der Klägerin zustehenden Schmerzensgeldes ausgekehrt hat, stellte für diese eine Manifestierung der bereits erlittenen Schmerzen, aber auch die Zufügung weiteren Leides dar. Denn aufgrund des Nichterhalts des ihr erkennbar zustehenden Schmerzensgeldes ist es ihr über viele Jahre hinweg nicht möglich gewesen, sich die Annehmlichkeiten zu verschaffen, die die von ihr erlittenen Schmerzen zumindest teilweise hätten ausgleichen können. Darüber hinaus hat es der Klägerin bereits nach der Lebenserfahrung weiteres Leid verschafft, dass sie sich aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Verteidigungsstrategie, die von einem Bestreiten auch offensichtlich von der Klägerin wahrheitsgemäß vorgetragener Tatsachen, wie etwa der eingetretenen Verletzungen, geprägt gewesen ist, dem Anschein einer Simulantin ausgesetzt gesehen hat, der es allein um die Erlangung eines hohen - unberechtigten - Schmerzensgeldes gehe. ..."

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Für den Funktionsverlust der linken Schulter erscheint ein Schmerzensgeld von 50.000,- EUR angemessen. Bei der Bewertung als grober Behandlungsfehler kann auch berücksichtigt werden, dass die gewählte Operationsart nicht die Methode der Wahl war und selbst fehlerhaft durchgeführt worden ist (OLG Hamm, Urteil vom 01.07.2014 - 26 U 4/13).

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Der Geschädigte erlitt durch einen Verkehrsunfall mit alleiniger Haftung des Unfallgegners ein HWS-Distorsionstrauma und verschiedene Prellungen der Wirbelsäule, des Thorax und des Unterschenkels, die schmerzhaft waren, zu zeitweilig eingeschränkter Beweglichkeit und deshalb auch zur mehrmonatigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers führten. Sie sind im Wesentlichen folgenlos verheilt. Eine Dauerfolge ergab sich jedoch in Form eines mittelschweren Tinnitus, der für den Geschädigten ein erhebliches Störpotential in Form der Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit, der Kommunikation, der Dauerbelastbarkeit und der Leistungsfähigkeit bedeutet und zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 % führte. Aufgrund dieser Umstände erkannte der Senat auf ein Schmerzensgeld von 12.000,- Euro, wobei er die Bemessungsgrundsätze näher erläutert (OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28.03.2013 - 1 U 97/12).

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Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 € für Verletzungen aus einem Verkehrsunfall (100%-ige Haftung) im Genitalbereich mit der Folge einer dauerhaften erektilen Dysfunktion sowie Prellungen im Bereich des Beckens und der Wirbelsäule und einer Oberschenkel-/Kniekontusion; MdE 10%, 2 Tage stationäre Behandlung (OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13.03.2014 - 2 U 100/13).

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Schmerzensgeld von € 9000,00 für dauerhaft sichtbare Narbe im Gesicht, die auf einer Körperverletzung beruht (OLG München, Urteil vom 21.11.2012 - 3 U 2072/12):

„... 2. Was das geltend gemachte Schmerzensgeld angeht, hält der Senat, der die vom medialen Augenwinkel links bis zum seitlichen linken Nasenflügel reichende dauerhaft sichtbare Narbe aus der Körperverletzungshandlung des Beklagten beim Kläger in Augenschein genommen hat, einen Schmerzensgeldbetrag von insgesamt 9.000,-- € für angemessen, aber auch ausreichend. Das Erstgericht hat unter Ziffer I 1. der Entscheidungsgründe die Abwägungskriterien für die Zubilligung des Schmerzensgeldes nachvollziehbar und einleuchtend dargelegt, hierauf kann Bezug genommen werden. Die verbliebene Narbe ist deutlich sichtbar, aber nicht entstellend. Unter dem Gesichtspunkt, dass der Kläger auch 2 1/4 Jahre nach der Tat in dem betroffenen Gesichtsbereich noch Schmerzen aufgrund Wetterwechsels verspürt, war eine Erhöhung des Schmerzensgeldes auf 9.000,-- € vorzunehmen. Mit dieser Höhe hat der Senat - wie im Grunde auch das Landgericht - dem Gedanken, dass für vergleichbare Verletzungen, unabhängig vom Haftungsgrund, ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, die gebührende Bedeutung (vgl. Palandt, 71. Aufl. 2011, Bearbeiter Grüneberg, § 253, Rdnr. 15) zuerkannt.

Der Senat hat entgegen seiner sonstigen Übung insbesondere die Beck'sche Schmerzensgeldtabelle (Stand 01.07.2011) für ‚Wangenverletzung' und ‚sonstige Gesichtsverletzungen' herangezogen. Hiernach wurden Schmerzensgeldbeträge im Bereich von 10.000,-- bis 20.000,-- € allgemein für Gesichtsverletzungen größeren Ausmaßes, wie sie etwa durch einen Hundebiss verursacht werden bzw. einhergehen mit Zahn-, Augen- und Nervenverletzungen, zugesprochen. Eine gewisse Vergleichbarkeit ergab sich mit der in der Schmerzensgeldtabelle unter ‚sonstige Gesichtsverletzungen' angeführten Entscheidung des OLG Dresden vom 27.02.2002 (Schmerzensgeld 7.700,-- € wegen Gesichtsverletzung; hier: Abbruch des rechten oberen Schneidezahns, Nasenverletzung, Mundverletzung sowie weitere Stichverletzungen in den Hinterkopf und oberflächlich am Hals), des OLG Düsseldorf vom 28.02.1997 über 7.669,38 € (Gesichtsverletzung; hier: ‚große Risswunde im Gesicht' und Schädel-Hirn-Trauma) sowie des OLG Karlsruhe vom 18.12.1985 mit 6.135,50 € Schmerzensgeld wegen Gesichtsverletzungen mit Narbenbildung, verbunden mit Handverletzung (hier: Zeigefinger Gliedverlust), Zahnverletzung (hier: Teilverlust eines Schneidezahns), außerdem mit der unter dem Stichwort ‚Wangenverletzung' registrierten Entscheidung des OLG Frankfurt vom 30.04.1998 mit 5.112,92 Euro Schmerzensgeld (zugrunde lag eine erhebliche Gesichtsverletzung mit triangelförmig deutlich sichtbarer Narbe - ‚ihre Schenkellänge beträgt jeweils mehrere Zentimeter'- bis zum linken unteren Augenwinkel und Durchtrennung des Parotisausführungsganges).

Die vom Klägervertreter in der Berufungsbegründung vom 05.07.2012, Seite 3, angesprochenen Fälle von Schmerzensgeldentscheidungen ab 10.000,-- € und darüber hinausgehend sind mit der vorliegenden Fallkonstellation nicht vergleichbar. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Berufungserwiderung vom 09.10.2012, Seiten 2/3, verwiesen. Der hier gegebene Sachverhalt lässt, in Verbindung mit dem 2 1/4 Jahre seit der Verletzung sichtbaren und vom Senat durch Augenschein beurteilten Zustand keine 9.000,-- € übersteigende Schmerzensgeldforderung zu. ..."

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Eine infolge Unfalltods ihrer Tochter psychisch schwer erkrankte Mutter hat gegen den verkehrswidrig handelnden Unfallverursacher einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Ersatz ihres unfallbedingten Verdienstausfalls. Zur Bemessung des Angehörigenschmerzensgeldes in derartigen Fällen (OLG Frankfurt, Urteil vom 19.07.2012 - 1 U 32/12):

„... I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schmerzensgeld, dessen Höhe der Senat nach billigem Ermessen auf insgesamt 15.000 € festsetzt, sodass unter Berücksichtigung der von der Beklagten geleisteten Zahlung von 5.000 € noch weitere 10.000 € offen stehen.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 56, 163, 164 ff.; VersR 1976, 539 f.; zuletzt bestätigt NJW 2012, 1730, 1731), der der Senat folgt (NJOZ 2009, 4715, 4717 f.), können mittelbar Geschädigte wie etwa die nächsten Angehörigen von Unfallopfern von dem Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherer nur ausnahmsweise materiellen und immateriellen Schadensersatz beanspruchen, nämlich dann, wenn sie eigene gesundheitliche Beeinträchtigungen mit - auch nach allgemeiner Verkehrsauffassung anzuerkennendem - Krankheitswert erlitten haben, die über die hinausgehen, denen nahe Angehörige bei Todesnachrichten erfahrungsgemäß ausgesetzt sind.

2. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die Klägerin ist infolge des ihre Tochter betreffenden tödlichen Unfallgeschehens schwerwiegend psychisch erkrankt; sie leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer schweren depressiven Episode und anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen. Dies hat das Landgericht aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens überzeugend und den Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend festgestellt; die Beklagte hat diese Feststellung mit der Berufung auch nicht angegriffen.

3. Das vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld von insgesamt 35.000 € erscheint dem Senat allerdings übersetzt. Der Verlust eines nahen Angehörigen wie beispielsweise eines Kindes und die darauf beruhenden psychischen wie physischen Schäden können durch eine Geldzahlung schon vom gedanklichen Ansatz her nicht ausgeglichen werden. Der Sinn einer derartigen Zahlung kann im Wesentlichen darin bestehen, dem mittelbar geschädigten Angehörigen eine angenehme Ablenkung zu verschaffen und den Übergang in eine neue Lebensphase zu erleichtern; hierfür ist derzeit eine Zahlung in der Größenordnung von 15.000 € erforderlich (vgl. Huber NZV 2012, 5, 7, 9). Im Streitfall fehlt es an Umständen, die eine Abweichung von diesem Betrag nach oben (nachfolgend a-d) oder nach unten (nachfolgend e) begründen könnten:

a) Der Versicherungsnehmer der Beklagten mag besonders rücksichtslos gefahren sein, nämlich mit überhöhter Geschwindigkeit und ein Überholverbot missachtend. Für die Beeinträchtigung der Klägerin spielt das eine untergeordnete Rolle, denn sie hat den Unfall nicht selbst miterleben müssen, sondern hiervon nur durch Dritte erfahren.

b) Das Regulierungsverhalten der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Insbesondere durfte sie eine schwerwiegende psychische Erkrankung der Klägerin, die den o. a. strengen Entschädigungskriterien der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung genügte, bis zur Einholung eines objektiven Sachverständigengutachtens bestreiten, zumal sie schon ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 € gezahlt hatte. Weiter muss insoweit zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, dass sie das Sachverständigengutachten nach dessen Ergänzung letztlich akzeptiert und den vorliegenden Prozess in sachlicher, zurückhaltender Weise geführt, während die Klägerin selbst teilweise in unnötig scharfem Ton schriftsätzlich vorgetragen und außergerichtlich korrespondiert hat.

c) Die Erwerbsnachteile der Klägerin sind durch den ihr zustehenden Anspruch auf materiellen Schadensersatz abgedeckt und deshalb nicht geeignet, eine Erhöhung des Schmerzensgeldes zu begründen.

d) Die soziale Isolierung der Klägerin ist gegenüber der depressiven Episode, die das Landgericht festgestellt hat, keine gesondert zu berücksichtigende Einbuße, sondern ein für diese psychische Erkrankung typisches Symptom, mithin als Element der Krankheit, die überhaupt einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld begründet, bereits berücksichtigt.

e) Der Mitverschuldensvorwurf der Beklagten greift nicht durch. Die Klägerin hat sich bald nach dem Unfall ihrer Tochter wegen ihrer psychischen Erkrankung in Behandlung begeben. Den Vorschlag, sich einer mehrmonatigen stationären Behandlung zu unterziehen, hat ersichtlich erstmals der im vorliegenden Verfahren tätig gewesene Sachverständige unterbreitet. Dass die Klägerin diesen Vorschlag angesichts eines ihr nur noch verbleibenden Schuljahres in der aktiven Phase der Altersteilzeit nicht gleich umgesetzt hat, begründet keinen rechtserheblichen Verstoß gegen ihre Schadensminderungspflicht, abgesehen davon, dass der Erfolg einer derartigen Behandlung nicht sicher prognostiziert werden kann, was sich zulasten der insoweit beweisbelasteten Beklagten auswirken muss.

4. Das Schmerzensgeld ist nach § 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen.

II. Die Beklagte schuldet der Klägerin auch den Ersatz des materiellen Schadens, der dieser infolge der unfallbedingten psychischen Erkrankung entstanden ist. Dabei handelt es sich um Verdienstausfall und vorgerichtliche Anwaltskosten.

1. Den durch die Inanspruchnahme von Altersteilzeit bedingten Verdienstausfall macht die Klägerin als Folgeschaden aus ihrer - psychisch verursachten - Körperverletzung geltend. Diese Frage der haftungsausfüllenden Kausalität ist nach § 287 ZPO zu beurteilen; es genügt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Körperverletzung für den Verdienstausfall mitursächlich geworden ist.

Diese Voraussetzung ist gegeben. Ausweislich des Sachverständigengutachtens ist die Klägerin in schwerwiegender Weise psychisch erkrankt und bedarf einer mehrmonatigen stationären Behandlung; es ist verständlich und naheliegend, dass sie sich in der aktiven Phase ihrer Erwerbstätigkeit hierzu nicht entschließen konnte. Hinzu kommen das Attest ihrer behandelnden Psychotherapeutin vom 17. 1. 2011 (Bl. 65 f. d. A.), wonach es deren Idee war, die psychische Überlastung der Klägerin im schulischen Dienst durch eine Altersteilzeitregelung abzufangen, und das Attest des die Klägerin behandelnden Neurologen vom 20.3.2012 (Bl. 212 d. A.), wonach sie nur an einer leichten, ihre Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigenden Polyneuropathie leidet.

Die Höhe des Erwerbsschadens war in erster Instanz überwiegend und im Berufungsverfahren insgesamt unstreitig, sodass das landgerichtliche Urteil hinsichtlich der Aussprüche zu 2. und 4. zu bestätigen war. Gegen die Feststellungsklage bestehen im Hinblick darauf keine Bedenken, dass von der beklagten Versicherung freiwillige Zahlungen zu erwarten sind, dass es mithin keines Zahlungstitels bedarf.

2. Die niedrigere Bemessung des Schmerzensgeldes führt zu einer Reduzierung der erstattungsfähigen vorgerichtlichen Anwaltskosten gemäß folgender Berechnung: ..."

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Kommt es im Begegnungsverkehr zweier Radfahrerinnen zu einer Kollision bei leichtem Verschulden der Unfallgegnerin, die bei der Geschädigten zu einem Bruch der körperfernen Speiche links und Bruch des Griffelfortsatzes an der körperfernen Elle links führt sowie Diagnose eines Morbus-Sudeck als weitere Unfallfolge mit krankenhausärztlicher Behandlung sowie einer dreieinhalbwöchigen Behandlung in einer Schmerzklinik, ist ein Schmerzensgeld von 6.500,00 € unter Berücksichtigung der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldanspruchs sowie der Dauer, Art und Schwere der Verletzung durchaus angemessen (OLG Koblenz, Beschluss vom 19.07.2012 - 2 U 691/11).

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Die Höhe des Schmerzensgeldes bemisst sich ausschließlich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, Entscheidungen in vergleichbaren Fällen können allenfalls Anhaltspunkte zur Ermittlung der Größenordnung vermitteln. Bei der Schmerzensgeldbemessung sind - noch - vorhandene emotionale Fähigkeiten zu berücksichtigen, auch eine etwaige Erinnerung an den früheren Zustand einer Geschädigten. Das Alter der Geschädigten im Zeitpunkt des Schadensereignisses und die Möglichkeit, dass eine - wenn auch rudimentäre - Erinnerung besteht, rechtfertigen ein höheres Schmerzensgeld, hier etwa 650.000,-- € (500.000,-- € Schmerzensgeldbetrag, 650,-- € monatliche Schmerzensgeldrente; KG Berlin, Urteil vom 16.02.2012 - 20 U 157/10).

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Eine Ersatzpflicht für psychisch vermittelte Beeinträchtigungen - wie hier der Unfalltod naher Angehöriger - wird regelmäßig nur da bejaht, wo es zu gewichtigen psychopathologischen Ausfällen von einiger Dauer kommt, die die auch sonst nicht leichten Nachteile eines schmerzlich empfundenen Trauerfalls für das gesundheitliche Allgemeinbefinden erheblich übersteigen und die deshalb auch nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als Verletzung des Körpers oder der Gesundheit betrachtet wer-den. Die Gesundheitsbeschädigung muss also nach Art und Schwere über das hinausgehen, was nahe Angehörige in derartigen Fällen erfahrungsgemäß an Beeinträchtigungen erleiden (im Anschluss an BGH NJW 1989, 2317). Zum - hier gelungenen - Nachweis dass die Nachricht vom Unfalltod der getrennt lebenden Ehefrau einen Schockschaden im Sinne einer akuten Belastungsreaktion, daneben aber auch eine mittelgradige depressive Episode auslöste, für die der Schädiger aus Gefährdungshaftung einzustehen hat (OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.10.2011 - 1 U 28/11 zu §§ 253, 823 BGB, §§ 7, § 11, 18 StVG):

„... Mit zutreffender Begründung, der das Berufungsgericht folgt, hat das Landgericht entschieden, dass die Klägerin Ziff. 1 keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gemäß §§ 7, 18, 11 StVG, 823, 253 BGB, 115 VVG hat. Insoweit kann auf die Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden (Seite 13/14 des Urteils), denen das Berufungsgericht sich nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage anschließt. Das Berufungsvorbringen der Klägerin Ziff. 1 weist neue Gesichtspunkte nicht auf. In Übereinstimmung mit dem Landgericht vertritt auch das Berufungsgericht die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens nicht vorliegen, da die Klägerin trotz Hinweisen seitens des Gerichts ihren Vortrag über die behauptete bei ihr vorliegende psychische Beeinträchtigung, die über eine normale Trauerreaktion hinausgehe, nicht in ausreichendem Maße substantiiert hat. Die Klägerin hat vorgetragen und trägt auch mit der Berufung vor, sie habe unter Verlustängsten, zeitweise nicht erfolgtem Schulbesuch sowie einer erheblichen Trauerreaktion gelitten und hat sich dabei zunächst auf das Zeugnis einer behandelnden Ärztin berufen, später aber klarstellen müssen, dass sie überhaupt nicht in ärztlicher Behandlung war, sondern lediglich Beratungsgespräche beim Caritas Verband und der Diakonie wahrgenommen hat.

Eine Ersatzpflicht für psychisch vermittelte Beeinträchtigungen - wie hier der Unfalltod der Mutter - werden aber nur da bejaht, wo es zu gewichtigen psychopathologischen Ausfällen von einiger Dauer kommt, die die auch sonst nicht leichten Nachteile eines schmerzlich empfundenen Trauerfalls für das gesundheitliche Allgemeinbefinden erheblich übersteigen und die deshalb auch nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als Verletzung des Körpers oder der Gesundheit betrachtet werden (BGH NJW 1989, 2317, 2318). Die Gesundheitsbeschädigung muss also nach Art und Schwere über das hinausgehen, was nahe Angehörige in derartigen Fällen erfahrungsgemäß an Beeinträchtigungen erleiden (BGH a. a. O.). Derartig pathologisch fassbare Befunde wurden von der Klägerin Ziff. 1 nicht vorgetragen, so dass für die Einholung eines Sachverständigengutachtens die erforderlichen Anknüpfungstatsachen fehlen.

Die Berufung der Klägerin gegen das insoweit klagabweisende Urteil des Landgerichts hat daher keinen Erfolg.

2. Berufung des Klägers Ziff. 2 (in der Folge nur noch: Kläger)

Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Dieser hat gemäß §§ 7, 18, 11 StVG, 823 Abs. 1, 842, 843, 253 BGB, 115 VVG Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes i. H. v. insgesamt € 3.000,00 sowie auf Erstattung seines Verdienstausfalles i. H. v. € 12.021,13, jeweils nebst Zinsen.

Der Kläger hat nachgewiesen (§ 286 ZPO), dass er durch die Nachricht vom Unfalltod seiner Ehefrau zum einen einen Schockschaden im Sinne einer akuten Belastungsreaktion und zum anderen eine mittelgradige depressive Episode erlitten hat, die reaktiv durch den Tod der Ehefrau ausgelöst wurde und die über den gesamten strittigen Zeitraum andauerte. Von dieser für den Berufungsführer zunächst günstigen Folge ist auch das Landgericht in seinem angefochtenen Urteil ausgegangen und geht auch das Berufungsgericht aufgrund des nachvollziehbar begründeten Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. F. vom 31.05.2010 aus. Allerdings hat das Landgericht in der Folge seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die Beklagten haftungsrechtlich nur für die akute Belastungsreaktion einzustehen haben, nicht aber für die mittelgradige depressive Episode aufgrund einer psychischen Fehlverarbeitung. Auch diese Erkrankung habe zwar Krankheitswert im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, die Beklagten müssten dafür aber nicht einstehen, da die Gesundheitsbeschädigung objektiv nicht vorhersehbar gewesen sei.

Dem kann das Berufungsgericht nicht folgen. Zwar trifft es zu, dass der Bundesgerichtshof (in der Folge: BGH) in einer Entscheidung, in der es in erster Linie um seelisch bedingte Folgeschäden ging, ausgeführt, dass dann, wenn es sich bei den psychisch vermittelten Beeinträchtigungen nicht um schadensausfüllende Folgewirkungen einer Verletzung handelt, sondern diese haftungsbegründend erst durch die psychische Reaktion auf ein Unfallgeschehen eintreten, eine Haftung nur dann in Betracht kommt, wenn die Beeinträchtigung zum einen selbst Krankheitswert besitzt, also eine Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellt und zum anderen für den Schädiger vorhersehbar war (BGH NJW 1996, 2425, 2426). Weitere Ausführungen zu diesem Problem hat der BGH in jener Entscheidung nicht gemacht, da es dort nicht darauf ankam. Im Hinblick auf die Vorhersehbarkeit hat der BGH auf ein Urteil vom 03.02.1976 (NJW 1976, 847; richtig: NJW 1976, 1143) verwiesen. In dieser Entscheidung ging es um die rechtliche Zurechenbarkeit einer Gehirnblutung, die durch Erregung über wörtliche und tätliche Beleidigung ausgelöst wurde. Dazu hat der BGH ausgeführt, soweit es um die unmittelbare Verantwortung für den psychisch vermittelten Gesundheitsschaden gehe, sei erforderlich, dass sich das Verschulden des Täters auf diese Auswirkung erstrecke, was in diesem Fall daran scheiterte, dass dem Beklagten die ungewöhnliche Anfälligkeit des Klägers nicht bekannt war, so dass sich für ihn auch keine Verpflichtung ergeben hätte, auf diesen Umstand durch besondere Zurückhaltung Rücksicht zu nehmen.

Diese Erwägungen sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Zunächst geht es hier nicht um reine Verschuldenshaftung, sondern folgt eine Haftung der Beklagten auch aus § 11 StVG, der kein Verschulden voraussetzt. Zu denken wäre daher hier allenfalls an eine Einschränkung der Haftung unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Zurechnungszusammenhangs bzw. des fehlenden Schutzbereichs der Norm. Aber auch an diesen Rechtsgrundsätzen scheitert eine Haftung der Beklagten nicht.

Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass ein Gesundheitsschaden auch durch Einwirkung auf die Psyche des Verletzten in dem Schädiger rechtlich zurechenbarer Weise herbeigeführt werden kann. So war es zur Überzeugung des Berufungsgerichts auch im vorliegenden Fall.

Der Sachverständige Prof. Dr. F. hat bei seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Mosbach vom 13.12.2010 angegeben, dass sowohl die akute Belastungsstörung als auch die depressive Episode voneinander unabhängig auf das gleiche belastende Ereignis zurückzuführen seien, nämlich die Nachricht vom Unfalltod der Ehefrau. Diesen Feststellungen, die in dem schriftlichen Gutachten vom 31.05.2010 im Einzelnen nachvollziehbar erläutert werden, schließt das Berufungsgericht sich, ebenso wie das Landgericht, an.

Eine Zurechnung der von dem Sachverständigen festgestellten psychischen Beeinträchtigungen scheidet im vorliegenden Fall nicht wegen völliger Atypizität des Geschehensablaufs und der daraus resultierenden Folgen aus. Denn bei den psychischen Erkrankungen des Klägers handelt es sich nicht um völlig fernliegende, absolut atypische Folgen nach der Nachricht vom Unfalltod der Ehefrau. Der Sachverständige hat auf Frage des Gerichts angegeben, eine empirische Untersuchung über die statistische Häufigkeit der Ausbildung einer depressiven Episode sei ihm nicht bekannt. Nach seiner therapeutischen Erfahrung sei es zwar eher selten, dass es bei Todesfällen in Familien zu einer derart ausgeprägten depressiven Episoden komme. Es handelte sich allerdings um eine subjektive persönliche Erfahrung von ihm. Seines Erachtens spiele auch eine Rolle, aus welchem Kulturraum der entsprechende Patient komme. Möglicherweise könnten Menschen, die über mehr psychische Kompensationsmöglichkeiten verfügten als der Kläger, innerpsychisch besser mit einem solchen Trauerfall umgehen. Der Kläger habe allerdings keine Disposition für die Ausbildung einer psychischen Erkrankung. Es seien bei ihm lediglich Umstände vorhanden, die die depressive Episode begünstigt hätten, so die einfach strukturierte Persönlichkeit und die histrionische Persönlichkeitsakzentuierung.

Der Sachverständige hat sich auch damit auseinandergesetzt, dass der Kläger, obwohl er zum Zeitpunkt des Unfalltodes seiner Ehefrau bereits mehrere Monate von dieser getrennt gelebt hatte, derart tiefgreifende psychische Beeinträchtigungen davongetragen hat. Auch das führt der Sachverständige auf die eher schlichte Persönlichkeit des Klägers zurück, da dieser die Ehe nie als gescheitert angesehen und auch nicht so erlebt habe, sondern zum Zeitpunkt des Unfalltodes fest davon überzeugt gewesen sei, dass die Eheleute wieder zusammenkommen würden.

Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen beruht somit die depressive Episode auch nicht auf einer besonderen Disposition des Klägers, vielmehr auf der Tatsache, dass der Kläger aufgrund seiner einfach strukturierten Persönlichkeit und seiner histrionischen Persönlichkeitsakzentuierung psychisch mit dem Trauerfall nicht besser umgehen konnte.

Eine derartige psychische Beeinträchtigung, die durch den Unfalltod der - wenn auch getrennt lebenden, was der Kläger als solches aber nicht wahrnehmen wollte - Ehefrau hervorgerufen wird, ist nicht etwas derart Ungewöhnliches und Fernliegendes, dass sie hier als Teil des allgemeinen Lebensrisikos des Geschädigten angesehen werden müsste und deshalb außerhalb des Haftungszusammenhangs, für den der Schädiger einzustehen hat, stehen würde. Vielmehr ist es ohne Weiteres nachvollziehbar, dass ein einfach strukturierter Mensch, der mit dem Unfalltod seiner Ehefrau konfrontiert wird, mangels anderer psychischer Kompensationsmöglichkeiten mit der Entwicklung einer depressiven Episode reagiert.

Der Sachverständige Prof. Dr. F. hat bei seiner mündlichen Befragung auch nicht etwa angegeben, eine derartige Entwicklung sei völlig atypisch, er hat lediglich angegeben, er gehe davon aus, dass sie eher selten vorkomme. Das reicht jedoch nicht aus, um den Zurechnungszusammenhang zu verneinen. Eine Haftungsbeschränkung kommt daher weder unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Zurechenbarkeit in Betracht, noch liegt die Erkrankung des Klägers außerhalb des Schutzzwecks der Norm.

Nach alledem haben die Beklagten auch für die Folgen der depressiven Episode des Klägers einzutreten.

Dies betrifft zum einen den Verdienstausfall des Klägers. Der Sachverständige Prof. Dr. F. hat bestätigt, dass der Kläger in der von ihm geltend gemachten Zeit, nämlich vom 19.09.2003 bis zum 7. März 2005 arbeitsunfähig war. Dem folgt das Berufungsgericht, zumal der Kläger in dieser Zeit auch Krankengeld bezogen hat. Für diese Zeit steht dem Kläger entgangener Verdienst i. H. v. € 12.021,13 zu, der sich wie folgt errechnet: ...

In Abänderung des landgerichtlichen Urteils war dem Kläger daher der oben errechnete Verdienstausfall nebst Zinsen zuzusprechen. Soweit der Kläger einen weitergehenden Verdienstausfall geltend gemacht hat, war die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen. Die höhere Berechnung des Klägers basiert ersichtlich darauf, dass dieser zunächst nur vom Einkommen der letzten drei Monate ausgegangen war und die Zahlungen der Krankenkasse zu niedrig angesetzt hatte.

Der Kläger hat weiter Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, das das Berufungsgericht mit € 3.000,00 bemisst. Dabei war zum einen zu berücksichtigen, dass den Kläger der Tod seiner Ehefrau schwer getroffen hat und er deshalb daraufhin zunächst eine akute Belastungsreaktion erlitten hat und zum anderen über einen längeren Zeitraum hinweg an einer depressiven Episode mit der Folge der Arbeitsunfähigkeit erkrankt war. Unter Billigkeitsgesichtspunkten war allerdings auf der anderen Seite auch zu berücksichtigen, dass der Kläger den Unfalltod seiner Ehefrau nicht selbst miterlebt hat und von dieser bereits seit mehreren Monaten getrennt gelebt hatte, so dass zum Zeitpunkt des Unfalltodes eine eheliche Gemeinschaft nicht bestand. Zu berücksichtigen war auch, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen die depressive Episode mit der besonderen Persönlichkeit des Klägers zu erklären ist, der zwar keine Disposition für die Ausbildung einer psychischen Erkrankung hatte, aber doch wegen besonderer Umstände wie der einfach strukturierten Persönlichkeit und der histrionisch akzentuierten Persönlichkeit mit sehr geringen kognitiven Möglichkeiten derart schwer auf den Tod der Ehefrau reagierte. Diese Gesichtspunkte sind anspruchsmindernd zu berücksichtigen (vgl. dazu Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 30 Rn. 14, 15). Nach alledem erscheint ein Schmerzensgeld i. H. v. € 3.000,00 nebst Zinsen angemessen, aber auch ausreichend. Dieser Betrag entspricht dem, was allgemein an Schmerzensgeld für derartige psychische Beeinträchtigungen zugesprochen wird (vgl. dazu Geigel/Pardey, Kap. 7 Rn. 72 f.). Soweit der Kläger ein höheres Schmerzensgeld begehrt, war die Klage ab- und die Berufung zurückzuweisen. ..."

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Begibt sich eine Kundin in einen Friseursalon, um sich die Haare entkrausen zu lassen und erleidet sie in Folge der fehlerhaften Behandlung durch den Friseur Hautverätzungen und einen kompletten Verlust des Haupthaares, so ist ein Schmerzensgeld von € 4.000,00 angemessen (OLG Bremen, Urteil vom 11.07.2011 - 3 U 69/10 zu §§ 249 Abs 1, 252, 253 Abs 2, 280 Abs 1, 631 BGB):

„... I. Die Klägerin macht Ansprüche gegen die Beklagte wegen einer fehlgeschlagenen Friseurbehandlung geltend. Die Beklagte führt unter der Firma "A." einen Friseursalon für Rastazöpfe und Haarverlängerung in der L.-Straße […] in B.. In zweiter Instanz ist unstreitig geworden, dass die Klägerin sich am 26. Oktober 2009 in den Friseursalon der Beklagten begeben hat, um ihre Haare dort entkrausen zu lassen und dass es dabei zu Hautverätzungen und Haarverlust gekommen ist.

Die Klägerin hat erstinstanzlich ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von EUR 5.000,00 für angemessen gehalten, nachdem sie vorprozessual einen Schaden von EUR 1.571,00 verlangt hatte.

Darüber hinaus hat die Klägerin Ersatz einer Kostenpauschale von EUR 25,00 begehrt. Zusätzlich seien ihr Attestkosten in Höhe von EUR 15,00 sowie EUR 5,46 entstanden. Zudem habe sie EUR 31,00 für den weiteren notwendigen Friseurbesuch am 28. Oktober 2009 aufwenden müssen, um ihr stark verbranntes/verätztes Haar zu entfernen und so die Heilung zu beschleunigen. Weiterhin sei ihr ein Verdienstausfall in Höhe von EUR 300,00 entstanden. Zudem müsse die Klägerin ihr vorgerichtlich entstandene Kosten ersetzen, da die Beklagte durch anwaltliches Schreiben vom 26.11.09 aufgefordert worden sei, einen vorläufig bezifferten Schadensersatzvorschuss in Höhe von EUR 1.571,00 an die Klägerin zu zahlen. Wegen der Berechnung der vorgerichtlichen Kosten wird auf S. 6 der Klage verwiesen. Diese Kosten seien zwar von der Rechtsschutzversicherung der Klägerin beglichen worden. Die Klägerin dürfe diese Kosten gleichwohl im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen. Schließlich hat die Klägerin Feststellung der Ersatzfähigkeit von Zukunftsschäden begehrt. Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld in der Größenordnung von EUR 5.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.10.09, sowie weiterer EUR 376,45 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aufgrund der Behandlung im Friseursalon der Beklagten am 26.10.09 noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergehen,
3. die Beklagte weiter zu verurteilen, an die Klägerin EUR 229,55 an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat erstinstanzlich bestritten, dass die Klägerin in ihrem Friseursalon die entsprechende Behandlung habe durchführen lassen und dass es dabei zu Verätzungen/Beschädigungen der Haare gekommen sei.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Ö., A., P., Dr. T. und Dr. A.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 14. Juli und 06. Oktober 2010 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 22.10.2010, berichtigt mit Beschluss vom 14.12.2010, hat das Landgericht der Klage in Höhe von EUR 1.551,46 nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass der Klägerin zwar gegen die Beklagte ein Schmerzensgeldanspruch aus §§ 611, 280, 253 Abs. 2 BGB zustehe, jedoch nicht in der begehrten Höhe. Denn das Gericht sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass sich die Klägerin am fraglichen Tage tatsächlich zur Entkrausung ihrer Haare in den Friseursalon der Beklagten begeben, danach über Schmerzen auf dem Kopf geklagt habe und Verätzungen an ihrem Haar festzustellen gewesen seien. Danach sei davon auszugehen, dass zwischen den Parteien ein Dienstvertrag über die Entkrausung des Haars der Klägerin geschlossen worden sei, den die Beklagte - ob selbst oder durch eine Erfüllungsgehilfin nach § 278 BGB - schuldhaft schlecht erfüllt habe, was unter den weiter gegebenen Voraussetzungen von § 253 Abs. 2 BGB auch zu einem Schmerzensgeldanspruch der Klägerin führe. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls könne der Klägerin jedoch nur ein Schmerzensgeld von EUR 1.500,00 zuerkannt werden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung. Zudem seien auch keine dauernden Schäden zurückgeblieben. Auch eine besonders hartnäckige Verweigerung des Schadensausgleichs sei nicht ersichtlich. Weiter stehe der Klägerin aus §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB die Kosten für den am 28. Oktober 2009 erfolgten Friseurbesuch und die geltend gemachten Attestkosten zu. Anspruch auf den Ersatz einer Unkostenpauschale habe die Klägerin nicht. Diese werde nach ständiger Rechtsprechung der Bremischen Gerichte außer in Fällen von Verkehrsunfällen nicht anerkannt. Ohne Erfolg verlange die Klägerin auch Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Sie habe selbst mitgeteilt, diese seien von ihrer Rechtsschutzversicherung erstattet worden. Ein entsprechender Antrag habe deshalb auf Zahlung an die Rechtsschutzversicherung lauten müssen. Zinsen stünden der Klägerin gem. §§ 286, 288 BGB auf den ausgeurteilten Betrag ab Zugang des anwaltlichen Mahnschreibens vom 26. November 2009, vermutet am 30. November 2009, nicht aber schon ab 27. Oktober 2009 zu.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der Begründung der Entscheidung im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit der Berufung wendet sich die Klägerin teilweise gegen die erstinstanzliche Entscheidung, so weit die Klage abgewiesen wurde. Der Feststellungsantrag wird nicht mehr weiter verfolgt. Sie ist vor allem der Auffassung, dass das Landgericht das Schmerzensgeld zu niedrig angesetzt habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie durch die akuten Verletzungen etwa vier Monate lang beeinträchtigt gewesen sei, weitere sechs Monate lang durch das Tragen einer Perücke. Sie sei eine modebewusste Person, die sich innerhalb der ersten vier Monate kaum vor die Tür getraut habe. Für die ersten vier Monate sei ein Schmerzensgeld von EUR 25,00 /Tag, für weitere sechs Monate von EUR 10,00 pro Tag angemessen, insgesamt EUR 5.400,00. Auch könne sie die Unkostenpauschale verlangen, da ihr Telefon-, Porto- und Fahrtkosten tatsächlich entstanden seien. So habe die Klägerin mehrere, im einzelnen aufgeführte Behandlungen und Termine telefonisch vereinbaren und sich zu diesen begeben sowie eine Zuzahlung zur Perücke in Höhe von EUR 39,90 leisten müssen. Damit aber seien Unkosten in Höhe von EUR 25,00 in jedem Fall entstanden. Zudem habe sie auch einen Verdienstausfall von EUR 300,00 hinnehmen müssen. Die Abweisung dieses Betrages begründe das Landgericht überhaupt nicht. Wegen ihrer offensichtlichen Beeinträchtigungen habe sie von November 2009 bis Februar 2010 nicht ihrer Tätigkeit als Aushilfe in einer Gaststätte (monatlicher Lohn von EUR 75,00) nachgehen können, ohne dass es des Nachweises durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bedürfe. Schließlich sei die Geltendmachung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft möglich, wozu sie durch ihre Versicherung auch aufgefordert worden sei. Jedenfalls habe das Landgericht auf die gegenteilige Auffassung hinweisen müssen. Die Klägerin beantragt, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin über das erstinstanzlich zuerkannte Schmerzensgeld hinaus ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld in der Größenordnung von EUR 3.500,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2009, sowie weiterer EUR 325,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an die Klägerin EUR 229,55 an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem jetzigen Antrag zu Ziff. 2 wird beantragt,
3. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an die R. Rechtsschutz-VersicherungsAG, […], zur Schaden Nr. […], EUR 229,55 an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen. Sie stellt zwar nunmehr unstreitig, dass die Klägerin in ihrem Salon behandelt wurde und dies zu Hautveränderungen und Haarverlust geführt hat. Ein höheres Schmerzensgeld als ausgeurteilt stehe der Klägerin aber nicht zu. Aus den Attesten und der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergebe sich, dass die Verletzungen mit den Folgen eines nicht nur leichten Sonnenbrandes vergleichbar seien und die Klägerin am 09.11.2010 bereits wieder erscheinungsfrei gewesen sei, am 03.11.2010 jedenfalls beinahe. Der Haarverlust habe problemlos durch das Tragen einer Perücke ausgeglichen werden können. Zur Kostenpauschale schließe sich die Beklagte den Ausführungen des Landgerichts an. Ein Verdienstausfall stehe der Klägerin nicht zu, da sie nicht krankgeschrieben gewesen und nicht ersichtlich sei, warum ihr die Tätigkeit nicht möglich gewesen sein sollte. Das Schreiben der Rechtsschutzversicherung sei als neuer Sachvortrag nicht beachtlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 511 Abs. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§§ 511 Abs. 2, 517, 519, 520 ZPO). Sie ist zumindest teilweise auch begründet, da die Klage zulässig (1.) und überwiegend begründet ist (2.).

1. So weit die Klägerin vorliegend mit den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten Ansprüche geltend macht, die unstreitig von ihrer Rechtsschutzversicherung beglichen worden sind, steht dies insoweit der gerichtlichen Geltendmachung der Forderung im eigenen Namen im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft nicht entgegen. Zulässig ist eine solche dann, wenn eine Ermächtigung des Anspruchsinhabers vorliegt, die Klägerin ein eigenes rechtliches Interesse an der Prozessführung hat und keine ungerechtfertigten Nachteile beim Prozessgegner entstehen; Zahlung muss grundsätzlich an den Anspruchsinhaber verlangt werden (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., vor § 50 RN 42 ff.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend zumindest mit dem hilfsweise gestellten Antrag erfüllt.

Eine Ermächtigung durch den Rechtsinhaber hat die Klägerin zumindest in zweiter Instanz substantiiert vorgetragen, ohne dass dem die Beklagte erheblich entgegengetreten wäre. Angesichts des Umstandes, dass die Kammer die Klage insofern abgewiesen hat, ohne zuvor einen entsprechenden Hinweis gemäß § 139 ZPO zu erteilen, ist die Klägerin entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten mit diesem Vortrag auch nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Zudem reicht es für das eigene rechtliche Interesse der Klägerin an der Prozessführung grundsätzlich aus, wenn der ursprüngliche Gläubiger einer übergegangenen Forderung diese einklagt (Zöller, aaO, RN 49). Damit aber ist die vorliegende Konstellation vergleichbar. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind zunächst der Klägerin entstanden. Aufgrund des Versicherungsverhältnisses hat die Rechtsschutzversicherung diese übernommen, so dass es nun ihre Regressforderung ist, die sie durch die Klägerin geltend machen will. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass dadurch der Beklagten ungerechtfertigte Nachteile entstünden.

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Höhe von EUR 4.000,00 aus §§ 634 Nr. 4, 280, 253 Abs. 2 BGB, auf Erstattung der geltend gemachten Unkosten in Höhe von EUR 25,00 aus 3 280 BGB sowie auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 229,55 aus §§ 280, 286 BGB, jeweils nebst Zinsen. Allerdings sind die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten entsprechend dem Hilfsantrag an die Rechtsschutzversicherung der Klägerin zu zahlen. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht.

a. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Schmerzensgeld aus den §§ 634 Nr. 4, 280, 253 Abs. 2 BGB besteht dem Grunde nach ohne weiteres. Denn die Beklagte hat - in zweiter Instanz unstreitig - die der Klägerin nach Auffassung des Senates aufgrund eines Werkvertrages gemäß § 631 BGB geschuldete Haarentkrausung mangelhaft ausgeführt bzw. durch eine für sie im Sinne des § 278 BGB tätige Person ausführen lassen, wodurch es zu Verletzungen und Haarverlust bei der Klägerin gekommen ist. Eine Nachfristsetzung ist in entsprechenden Fällen ebenso sinnlos wie entbehrlich (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 70. Aufl., § 634 RN 8) und dementsprechend auch nicht Voraussetzung eines Schadensersatzanspruches. Der Höhe nach liegt der hierfür anzusetzende Schmerzensgeldbetrag jedoch über demjenigen, den die Kammer ausgeurteilt hat.

Die nach Billigkeit festzusetzende Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich insbesondere nach der Schwere der Verletzung und des dadurch ausgelösten Ausmaßes an Leiden unter Berücksichtigung von Art, Dauer und Schwere (Jauernig-Teichmann, 13. Aufl., § 253 RN 5). Berücksichtigt werden können dabei auch Faktoren wie der Verlust an Lebensfreude durch entstellende Verletzungen (vgl. BeckOK, § 253 RN 30). Auch dem Gedanken, dass für vergleichbare Verletzungen ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, kommt besondere Bedeutung zu (vgl. Palandt-Grüneberg, 70. Aufl., § 253 RN 15). Erhöhend kann auch das Regulierungsverhalten berücksichtigt werden (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 15.10.2007, NJW-RR 2008, 693), jedenfalls wenn ein Geschädigter sich dadurch gekränkt oder verächtlich gemacht fühlt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.03.2001, NJW-RR 2002, 962). Die Anwendung der genannten Maßstäbe führt vorliegend zur Festsetzung eines Schmerzensgeldes in Höhe von insgesamt EUR 4.000,00.

Dabei ist nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme zwar nicht davon auszugehen, dass die unfachmännische Behandlung zu einem Dauerleiden bei der Klägerin geführt hat. Jedoch hat diese über einen nicht unerheblichen Zeitraum an Schmerzen durch die akute Verletzung gelitten. Wenn diese auch im Folgenden abgeklungen sind, so war sie doch über Monate gezwungen, wegen der Notwendigkeit, die Haare ganz entfernen zu lassen, eine Perücke zu tragen. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten geht der Senat davon aus, dass ein kompletter Haarverlust gerade nicht ohne weiteres durch das Tragen einer Perücke ausgeglichen werden kann. Vielmehr stellt das Erfordernis, eine Perücke zu tragen, offensichtlich eine erhebliche psychische Belastung dar. Dementsprechend ist etwa der Schmerzensgeldtabelle von Hacks/Ring/Böhm, 29. Aufl., zu entnehmen, dass ein Schmerzensgeldbetrag in Höhe von EUR 1.500,00, wie von der Kammer ausgeurteilt wurde, sowohl vom OLG Köln als auch vom AG Duisburg bereits zugesprochen worden sind, wenn nach einer missglückten Haarbehandlung (ohne zusätzliche Verletzungen) ein komplettes Abschneiden des Kopfhaares erforderlich geworden war bzw. dieses abbrach, so dass eine Perücke getragen werden musste (OLG Köln, Urteil vom 07.01.2000, VersR 2001, 651 und AG Duisburg, Urteil vom 16.008.1989, zitiert nach Hacks/Ring/Böhm, aaO, Nr. 324 und 250). Höhere Beträge sind demgegenüber bei nachhaltigen Schädigungen anzusetzen (vgl. etwa AG Erkelenz, Urteil vom 05.01.1994, VersR 1995, 797, bei nachhaltiger Schädigung des Haarwuchses, zitiert nach Hacks/Ring/Böhm, aaO, Nr. 683). Zudem muss bei den genannten Entscheidungen angesichts des Zeitablaufs die inzwischen eingetretene Geldentwertung mitberücksichtigt werden (vgl. Palandt-Grüneberg, aaO, § 253 RN 15). Hinzu kommt, dass die Beklagte nicht nur zunächst die Zahlung komplett verweigert, sondern im Verlauf der ersten Instanz der Klägerin zudem unterstellt hat, die Folgen einer selbst vorgenommenen, unfachmännischen Haarglättung der Beklagten anlasten zu wollen, deren Salon sie tatsächlich gar nicht aufgesucht habe. Diese Behauptung, die offensichtlich unzutreffend war und inzwischen auch nicht mehr aufrecht erhalten wird, ist als zusätzliche Kränkung der Klägerin Schmerzensgeld erhöhend zu berücksichtigen. Nach alledem erscheint dem Senat der ausgeurteilte Betrag als insgesamt angemessen, nicht jedoch die darüber hinausgehende Forderung der Klägerin.

b. Einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280, 249, 252 BGB wegen des Verdienstausfalls als entgangenem Gewinn besteht demgegenüber nicht.

Zwar ist entgangener Verdienst aus abhängiger Arbeit grundsätzlich zu entschädigen, da auch Vermögensvorteile, die aufgrund des Schadensereignisses dem Geschädigten nicht zufließen, zu ersetzen sind (vgl. Palandt-Grüneberg, aaO, § 252 RN 1, 7). Voraussetzung ist aber immer, dass der Schaden durch das schädigende Ereignis kausal verursacht wurde. Dies ist vorliegend nicht feststellbar, da es an ausreichendem Vortrag der insofern darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin fehlt, worauf die Beklagtenseite auch hingewiesen hat. Insbesondere ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen, dass ihr ein Ausüben ihrer gewohnten Tätigkeit nicht möglich gewesen wäre. Zwar erscheint es zumindest für die ersten Tage der akuten Verletzung nachvollziehbar, dass eine Tätigkeit in der Gastronomie nicht möglich gewesen sein dürfte. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Klägerin, die einen monatlichen Verdienst von EUR 75,00 für eine Aushilfstätigkeit angegeben hat, nur in sehr begrenztem Umfang gearbeitet haben kann. Dass dies zwingend in der Zeit der akuten Verätzung hätte erfolgen müssen bzw. geplant war, trägt sie selbst nicht vor. Ebenso wenig belegt sie eine über die ersten Tage hinausgehende Arbeitsunfähigkeit mittels einer entsprechenden Bescheinigung oder behauptet auch nur, dass ihr Arbeitsgeber sie in dieser Zeit nicht habe einsetzen können oder wollen. Allein dass es der Klägerin längere Zeit unangenehm gewesen sein mag, unter Menschen zu gehen, reicht jedenfalls im Rahmen des geltend gemachten Verdienstausfalls als Anspruchsbegründung nicht aus.

c. Hingegen steht der Klägerin aus § 280 BGB ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten EUR 25,00 für entstandene Unkosten zu. Dabei mag es dahinstehen, ob in der vorliegenden Fallkonstellation ein solcher Betrag pauschal geltend gemacht werden kann oder nicht. Denn jedenfalls hätte es zumindest eines Hinweises des Landgerichtes bedurft, dass insofern ein Pauschalbetrag nicht anerkannt werde und es konkreten Vortrages bedürfe. An einem solchen Hinweis aber hat es gefehlt. In zweiter Instanz hat die Klägerin nunmehr vorgetragen, wodurch ihr die konkreten Kosten entstanden seien. Die Beklagte hat lediglich auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen, den Vortrag der Klägerin an sich aber nicht bestritten. Dieser rechtfertigt aber zumindest, der Klägerin die begehrten EUR 25,00 zuzusprechen. ..."

***

Eine Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen verzögerter Regulierung scheidet aus, solange der Haftpflichtversicherer berechtigte Zweifel hegen darf, dass das eigene Verschulden des Versicherungsnehmers vollständig hinter das grobe Mitverschulden des Geschädigten zurücktreten werde. Eine Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen verzögerter Regulierung kommt nur dann in Betracht, wenn - wozu klägerischer Sachvortrag erforderlich ist - die verzögerte Zahlung schutzwürdige Interessen des Schuldners beeinträchtigt (OLG Saarbrücken, Urteil vom 27.07.2010 - 4 U 585/09 - 166):

„... 4. Darüber hinaus steht der Klägerin aus übergegangenem Recht auch unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung gem. § 11 S. 2 StVG ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld zu. Hinsichtlich der Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldes bedarf die angefochtene Entscheidung jedoch der Korrektur:

a) Das Schmerzensgeld verfolgt vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden zu verschaffen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien (vgl. BGHZ 18, 149, 154). Als objektivierbare Umstände besitzen vor allem die Art der Verletzungen, Art und Dauer der Behandlungen sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein besonderes Gewicht. Hierbei zählen das Entstehen von Dauerschäden, psychischen Beeinträchtigungen und seelisch bedingten Folgeschäden zu den maßgeblichen Faktoren (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO., § 253 Rdnr. 17; Erman/I. Ebert, BGB, 12. Aufl., § 253 Rdnr. 20 ff.).

Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen. Die beruflichen Folgen der Verletzung und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes (Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl., § 253 Rdnr. 10). Hierbei kommt es nicht zuletzt auf das Alter des Geschädigten an: Ein und dieselbe Beeinträchtigung wird nicht in jedem Lebensalter gleich gravierend empfunden.

Auch das Mitverschulden des Verletzten ist ein wichtiger Bemessungsfaktor, der freilich nicht zu einer quotenmäßigen Begrenzung des Anspruchs führen darf (Palandt/Grüneberg, aaO, § 253 Rdnr. 20).

Bei der Schmerzensgeldbemessung verbietet sich eine schematische, zergliedernde Herangehensweise. Einzelne Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen dürfen nicht gesondert bewertet und die so ermittelten Beträge addiert werden. Vielmehr ist die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten Falls zu ermitteln, wobei die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder einen gewissen Anhaltspunkt bieten können, ohne jedoch zwingend zu einer bestimmten ‚richtigen' Schmerzensgeldhöhe zu führen (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.1976 - VI ZR 216/74, VersR 1976, 967 f.; Beschl. v. 1.10.1985 - VI ZR 195/84, VersR 1986, 59).

b) Im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt prägen die ganz erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen die Bemessung des Schmerzensgeldes:

aa) Der Geschädigte erlitt eine Oberschenkelhalsfraktur, die zunächst mittels Implantation eines Femurnagels operativ versorgt wurde und einen Krankenhausaufenthalt bis zum 10.1.2003 erforderlich werden ließ. Am 10.1.2003 verschlechterte sich eine bereits zuvor aufgetretene Desorientiertheit, weshalb der Geschädigte in die Klinik verlegt wurde. Dort wurde die Diagnose eines subduralen Hämatoms gestellt, dessen Unfallursächlichkeit im zweiten Rechtszug nicht im Streit steht. Die Versorgung dieses Hämatoms erforderte im Zeitraum bis zum 12.2.2003 mehrere operative Eingriffe, bevor er in die neurologische Frührehabilitation der K. überwiesen wurde. Während dieses Klinikaufenthalts wurde der Geschädigte parenteral ernährt. Schließlich schloss sich bis zum 20.5.2003 ein weiterer Klinikaufenthalt an (alle Angaben sind dem Gutachten V. entnommen; GA II Bl. 227 ff.). Allein die primäre Krankenhausbehandlung der Unfallverletzungen rechtfertigt die Zuerkennung eines ganz erheblichen Schmerzensgeldes.

bb) Allerdings wurden die durch die Versorgung der Primärverletzungen entstandenen Beschwerden durch die Folgewirkungen des Verletzungsbildes bei weitem übertroffen: So führte insbesondere der neurologische Befund dazu, dass der Geschädigte sukzessive seine Selbständigkeit verlor: Im Entlassungsbefund des S. ist vermerkt, dass der Geschädigte zwar in der Lage war, in Begleitung über 20 - 40 m zu gehen. Transfers und Lagewechsel mussten jedoch mit Hilfe durchgeführt werden. Durch deutliche kognitive Defizite war eine Umsetzung von Übungsaufträgen nur sehr bedingt möglich, weshalb der Geschädigte für nahezu alle Verrichtungen auf Hilfe angewiesen war (GA II Bl. 234). Der Geschädigte war in allen Ebenen desorientiert, litt unter einer reduzierten Aufmerksamkeit, unter einer erschwerten Auffassung und einer verminderten Merkfähigkeit. Er wurde schließlich zu einem Pflegefall. Insbesondere das subdurale Hämatom führte zu einer massiven Halbseitenlähmung rechts mit nahezu vollständiger Aufhebung der Bewegungsfähigkeit. Unter diesem bedauernswerten Zustand musste der Geschädigte vom Unfall im November 2002 bis zu seinem Tod im August 2007 nahezu fünf Jahre leiden. Dieser lange Zeitraum relativiert den Umstand, dass den Geschädigten aufgrund seines hohen Alters die Beeinträchtigung seiner Lebensführung bei objektiver Betrachtung nicht in gleichem Maße traf wie einen jungen Menschen.

c) Soweit das Landgericht in der Verzögerungstaktik ein das Schmerzensgeld erhöhendes Moment erblickt hat, vermögen die Argumente des Landgerichts letztlich nicht zu überzeugen:

aa) Zwar entspricht es anerkannten Rechtsprechungsgrundsätzen, dass die verzögerte Schadensregulierung als Bemessungsfaktor Beachtung finden kann. Dies setzt jedoch voraus, dass sich der leistungsfähige Schuldner einem erkennbar begründeten Anspruch ohne schutzwürdiges Interesse widersetzt (Palandt/Grüneberg, aaO, § 253 Rdnr. 17; vgl. OLGR Nürnberg, 2007, 112 = MDR 2007, 718; Naumburg, NJW-RR 2002, 672; 2008, 693; VersR 2010, 73). Hinzu kommt, dass die Erhöhung des Schmerzensgeldes keinen Sanktionscharakter besitzen darf, sondern nur dann gerechtfertigt ist, wenn die verzögerte Zahlung das gem. § 253 BGB geschützte Interesse des Gläubigers beeinträchtigt. Davon ist etwa dann auszugehen, wenn der Geschädigte unter der langen Dauer der Schadensregulierung leidet. Aber auch dann, wenn der Gläubiger den Schadensersatz dazu verwenden kann, um die Auswirkungen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu lindern, ist es geboten, der Verzögerung der Schadensregulierung durch eine Anhebung des Schmerzensgeldes Ausdruck zu verleihen. Im vorliegenden Rechtsstreit liegen diese Voraussetzungen nicht vor:

bb) Zunächst ist von Relevanz, dass die Beklagten berechtigte Zweifel hegen durften, ob mit Blick auf das doch erhebliche Mitverschulden des Geschädigten überhaupt noch ein eigener Haftungsanteil verbleiben werde. Mithin fehlt es bereits am Nachweis eines erkennbar begründeten Anspruchs. Schließlich greift die Klägerin auch in der Berufungserwiderung das zutreffende Argument der Beklagtenseite nicht auf, dass kein qualifizierter Sachvortrag dazu gehalten worden ist, dass der Geschädigte unter der verzögerten Leistung des Schmerzensgeldes tatsächlich litt. In diesem Zusammenhang weisen die Beklagten mit Recht darauf hin, dass der Geschädigte selbst mehr als drei Jahre verstreichen ließ, bis er sich dazu entschloss, Klage zu erheben.

d) Obwohl das Landgericht unter Auswertung der Schmerzensgeldtabelle für vergleichbare Verletzungen Schmerzensgeldbeträge in Höhe von durchschnittlich 70 bis 80.000 EUR nachgewiesen hat, erachtet der Senat in der Ausgangsberechnung ein Schmerzensgeld von 100.000 EUR für angemessen. Der Senat nimmt zum Nachweis der Kasuistik ergänzend auf folgenden Entscheidungen Bezug: OLG Stuttgart, Urt. v. 13.5.2008 - 1 U 75/07 (100.000 EUR); KG, NJW-RR 203, 24 (ständige ambulante Nachbehandlung erforderlich nach Hirnschädigung: 110.000 EUR); OLG Zweibrücken, Urt. v. 24.6.1998 - 1 U 172/97 (125.000 EUR; Hirnschädigung eines jüngeren Verletzten, kein Pflegefall); KG, Urt. v. 22.3.1993 - 12 U 99/92 (175.000 EUR; Hirnschädigung mit Dauerbeeinträchtigung; Geschädigte war junge Frau). Mit Blick auf das hohe Mitverschulden des Geschädigten verbleibt ein Schmerzensgeld von 25.000 EUR. ..."

***

Ist eine ärztliche Befunderhebung selbst nicht fehlerhaft, sondern beanstandet der Patient lediglich, dass der Arzt weitere Befunde nicht erhoben hat, so kann der Arzt für die durchgeführten Befunderhebungen auch Honorar beanspruchen. Der Schmerzensgeldanspruch steht gemäß § 253 Abs. 2 BGB nur dem Verletzten zu. Einen indirekten Schmerzensgeldanspruch der nicht selbst vom Behandlungsfehler betroffenen Mutter des Patienten, die gleichsam als Reflex mit ihrem Kind mitgelitten hat, kennt das Gesetz dagegen nicht (OLG Naumburg, Urteil vom 11.12.2008 - 1 U 12/08 zu § 253 II BGB).

***

„... Der Kl. begehrte Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall vom 1. 11. 2004, an dem er als Fahrer eines Mountainbikes und der zum Unfallzeitpunkt 77-jährige Bekl. als Halter und Fahrer eines Pkw beteiligt waren.

Der Kl. fuhr zusammen mit dem Zeugen L kurz vor dem Bekl. in eine Straße ein, die der Bekl. ebenfalls zum Ziel hatte. Der Bekl. hupte und fuhr an den Radfahrern vorbei, woraufhin der Kl. ihm den erhobenen Mittelfinger zeigte. Nachdem der Bekl. und ihm nachfolgend der Kl. und Zeuge L in die Zufahrtsstraße abgebogen waren, versuchte der Kl. in einer leichten Linkskurve den Bekl., der sehr langsam fuhr, zu überholen. Der Bekl. lenkte gleichzeitig sein Fahrzeug so weit nach links, bis er sich ganz auf der linken Fahrbahnseite befand und der links neben ihm fahrende Kl. mit der Hand auf die Motorhaube des Wagens schlug. Als es dem Kl. gelang, an dem Bekl. vorbeizukommen und er frontal vor dem Pkw fuhr, kam er zu Fall und geriet unter das Fahrzeug, wo er noch mindestens 20 Meter mitgeschleift wurde und darunter eingeklemmt blieb. Der Bekl. blieb bei laufendem Motor zunächst in dem Fahrzeug sitzen, bis er nach Intervention des Zeugen L den Motor abschaltete und gemeinsam mit dem Zeugen den schwerverletzten Kl. mit zwei Wagenhebern befreite.

Der Kl. zog sich bei dem Unfall unter anderem einen Beckenbruch rechts, eine distrale Radiusfraktur linksseitig, einen Schädelbruch, eine Orbitabodenfraktur rechts, eine Unterkieferfraktur sowie Verbrennungen am rechten Oberschenkel durch das Festklemmen am heißen Auspufftopf zu. Die Verletzungen machten mehrere operative Behandlungen erforderlich, unter anderem die Stabilisierung des Beckenringes mit externer Fixatur, eine offene Fraktur-Reposition des rechten Jochbeinkörpers, eine Okklusionssicherung der Unterkieferfraktur und auf Grund einer Hautnekrose das Abtragen einer etwa handgroßen Fläche des verbrannten Gewebes bis zu einer Tiefe von fast 1 cm und das Transplantieren neuen, vom Oberschenkel zu diesem Zwecke entfernten Gewebes. Der Kl. war bis zum 31. 12. 2004 zu 100%, bis zum 11. 1. 2005 zu 80% und bis zum 27. 3. 2005 zu 70% erwerbsunfähig; es folgten weitere krankengymnastische Behandlungen. Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Bekl. lehnte unter Hinw. auf § 152 VVG eine Einstandspflicht wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Unfalls ab. Durch Urteil des AG Saarbrücken vom 7. 12. 2005 wurde der nicht vorbestrafte Bekl. wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde mit der Auflage, an den Kl. ein Schmerzensgeld von 10 000 Euro in monatlichen Raten zu 500 Euro zu zahlen. Hierauf hat der Bekl. bis zum Abschluss der ersten Instanz einen Betrag von 4500 Euro gezahlt. Die Parteien haben die Hauptsache in dieser Höhe übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Kl. begehrte zuletzt einen Schadensersatz von 8898,16 Euro sowie Schmerzensgeld in Höhe von deutlich über 10 000 Euro, weil er nach wie vor an den Folgen des Unfalls leide. Der Bekl. hat zum Unfallhergang behauptet, er habe nicht vorsätzlich gehandelt. Der Kl. habe sich zunächst im toten Winkel befunden, und die Linksbewegung seines Pkws sei allein durch den Straßenverlauf bedingt gewesen. Durch das Schlagen auf die Motorhaube habe er sich erschrocken und habe möglicherweise unbewusst nach links eingelenkt. Er habe keinesfalls sein Fahrzeug beschleunigt oder den Kl. schneiden oder abdrängen wollen, vielmehr sei er vom Bremspedal gerutscht.

Das LG hat den Bekl. nach Anhörung mehrerer Zeugen zur Zahlung von Schadensersatz in beantragter Höhe und Schmerzensgeld in Höhe weiterer 20 500 Euro verurteilt. Der Bekl. wandte sich gegen die Feststellung des LG, er habe den Unfall vorsätzlich herbeigeführt und sei zur Zahlung eines weiteren, den Betrag von 10 500 Euro übersteigenden Schmerzensgeldes verpflichtet. Die Berufung hatte keinen Erfolg. ...

II. A. 1. Dem Kl. steht gem. §§ 823 I, 253 II BGB, §§ 7, 18 StVG ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 25 000 Euro auf Grund des Schadensereignisses zu. Die verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des LG tragen die Annahme vorsätzlichen Handelns seitens des Bekl. ...

2. Unter Berücksichtigung des
- nachgewiesenen Vorsatzes seitens des Bekl. und
- der nachgewiesenen Verletzungen und Verletzungsfolgen des Kl.
ist ein Gesamtschmerzensgeld in Höhe von 25000 Euro angemessen. Das BerGer. ist bei der Festlegung der Höhe des Schmerzensgeldanspruchs nicht auf eine Rechtsfehlerkontrolle der erstinstanzlichen Ermessensausübung beschränkt, sondern nach §§ 546, 513 ZPO berechtigt und verpflichtet, auf der Grundlage der gegebenenfalls nach § 529 ZPO bindend festgestellten Tatsachen eine eigene Bemessung vorzunehmen (BGH, NJW 2006, 1589 = MDR 2006, 1123; OLG Brandenburg, VersR 2005, 953 [954] = BeckRS 2005, 00763; Schumann/Kramer, Berufung in Zivilsachen, 7. Aufl., Rdnr. 453). Die maßvolle Angabe des Kl., er halte ein Schmerzensgeld weit über 10000 Euro für gerechtfertigt, steht der Zuerkennung eines höheren Betrags im Hinblick auf § 308 ZPO nicht entgegen (BGH, NJW 1996, 2425).

a) Der Kl. hat durch den Unfall die nachgewiesenen und von der Berufung nicht in Zweifel gezogenen schweren und schmerzhaften Verletzungen erlitten, an deren Folgen er nach wie vor leidet und die in Form von erheblichen Narbenbildungen aus heutiger Sicht nicht reversibel sind. Durch die mehrfachen Operationen im Becken- und Jochbeinbereich war der Heilungsverlauf für den Kl. mit erheblichen Einschränkungen verbunden. Eine Erwerbsunfähigkeit bestand in Höhe von 100% für etwa zwei Monate, in Höhe von 80% weitere zwei Wochen und in Höhe von 70% für weitere zehn Wochen. Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass der Kl. nach seiner glaubhaften und nachvollziehbaren Einlassung bei dem Unfall Todesangst hatte, insbesondere während des Mitschleifens unter dem Pkw des Bekl. und in dem Zeitraum, bis er befreit wurde. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens leidet er nach wie vor unter Schlafstörungen sowie Angstträumen. Trotz des ärztlich attestierten ausgesprochen guten Heilungsverlaufs stehen Dauerschäden auf Grund der vielzähligen knöchernen Verletzungen im Raum und sind positiv festgestellt in Form der äußerlichen Entstellungen des Kl. durch die Narbenbildung bzw. im Bereich der Brandwunde sowie in Form von anhaltenden Schmerzen im Bereich des Jochbeins, des Beckenbereichs, im unteren Rücken und unteren Rumpfbereich bei Seitenlage und der schmerzhaften Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk.

b) Das LG hat zu Recht die vorsätzliche Herbeiführung des Unfalls aus nichtigem Anlass bei der Bemessung des Schmerzensgeldes mitberücksichtigt, dessen Genugtuungsfunktion sich auch bei einer lediglich bedingt vorsätzlichen Schädigung auswirkt (vgl. die Grundsatzentscheidung BGHZ 18, 149 = NJW 1955, 1355). Zwar tritt die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes bei Verkehrsunfällen in der Regel zurück, wo die Ausgleichsfunktion im Hinblick auf die erlittenen Verletzungen und unfallbedingten Verletzungsfolgen im Vordergrund steht. Etwas anderes muss jedoch dann gelten, wenn der Unfallverursacher vorsätzlich gehandelt hat, mithin sein Kraftfahrzeug als Werkzeug gegen das Unfallopfer eingesetzt hat. In diesem Fall entspricht es der materiellen Gerechtigkeit, dem Unfallopfer eine Genugtuung für das erlittene Unrecht zukommen zu lassen, ebenso wie bei Fällen der schweren Körperverletzung, die sich außerhalb des Straßenverkehrs ereignen.

Dies gilt auch nach der Neufassung des § 253 II BGB durch das 2. Schadensrechtsänderungsgesetz, wodurch die Unterscheidung zwischen Gefährdungs- und Verschuldenshaftung eigentlich aufgegeben worden ist. Inzwischen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass es nunmehr für die Bemessung des Schmerzensgeldes gleichgültig ist, ob der Schädiger nur aus Gefährdung oder auch aus einfacher Fahrlässigkeit haftet (OLG Celle, NJW 2004, 1185 = NZV 2004, 251; Palandt, BGB, 66. Aufl., § 253 Rdnr. 11 m.w. Nachw.). Allgemeine Kriterien zur künftigen Bemessung von Schmerzensgeldern bei verschuldensunabhängiger Haftung hat der VI. Zivilsenat des BGH noch nicht entwickelt. Nach Auffassung des OLG Celle sei nach wie vor von der Doppelfunktion des Schmerzensgeldes auszugehen, wenn auch bei Verkehrsunfällen die Genugtuungsfunktion weitgehend in den Hintergrund trete, außer dem Schädiger sei ein grober Verkehrsverstoß anzulasten (OLG Celle, NJW 2004, 1185 = VersR 2005, 91). Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit ein grob fahrlässiges Verhalten des Schädigers sich schmerzensgelderhöhend auswirkt (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 29. 8. 2005 - 12 U 190/04, in: Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge 2007, Nr. 1650). Jedenfalls im Fall vorsätzlichen Handelns besteht eine derart andere Unrechtsqualität des Handelns im Vergleich mit der bloßen Gefährdungshaftung des StVG, die bloße Unglücksschäden, nicht aber Unrechtsschäden abgelten soll, dass eine Berücksichtigung dieses Umstands im Rahmen der Schmerzensgeldzumessung nach wie vor geboten ist (vgl. hierzu Diederichsen, VersR 2005, 433).

c) Im Streitfall war schmerzensgeldmindernd zu berücksichtigen, dass der Kl. den Bekl. vor dem Unfallereignis dadurch provoziert hat, dass er ihn durch Zeigen des erhobenen Mittelfingers beleidigt hat. Etwas relativierend ist der Umstand zu werten, dass dem wiederum eine Vorfahrtsverletzung des Bekl. und ein Anhupen und Gestikulieren vorausging. Nicht zum Nachteil des Kl. zu berücksichtigen war dagegen die Tatsache, dass dieser bei dem Überholversuch mit der Hand auf die Motorhaube des Pkw geschlagen hat, wobei er das Fahrzeug beschädigt und den Bekl. möglicherweise erneut provoziert hat; denn es spricht nach der Beweisaufnahme alles dafür, dass er dies in Notwehr und in der Absicht getan hat, den Bekl. von seinem gefährdenden Fahrmanöver abzubringen. Ein verkehrswidriges Verhalten des Kl., das sich gem. § 9 StVG indirekt auch auf die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgeldes auswirkte, ist nicht festgestellt. Auf der Grundlage der Feststellungen des LG ist nicht ersichtlich, dass ein Überholen des Bekl. verkehrswidrig gewesen wäre; auch eine vorausgegangene Vorfahrtsverletzung, wie vom Bekl. behauptet, ist nicht nachgewiesen.

d) Nicht schmerzensgeldmindernd zu berücksichtigen war die rechtskräftige Verurteilung des Bekl. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des BGH wirkt sich die strafrechtliche Verurteilung des Täters jedenfalls bei vorsätzlichen Straftaten auf die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes und auf dessen Bemessung grundsätzlich nicht aus (BGH, NJW 1996, 1591 m.w. Nachw.).

e) Unter Heranziehung tendenziell vergleichbarer Fälle in der Rechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 29. 8. 2005 - 12 U 190/04, in: Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge 2007, Nr. 1650; KG, Urt. v. 10. 3. 1992 - 12 U 1491/91, zitiert nach juris; Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge 2007, Nrn. 1650, 2386, 2388, 2392, 2401) ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ein Schmerzensgeld in Höhe von 25000 Euro angemessen. Die von dem Bekl. als Bewährungsauflage gezahlten Beträge in Höhe von inzwischen 8500 Euro sowie künftig hierauf gezahlte Beträge sind hierauf anzurechnen. ..." (OLG Saarbrücken, Urteil vom 27.11. 2007 - 4 U 276/07, NJW 2008, 1166 ff)

*** (LG)

Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden, vermehrte Bedürfnisse (LG München I, Urteil vom 20.07.2012 - 6 O 19662/10).

***

„... Die erlittenen Verletzungen rechtfertigen ein Schmerzensgeld gemäß § 253 BGB von 15.000,00 €. Zu berücksichtigen bei der Bemessung sind Ausmaß und Schwere der Verletzungen und der Schmerzen, die Dauer der stationären Behandlungen, die Belastungen durch Operationen und Behandlungsmaßnahmen sowie der Verlauf des Heilungsprozesses. Bei der Bemessung kommt dem Gedanken, dass für vergleichbare Verletzungen ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, besondere Bedeutung zu (Palandt, BGB, 70. Aufl., § 253 Rn. 15 ff.). Der Kläger hat bei Unfall eine Sprengung der Schambeinfuge erlitten, die mit einer Metallplatte versorgt werden musste. Darüber hinaus trat ein unvollständiger Bruch der linken Kreuzdarmbeinfuge auf, der der operativen Behandlung nicht bedurfte. Der Kläger erlitt weiter eine Verstauchung und Zerrung der Lendenwirbelsäule sowie mehrere Prellungen an den Beinen. Im Oberschenkel bildete sich ein Bluterguss mit einer Lymphansammlung. Schließlich erlitt der Kläger ein stumpfes Bauchtrauma. Diese Verletzungen sind unstreitig und daher der Entscheidung zugrunde zu legen.

Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass der Kläger sich bei dem Unfall einen Riss in der Knorpellippe der linken Schulter zugezogen hat, wobei es nicht zu einer Ablösung der Knorpellippe von der knöchernen Schulterpfanne kam und auch eine Ausrenkung der linken Schulter ausblieb. Dieser streitige Umstand ist durch das Gutachten des Sachverständigen T. bestätigt. Der Sachverständige hat allerdings klargemacht, dass er aufgrund des Abstandes der ersten Behandlung an der Schulter zu dem Unfall lediglich von der Wahrscheinlichkeit einer Unfallverursachung ausgehen kann. Es sei zu erwarten, dass bei einer Schulterverletzung zeitnah über Schulterprobleme geklagt und berichtet werde. Das sei bei dem Kläger nicht der Fall gewesen. Auf der anderen Seite hat der Sachverständige aufgezeigt, dass die Verletzungen am Unterkörper und den Beinen im Vordergrund gestanden haben, so dass etwaigen Beschwerden an der Schulter keine wesentliche Bedeutung beigemessen worden ist. Hierfür spricht auch, dass es sich ersichtlich um eine leichte Verletzung der Schulter gehandelt hat, denn es ist nicht zu einer Ablösung der Knorpellippe gekommen und die linke Schulter war auch nicht ausgerenkt. Es ist zwar eine Arthroskopie durchgeführt worden, hierbei musste allerdings kein therapeutischer Eingriff vorgenommen werden, das heißt, der Riss musste nicht etwa genäht werden. In der Folgezeit ist die Verletzung weitgehend beschwerdefrei abgeklungen. Schließlich hat das Gericht berücksichtigt, dass der Unfallmechanismus, ein Sturz als Kradfahrer nach Verletzung der Vorfahrt, der Annahme einer Schulterverletzung nicht entgegensteht. Der Sturz war so schwer, dass sogar eine massive Verletzung der Hüfte eintrat. Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten ist das Gericht davon überzeugt, dass die - leichte - Verletzung der Schulter unfallabhängig ist.

Infolge der Unfallverletzungen befand sich der Kläger vom 29.04. bis zum 13.05.2005, also über etwa 2 Wochen, in stationärer Behandlung. Im Rahmen der Operation vom 02.05.2005 musste die Schambeinfuge mit einer Platte repositioniert werden. In der Folgezeit war der Kläger weiterhin arbeitsunfähig. Wie der Sachverständige T. erklärt hat, war der Kläger nach der stationären Behandlung über einen Zeitraum von 8 bis 10 Wochen voll arbeitsunfähig. Im Rahmen der ambulanten Behandlung erhielt der Kläger Krankengymnastik und sonstige Therapiemaßnahmen. Wegen der Schulterbeschwerden befand sich der Kläger vom 29.08. bis zum 31.08.2005 erneut in stationärer Behandlung. Im Rahmen der dabei durchgeführten Schultergelenksarthroskopie wurde der Riss an der Knorpellippe festgestellt. In der Folgezeit war der Kläger weitere 2 bis 3 Wochen infolge des Arthroskopie-Eingriffs vollständig arbeitsunfähig. In der Zeit vom 19.11.2005 bis zum 03.12.2005, also wieder über 2 Wochen, fand der dritte stationäre Aufenthalt statt. Das osteosynthetische Material an der Schambeinfuge wurde entfernt. Erneut war der Kläger im Anschluss daran 2 bis 3 Wochen vollständig arbeitsunfähig. Erst zu Beginn des Jahres 2006, am 09.01.2006, nahm der Kläger seine Arbeit wieder auf. Ein funktioneller Dauerschaden ist ausgeblieben. Verblieben sind die Narben der operativen Eingriffe. Die linke Schulte weist keinen Dauerschaden auf. Eine Instabilität des Beckens ist nicht eingetreten. Die Hüftgelenke selbst waren ohnehin nicht betroffen. Die unvollständige Fraktur im Bereich der linken Kreuzdarmbeinfuge ist als Haarriss zu verstehen und stellt damit einen leichten Befund dar. Insbesondere stellt der Haarriss nicht den Auslöser für die Rückenschmerzen des Klägers dar, an denen der Kläger nach wie vor leidet. Auslöser der Rückenschmerzen ist der Verschleiß im unteren Bereich der Lendenwirbelsäule, der durch den Unfall nicht ausgelöst oder beeinflusst worden ist. Dass die Schmerzen, die der Kläger im unteren Rückenbereich nach wie vor erleidet, nicht auf den Unfall beruhen, zeigt sich auch darin, dass die schwerste Verletzung, die Sprengung der Schambeinfuge, nicht den Bereich der unteren Wirbelsäule betraf.

Soweit im Rahmen eines Gutachtens der Unfallklinik E vom 02.08.2007 schwerere Folgen dargestellt werden, hat sich der Sachverständige T. damit überzeugend auseinandergesetzt. Hinsichtlich der von der Unfallklinik festgestellten Beinverkürzung um 1,5 cm rechts hat der Sachverständige T. gezeigt, dass eine Beinverkürzung auf dem Röntgenbild nicht nachzuvollziehen ist. Die in der Unfallklinik festgestellte Beinverkürzung ist auf dem Untersuchungstisch festgestellt worden und unterliegt im Moment der Bestandsaufnahme der Mitarbeit des Patienten. Lagerungsbedingte Beinlängenveränderungen lassen sich auf einem Röntgenbild besser erkennen als bei der äußeren klinischen Untersuchung. Darüber hinaus hat der Sachverständige T. bei seiner Untersuchung Bewegungseinschränkungen an den Hüften des Klägers nicht festgestellt. Eine Erklärung zu dem abweichenden Befund der Unfallklinik ist darin zu sehen, dass die dortige Untersuchung im Jahre 2007 stattfand, während die Untersuchung bei dem gerichtlichen Sachverständigen 5 ½ Jahre nach dem Unfall stattfand. Es war möglich, durch zwischenzeitliche Anpassungs- und Gewöhnungsmechanismen die Beweglichkeit der Hüfte wieder herzustellen.

Insgesamt ist die Zukunftsprognose für den Kläger günstig. Funktionelle Defizite im Bereich der linken Schulter sind nicht verblieben und es ist keine ungünstige Entwicklung zu befürchten. Im Bereich des Beckens ist die Schambeinfuge fest verheilt. Zukünftige Komplikationen sind nicht zu befürchten. Auch der Haarriss in der linken Kreuzdarmbeinfuge ist fest verheilt und hat keine wesentliche Gelenkstufe oder Verschleiß hinterlassen. Eine Verschlechterung ist unwahrscheinlich.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat das Gericht zudem die weiteren Verletzungen berücksichtigt, die sich über einen wesentlich geringeren Zeitraum ausgewirkt haben, in diesem aber ebenfalls schmerzhaft waren. Dazu zählen die Verstauchung und Zerrung der Lendenwirbelsäule, die Prellungen der Beine mit dem Bluterguss im Oberschenkel und der unangenehmen Lymphansammlung. Darüber hinaus erlitt der Kläger ein stumpfes Bauchtrauma ohne innere Verletzungen. Unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Verletzungen, der Heilbehandlungsmaßnahmen und des Verlaufs des Heilungsprozesses sowie der verbliebenen geringen Folgen hält das Gericht ein Schmerzensgeld von 15.000,00 € für angemessen. Hierbei ist der Gedanke einer vergleichbaren Regelung mit vergleichbaren Sachverhalten berücksichtigt worden. Soweit der Kläger auf eine Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 24.06.1988 hinweist, lagen der damaligen Entscheidung wesentlich schwerere Unfallfolgen zugrunde. Der damalige Verletzte befand sich 2 ¼ Monate in stationärer Behandlung. Es kam zu einem erfolglosen Versuch, die Schambeinfuge zu schließen. Dabei wurden mehrere Wundinfektionen ausgelöst, die zu weiteren operativen Eingriffen führten.

Als besondere Komplikation trat eine Beinvenenthrombose auf. Dies führte zu einer stationären Nachbehandlung über 1 ½ Monate. Insgesamt war der damalige Verletzte ein Jahr arbeitsunfähig. Der vom OLG Saarbrücken beurteilte Sachverhalt ist also auch ansatzweise nicht vergleichbar mit der vorliegenden Situation.

Der vorliegend ausgeurteilte Betrag steht auch in einem vergleichbaren Zusammenhang mit anderen gerichtlichen Entscheidungen, die Verletzungen der Hüfte betreffend. So hat das OLG Hamm im Jahre 2006 eine Entscheidung des Landgerichts Münster aus dem Jahre 2005 bestätigt, in dem ein Schmerzensgeld von 12.500,00 € ausgeurteilt worden ist. Der Kläger hatte sich eine Hüftgelenks-/Oberschenkelfraktur rechts zugezogen sowie Rippenbrüche im Bereich der Rippen 4 bis 9 und eine Kopfplatzwunde. Er war 3 ½ Wochen stationär in Behandlung, unterzog sich anschließend einer 3-wöchigen Rehabilitation und war insgesamt 4 Monate arbeitsunfähig. Es verblieben Narben ohne Funktionsbeeinträchtigungen (Hacks, Schmerzensgeldbeträge, 27. Aufl., Nr. 1769). Im Vergleich zu dieser Entscheidung hat der Kläger schwerere Verletzungen davongetragen.

Im Jahre 2006 urteilte das Landgericht Düsseldorf ein Schmerzensgeld von 15.000,00 € aus (Hacks, a.a.O., Nr. 1852). Dort hatte der Kläger neben einer Fraktur im Hüftbereich Frakturen im Gesichtsbereich, einen knöchernen Ausriss in der rechten Schulter sowie im rechten Kniegelenk bei gleichzeitigem Bänderschaden erlitten. Es verblieben Dauerschäden im Kniegelenk und Kiefergelenk von nicht unerheblichem Gewicht.

Das Landgericht Saarbrücken setzte im Jahre 2005 ein Schmerzensgeld von 20.000,00 € fest (Hacks, a.a.O., Nr. 2169). Zu beurteilen waren ein Bruch der Hüftgelenkspfanne rechts mit Lähmungserscheinungen, ein Bruch des Handgelenks, des Schienbeinkopfes sowie eine Distorsion im Bereich des rechten oberen Sprunggelenkes. Es verblieben eine Gebrauchsminderung der rechten Hüfte und des rechten Beines sowie eine Fußheberschwäche rechts und erhebliche Bewegungseinschränkungen des rechten Handgelenkes.

Diese Entscheidungen zeigen, dass ein Schmerzensgeld von 15.000,00 € angemessen ist und vergleichbar ist mit bereits ergangenen gerichtlichen Entscheidungen.

Dem Kläger steht zudem ein Anspruch auf Ersatz des sogenannten Haushaltsführungsschadens zu. Auszugehen ist hierbei von dem Umfang der Hausarbeiten, die der Verletzte ohne den Unfall tatsächlich erbracht hätte. Eine schematische Betrachtung ist nicht gerechtfertigt. So mag die Überlegung, dass die Hausarbeit unter Eheleuten geteilt wird, vom theoretischen Ansatz her zutreffend sein. Eine solche Regelung wird aber durch die Realität überlagert. Zu berücksichtigen war, dass der Kläger vollschichtig tätig war, während seine Ehefrau teilzeitbeschäftigt ist. Auch die Anhörung des Klägers ergab, dass nicht schematisch von einer exakten hälftigen Teilung der anfallenden Arbeiten ausgegangen werden kann. Eine solche Annahme wäre auch nicht realistisch. Die Annahme der Klageschrift, der Kläger hätte über 249 Tage im Zeitraum vom 29.04.2005 bis zum 04.01.2006 immer und durchgehend 3 Stunden Hausarbeit täglich geleistet, ist zu schematisch. Das Gericht geht von einem niedrigeren Ansatz aus.

Es ist sodann zu klären, welche konkrete haushaltsspezifische Behinderung bestanden hat. Wird eine Person durch den Arzt für arbeitsunfähig erklärt, so bedeutet dies nicht, dass er zugleich zu 100 % nicht in der Lage ist, Haushaltstätigkeit zu erbringen. Es ist vielmehr auf den konkreten Grad der Behinderung abzustellen. Im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO geht das Gericht davon aus, dass in den Zeiträumen, in denen der Kläger nach Angaben des Sachverständigen T. zu 100 % arbeitsunfähig war, einen Ausfall von 1 Stunde täglich an Haushaltsarbeit aufgrund der Unfallverletzungen erlitten hat. Erfasst ist somit der Zeitraum von 10 Wochen nach dem ersten stationären Aufenthalt, von 3 Wochen nach der Arthroskopie und von weiteren 3 Wochen nach der Metallentfernung im November/Dezember 2005. Es ergibt sich ein Ausfallzeitraum von 16 Wochen, so dass - gemäß § 287 ZPO ermittelt - insgesamt 112 Stunden an Ausfall auszugleichen sind.

Soweit der Kläger sich in stationärer Behandlung befunden hat, das waren knapp 5 Wochen, war seine persönliche Versorgung gewährleistet. Durch seine Abwesenheit im Haushalt minderte sich der dortige Bedarf und war im Übrigen kompensierbar. Zusätzliche Ausfallstunden sind insoweit nicht zu berücksichtigen.

Der Stundensatz beträgt 8,00 €. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger keine Leitungsfunktionen im Haushalt ausübte, so dass dieser Stundensatz angemessen ist. Der Ersatzanspruch erstreckt sich somit auf 896,00 €.

Dem Kläger stehen daher Ansprüche in Höhe von 15.896,00 € zu. Hierauf hat die Beklagte bereits eine Zahlung in Höhe von 15.000,00 € vorprozessual erbracht.(LG, Urteil vom 29.06.2011 - 21 O 562/09)

***

„... I. Die Klägerin begehrt Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen einer misslungenen Haarfärbung durch eine Angestellte des Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 83-85 d.A.) Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und der Klage im Anschluss in Höhe eines Schmerzensgeldanspruches von 1.000,00 € und eines materiellen Schadensersatzanspruches von 389,88 € stattgegeben. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Angestellte des Beklagten, die Zeugin V., die Haarfärbung nicht fachgerecht durchgeführt habe und dadurch die Haare der Klägerin erheblich beschädigt worden seien. Dies rechtfertige ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,00 €, da die Klägerin unter dem schlechten Zustand der Haare gelitten habe. Ferner stehe ihr ein materieller Schadensersatzanspruch in Höhe von 389,88 € zu.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er vertritt die Auffassung, eine Pflichtverletzung der Zeugin V. sei nicht bewiesen, da nicht feststehe, dass die Schadensursächlichkeit allein in seinem Verantwortungsbereich liege. Zudem habe die Klägerin in die Haarfärbung nach ordnungsgemäßer Aufklärung der Risiken einer solchen Behandlung eingewilligt. Selbst wenn man ein Schmerzensgeld dem Grunde nach für gerechtfertigt erachte, sei das vom Amtsgericht zugesprochene Schmerzensgeld übersetzt. Es fehle an entsprechenden Feststellungen zur psychischen Belastung der Klägerin, insbesondere zur Intensität und Dauer der Beeinträchtigung.

Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus §§ 831 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB lediglich ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 300,00 € sowie ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 389,88 € (insgesamt 689,88 €) zu. Der darüber hinaus zugesprochene Schmerzensgeldanspruch besteht nicht.

Allerdings hat die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme entgegen der Auffassung des Beklagten ergeben, dass die von der sachverständigen Zeugin R. festgestellten Schäden auf die durch die Zeugin V. durchgeführte Haarbehandlung zurückzuführen sind. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im amtsgerichtlichen Urteil Bezug genommen, denen sich die Kammer anschließt.

Die Verletzungshandlung ist auch rechtswidrig, da die Klägerin nicht wirksam in die Vornahme der - nicht den Regeln der Technik entsprechenden - Haarbehandlung eingewilligt hat. Denn die Einwilligung in eine Haarbehandlung ist nur dann wirksam, wenn der Kunde die Bedeutung und die Tragweite des Eingriffs erkannt hat. Dies setzt voraus, dass der Friseur über bestehende Risiken aufklärt, wofür er - aufgrund des besonderen Risikos einer Haarfärbung - die Beweislast trägt (vgl. LG Berlin, Urteil vom 12. August 2002 - 23 O 539/01 - Juris). Die Zeugin V. hat in der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme lediglich bekundet, dass die Haare im Anschuss besonderer Pflege bedürfen. Dass die Haare aufgrund des Färbevorgangs über der Kopfhaut abbrechen können, hat sie der Klägerin hingegen nicht mitgeteilt. Das hat zur Folge, dass die Einwilligung mangels ordnungsgemäßer Aufklärung unwirksam ist.

Ein Verschulden der Zeugin V. ist nicht erforderlich, da es auf das Verschulden des Beklagten ankommt, das gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet wird. Zu seiner Entlastung hat der Beklagte nichts vorgetragen.

Das vom Amtsgericht ausgesprochene Schmerzensgeld ist allerdings übersetzt. Bei der Höhe des Schmerzensgeldes sind u.a. Ausmaß und Schwere der Beeinträchtigungen, das Maß der Lebensbeeinträchtigung, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien und der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen. Die Kammer kann nachvollziehen, dass durch die misslungene Frisur (abgebrochene Haare) das äußere Erscheinungsbild der Klägerin beeinträchtigt wurde, wodurch im Rahmen ihrer sozialen Kontakte ein allgemeines Unwohlsein auftrat. So hat die Zeugin Va., eine Arbeitskollegin der Klägerin, in erster Instanz bekundet, dass es der Klägerin noch eine Zeitlang anzumerken gewesen sei, dass ihr der Zustand der Haare zu schaffen gemacht habe. Die Behauptung in der Klageschrift, die Klägerin könne sich über einen Zeitraum von 1 Jahr nicht mehr in der Öffentlichkeit sehen lassen, ist allerdings durch nichts belegt, zumal sich aus der Aussage ihres Ehemannes, dem Zeugen S., ergibt, dass die Klägerin noch am gleichen Tag zur Arbeit gefahren ist. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Haare der Klägerin wieder nachwachsen und kein Dauerschaden entstanden ist, die Klägerin keine körperlichen Schmerzen erlitten hat und die Beeinträchtigungen rein optischer Natur waren. Im Übrigen kann das Schmerzensgeld ausschließlich dem Ausgleich erlittener seelischer Schäden dienen, nicht aber dem Ausgleich für die Verletzung des eigenen Schönheitsideals (OLG Köln, Urteil vom 7. Januar 2000 - 19 U 62/99 - Juris). Dies alles rechtfertigt nach Auffassung der Kammer ein Schmerzensgeld in Höhe von 300,00 €.

Den materiellen Schadensersatzanspruch hat das Amtsgericht zu Recht bejaht. Die Kosten des Privatgutachtens (299,88 €) waren zur Beweissicherung erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Friseurkosten (60,00 €) können als sogenannte fehlgeschlagene Aufwendungen ersetzt verlangt werden, da diese Aufwendungen durch das schädigende Ereignis nutzlos geworden sind (Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage, vor § 249 Rn. 32 und § 284 Rn. 5). Die allgemeine Auslagenpauschale (25,00 €) und die Gebühren für die EMA-Auskunft (5,00 €) sind gleichfalls erstattungsfähig.

Der Zinsanspruch ist aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB begründet. Der Klägerin waren antragsgemäß lediglich hinsichtlich des materiellen Schadensersatzes Zinsen zuzusprechen, während das Amtsgericht den Zinsanspruch insgesamt, also auch hinsichtlich des Schmerzensgeldes ausgesprochen hatte.

Der Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist im zuerkannten Umfang aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 4 BGB in Verbindung mit § 257 BGB gerechtfertigt. Der Klägerin steht nach einem Streitwert von 689,88 € eine 0,65-Geschäftsgebühr in Höhe von 42,25 € zuzüglich Auslagen (8,45 €) und Mehrwerts teuer (9,63 €), insgesamt 60,33 €, zu. Soweit die Klägerin ihren Befreiungsanspruch nach einer 1,3- Geschäftsgebühr berechnet hat, so ist dies nach dem seit dem 5. August 2009 in Kraft getretenen § 15 a RVG nicht möglich, da die Anrechnung der Geschäftsgebühr in Abkehr der bekannten BGH-Rechtsprechung (vgl. etwa BGH NJW 2008, 1323) wieder in der Kostenfestsetzung auf der Verfahrensgebühr erfolgt. Da eine Übergangsvorschrift zu § 15 a RVG nicht vorhanden ist, gilt die Vorschrift auch für Altfälle, in denen die Beauftragung vor Inkrafttreten des Gesetzes erfolgte (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 2009 - II ZB 35/07; OLG Köln, Beschluss vom 14. September 2009 - 17 W 195/09 - zitiert nach Juris). ..." (LG Mönchengladbach, Urteil 09.10.2009 - 5 S 59/09)

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Verstirbt ein bewusstloser Unfallverletzter ca. 5 3/4 Stunden nach dem Unfall an den erlittenen schweren Verletzungen, ist ein Schmerzensgeld von 2.500 EUR angemessen (LG Dresden, Urteil vom 13.10.2005 - 10 O 3220/03, MittBl der Arge VerkR 3/2006).



Rente

Den Verletzten kann eine Schmerzensgeldrente zustehen. Eine Rentenentschädigung kommt in Betracht, wenn lebenslange und schwere Dauerschäden vorliegen, die bei dem Verletzten immer wieder aufs Neue schmerzliche Empfindungen auslösen, ihn also immer wieder schmerzhaft die konkrete Situation seiner Behinderung erleben lassen. Eine Rentenentschädigung wird nur ausnahmsweise gewährt.

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Leitsätze/Entscheidungen:

Die Verdienstausfallrente ist auf die voraussichtliche Dauer der Erwerbslosigkeit des Verletzten, wie sie sich ohne Unfall ergeben hätte, zu begrenzen. Dabei ist grundsätzlich bei einem nicht selbstständig Tätigen auf den gesetzlich vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand abzustellen; dieser Zeitpunkt ist auch bei Frauen maßgebend (BGH, Urteil vom 05.11.2002 - VI ZR 256/01, r + s 2004, 342).

Das voraussichtliche Ende der Erwerbstätigkeit ist bei nicht selbständig Tätigen mit der Vollendung des 65. Lebensjahres anzunehmen. Auf diesen Zeitpunkt muß eine Verdienstausfallrente im Urteilstenor begrenzt werden (BGH, Entscheidung vom 27.06.1995 - VI ZR 165/94, NJW-RR 1995, 1272).

*** (OLG)

„... I. Im Jahr 1999 wurde der Antragsteller, ein rumänischer Staatsangehöriger, durch einen Polizeibeamten im Dienste des Beklagten durch einen rechtswidrigen Schusswaffeneinsatz körperlich schwer verletzt. Er war zu diesem Zeitpunkt erwerbslos und ist seitdem querschnittsgelähmt und zur Fortbewegung auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen. Der Grad der Schwerbehinderung beträgt aufgrund der Schusswaffenverletzung 100 %. Auf schriftliche Aufforderung des Antragstellers erklärte der Beklagte, dass er aus dem Vorfall seine Schadensersatzersatzpflicht für „sämtliche bereits entstandenen und zukünftigen materiellen Schäden einschließlich der Folgeschäden aus dem Schadensereignis vom 3. November 1999 (Körperschäden infolge Schussverletzung) dem Grunde nach anerkennt". Der daraus resultierende Schmerzensgeldanspruch des Antragstellers wurde abgegolten und ist nicht mehr streitgegenständlich. Aufgrund des Rentenbescheides vom 12. Juni 2003 zahlte der Beklagte an den Antragsteller in der darauffolgenden Zeit eine monatliche Bedarfsrente in Höhe von EUR 1.650,00 für die Dauer seines genehmigten Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland. Zudem erhielt der Antragsteller seit dem 15. Oktober 2003 eine monatliche Heilmittelrente in Höhe von EUR 700,00.

Mit seinem Antrag vom 15. März 2010 begehrt der Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage, die eine Anhebung der vom Beklagten gezahlten Monatsrente betrifft. Er meint, ihm sei ein monatlicher Schaden für nicht gezahlte Mehrbedarfsrente aufgrund des gestiegenen Verbraucherpreisindizes von Beginn des Jahres 2004 bis zum 28. Februar 2010 in Höhe von insgesamt EUR 7.809,70 entstanden. Für den gleichen Zeitraum komme ein Schadenersatzanspruch für nicht gezahlte Heilmittelrente in Höhe von EUR 3.314,78 hinzu. Auf die Berechnungen des Antragstellers in seinem Klageentwurf vom 15. März 2010 (dort S. 6 - 8, Bl. 8 - 10 d. A.) wird ergänzend Bezug genommen. Neben den allgemein angestiegenen Lebenserhaltungskosten behauptet der Antragsteller, sei ihm durch eine Heirat im Jahr 2005 eine hinzugetretene Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Ehefrau schadenserhöhend zu berücksichtigen. Hierfür begehrt er die Zahlung eines Ehegattenunterhalts in Höhe von insgesamt EUR 33.184,59. Auf die Berechnungen des Antragstellers wird auch insoweit ergänzend Bezug genommen (vgl. S. 10 des Klageentwurfs, Bl. 12 d. A.).

Der Antragsgegner, der die Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrags begehrt, beruft sich für sämtliche, bis zum Beginn des Jahres 2007 erhobenen Ansprüche auf die Einrede der Verjährung. Auch moniert er, dass es der Beklagte versäumt habe, einen erhöhten Anspruch auf Zahlung einer Mehrbedarfsrente sowie der gewährten Heilmittelrente konkret darzulegen. Er bestreitet die Hochzeit des Antragstellers mit einer rumänischen Staatsangehörigen mit Nichtwissen und meint zudem, dass eine Anspruchsgrundlage für die Zahlung eines Ehegattenunterhalts nicht ersichtlich sei.

Mit Beschluss vom 10. August 2010 hat das Landgericht Frankfurt (Oder) den Prozesskostenhilfeantrag wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antragsteller eine Anpassung der Mehrbedarfsrente lediglich für die Zukunft verlangen könne. Dies ergebe sich aus dem Rechtsgedanken des § 323 ZPO analog. Darüber hinaus hat es die Forderungen des Antragstellers bis zum 31. Dezember 2007 als verjährt angesehen. Schließlich hat es die Schussverletzung nicht als kausal für den geltend gemachten Schaden angesehen.

Gegen den dem Antragsteller am 13. August 2010 zugestellten Beschluss hat dieser mit am 24. August 2010 beim Landgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller meint, dass es für eine analoge Anwendung des § 323 ZPO auf die geltend gemachten Rentenforderungen an einer Regelungslücke fehle. Eine Verjährung scheide bereits deshalb aus, weil zwischen den Parteien langjährige Vergleichsgespräche stattgefunden haben und sich der Antragsgegner weitgehend mit einer „Hinhaltetaktik" den klageauslösenden Forderungen entzogen habe.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 3. September 2010 nicht abgeholfen und das Rechtsmittel dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung führt es nunmehr aus, dass die geltend gemachte Schadensersatzforderung nicht hinreichend konkret dargelegt worden sei. Im Übrigen vertieft es seine Ausführungen aus dem angefochtenen Beschluss.

Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsgegner vorgetragen, dass das Land Brandenburg nach Durchführung einer Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg durch Bescheid vom 7. März 2011 die bislang gewährte Heilmittelrente mit sofortiger Wirkung eingestellt und durch Bescheid vom 8. März 2011 die bislang gezahlte Mehrbedarfsrente auf monatlich EUR 782,76 gekürzt habe. Dem liege eine konkrete medizinische Bedarfsermittlung hinsichtlich des Betreuungsbedarfs zu Grunde, der sich für den Antragsteller auf eine hauswirtschaftliche Grundversorgung von wöchentlich 15,52 Stunden beschränke.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, es ist unbegründet.

Das Landgericht hat dem Antragsteller zu Recht die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage versagt, vgl. § 114 ZPO.

Entgegen der vom Antragsteller wie auch wohl im Ansatz vom Landgericht vertretenen Rechtsauffassung handelt es sich bei dem klägerischen Begehren nicht um die Geltendmachung einer sogenannten Mehrbedarfsrente, deren künftige Berechnung sich nach § 843 BGB ergeben würde, sondern um einen materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruch aus dem schädigenden Ereignis, der seine Konkretisierung und nunmehrige rechtliche Grundlage in einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis mit konstitutiver Wirkung gem. § 781 BGB gefunden hat. Das deklaratorische Schuldanerkenntnis soll eine bestehende Schuld lediglich bestätigen. Es soll ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis insgesamt regeln und dem Streit entziehen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl. 2011, § 781 Rdnr. 3). Ein solches Schuldanerkenntnis haben die Parteien hier für die Ansprüche des Antragsstellers aus der streitgegenständlichen Schussverletzung hier bereits im Jahr 2002 abgeschlossen. Der Antragsteller hat durch seine Schreiben vom 19. Oktober 2000 und vom 11. Januar 2001 einen Antrag auf Abschluss eines solchen Vertrages unterbreitet. Der Antragsgegner hat diesen Antrag schriftformwahrend durch sein Schreiben vom 25. Juli 2002 angenommen. Durch die unstreitigen Heilmittel- und Mehrbedarfszahlungen des Antragsgegners, die der Antragsteller auch angenommen hat, haben die Parteien den Anerkenntnisvertrag auch über mehrere Jahre durchgeführt.

Als Rechtsfolge der Anerkenntnisvereinbarung schuldet der Antragsgegner dem Antragsteller danach den Ersatz aller ihm aus dem Schadensereignis resultierenden materiellen Schäden. Die Schadensberechnung folgt dabei den allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB. Darunter fallen auch die Kosten für Mehrbedarfsaufwendungen, wie sie der Kläger hier geltend macht und die grundsätzlich im Rahmen einer Mehrbedarfsrente gem. § 842 Abs. 2 BGB zu gewähren sind. Gem. § 249 BGB sind bei der Berechnung der Mehrbedarfsrente jedoch nur jene Kosten zu ersetzen, die für die konkrete Pflege anfallen, wie sie der Verletzte im Rahmen des Erforderlichen und zumutbaren gewählt hat (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil v. 25. Februar 2010, 12 U 60/09; zitiert nach juris, Tz. 40). Wie der Erwerbsschaden selbst, ist auch der Umfang des Mehrerwerbsschadens konkret-individuell zu bemessen und nicht abstrakt, wie dies im Sozialversicherungsrecht üblich ist (vgl. st. Rspr. BGH NJW 2002, S. 292 f; NJW 1995, S. 1023, 1024; Münchener Kommentar/Wagner, BGB, 5. Aufl. 2009, § 843 Rdnr. 17; Palandt/Sprau, a. a. O., § 843 Rdnr. 5). Insbesondere darf nicht der diagnostizierte Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit kurzer Hand auf das Einkommen übertragen und in Höhe des jeweiligen Prozentsatzes ein Erwerbsschaden angenommen werden (Münchener Kommentar/Wagner, a. a. O., § 842 Rdnr. 17 m. w. N.). Demnach kann der zivilrechtlich maßgebliche tatsächliche Erwerbsschaden je nach den Umständen höher, aber auch niedriger ausfallen. Erfolgt die Pflege in der Familie kostenlos, wird der Schädiger nicht (gänzlich) entlastet (Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 10. Aufl., Rdnr. 265 m. w. N.; Brandenburgisches Oberlandesgericht, a. a. O.). Die von einem Ehegatten in seiner Freizeit für den in seiner Gesundheit geschädigten Partner erbrachten Betreuungsleistungen sind zudem nur dann als vermehrte Bedürfnisse des Verletzten gemäß § 843 Abs. 1 BGB ersatzpflichtig, wenn sie sich so weit aus dem selbstverständlichen, originären Aufgabengebiet der Ehegatten herausheben, dass der entgeltliche Einsatz einer fremden Pflegekraft nicht nur theoretisch, sondern bei vernünftiger Betrachtung als praktische Alternative ernsthaft in Frage gekommen wäre (in diese Richtung auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, a. a. O., Tz. 41).

Allen Schadenspositionen ist auf der dargestellten Grundlage jedoch gemein, dass sie im Rahmen einer konkreten Berechnung darzulegen sind. Dies hat der Antragsteller indessen nicht getan. Er hat schlicht - ohne eine konkrete Begründung des jeweils anzusetzenden Aufwandes allein anhand der allgemeinen Steigerung der Lebenserhaltungskosten anhand des jährlichen Verbraucherindizes eine prozentuale Berechnung behauptet, ohne auch nur im Ansatz den Pflege- und Betreuungsaufwand darzulegen, der hierfür als Mehrbedarfaufwendung anfällt. Dass eine solche Berechnung nicht ausreicht, hat bereits das Landgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung rechtsfehlerfrei festgestellt.

Zwar sind in der Rechtsprechung Einzelheiten der konkreten Berechnung für den anzusetzenden Mehrbedarfsaufwand umstritten (vgl. zum Streitstand vgl. Küppersbusch, a. a. O.; Brandenburgisches Oberlandesgericht, a. a. O., Tz. 43). Allerdings betreffen auch diese Streitigkeiten in Rechtsprechung und Literatur lediglich Fragen der konkreten Schadensberechnung. Dach der Rechtsprechung des hiesigen Oberlandesgerichts, der sich der Senat anschließt, haben die Pflegekassen im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit und der Ermittlung der Stufe der Pflegebedürftigkeit durch eine Untersuchung des Antragstellers die Einschränkungen bei den Verrichtungen im Sinne des § 14 Abs. 4 SGB XI festzustellen sowie Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der Hilfebedürftigkeit und das Vorliegen einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz nach § 45 a SGB XI zu ermitteln.

Demgemäß ermittelt der medizinische Dienst der Krankenkasse den aufgrund der Krankheit eingetretenen Mehrbedarf, sodass dieser eine verlässliche Grundlage für die Feststellung des auch im Rahmen der §§ 249, 843 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Mehrbedarfs darstellt. Die Pflegekassen ermitteln damit nicht lediglich einen abstrakten Pflegebedarf, sondern einen konkreten, für die Pflege erforderlichen Zeitaufwand. Auf diesen ermittelten Bedarf bezieht sich die Schadensberechnung des Antragstellers jedoch nicht. Im Übrigen - was hier jedoch nicht abschließend zu entscheiden ist - spricht nach den vom Antragsgegner vorgelegten Bescheiden vom 7. Und 8. März 2001 über Pflegebedarfsberechnung des Landes Brandenburg, wenig dafür, dass der tatsächliche Mehrbedarfs- und Heilmittelaufwand für den Antragsteller über dem in der Vergangenheit gezahlten Aufwand gelegen haben soll.

Soweit der Antragsteller mit seiner beabsichtigten Klage einen Schaden für nicht mögliche Unterhaltszahlungen geltend machen möchte, fehlt es hier an einem kausalen Schaden, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat. Durch den Eintritt eines Schadensereignisses ist der Geschädigte nach den allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts der §§ 249 ff. BGB so zu stellen, wie er ohne Eintritt des schädigenden Ereignisses stünde. Da der Antragsteller vor und unstreitig zunächst auch jedenfalls über mindestens weitere sechs Jahre nach dem Schadensereignis unverheiratet geblieben ist, ist durch die Schädigung eine Veränderung in diesem Status nicht eingetreten. Die Schadensursächlichkeit scheitert aber schließlich auch daran, dass der Antragsteller nach dem Vortrag des Antragsgegners, der von ihm nicht in Abrede gestellt worden ist, auch vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und aufgrund seines Ausbildungsstandes auch keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für die Annahme einer alsbaldigen entgeltlichen Erwerbstätigkeit vorgetragen wurden oder sonst ersichtlich sind.

Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die klägerischen Ansprüche darüber hinaus - soweit sie Forderungen des Antragstellers bis zum 31. Dezember 2007 betreffen - verjährt sind, ist daher nicht zu entscheiden. Es spricht jedoch vieles dafür, dass nach dem Willen der Parteien der Anerkenntnisvereinbarung aus dem Jahr 2002 die gleiche verjährungshemmende Wirkung zukommen dürfte, wie einem Feststellungsurteil nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, da diese ersichtlich zur Vermeidung des sonst zur Herbeiführung der Verjährungshemmung notwendig gewordenen Prozesses abgegeben wurde. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 09.06.2011 - 2 W 5/10)

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Ermittlung einer verletzungsbedingten Schmerzensgeldrente (OLG Brandenburg, Urteil vom 04.11.2010 - 12 U 35/10):

„... I. Der Kläger begehrt von den Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld einschließlich einer Schmerzensgeldrente, materiellen Schadensersatz einschließlich einer Schadensersatzrente sowie die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz sämtlicher weiterer materieller und immaterieller Schäden aus einem Verkehrsunfall vom 03.03.2000 auf der Ortsverbindungsstraße zwischen H… und M…, bei dem der Kläger als nicht angegurteter Beifahrer im Fahrzeug des Beklagten zu 1. erheblich verletzt worden ist, als dieses Fahrzeug nach dem Durchfahren einer S-Kurve mit einem entgegenkommenden Pkw kollidierte und anschließend gegen einen Straßenbaum prallte. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist lediglich noch der Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Schmerzensgeldrente und in diesem Zusammenhang die Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes sowie der Anspruch auf Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Hinblick auf die vom Landgericht getroffene positive Prognose betreffend die Aufnahme einer Beschäftigung durch den Kläger. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit am 29.01.2010 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Klage überwiegend stattgegeben und die Beklagten unter anderem zur Zahlung einer monatlichen Schmerzensgeldrente in Höhe von 200,00 € ab dem 01.04.2010 und zur Zahlung eines rückständigen Rentenbetrages in Höhe von 18.200,00 € nebst Zinsen sowie zur Zahlung von Verdienstausfall in Höhe von 40.752,21 € nebst Zinsen verurteilt und eine Verpflichtung der Beklagten festgestellt, dem Kläger die Steuerbeträge zu ersetzen, um die sich seine Steuerlast aufgrund der Zahlung auf den Erwerbsschaden erhöht, sowie eine Verpflichtung der Beklagten ausgesprochen dem Kläger ab dem 01.04.2009 bis zum 03.01.2047 eine monatliche Schadensersatzrente auf Grundlage eines fiktiven Bruttoeinkommens in Höhe von 1.480,00 € zu erstatten. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 7, 9, 11, 13, 18 StVG a. F. sowie gem. §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, §§ 3 Abs. 1, 39 Abs. 2, 42 Abs. 2 Nr. 7 StVO jeweils in Verbindung mit § 3 PflVG a. F.. Der Beklagte zu 1. habe gegen §§ 3 Abs. 1 S. 1 und 2 StVO verstoßen, da er so schnell gefahren sei, dass er sein Fahrzeug nicht mehr beherrscht und hierdurch den Unfall verursacht habe. Ein Mitverschulden falle dem Kläger trotz des nicht angelegten Sicherheitsgurtes nicht zur Last. Sein Mitverursachungsbeitrag werde durch den erheblichen Verursachungsbeitrag des Beklagten zu 1. verdrängt. Zudem sei die Ursächlichkeit der Verletzung der Gurtpflicht für die eingetretenen Unfallverletzungen nicht nachgewiesen. Die vom Kläger erlittenen Verletzungen und Beeinträchtigungen rechtfertigten ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 130.000,00 €. Davon sei ein Teilbetrag von 45.000,00 € im Hinblick auf die dauerhaften Leiden des Klägers an dem durch den Verkehrsunfall verursachten hirnorganischen Psychosyndrom und den hierdurch resultierenden dauerhaften Einschränkungen in seiner Lebensführung und seiner beruflichen Ausrichtung in Form einer Schmerzensgeldrente in Höhe von 200,00 € monatlich zu zahlen. Auf den weitergehenden Betrag von 85.000,00 € seien die vorgerichtlichen Zahlungen der Beklagten von 75.000,00 € anzurechnen, sodass eine Restforderung von 10.000,00 € verbleibe. Der Kläger habe ferner Anspruch auf Ersatz seines Erwerbsschadens, wobei im Rahmen der zu treffenden Prognose nach den Neigungen des Klägers für den Bereich der Holzbearbeitung anzunehmen sei, dass er eine Ausbildung zum Holzfacharbeiter durchgeführt hätte. Zwar sei nach den bisherigen Ergebnisse des Klägers im Bereich seiner schulischen und nachschulischen Ausbildung nicht davon auszugehen, dass der Kläger diese vierjährige Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hätte, es sei jedoch anzunehmen, dass der Kläger eine Tätigkeit als Arbeiter ohne fachliche Ausbildung hätte aufnehmen können und auch aufgenommen hätte, wobei der dabei erzielbare Arbeitsverdienst auf 8,50 €/Stunde geschätzt werde. Hieraus ergebe sich ein monatliches Bruttoeinkommen von rund 1.480,00 € oder ein Nettoeinkommen von 1.018,85 €. Abzusetzen seien die vom Kläger bezogenen ALG II-Leistungen bzw. die Leistungen aus der Grundsicherung. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Beklagten haben gegen das ihnen am 04.02.2010 zugestellte Urteil mit am 04.03.2010 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel innerhalb verlängerter Frist mit am 04.05.2010 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung wenden sich die Beklagten gegen die Höhe des ausgeurteilten Schmerzensgeldes, insbesondere gegen die Zuerkennung einer Schmerzensgeldrente sowie gegen die Zuerkennung eines Erwerbsschadens. Die Beklagten sind der Auffassung, die vom Kläger erlittenen Verletzungen und Beeinträchtigungen rechtfertigten auch bei einer alleinigen Haftung ihrerseits kein den Betrag von 100.000,00 € übersteigendes Schmerzensgeld. Unbestritten hat die Beklagte zu 2. im Hinblick auf diese Rechtsansicht einen weiteren Betrag von 25.000,00 € am 20.03.2010 an den Kläger überwiesen. Die Beklagten sind weiterhin der Auffassung, die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Schmerzensgeldrente lägen nicht vor und seien vom Landgericht auch nicht festgestellt worden. Der Kläger nehme vielmehr normal am Leben teil und habe inzwischen zwei Kinder gezeugt. Es sei auch zu bezweifeln, dass die berufliche Entwicklung des Klägers ausschließlich auf die Folgen des Unfalls zurückzuführen sei. Jedenfalls habe vor Gewährung einer Schmerzensgeldrente der aktuelle Gesundheitszustand des Klägers geklärt werden müssen. Die mit der Klageschrift eingereichten Gutachten seien inzwischen mindestens fünf Jahre alt und rechtfertigten nicht die Annahme so schwerer Beeinträchtigungen, wie sie für die Bewilligung einer Schmerzensgeldrente Voraussetzung seien. Ebenso habe das Landgericht auf unzureichender Grundlage einen Ersatzanspruch für einen vermeintlichen Erwerbsschaden zugesprochen. Das Landgericht habe nicht hinreichend die zahlreichen Aspekte berücksichtigt, die gegen einen auch nur durchschnittlichen Erfolg des Klägers im weiteren Berufsleben gesprochen hätten. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass der Kläger die nach dem Unfall in Angriff genommene Berufsausbildung zum Holzbearbeiter zunächst zwar komplikationslos abgeleistet habe, dann habe er aber häufiger unentschuldigt gefehlt und schließlich von sich aus auf eine Beendigung des Ausbildungsverhältnisses gedrängt. Auch vor dem Unfall habe der Kläger seine Tischlerlehre abgebrochen, als es zu Problemen mit dem Meister gekommen sei. Dies zeige, dass der Kläger auch vor dem Unfall wenig belastungs- und konfliktfähig gewesen sei. Der Kläger habe den Abschluss der 10. Klasse nicht erreicht und die Gesamtschule in der 9. Klasse mit unterdurchschnittlichen Ergebnissen verlassen. Zudem seien beide Eltern arbeitslos und der Vater habe ein Alkoholproblem. Dies spreche ebenfalls dafür, dass der Kläger auch ohne den Unfall eine Berufsausbildung nicht abgeschlossen hätte. Hinzu komme, dass er einen einjährigen Förderlehrgang der Bundesanstalt für Arbeit nach der Schule wegen Verfehlens des Lehrgangsziels nicht erfolgreich abgeschlossen und den Wiederholungsversuch abgebrochen habe, wobei er zuvor permanent gefehlt habe. Zudem habe das Landgericht die Berufsausbildung zum Holzbearbeiter mit einer solchen zum Holzfacharbeiter verwechselt. Die Ausbildung zum Holzbearbeiter hätte aber selbst bei einem erfolgreichen Abschluss lediglich dazu geführt, dass der Kläger als Hilfsarbeiter hätte tätig sein können. Nach allem sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger ohne den Unfall in der Lage gewesen wäre, die vom Landgericht unterstellten Bruttoverdienste zu erzielen.
Die Beklagten beantragen, das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 29.01.2010 teilweise abzuändern und die Klage in der im Tenor zu Ziffern 3. und 4. aufgeführten Ansprüche abzuweisen sowie die Hilfsanschlussberufung zurückzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen sowie für den Fall, dass dem Zurückweisungsantrag nicht entsprochen werde, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn auch für die Zeit von April 2009 bis November 2009 konkrete Rentenbeträge wie folgt zu zahlen:
für April 2009 bis August 2009 jeweils monatlich 600,99 €,
für September bis November 2009 jeweils monatlich 312,60 €
zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
- aus 600,99 € seit dem 01.05.2009
- aus weiteren 600,99 € seit dem 01.06.2009,
- aus weiteren 600,99 € seit dem 01.07.2009,
- aus weiteren 600,99 € seit dem 01.08.2009,
- aus weiteren 600,99 € seit dem 01.09.2009,
- aus weiteren 312,60 € seit dem 01.10.2009,
- aus weiteren 312,60 € seit dem 01.11.2009
- sowie aus weiteren 312,60 € seit dem 01.12.2009.

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil. Er sieht die Voraussetzungen für eine Schmerzensgeldrente angesichts der vorliegenden schweren Hirnschädigung bei einer 70-prozentigen Minderung der Erwerbsfähigkeit und einer stark veränderten Persönlichkeit als gegeben. Überdies liege ein schweres organisches Psychosyndrom vor, welches sich dauerhaft auf seine Persönlichkeit auswirke und neben der Behinderung auch eine Betreuungsbedürftigkeit zur Folge habe. Das vom Landgericht zugesprochene Schmerzensgeld sei auch angemessen. Er habe erstinstanzlich dargelegt, dass er ohne den Unfall ausbildungswillig und fähig gewesen wäre. Dies ergebe sich bereits aus den von ihm absolvierten Ausbildungslehrgängen bei der Freiwilligen Feuerwehr und dem abgeschlossenen Förderlehrgang als Holzfacharbeiter nach dem Unfall. Auch die zeitlich befristete ABM-Maßnahme, die er unmittelbar vor dem Unfall als Helfer im Schiffbau angenommen habe, um sich für den von ihm angestrebten Beruf des Tischlers zu qualifizieren, spreche für eine günstige Prognose. Ferner sei bei der Prognose auch sein familiäres Umfeld zu berücksichtigen. So habe seine Schwester trotz der Geburt eines Kindes ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, sodass auch für ihn eine positive Prognose für eine erfolgreiche Beendigung einer Ausbildung als Holzfacharbeiter zu treffen sei. Zudem habe das Landgericht bei der Bemessung der Einkünfte ohnehin nur den Stundenlohn in der Lohngruppe 2 - einfache Arbeiten ohne vorherige Arbeitskenntnisse, die ohne besondere Ausbildung durchgeführt werden könnten und keine besonderen körperlichen Belastungen erfordern - angenommen. Mit der Hilfsanschlussberufung beziffert der Kläger nunmehr für die Zeit von April 2009 bis einschließlich November 2009 seine Ansprüche auf Erstattung des Erwerbsschadens auf der Grundlage der Berechnung des Landgerichts.

II. 1. Berufung und Anschlussberufung sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520, 524 ZPO. Die Begründungen genügen den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO bzw. §§ 524 Abs. 3, 520 Abs. 3 ZPO. Die Beklagten stützen ihr Rechtsmittel darauf, das Landgericht habe die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Schmerzensgeldrente verkannt und bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes nicht berücksichtigt, dass im Hinblick auf die einschlägigen Vergleichsentscheidungen der Betrag übersetzt sei. Hinsichtlich des Erwerbsschadens habe das Landgericht bei der dem Kläger günstigen Prognose nicht hinreichend die zahlreichen Indizien berücksichtigt, die gegen die Annahme einer dauerhaft vom Kläger durchgeführten Ausbildung oder Arbeitstätigkeit sprächen. Die Beklagten zeigen damit Rechtsfehler auf, auf denen das Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO.

Gleichfalls zulässig ist der mit der Hilfsanschlussberufung vorgenommene Übergang vom Feststellungsanspruch zum Zahlungsanspruch hinsichtlich der zwischenzeitlich verstrichenen Zeiträume und der Erwerbsschadensrente. Da die Anschlussberufung eine Beschwer nicht voraussetzt, kann die Anschließung auch zum Zwecke der Klageerweiterung bzw. zum Übergang vom Feststellungsanspruch zum Zahlungsanspruch erfolgen (Heßler in Zöller, ZPO, Kommentar, 28. Aufl., § 524, Rn. 33). Ebenso kann die Anschlussberufung bedingt für den - vorliegend eingetretenen - Fall erhoben werden, dass dem Antrag auf Zurückweisung der Berufung nicht - vollständig - entsprochen wird (Heßler, a.a.O., Rn. 17).

In der Sache hat die Berufung der Beklagten nur teilweise Erfolg. Der Anschlussberufung war hingegen vollumfänglich stattzugeben.

a) Der Kläger hat gegen die Beklagten, die als Gesamtschuldner haften, aufgrund des Verkehrsunfalls vom 03.03.2000 einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von weiteren 40.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.11.2002, aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 847 BGB a. F., 3 Abs. 1 StVO, 3 PflVG a. F., wobei für das streitgegenständliche Unfallgeschehen auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des 2. Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 mit Wirkung zum 01.08.2002 abzustellen ist, da sich der Unfall vor diesem Stichtag ereignet hat. Die Zahlung einer Schmerzensgeldrente kann der Kläger hingegen nicht verlangen.

Eine Schmerzensgeldrente kann ausnahmsweise bei lebenslangen, schweren Dauerschäden angemessen sein, die der Verletzte immer wieder schmerzlich empfindet (BGH NJW 1955, S. 1675; NJW 1979, S. 1654; NJWE-VHR 1996, S. 141; OLG Hamm, ZfS 2005, S. 122; OLG Hamm, VRS 1990, S. 865; OLG Düsseldorf, VersR 1997, S. 65; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 10. Aufl., Rn. 298). Die Rente soll den Verletzten dabei in die Lage versetzen, seinen Beeinträchtigungen durch zusätzliche Erleichterungen und Annehmlichkeiten ihre Schwere zu nehmen (OLG Hamm, VersR 1990, a.a.O.). In Betracht kommt eine Schmerzensgeldrente etwa bei schweren Hirnschäden, Querschnittslähmung, den Verlust eines der fünf Sinne oder bei schwersten Kopfverletzungen (vgl. die Zusammenstellung der Rechtsprechung bei Heinrichs in Palandt, BGB, Kommentar, 69. Aufl., § 243, Rn. 21). Der Höhe nach ist die Schmerzensgeldrente in einer ausgewogenen Relation zum Schmerzensgeldkapital zu setzen, wobei die Summe des sich bei einer Kapitalisierung der Rente ergebenden Betrages und das zugesprochene Kapital jedenfalls annähernd dem Betrag entsprechen müssen, der sonst für vergleichbare Verletzung zugesprochen wird (Küppersbusch, a.a.O., Rn. 300). Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen einer Schmerzensgeldrente nicht gegeben. Allerdings hat der Kläger bei dem Unfall neben anderen Beeinträchtigungen schwere Kopfverletzungen erlitten, nämlich ein Schädelhirntrauma 3. Grades sowie eine laterale Mittelgesichtsfraktur links und eine Unterkieferfraktur links. Diese Verletzungen hatten eine Deformierung der Gesichtskonturen des Klägers zur Folge. Ferner hat der Hirnschaden dazu geführt, dass beim Kläger gravierende neuropsychologische Störung verblieben sind in den Bereichen der Lern- und Gedächtnisfunktion, des Handlungs- und Planungsverhaltens, der komplexen Aufmerksamkeitsleistungen sowie des Persönlichkeitsprofils. Das gleichfalls unfallbedingt aufgetretene organische Psychosyndrom hat dazu geführt, dass der Kläger zu 70 % schwerbeschädigt und nur noch in der Lage ist, in einer abgeschirmten Tätigkeit am Erwerbsleben teilzunehmen, etwa in einer Werkstatt für Behinderte. Daneben beeinträchtigen die Störungen des Handlungs- und Planungsverhaltens auch die Entwicklung des Privatlebens des Klägers. Schließlich bestehen durch den Hirnschaden motorische Einschränkungen des Klägers. Gleichwohl ist der Kläger durchaus in der Lage, sich selbst zu versorgen und lebt auch allein bzw. zusammen mit seiner Freundin. Er steht zwar infolge des Unfalls unter Betreuung und ist wegen der schweren Defizite im Bereich der kognitiven Leistungs- und Lernfähigkeit an einer Arbeitsausübung sehr weitgehend gehindert, die Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigt er jedoch ohne fremde Hilfe. Auch im neurologisch-neuropsychologischen Fachgutachten des Privatdozenten Dr. med. A… B… vom 25.04.2005 und im psychologischen Gutachten des Dipl.-Psychologen A… S… vom 27.06.2006 sind insoweit Einschränkungen nicht festgestellt worden. Der Kläger selber empfindet seine Einschränkungen zudem nicht in einem Maße gravierend, der die Festsetzung einer Schmerzensgeldrente rechtfertigen würde. Der Kläger ist seiner Einschätzung nach vielmehr in der Lage, eine Berufsausbildung bewältigen zu können. Auch wenn diese Einordnung auf die krankheitsbedingte Uneinsichtigkeit des Klägers zurückzuführen ist, ist zugleich ein erhebliches Leiden an den Beeinträchtigungen als Voraussetzung einer Schmerzensgeldrente nicht festzustellen. Da zudem die - wenn auch erheblichen - Beeinträchtigungen des Klägers nicht den üblicherweise für die Gewährung einer Schmerzensgeldrente erforderlichen Schweregrad erreichen - etwa dem vollständigen Verlust eines Sinnesorgans entsprechen oder einer Hirnschädigung, die auch erhebliche Auswirkungen bei der Bewältigung des Alltags nach sich zieht - erscheint die Gewährung einer Schmerzensgeldrente nicht angezeigt. Einer weiteren Begutachtung des Klägers bedurfte es insoweit nicht. Der Kläger trägt nicht vor, dass sich sein Zustand im Vergleich zu den letzten Begutachtungen in den Jahren 2005 und 2006 verschlechtert hat. Er stützt sich vielmehr ausdrücklich auf die damals erstellten Gutachten. Zugleich bestehen keine Anhaltspunkte für eine Verbesserung seines Zustandes. Vielmehr ergibt sich aus den Gutachten, dass eine weitere Verbesserung nicht zu erwarten ist. Schließlich rechtfertigt auch die Deformierung der Gesichtszüge des Klägers zusammen mit den übrigen Einschränkungen ein anderes Ergebnis nicht. Der Kläger trägt bereits nicht vor, er sei insoweit erheblich eingeschränkt oder fühle sich psychisch belastet.

Dem Kläger steht ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 115.000,00 € zu. Unter Berücksichtigung der von der Beklagten zu 2. vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils auf diesen Anspruch geleisteten Zahlungen verbleibt ein Restanspruch von 40.000,00 €, auf den sich der Kläger zudem die nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens erbrachte Zahlung von 25.000,00 € durch die Beklagte zu 2. anrechnen lassen muss. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellung und psychischen Beeinträchtigungen, wobei Leiden und Schmerzen wiederum durch die Art der Primärverletzung, die Zahl und Schwere der Operationen, die Dauer der stationären und ambulanten Heilbehandlung, den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens bestimmt werden. Im Rahmen der bei normalen Straßenverkehrsunfällen nur eingeschränkt zu berücksichtigenden Genugtuungsfunktion ist insbesondere die Schwere des Verschuldens des Schädigers in Ansatz zu bringen (BGH NJW 1955, S. 1675; NJW 1982, S. 985; VersR 1992, S. 1410; Küppersbusch, a.a.O., Rn. 274 ff). Wegen der vom Kläger erlittenen Verletzungen und Beeinträchtigungen wird zunächst auf die Feststellungen des Landgerichts (Bl. 18 f des Urteils) Bezug genommen. Der durch den Unfall schwerstverletzte Kläger befand sich rund 2 ½ Jahre stationär in Kliniken bzw. in Einrichtungen zur Rehabilitation. Er hat ein Schädelhirntrauma 3. Grades, eine laterale Mittelgesichtsfraktur links, eine Unterkieferfraktur links, eine Klavikulafraktur links und ein posttraumatisches Psychosyndrom nach dem Schädelhirntrauma erlitten. Letzteres hat die oben bereits ausgeführten Einschränkungen im Leben des Klägers zur Folge, insbesondere dessen Unfähigkeit außerhalb eines geschützten Bereiches zu arbeiten und das Erfordernis der Bestellung eines Betreuers für den Kläger. Weiterhin ist die Motorik des Klägers durch fortbestehende leichte Gleichgewichtsstörungen beeinträchtigt. Allerdings sind diese Einschränkungen nach den Feststellungen des Dr. med. A… B… in seinem Gutachten vom 25.04.2005 nicht sonderlich ausgeprägt und rechtfertigen nicht - wie vom Kläger angeführt - für sich genommen die Annahme eines Behinderungsgrades von 30 %. Eine Mithaftung des Klägers - mit einer entsprechenden Auswirkung auf die Höhe des Schmerzensgeldes - wird schließlich von den Beklagten in der Berufungsinstanz nicht mehr eingewandt.

Die vorgenannten Umstände rechtfertigen nach Ansicht des Senates auch unter Berücksichtigung der veröffentlichten Vergleichsentscheidungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 115.000,00 €. Der Senat sieht insbesondere eine Vergleichbarkeit mit der vom Kläger angeführten Entscheidung des Landgerichts Dortmund (veröffentlicht in NJW-RR 2000, S. 402). Im dortigen Fall, in dem das Landgericht ein Schmerzensgeld von - umgerechnet - 112.500,00 € zugesprochen hat, hat der Geschädigte ein schweres Schädelhirntrauma mit Hirnstammkontusion erlitten, das zu einer organischen Hirnschädigung geführt hat, die eine Vielzahl von Ausfallerscheinungen physischer und psychischer Art zur Folge hatte. So litt der Geschädigte unter Störungen der konzentrativ-amnestischen Funktionen, einer Verlangsamung des psychisch motorischen Tempos und einer Beeinträchtigung höherer kognitiver Funktionen, was insbesondere dazu führte, dass er im Sozialverhalten und Arbeitsbereich empfindlich eingeschränkt war und nahezu keinerlei Beruf mehr ausüben konnte, wobei zugleich der Geschädigte zusätzlich beeinträchtigt durch eine übermäßige und nicht situationsbedingte Schweißabsonderung sowie durch Sprechstörungen war, die ihn auch in seinem normalen Alltag belasteten. Ferner fiel dem Beklagten in diesem Vergleichsfall ein erhebliches Verschulden zur Last. Der in der Referenzentscheidung zu berücksichtigende erhöhte Verschuldensvorwurf sowie die erheblicheren Belastungen des dortigen Geschädigten im Alltag werden nach Auffassung des Senates allerdings aufgewogen durch die im Hinblick auf den zwischen den Entscheidungen liegenden Zeitraum vorzunehmende Anpassung im Sinne einer Erhöhung des Schmerzensgeldes. Nicht zu berücksichtigen waren die weiteren vom Kläger angeführten Vergleichsentscheidungen. Alle drei Entscheidungen haben Verletzungen zum Gegenstand, die die Beeinträchtigungen des Klägers deutlich übersteigen (LG München I, VersR 2001, S. 1124: unfallbedingter Rückfall auf primitivste Existenzzustände; OLG Düsseldorf, RuS 1995, S. 293: spastische Lähmung aller Glieder, Störung der Blasen- und Darmentleerung, ausgeprägte Hirnleistungsstörungen, Wegfall der Bewegungsfähigkeit und der gewillkürten Motorik; OLG Hamm, RuS 1996, S. 349: Rückfall in das intellektuelle Stadium eines Grundschülers der 4. Schulklasse und dauerhafte Lähmung aller Extremitäten). Auch die von den Beklagten angeführten Vergleichsentscheidungen rechtfertigen eine andere Beurteilung nicht. Die Verletzungen des Geschädigten in der benannten Entscheidung des LG München I (zusammengefasst aufgeführt in Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge 2010, 28. Aufl., Nr. 2776) hatten keine den Beeinträchtigungen des Klägers vergleichbare Gehirnschädigung zur Folge. Die Verletzungsfolgen im angeführten Fall des OLG Celle (zusammengefasst aufgeführt in Hacks/Ring/Böhm, a.a.O., Nr. 2779) übersteigen zwar die Auswirkungen beim hiesigen Kläger. Der Kläger war im Zeitpunkt des Unfalles jedoch bedeutend jünger als die Verletzte in der Vergleichsentscheidung, sodass bereits die anzunehmende Dauer der vom Kläger zu tragenden Verletzungsfolgen ein höheres Schmerzensgeld rechtfertigt als im Vergleichsfall zugesprochen worden ist. Aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr zu berücksichtigen waren die von den Beklagten angeführten und mehr als zwanzig Jahre zurückliegenden Entscheidungen der Landgerichte Landshut und Darmstadt (zusammengefasst aufgeführt in Hacks/Ring/Böhm, a.a.O., Nr. 2783 und Nr. 2787). Von den Verletzungsfolgen nicht vergleichbar ist schließlich die von den Beklagten benannte Entscheidung des LG Lüneburg (veröffentlicht in SchadPrax 2005, S. 159: schwere Hirnschädigung im Sinne eines apallischen Syndroms).

Eine Verzinsung des Schmerzensgeldes in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz kann der Kläger aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB ab dem 14.11.2002 verlangen, da sich die Beklagten aufgrund der Mahnung des Klägers im Schreiben vom 15.10.2002 mit Fristsetzung zum 05.11.2002 ab diesem Zeitpunkt in Verzug befanden.

b) Der Kläger hat weiterhin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz seines Verdienstschadens aus §§ 7 Abs. 1, 18, 11 StVG, 3 PflVG a. F. sowie aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 843 BGB, 3 Abs. 1 StVO, 3 PflVG a. F.. Dies führt dazu, dass der Kläger ab dem 01.08.2008 bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters die Zahlung einer monatlichen Schadensersatzrente auf Grundlage eines fiktiven Bruttoeinkommens von 1.480,00 € verlangen kann, wobei sich der Kläger die auf das Einkommen üblicherweise zu entrichtenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sowie die ihm zufließenden Einkommensersatzleistungen Dritter anrechnen lassen muss, allerdings im Gegenzug Erstattung der Steuerbeträge verlangen kann, die ihm infolge der Rentenzahlungen zusätzlich entstehen.

Im Rahmen der Ermittlung des Verdienstausfalls ist eine Prognose hinsichtlich der beruflichen Entwicklung zu treffen, die der Geschädigte ohne den Unfall genommen hätte. Der Geschädigte muss soweit wie möglich konkrete Anhaltspunkte für diese Prognose dartun und gegebenenfalls beweisen. Die Anforderungen an die Prognose dürfen dabei nicht überspannt werden, denn es liegt in der Verantwortlichkeit des Schädigers, dass in die berufliche Entwicklung des Geschädigten eingegriffen wurde (BGH VersR 1998, S. 770; VersR 1995, S. 422; Küppersbusch, a.a.O., Rn. 47, 50). Dabei gilt für die Prognose insgesamt wie auch für die Anknüpfungstatsachen der Maßstab des § 287 ZPO (BGH VersR 1995, a.a.O.). Auf der Grundlage gesicherter Anknüpfungspunkte ist ein Wahrscheinlichkeitsurteil über die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge wahrscheinliche berufliche Entwicklung des Geschädigten zu fällen (Küppersbusch, a.a.O.). Hierin einzubeziehen sind auch die tatsächlichen Erkenntnisse, die sich erst nach dem Unfall ergeben (BGH VersR 2004, S. 874; VersR 1999, S. 106; Küppersbusch, a.a.O., Rn. 47). Zwar kommen dem Geschädigten die Beweiserleichterungen der § 252 Satz 2 BGB, 287 ZPO zu Gute, eine völlig abstrakte Berechnung des Erwerbsschadens ist jedoch nicht möglich; der Verletzte muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte und Anknüpfungstatsachen nach diesen Maßstäben dartun und beweisen, die eine Schadensschätzung ermöglichen (BGH VersR 1995, a.a.O.; Küppersbusch, a.a.O., Rn. 50). Gerade bei relativ jungen Geschädigten kann allerdings ohne konkrete Anhaltspunkte nicht angenommen werden, dass sie auf Dauer die ihnen zu Gebote stehenden Möglichkeiten für gewinnbringende Erwerbstätigkeit nicht nutzen werden (BGH NJW 1997, S. 937; BGH VersR 2000, S. 1521; Küppersbusch, a.a.O., Rn. 53). Auch hat das Landgericht zu Recht ausgeführt, dass verbleibende Risiken bei der Prognose durch gewisse Abschläge berücksichtigt werden können (BGH VersR 2000, a.a.O.; Küppersbusch, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall geht der Senat davon aus, dass der Kläger jedenfalls mit Vollendung seines fünfundzwanzigsten Lebensjahres eine dauerhafte Tätigkeit als ungelernter Arbeiter aufgenommen hätte. Allerdings ist die Prognose für den Kläger insbesondere auf der Grundlage seiner Entwicklung bis zum Unfallereignis sehr ungünstig. Der Kläger hat nach 11 Jahren Schulbesuch die Gesamtschule nach absolviertem 9. Schuljahr mit unterdurchschnittlichen Ergebnissen verlassen. Im Anschluss daran hat er einen überbetrieblichen einjährigen Förderlehrgang der Bundesanstalt für Arbeit besucht, der ihn auf eine Berufsausbildung im Berufsfeld Holz vorbereiten sollte. Der Kläger hat jedoch das Lehrgangsziel nicht erreicht und sollte den Förderlehrgang daher wiederholen. Diesen zweiten Förderlehrgang hat er nach wenigen Wochen abgebrochen. Der Kläger hat dann eine kurzfristige ABM-Maßnahme im Schiffbaubereich begonnen, die er einen Tag nach Beginn der Maßnahme aufgrund des Unfalls nicht fortführen konnte. Zum familiären Hintergrund des Klägers ist bekannt, dass er mit seinen Eltern und seiner Schwester vor dem Unfall in einer 3-Zimmerwohnung wohnte, wobei er in einem Zimmer mit seiner Schwester gelebt hat. Die Eltern waren beide arbeitslos. Darüber hinaus ist bekannt, dass der Vater des Klägers zu einem den Kläger betreffenden Termin auf dem Arbeitsamt in alkoholisiertem Zustand erschienen ist. Die Schwester des Klägers hat bei einem überbetrieblichen Bildungsträger eine Ausbildung als Hauswirtschaftshelferin abgeschlossen, obwohl sie während der Ausbildungszeit ein Kind bekommen hat, das nun ebenfalls mit im Haushalt bei den Eltern des Klägers lebt. Der Kläger ist Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr gewesen und dort nach Absolvieren der entsprechenden Lehrgänge zum Feuerwehrmann befördert worden. Nach dem Unfall hat der Kläger zunächst erfolgreich einen Förderlehrgang in der Fachklinik … zur Vorbereitung auf eine Ausbildung im Bereich Holzbearbeitung absolviert. Er hat dann zum 01.09.2002 eine Fachwerkerausbildung zum Holzbearbeiter begonnen, die am 31.08.2006 enden sollte. Diese hat er allerdings mit Wirkung zum 22.04.2003 beendet, wobei er ab Ende Januar 2003 häufiger unentschuldigt gefehlt hat. Der Kläger hat nach dem Unfall zeitweise mit seiner Freundin in einer eigenen Wohnung zusammengelebt und hat mit dieser zusammen auch ein Kind. Er hat auch mit einer weiteren Frau ein Kind. Die aufgezeigte Entwicklung des Klägers vor dem Unfall sowie sein damaliges Umfeld lassen weder die positive Prognose zu, dass der Kläger eine Berufsausbildung abgeschlossen und nicht erneut abgebrochen hätte noch dass er die Abschlussprüfungen bestanden hätte. Darüber hinaus kann angesichts der Arbeitsmarktsituation im Raum Berlin-Brandenburg in den letzten Jahren nicht davon ausgegangen werden, dass es dem Kläger angesichts seines bisherigen Werdegang und seinen schulischen Leistungen gelungen wäre, eine betriebliche Ausbildungsstelle zu finden, in der ihm eine bestimmte Vergütung gezahlt worden wäre. Auch die Entwicklung des Klägers nach dem Unfall rechtfertigt nicht die Annahme, er habe sich zwischenzeitlich gefangen und hätte daher eine Ausbildung erfolgreich zu Ende geführt. Es kann daher lediglich angenommen werden, dass der Kläger als ungelernter Arbeiter hätte dauerhaft Arbeit finden können, wie letztlich auch vom Landgericht prognostiziert wird, das ebenfalls den erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung durch den Kläger nicht angenommen und eine Vergütung auf dem Niveau eines ungelernten Arbeiters berücksichtigt hat. Zugleich sieht der Senat in Anwendung der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger für den Rest seines Erwerbslebens ohne Arbeit geblieben wäre. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger sich mit fortschreitendem Alter gefangen und eine dauerhafte Arbeit aufgenommen hätte, wobei der Senat als Datum eines dauerhaften Eintritt des Klägers in die Arbeitstätigkeit einen Zeitpunkt nahe der Vollendung des 25. Lebensjahres des Kläger annimmt, nämlich den 01.08.2005. Diese Prognose berücksichtigt auch einen eventuell vom Kläger noch abzuleistenden Wehr- oder Zivildienst. Nicht gegen eine solche Prognose spricht schließlich die weitere Entwicklung des Klägers nach dem Unfall. Das Leben des Klägers wies zwar nach dem Unfall sowohl im persönlichen Bereich als auch im Erwerbsleben keine längeren Kontinuitäten auf, es war jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger gerade durch die Auswirkung des Unfalles nicht in der Lage ist, sein Leben langfristig zu planen und entsprechend zu handeln. Es ist hingegen nicht ersichtlich, dass sich eine gleichgelagerte Entwicklung auch ohne den Unfall dauerhaft ergeben hätte.

Hinsichtlich der Bemessung der Höhe des fiktiven Arbeitseinkommens des Klägers folgt der Senat den Ausführungen des Landgerichts, § 287 ZPO. Das Landgericht hat angenommen, der Kläger hätte als ungelernter Arbeiter einen Stundenlohn von 8,50 € erzielt und damit einen Wochenarbeitsverdienst bei einer 40-Stundenwoche von 340,00 € und einem Monatsverdienst von ca. 1.480,00 € brutto. Eine Verringerung dieses Wertes ist auf Grundlage der Feststellungen des Statistischen Bundesamtes zu Verdiensten und Arbeitskosten im Rahmen der Verdienststrukturerhebung 2006 (Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2009) zu der Bezahlung der Leistungsgruppe 5 (ungelernte Arbeitnehmer mit einfachen, schematischen Tätigkeiten oder isolierten Arbeitsvorgängen, für deren Ausübung keine berufliche Ausbildung erforderlich ist und das erforderliche Wissen und die notwendigen Fertigkeiten durch Anlernen in bis zu drei Monaten vermittelt werden) nicht veranlasst. So verdienten - und zwar jeweils monatlich brutto - ungelernte Tischler durchschnittlich 1.988,00 €, Hilfsarbeiter ohne nähere Tätigkeitsangabe 1.506,00 €, ungelernte Verkäufer 1.647,00 €, ungelernte Lagerverwalter und Magaziner 1.924,00 €, ungelernte Lager- bzw. Transportarbeiter 1.738,00 € und ungelernte Pförtner/Hauswarte 1.860,00 € monatlich brutto. Auch unter Berücksichtigung eines Abzugs von ersparten berufsbedingten Aufwendungen, den der Senat mit 3 % des Bruttoeinkommens bemisst, ist jedenfalls der vom Landgericht angenommene Bruttobetrag zu berücksichtigen. Danach ist unter Einrechnung der vom Landgericht vorgenommenen Abzüge für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag sowie für Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung von einem Nettoeinkommen von 1.021,40 € für den Zeitraum August 2005 bis einschließlich Dezember 2006, von einem Nettoeinkommen von 1.035,46 € für den Zeitraum Januar 2007 bis einschließlich Dezember 2007, von einem Nettoeinkommen von 1.040,27 € für den Zeitraum Januar 2008 bis einschließlich Dezember 2008 und von einem Nettoeinkommen von 1.057,75 € für den Zeitraum Januar 2009 bis einschließlich März 2009 auszugehen. Für die Zeit vom 01.08.2005 bis einschließlich 31.03.2009 ergeben sich unter Berücksichtigung der vom Kläger bezogenen Leistungen (zunächst ALG II, später Grundsicherung) die vom Landgericht ermittelten und aus dem Tenor ersichtlichen Beträge.

Für die mit der Hilfsanschlussberufung geforderten Zahlungen für die Monate April bis einschließlich November 2009 ist wiederum von einem fiktiven Nettoeinkommen von 1.057,75 € auszugehen. Angesichts der bezogenen Leistungen der Grundsicherung in Höhe von 745,15 € in den Monaten September bis Dezember 2009 verbleibt ein monatlicher Betrag von 312,60 € für diese Monate.

Eine Verzinsung der Rentenzahlungen kann der Kläger wie beantragt verlangen. Die Beklagten befanden sich auch ohne Mahnung des Klägers mit den Rentenzahlungen jedenfalls am ersten Tag des auf den Monat der Rentenzahlung folgenden Monats in Verzug, §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 760 BGB.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, Satz 2 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 73.463,79 € festgesetzt, §§ 42 Abs. 2, Abs. 5, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO [Berufung: Schmerzensgeldrente: 20.400,00 €, (12.000,00 € - Rentenbetrag für fünf Jahre - zzgl. 8.400,00 € - bei Klageeinreichung fällige Beträge); Erwerbsschadensrente: 53.063,79 € (33.000,00 € - Rentenbetrag für fünf Jahre - zzgl. 20.063,79 € - bei Klageeinreichung fällige Beträge); die Hilfsanschlussberufung führt nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts, § 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 3 GKG].

Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 180.298,38 € festgesetzt, §§ 42 Abs. 2, Abs. 5, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO [kapitalisiertes Schmerzensgeld: 40.000,00 €; Feststellungsantrag Schmerzensgeld: 6.645,98 €; Schmerzensgeldrente: 20.400,00 €, (12.000,00 € - Rentenbetrag für fünf Jahre - zzgl. 8.400,00 € - bei Klageeinreichung fällige Beträge); Erwerbsschadensrente: 73.920,33 € (48.000,00 € - Rentenbetrag für fünf Jahre - zzgl. 25.920,33 € - bei Klageeinreichung fällige Beträge); Freistellungsanspruch: 13.597,22 €; Anspruch auf zukünftige Leistungen - Betreuungskosten: 4.000,00 €; Fahrtkosten: 1.734,85 €; Feststellungsantrag: 20.000,00 €]. ..."

***

Zur Frage der Bemessung des Schmerzensgeldes (hier: 70.000,-- Euro einschließlich aufgelaufener Rentenbeträge sowie 200,-- Euro monatliche Rente ab der Verkündung der Senatsentscheidung)9 für die Folgen einer durch eine Zangengeburt eingetretenen Hirnverletzung, die - neben zurückgebildeten körperlichen Beeinträchtigungen - zu einer voraussichtlich lebenslang andauernden geistigen Behinderung im Sinne einer Intelligenzschwäche geführt hat. Bei der finanziellen Bewertung der von Angehörigen erbrachten Pflege- und Betreuungsleistungen ist einerseits deren ‚Marktwert' zu berücksichtigen; Anhaltspunkt ist daher auch die Höhe der Vergütung, die ür eine entsprechende Pflegekraft entrichtet werden müsste. Auf der anderen Seite darf nicht außer Acht gelassen werden, dass professionelle Pflegekräfte im Rahmen ihrer Arbeitszeit durchweg eine Mehrzahl von Patienten versorgen. Darüber hinaus wird die Betreuung eines behinderten Kindes im häuslichen Umfeld regelmäßig mit einem geringeren Aufwand möglich sein, weil Hilfen in der Familie zur Verfügung stehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.11.2002 - 8 U 155/00, VersR 2003, 1407).

Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen vermehrter Bedürfnisse gem. § 843 BGB (OLG Hamm, Urteil vom 25.09.2002 - 13 U 62/02, DAR 2003, 118).

Eine Schmerzensgeldrente ist nur ausnahmsweise und bei schwersten lebenslangen Dauerschäden zuzuerkennen. Bei der Bemessung der Erwerbsschadensrente kommt es nicht auf den Verlust der Arbeitskraft, sondern auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, da i.R. des § 843 I BGB nur der tatsächliche Vermögensschaden ausgeglichen wird. Bei der Bemessung der Haushaltsführungsschadensrente kommt es auf den vor einem Unfallereignis tatsächlich erbrachten Umfang der Arbeitsleistung im Haushalt an (OLG Hamm, Urteil vom 05.03.2001 - 13 U 95/00, NJOZ 2001, 514).

Wird der bereits Berufsunfähige unfallbedingt erwerbsunfähig, hat ihm der Schädiger auch den entstehenden Rentenschaden zu ersetzen (OLG Hamm, Entscheidung vom 21.09.1994 - 13 U 64/94, r + s 1995, 258).



Rentenversicherungsbeiträge

Erstattet der Bund dem Träger einer Werkstatt für behinderte Menschen gemäß § 179 Abs. 1 SGB VI die Rentenversicherungsbeiträge für ein Verkehrsunfallopfer, welches infolge seiner unfallbedingten Verletzungen in der Werkstatt beschäftigt wird, so besteht ein Ersatzanspruch des Bundes gegen den Schädiger bzw. seinen Haftpflichtversicherer gemäß § 179 Abs. 1 a SGB VI nur dann, wenn der Geschädigte hinsichtlich seiner rentenversicherungsrechtlichen Stellung einen konkreten Schaden erlitten hat; dies ist der Fall, wenn die vom Bund erstatteten Rentenversicherungsbeiträge nötig waren, um dem Geschädigten die Stellung in der Rentenversicherung zu erhalten, die er im Zeitpunkt des Unfalls inne hatte, oder wenn der Geschädigte während des in Frage stehenden Zeitraums ohne den Unfall aus sonstigen Gründen rentenversicherungspflichtig geworden wäre und deshalb Beiträge hätte abführen müssen (BGH, Urteil vom 10.07.2007 - VI ZR 192/06).



Vermehrte Bedürfnisse

Vermehrte Bedürfnisse sind sämtliche unfallbedingten und ständig wiederkehrenden Aufwendungen, die den Zweck haben, die Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten in Folge dauernder Beeinträchtigungen seines körperlichen Wohlbefindens entstanden sind (§ 843 I BGB).

Schadensersatzrenten zum Ausgleich vermehrter Bedürfnisse (sogenannte Mehrbedarfsrenten nach § 843 I 2. Alternative BGB) sind weder als Leibrente noch als sonstige wiederkehrende Bezüge einkommensteuerbar (Einschränkung der Rechtsprechung; BFH, Entscheidung vom 25.10.1994 - VIII R 79/91, NJW 1995, 1238).

Leitsätze/Entscheidungen:

Die von der unterhaltspflichtigen Mutter erbrachten Pflegeleistungen für ein durch einen Unfall geschädigtes Kind lassen auch dann dessen Anspruch gegen den Schädiger wegen vermehrter Bedürfnisse gem. § 843 BGB unberührt, wenn bei dem Unfall eine Verletzung der Obhutspflicht durch die Mutter mitgewirkt hat (BGH, Urteil vom 15.06.2004 - VI ZR 60/03, SVR 2004, 467).

Für die Höhe der Geldrente aus § 844 II BGB ist das fiktive Nettoeinkommen des Getöteten nur bis zu seinem voraussichtlichen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben maßgeblich; derzeit ist dies bei einem nicht selbstständig Tätigen grundsätzlich die Vollendung des 65. Lebensjahres. Die für die zeitliche Begrenzung der Geldrente maßgebliche mutmaßliche Lebensdauer des Getöteten ist im Urteil kalendermäßig anzugeben (BGH, Urteil vom 27.01.2004 - VI ZR 342/02, SVR 2004, 339).

Leistungen des Sozialhilfeträgers wegen unfallbedingt vermehrter Bedürfnisse sind dem Anspruch des Empfängers auf Ersatz seines Erwerbsschadens nicht kongruent (im Anschluß an BGH , NJW 1997, 256; BGH, Urteil vom 08.11.2001 - IX ZR 64/01, ZfS 2002, 127).

Von Eltern in ihrer Freizeit für ihr in seiner Gesundheit geschädigtes Kind erbrachte Betreuungsleistungen sind nur dann als vermehrte Bedürfnisse des Verletzten gem. § 843 I BGB ersatzpflichtig, wenn sie sich so weit aus dem selbstverständlichen, originären Aufgabengebiet der Eltern herausheben, daß der entgeltliche Einsatz einer fremden Pflegekraft nicht nur theoretisch, sondern bei vernünftiger Betrachtung als praktische Alternative ernsthaft in Frage gekommen wäre (BGH, Urteil vom 08.06.1999 - VI ZR 244/98, VersR 1999, 1156).

Die im Rahmen des § 44 SGB XI zu entrichtenden Rentenversicherungsbeiträge für die Pflegeperson stellen sich als zusätzlicher ersatzpflichtiger Schaden des pflegebedürftigen Geschädigten dar, dessen Ersatzanspruch gegen den Schädiger insoweit gem. § 116 I SGB X auf die Pflegekasse übergeht (BGH, Urteil vom 10.11.1998 - VI ZR 354/97, ZfS 1999, 98).

Leistungen nach §§ 53 ff. SGB V a. F. und § 36 SGB XI sind nur dem Anspruch des Verletzten auf Ersatz seiner vermehrten Bedürfnissen kongruent (BGH, Urteil vom 08.10.1996 - VI ZR 247/95, ZfS 1997, 12).

Die Vollendung des 65. Lebensjahres als Zeitpunkt für die Begrenzung der Verdienstausfallrente eines nicht selbständig Tätigen ist auch bei Frauen maßgebend. Das gilt auch für Bewohnerinnen der ehemaligen DDR, soweit deren Altersrente erst nach dem 31.12.1996 beginnt (BGH, Urteil vom 26.09.1995 - VI ZR 245/94, NJW 1995, 3313).

Hat die bei einem Verkehrsunfall erlittene Verletzung zu einer Verlängerung der Schulausbildung geführt, handelt es sich bei den hierfür aufzubringenden Kosten nicht um ‚vermehrte Bedürfnisse' i. S. § 843 I BGB. In Betracht kommt allenfalls ein Schadensersatzanspruch wegen Verdienstausfalls (BGH, Entscheidung vom 11.02.1992 - VI ZR 103/91, VersR 1992, 1235).

*** (OLG)

Bei der Bestimmung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs ist vom Stundensatz einer entgeltlich eingesetzten vergleichbaren Hilfkraft auszugehen. Die Höhe des Stundensatzes bestimmt sich nach der konkret vorzunehmenden Tätigkeit, so dass für Hilfstätigkeiten, die kein spezielles Fachwissen erforden, ein Stundensatz von 7,20 ? in Anlehnung an BAT VII zugrunde gelegt werden kann. Die Verurteilung zur Zahlung einer zukünftigen Mehrbedarfsrente setzt voraus, dass sich die für die Bemessung maßgeblichen Verhältnisse mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festlegen lassen und damit eine konkrete Bezifferung möglich ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.12.2004 - 7 U 4/03, NJOZ 2005, 2853).

Bei der finanziellen Bewertung der von Angehörigen erbrachten Pflege- und Betreuungsleistungen ist einerseits deren ‚Marktwert' zu berücksichtigen; Anhaltspunkt ist daher auch die Höhe der Vergütung, die für eine entsprechende Pflegekraft entrichtet werden müsste. Auf der anderen Seite darf nicht außer Acht gelassen werden, dass professionelle Pflegekräfte im Rahmen ihrer Arbeitszeit durchweg eine Mehrzahl von Patienten versorgen. Darüber hinaus wird die Betreuung eines behinderten Kindes im häuslichen Umfeld regelmäßig mit einem geringeren Aufwand möglich sein, weil Hilfen in der Familie zur Verfügung stehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.11.2002 - 8 U 155/00, VersR 2003, 1407).

Eine unfallbedingte Minderung der Fähigkeit zur Haushaltsführung ist nach § 843 I BGB in Höhe des hierdurch entstehenden Mehrbedarfs auszugleichen. Der Mehrbedarf des Geschädigten ist nach der konkreten Lebenssituation des Geschädigten im Unfallzeitpunkt zu ermitteln. Die Berechnung kann nach Schulz/Borck-Hofmann ‚Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt' erfolgen, die in der Rechtsprechung anerkannt ist. Bei der Berechnung des Mehrbedarfs ist zunächst die Zeit zu ermitteln, die der Geschädigte vor dem schädlichen Ereignis wöchentlich auf die Haushaltsführung verwendet hat. Dabei gelten die Arbeitszeitwerte gleichermaßen für männliche wie für weibliche Geschädigte, da ein Erfahrungssatz, dass Männer schneller die Hausarbeit erledigen, nicht existiert. Bei der Bestimmung des unfallbedingten Mehraufwandes in der Haushaltsführung sind diese für die einzelnen Tätigkeiten gesondert festzustellen. Geringfügige Beeinträchtigungen, die einen zeitlichen Mehrbedarf bis zu 10 % verursachen, bleiben bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens außer Ansatz. Begründet der Geschädigte nach dem Unfallereignis eine nichteheliche Lebensgemeinschaft, ist es für die Bestimmung des zeitlichen Mehrbedarfs unerheblich, ob der Partner mehr als 50 % der anfallenden Haushaltstätigkeit erledigt. Vielmehr kann der Geschädigte 50 % der nunmehr im Zweipersonenhaushalt anfallenden Hausarbeit bei der Berechnung seines Haushaltshilfeschadens in Ansatz bringen. Neben dem Anspruch des Geschädigten wegen beeinträchtigter Haushaltstätigkeit unter dem Gesichtspunkt vermehrter Bedürfnisse gem. § 843 BGB kann sich ein Anspruch des Geschädigten wegen verminderter Arbeitskraft aus § 842 BGB ergeben, wenn der Ehepartner einer Arbeit nachgeht und der verletzte Ehegatte im Gegenzug die Hausarbeit übernimmt. Der Geschädigte, der den unfallbedingten zeitlichen Mehrbwedarf in der Haushaltsführung durch erhöhten Einsatz kompensiert, kann grundsätzlich die fiktiven Kosten einer adäquaten Hilfskraft in Ansatz bringen. Erstattungsfähig ist nur der Nettolohn der jeweils nach dem Zuschnitt des Haushaltes maßgeblichen Stufe des BAT (OLG Rostock, Urteil vom 14.06.2002 - 8 U 79/00, ZfS 2003, 233).

Der Umfang der behinderungsbedingten Mehraufwendungen ist nach § 287 ZPO unter Berücksichtigung der nachvollziehbaren Angaben der mit der Betreuung eines geschädigten Kindes befassten Angehörigen und unter Zugrundelegung von Erfahrungswerten zu schätzen. Das Bestreben von Eltern, die Hilfsbedürftigkeit eines geistig und körperlich behinderten Kindes durch besonders liebevolle Zuwendung und Aufmerksamkeit auszugleichen, muss bei der schadensrechtlichen Bewertung des notwendigen Betreuungsaufwands unberücksichtigt bleiben. OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.03.2001 - 8 U 106/00, NJW-RR 2002, 869).

Eine unfallgeschädigte Klägerin kann aus §§ 249, 843 BGB die Kosten ihrer Betreuung in einer Behindertenwerkstatt aus dem Gesichtspunkt der vermehrten Bedürfnisse vom Haftpflichtversicherer des Schädigers ersetzt verlangen. Ein solcher Anspruch ist nicht nach § 116 SGB X auf den Sozialversicherungsträger übergegangen (OLG Hamm, Urteil vom 05.12.2000 - 27 U 103/00, VRS Bd. 100, 321).

Der volljährig gewordene Geschädigte hat Anspruch auf die Kosten der angemessenen ambulanten Pflege in seiner bisherigen Umgebung, auch wenn die Kosten der Pflege in einer stationären Einrichtung geringer sind. Über den zu ersetzenden Aufwand darf auf die Wahl der Lebensgestaltung des Geschädigten nur eingeschränkt Einfluß ausgeübt werden, wenn nämlich die Kosten in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zu Qualität der Versorgung des Geschädigten stehen. OLG Bremen, Urteil vom 21.04.1998 - 3 U 45/96, VersR 1999, 1030).

Das infolge eines Geburtsschadens schwerbehinderte Kind darf seinen ausstattungsmäßigen und räumlichen Mehrbedarf im Haus seiner Eltern befriedigen. Es kann sowohl für den ausstattungsbedingten als auch für den räumlichen Mehrbedarf eine Kapitalabfindung verlangen (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.01.1997 - 14 U 45/95, VersR 1998, 366).

Die Notwendigkeit, früher selbst vorgenommene Arbeiten nunmehr unter entsprechenden Mehraufwendungen von Dritten durchführen zu lassen, stellt sich als ersatzpflichtige Vermehrung der Bedürfnisse dar. Unter diesem Aspekt ist auch der verletzungsbedingte Ausfall von Eigenleistungen beim Hausbau zu ersetzen (OLG Köln, Entscheidung vom 10.01.1990 - 26 U 41/87, VersR 1991, 111).

*** (LG)

Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden, vermehrte Bedürfnisse (LG München I, Urteil vom 20.07.2012 - 6 O 19662/10).

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Entgangene Urlaubsfreude

Auf Grund eines Unfalles entgangene Urlaubsfreuden begründen keinen eigenen Schadensersatzanspruch. Sind durch einen Verkehrsunfall Urlaubsfreuden entgangen, kann sich dies allein schmerzensgelderhöhend auswirken.

Leitsätze/Entscheidungen:

Für die infolge der Beschädigung eines Kraftwagens entgangene Urlaubsfreude kann Schadensersatz nicht verlangt werden (BGH, Urteil vom 22.02.1973 - III ZR 22/71, NJW 1973, 747 - 749).

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Ausschluss von Ansprüchen nach § 104 Abs. 1 SGB VII

Der Ausschluss von Ansprüchen nach § 104 Abs. 1 SGB VII wegen eines Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, ist mit Art. 3 Abs. 1 GG auch im Verhältnis eines Kindergartenkindes zum Sachkostenträger der Kindertageseinrichtung vereinbar (BGH, Urteil vom 04.06.2009 - III ZR 229/07 zu SGB VII § 104 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1).

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Barunterhaltsschaden - fixe Kosten

Zur Berücksichtigung der Aufwendungen für eine Unfallversicherung und eine Lebensversicherung eines Selbständigen als "fixe Kosten" bei der Ermittlung des Barunterhaltsschadens. Zur Berücksichtigung der Altersentwicklung von Kindern bei der Höhe des Barunterhaltsschadens eines Elternteils ( BGH, Urteil vom 05.06.2012 - VI ZR 122/11):

„... 2. Der Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflicht bestimmt sich nicht nach § 844 Abs. 2 BGB, sondern nach den unterhaltsrechtlichen Vorschriften. Den nach diesen Normen geschuldeten Unterhalt setzt § 844 Abs. 2 BGB voraus (vgl. Senatsurteil vom 4. November 2003 - VI ZR 346/02, aaO S. 76).

a) Bei der Ermittlung des Barunterhaltsschadens geht das Berufungsgericht zutreffend von den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus (vgl. z.B. Senatsurteile vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 155/86, VersR 1987, 1243 f.; vom 31. Mai 1988 - VI ZR 116/87, VersR 1988, 954, 955, 957; vom 5. Dezember 1989 - VI ZR 276/88, VersR 1990, 317 f. und vom 2. Dezember 1997 - VI ZR 142/96, BGHZ 137, 237, 240; vgl. auch Jahnke in: van Bühren/Lemcke/Jahnke, Anwalts-Handbuch Verkehrsrecht, 2. Aufl., Teil 4 Rn. 1352 ff.; Wenzel/Zoll, Der Arzthaftungsprozess, 2012, Kap. 2 Rn. 2264 ff.; Burmann/Heß in: Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 2012, Kap. 7 Rn. 459 ff.). Zu Recht beanstandet die Revision jedoch, dass dem Berufungsgericht bei der Errechnung der ‚fixen Kosten' des Haushalts Rechtsfehler unterlaufen sind.

b) Zur Berechnung des Barunterhaltsschadens sind nach der Ermittlung des für Unterhaltszwecke verfügbaren fiktiven Nettoeinkommens des Getöteten in einem zweiten Schritt die ‚fixen Kosten' vorweg abzusetzen und - nach quotenmäßiger Verteilung des verbleibenden Einkommens auf den Getöteten und seine unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen - in voller Höhe den einzelnen Unterhaltsgeschädigten anteilig zuzurechnen (Senatsurteil vom 1. Oktober 1985 - VI ZR 36/84, VersR 1986, 39, 40). Unter ‚fixen Kosten' sind jene Ausgaben zu verstehen, die weitgehend unabhängig vom Wegfall eines Familienmitgliedes als feste Kosten des Haushalts weiterlaufen und deren Finanzierung der Getötete familienrechtlich geschuldet hätte (Senatsurteile vom 11. Oktober 1983 - VI ZR 251/81, VersR 1984, 79, 81 und vom 31. Mai 1988 - VI ZR 116/87, aaO S. 955).

aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht hätte als ‚fixe Kosten' die Aufwendungen für die Unfallversicherung der Klägerin berücksichtigen müssen. Insoweit ist weder dargetan noch ersichtlich, dass der verstorbene Ehemann unterhaltsrechtlich zur Zahlung dieser Kosten verpflichtet gewesen wäre.

bb) Der Revision kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die Prämien für die Lebensversicherung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin als ‚fixe Kosten' von dem Nettoeinkommen abzusetzen seien. Da diese Lebensversicherungen mit dem Tod des Ehemannes endeten, sind darauf keine weiteren Prämien mehr zu entrichten.

cc) Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht die Aufwendungen für die Lebensversicherungen der Klägerin nicht als ‚fixe Kosten' des Haushalts berücksichtigt, sondern in vollem Umfang als individuelle Aufwendungen angesehen hat. Sie verweist mit Recht darauf, dass die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann nach den getroffenen Feststellungen gemeinsam selbständig in ihrem Schausteller- und Imbissbetrieb tätig gewesen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Aufwendungen und Rücklagen von Selbständigen zur Altersvorsorge, die während der Zeit der aktiven beruflichen Tätigkeit erbracht würden, jedoch als ‚fixe Kosten' des Haushalts zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 1954 - VI ZR 69/53, VersR 1954, 325, 326 und vom 14. April 1964 - VI ZR 89/63, VersR 1964, 778, 779; BGH, Urteil vom 3. Dezember 1951 - III ZR 68/51, VersR 1952, 97, 98). Aufwendungen und Rücklagen zur Altersvorsorge können, soweit den betreffenden Personen keine ausreichende gesetzliche Altersrente zur Verfügung steht, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht stets in vollem Umfang als Beiträge für ‚freiwillige' Versicherungen behandelt werden. Insoweit kann es sich vielmehr durchaus um ‚notwendige' und damit ‚fixe Kosten' des Haushalts handeln. Da Prämien für Kapitallebensversicherungen je nach Lage des Falles sowohl der Eigen- bzw. Altersvorsorge als auch der Absicherung der Unterhaltsberechtigten dienen können und insoweit eine besondere Form des Unterhalts darstellen, sind sie gegebenenfalls mit dem Anteil, der nicht der Vermögensbildung dient, bei der Bemessung der Rentenhöhe gemäß § 844 Abs. 2 BGB vom unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommen abzuziehen (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1951 - III ZR 68/51, aaO S. 98 f.; Wenzel/Zoll, aaO Rn. 2284). Dabei unterfällt die Höhe des als ‚fixe Kosten' zu berücksichtigenden Anteils regelmäßig der tatrichterlichen Schätzung gemäß § 287 ZPO (vgl. OLG Zweibrücken, VersR 1994, 613, 614 mit NA-Beschluss des erkennenden Senats vom 26. Oktober 1993 - VI ZR 6/93; OLG Hamm, Urteil vom 6. Juni 2008 - I-9 U 123/055, juris Rn. 148), wobei nach Lage des Falles auch zu berücksichtigen sein kann, in welchem Maße beide Ehegatten zum Familieneinkommen beigetragen haben.

dd) Die Revision beanstandet auch mit Recht, dass das Berufungsgericht bei der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ermessensfehlerhaft die der Klägerin zu ersetzenden Fixkosten über 16 ¼ Jahre hinweg um je 25 % für die beiden Kinder des Getöteten gekürzt hat, obwohl möglicherweise dessen Unterhaltspflicht seit dem 1. Oktober 2008 gegenüber der am 1. September 2008 volljährig gewordenen Tochter (und Schwester des Klägers zu 2) nicht mehr bestanden hätte und ab 1. März 2017 gegenüber dem am 25. Februar 2017 volljährig werdenden Kläger zu 2 nicht mehr bestehen würde. Insoweit hat das Berufungsgericht bei der Aufteilung der ‚fixen Kosten' die Altersentwicklung der beiden Kinder nicht hinreichend berücksichtigt.

ee) Die Revision rügt ferner mit Recht, dass das Berufungsgericht diesen Fehler wiederholt hat, indem es bei der Verteilung des nach Abzug der ‚fixen Kosten' verbleibenden Unterhaltsbeitrags des Getöteten den Anteil der Klägerin über 16 ¼ Jahre hinweg konstant mit 35 % bemessen hat. Auch dabei hat es den sich durch das Heranwachsen der Kinder ergebenden Veränderungen nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen.

3. In dem dargestellten Umfang ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen, um dem Berufungsgericht Gelegenheit zu geben, die Höhe des Unterhaltsschadens unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu ermitteln. Dabei wird im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO gegebenenfalls auch das Vorbringen der Revisionserwiderung zur Berechnung des Rentenanspruchs zu berücksichtigen sein. ..."

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Beerdigungskosten

Die Erstattungsfähigkeit der Beerdigungskosten ergibt sich aus § 844 I BGB. Geltend gemacht werden können die Kosten für einen angemessenen Sarg, Blumenschmuck, Pfarrer, Sargträger, Musik, Chor, Aufbahrungskosten, Todesanzeigen, Gebühren, Grabstein, Graberstbepflanzung, Grabnutzungsgebühren, Trauerkleidung, Reisekosten, Trauermahl, Unterbringung, sofern sich diese Kosten im Rahmen des angemessenen und vertretbaren halten.

Leitsätze/Entscheidungen:

Die Kosten für eine gebuchte und dann wegen Trauerfalls (Tod eines nahen Angehörigen) nicht angetretene Urlaubsreise sind keine Beerdigungskosten i. S. des § 844 I BGB (BGH, Entscheidung vom 04.04.1989 - VI ZR 97/88, NJW 1989, 2317).

Das aufgrund freiwilliger Weiterversicherung von einer Ersatzkasse gezahlte Sterbegeld ist auf den Anspruch auf Ersatz von Beerdigungskosten anzurechnen (BGH, Entscheidung vom 25.02.1986 - VI ZR 229/84, NJW-RR 1986, 962).

Dem Dienstherrn des getöteten Beamten steht in Höhe des nach § 122 BBG zu zahlenden Sterbegeldes der Rückgriff auf den Anspruch gegen den Schädiger auf Ersatz der Beerdigungskosten zu (Bestätigung von BverwGE 47, 55 ff. = VersR 1975, 1038 ff.; BGH, Urteil vom 18.01.1977 - VI ZR 250/74, NJW 1977, 802 - 803).

Die vom Ersatzpflichtigen zu erstattenden Beerdigungskosten umfassen nicht die (Mehr-)Kosten für ein Doppelgrab (BGH, Urteil vom 20.09.1973 - III ZR 148/71, NJW 1973, 2103 - 2104).

Die Ersatzpflicht für Beerdigungskosten erstreckt sich normalerweise nicht auch auf Reisekosten, die ein Angehöriger des Verstorbenen aufwendet, um an der Beerdigung teilnehmen zu können (BGH, Urteil vom 19.02.1960 - VI ZR 30/59, NJW 1960, 910 - 911).

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Die Kosten der Grabpflege sind nicht erstattungsfähig (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.1996 - 14 U 25/96, r + s 1997, 159).

Die Kosten für einen Familiengrabstein sind nur anteilig zu ersetzen (OLG Celle, Urteil vom 31.01.1996 - 3 U 24/95, NZV 1997, 232).

Zu den Kosten einer standesgemäßen Beerdigung gehört alles, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen und angemessenen Bestattung gehört. Hierzu gehören nicht in voller Höhe die Kosten eines Grabdenkmals mit einer gesonderten Figur aus Bronze oder einem anderen Metall (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.03.1994 - 15 U 282/92, VersR 1995, 1195).

Die Frage, in welchem Umfang der Bestattungsberechtigte von dem Schädiger die Kosten der Beerdigung ersetzt verlangen kann, beurteilt sich aus der Gesamtschau sämtlicher Aufwendungen anhand des Maßstabes einer standesmäßigen Beerdigung. In Kreisen des gutbürgerlichen Mittelstandes liegen Beerdigungskosten in Höhe von 15.000,- DM für eine neunzehnjährige Tochter (Auszubildende) noch im ersatzfähigen Bereich (OLG Hamm, Entscheidung vom 06.07.1993 - 27 U 63/93, NJW-RR 1994, 155).

Bei auf § 844 I BGB gestützten Forderungen findet ein Vorteilsausgleich nicht statt. Dies gilt nicht nur bezüglich der Trauerkleidung, sondern hinsichtlich aller von dem Erstattungsanspruch erfaßten Positionen (OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.02.1992 - U 7/91 BSch, NZV 1992, 443).

Grabpflegekosten sind keine Beerdigungskosten (OLG Oldenburg, Entscheidung vom 28.01.1992 - 5 U 96/91, DNotZ 1993, 135).

Der durch den Unfalltod eines Kindes verursachte Fortfall der Unterhaltspflicht ist nicht als ein Vorteil anzusehen, der gegenüber den Beerdigungskosten zum Ausgleich zu bringen wäre (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.12.1950 - 1 U 169/50, NJW 1952, 309 - 310).

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Unterhaltsschaden

Den unterhaltsberechtigten Angehörigen kann ein Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihnen durch den Entzug des Unterhaltsrechtes entsteht, zustehen (§ 844 II BGB). Der Anspruch entsteht, wenn bei einem Unfall ein Mensch getötet wird, der anderen gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist.

Leitsätze/Entscheidungen:

„...2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des von den Beklagten zu ersetzenden Unterhaltsschadens lassen ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.

a) Die fixen Haushaltskosten schätzt das Berufungsgericht für den Drei-Personen-Haushalt, in dem die Klägerin vor dem Unfall ihres allein verdienenden Vaters lebte, auf 40 % vom hypothetischen Einkommen des Vaters der Klägerin. Das beanstandet die Revision nicht. Rechtsfehler sind hierzu nicht ersichtlich (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 1988 - VI ZR 116/87 - VersR 1988, 954).

b) Die Aufteilung dieser fixen Kosten auf die Überlebenden des Haushalts (die Klägerin und deren Mutter) im Verhältnis 1:2 hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 1988 - VI ZR 116/87 - aaO). Im Regelfall wird die für eine sachgerechte Verteilung gebotene Betrachtung, in welchem Maße die Haushaltsmitglieder an den hinter den fixen Kosten stehenden Leistungen teilhaben, zu einer höheren Quote für den hinterbliebenen Elternteil im Vergleich zum Kind führen. Bei den fixen Kosten handelt es sich um Aufwendungen, die der Unterhaltsverpflichtete dem Unterhaltsberechtigten nach Maßgabe seines Lebensbedarfs schuldet. Das Gericht kann jedoch, anstatt die Leistungen im Einzelnen auf die Leistungsempfänger zu verteilen, nach § 287 ZPO schätzen und dabei einen Mittelwert berücksichtigen. Der erkennende Senat hat deshalb eine Verteilung von 2:1 bei einem Elternteil mit Kind nicht beanstandet und dabei dem Erfahrungssatz Rechnung getragen, dass der Unterhaltsbedarf eines Elternteils im Allgemeinen höher ist als der eines Kindes (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 1988 - VI ZR 116/87 - aaO). Dementsprechend beanstandet die Revision nicht, dass das Berufungsgericht die Schätzung im Tatsächlichen fehlerhaft durchgeführt habe. Sie ist jedoch der Ansicht, diese Aufteilung sei bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht angebracht, weil der überlebende Elternteil in einem solchen Fall keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen den allein verdienenden Partner habe, also auch die auf ihn entfallenden Fixkosten nach Tötung des Alleinverdieners nicht erstattet verlangen könne.

Es ist hier nicht abschließend zu entscheiden, ob dieser Ausgangspunkt der Revision vollständig mit der Rechtslage übereinstimmt (vgl. § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB i. d. F. des Art. 1 Nr. 16 Geseetz vom 19. August 1969; BGBl I, 1243 und das nach Zulassung der Revision ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 5. Juli 2006 - XII ZR 11/04 - NJW 2006, 2687, 2691 f.; Staudinger/Engler, Neubearbeitung 2000, § 1615 l BGB, Rn. 51 ff.). Jedenfalls ist es - entgegen der Ansicht der Revision - auch unter Beachtung des Gleichstellungsgebots des Art. 6 Abs. 5 GG weder erforderlich, dem Unterhaltsanspruch eines nichtehelichen Kindes nach § 844 Abs. 2 BGB, § 10 Abs. 2 StVG Anteile der auf den betreuenden Elternteil entfallenden fixen Haushaltskosten hinzuzurechnen, noch den (fiktiven) Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den verstorbenen Elternteil um diese Anteile zu erhöhen. Auch ein eheliches Kind kann den dem überlebenden Elternteil zustehenden Anteil an diesen Kosten nicht seinem Schadensersatzanspruch hinzurechnen, der Anspruch erwächst vielmehr jedem Berechtigten getrennt (vgl. Senatsurteil vom 23. November 1971 - VI ZR 241/69 - VersR 1972, 176 f.). Soweit in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dem hinterbliebenen Elternteil auch bei verfassungskonformer Auslegung des § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB ein (fiktiver) Unterhaltsanspruch gegen den getöteten Alleinverdiener nicht zusteht, folgt das in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise aus dem Fehlen einer ehelichen Bindung und einer deshalb fehlenden nachehelichen Solidarität (vgl. BGH, Ur-teil vom 5. Juli 2006 - XII ZR 11/04 - aaO, 2690).

Hiernach lässt die Berechnung des Unterhaltsanspruchs durch das Berufungsgericht keinen Rechtsfehler erkennen.

3. Die Revision beanstandet jedoch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres Unterhaltsschadens für die Zeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres abgewiesen hat.

Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Zuerkennung einer Rente über den 31. Mai 2011 hinaus (das Datum ‚1. Mai 2011' statt 31. Mai ist ein offenbares Schreibversehen, § 319 Abs. 1 ZPO) im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgelehnt, weil es sich nicht in der Lage sah, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen weiteren Unterhaltsbedarf für die Zeit ab 1. Juni 2011 schon jetzt festzustellen (vgl. Senatsurteil vom 15. März 1983 - VI ZR 187/81 - VersR 1983, 688, 689, insoweit nicht in BGHZ 87, 121 ff.).

Der Zahlungsantrag der Klägerin auf eine monatliche, zeitlich unbegrenzte Rente umfasst jedoch die Feststellung des Ersatzanspruchs und enthält damit zugleich einen Antrag auf Feststellung dieses Ersatzanspruchs für die Zeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres der Klägerin als wesensgleiches Weniger (vgl. Senatsurteil vom 31. Januar 1984 - VI ZR 150/82 - VersR 1984, 389, 390; ebenso BGH, BGHZ 118, 70, 82; Urteil vom 10. Mai 1993 - II ZR 111/92 - NJW-RR 1993, 1187, 1188; vom 24. Oktober 1994 - II ZR 231/93 - NJW 1995, 188, 189). Die Klägerin hat durch ihr Schweigen auf den entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts nicht auf diese Feststellung verzichtet. Das Berufungsgericht hätte vielmehr von Amts wegen über dieses vom Leistungsantrag umfasste Begehren der Klägerin entscheiden müssen. ..." (BGH, Urteil vom 21.11.2006 - VI ZR 115/05)

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Ein gesetzlich geschuldeter Unterhalt im Sinne des § 844 Abs. 2 BGB kann auch bei Gewährung des Unterhalts als Naturalunterhalt nach § 1612 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB vorliegen (BGH, Urteil vom 25.04.2006 - VI ZR 114/05).

Bei der Bemessung des Unterhaltsschadens sind dem fiktiven Nettoeinkommen des Getöteten Eigenheimzulagen und Kinderzulagen zurechenbar (BGH, Urteil vom 04.11.2003 - VI ZR 346/02, ZfS 2004, 114).

Zu den im Rahmen der Berechnung des Unterhaltsschadens nach § 844 II BGB zu ermittelnden ‚fixen Kosten' des Haushalts gehören auch die Aufwendungen für den Kindergartenbesuch der hinterbliebenen Kinder. Wird ein Beamter durch ein Schadensereignis getötet und erhält die Witwe beamtenrechtliche Versorgungsbezüge, die den ihr i. S. des § 844 II BGB entgangenen Unterhaltsleistungen des Verstorbenen (teilweise) kongruent sind, so hat der Schädiger der Witwe die auf den entsprechenden Teil des Witwengeldes entfallende Einkommen- und Kirchensteuer als weiteren Schadensposten zu ersetzen. Während dieser (zusätzliche) Anspruch bei der Witwe verbleibt, wird der auf Ersatz des Unterhaltsschadens gerichtete Anspruch als solcher in Höhe des entsprechenden (an die Witwe ausgezahlten sowie an das Finanzamt abgeführten) Teils des Witwengeldes vom Rechtsübergang auf den Versorgungsträger erfaßt (BGH, Urteil vom 02.12.1997 - VI ZR 142/96, MDR 1998, 283).

Zur Berechnung des Unterhaltsschadens der Witwe, wenn diese neben ihrem getöteten Ehemann zum Familienunterhalt beigetragen hat (Abgrenzung zu BGH, VersR 1983, 726; BGH, Entscheidung vom 23.06.1994 - III ZR 167/93, NZV 1994, 475).

Der Unterhaltsschaden, den der für den Tod eines Ehegatten verantwortliche Schädiger dem Unterhaltsberechtigten zu ersetzen hat, ist auf der Grundlage der Bruttoeinkommen der Ehepartner zu ermitteln, wenn und solange das Finanzamt den Eheleuten die von ihrem Arbeitseinkommen einbehaltenen Steuerbeträge zurückzuerstatten hatte und auch diese voll für den Familienunterhalt zur Verfügung standen (BGH, Entscheidung vom 20.03.1990 - VI ZR 127/89, NJW-RR 1990, 706).

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Hatte bei Erwerbstätigkeit beider Ehegatten die Witwe eines Unfallopfers aus eigenen Einkünften zum gemeinsamen Unterhalt beigetragen, so reduziert sich ihr Unterhaltsschaden um denjenigen Anteil ihrer Einkünfte, den sie zum Unterhalt des Ehemanns beizutragen hatte. Haftet jedoch der Schädiger nur auf eine Quote, so darf sie aus der frei werdende Summe zunächst den Schadensanteil abdecken, der ihr gem. §§ 846, 254 BGB verbleibt. In derartigen Fällen kann es erforderlich werden, den quotenmäßig gekürzten Anspruch auf Zahlung einer Unterhaltsrente im Innenverhältnis zwischen der Witwe und dem Sozialversicherungsträger abweichend von § 116 III 1 SGB X so aufzuteilen, dass sie nicht mehr erhält als bei voller Haftung des Schädigers (OLG Hamm, Urteil vom 16.10.2003 - 6 U 16/03, VersR 2004, 1425).

Als Unterhaltsschaden für ein Kind sind für das sächliche Existenzminimum 135 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe zugrunde zu legen, während der Betreuungsbedarf sich mit zunehmendem Alter verringert. Auf den Gesamtschaden ist das Kindergeld ungekürzt anzurechnen (OLG Oldenburg, Urteil vom 04.03.2003 - 12 U 36/02, VersR 2004, 654).

Zur Ermittlung des Unterhaltsschadens, den ein Schädiger den Hinterbliebenen zu ersetzen hat. Ein Geschädigter ist i.R. einer schadensrechtlichen Betrachtung nach § 844 II BGB generell nicht verpflichtet, zum Ausgleich bestehender Schadenspositionen ihm gegenüber Unterhaltsberechtigter ein Darlehen aufzunehmen und dadurch den Schädiger zu entlasten (OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2001 - 9 U 113/00, NJOZ 2001, 930).

Eine Kürzung der Ansprüche aus § 844 BGB gem. §§ 846, 254 BGB ist nicht gerechtfertigt, wenn das Mitverschulden des getöteten Mofafahrers allein darin liegt, dass er den Kinnriemen nicht fest genug angezogen und deshalb den Schutzhelm noch vor dem Kopfaufprall auf die Windschutzscheibe des ihn anfahrenden Pkw verloren hat (OLG Hamm, Urteil vom 20.03.2000 - 6 U 184/99, r + s 2000, 458, MDR 2000, 1190).

Kommt es für den Umfang der Deliktshaftung darauf an, wie lange ein bei einem Unfall Getöteter ‚mutmaßlich' gelebt hätte, so ist dafür beim Fehlen individueller Anhaltspunkte auf diejenige vom Statistischen Bundesamt herausgegebene ‚Sterbetafel' abzustellen, die dem Unfall zeitlich am nächsten liegt (OLG Hamm, Urteil vom 08.09.1998 - 9 U 86/98, MDR 1998, 1414).

Die Witwe des durch einen Verkehrsunfall Verstorbenen muß sich die Einkünfte aus Berufstätigkeit, die sie angesichts der Betreuung eines 15jährigen Kindes erzielt, teilweise auf ihre Schadensersatzrente anrechnen lassen. Eine solche Reduzierung der Schadensersatzrente scheitert nicht an der früheren Abrede, daß der Verstorbene nach seinem Universitätsexamen allein für den Barunterhalt der Familie aufkommen soll (OLG Frankfurt, Urteil vom 09.09.1997 - 8 U 38/97, NJW-RR 1998, 1699).

Die Witwe des Unfallopfers muß sich bis zur Grenze des Zumutbaren ein Arbeitseinkommen auf den Unterhaltsersatzanspruch anrechnen lassen, das sie ohne den Unfall nicht erzielt hätte. Bei der Berechnung des Unterhaltsschadens der im eigenen Haus wohnenden Witwe sind fiktive Mietkosten nicht als fixe Kosten zu berücksichtigen. Der regressierende Dienstherr kann keine fiktive Einkommensteuer auf die fiktive Schadensersatzrente wegen entgangenen Unterhalts beanspruchen (OLG Nürnberg, Urteil vom 09.04.1997 - 4 U 1841/96, NZV 1997, 439).

Der Unterhaltsschaden der Witwe bemißt sich unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse der Ehegatten, insbesondere der Art und des Umfangs der Erwerbstätigkeit und des notwendigen Eigenverbrauchs beider. Hat in einer kinderlosen Ehe der allein erwerbstätige getötete Ehemann sein Einkommen unter erheblichem Einsatz von Überstunden und Nachtarbeit durch schwere körperliche Arbeit erworben, ist es gerechtfertigt, seinen Eigenverbrauch mit 10 % des teilbaren Einkommens zu bemessen, so daß der Unterhaltsanspruch der Witwe nur 40 % davon beträgt (OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.03.1992 - 14 U 184/91, NZV 1993, 473).

Zur Prognose der künftigen Leistungsfähigkeit des durch unerlaubte Handlung getöteten Unterhaltsverpflichteten. Im Hinblick auf die gegenseitige eheliche Unterhaltspflicht ist es in erster Linie Sache der einvernehmlichen Lebensgestaltung der Ehegatten, die Aufteilung ihrer Pflichten nach den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Partner zu regeln. Zur Prognose künftiger Leistungsfähigkeit des durch unerlaubte Handlung getöteten Unterhaltsverpflichteten. Hat die durch unerlaubte Handlung getötete Mutter ganz überwiegend den Lebensunterhalt für die Familie erwirtschaftet, während der Vater seit Jahren keiner festen Arbeit nachgeht, so wirkt sich dies nicht zu Lasten des Unterhaltsschadens der Halbwaisen aus (OLG Frankfurt, Entscheidung vom 07.11.1991 - 1 U 103/90, VersR 1992, 1411).

Zum Anspruch der hinterbliebenen Ehefrau auf Ersatz des Unterhaltsschadens in einem Fall, in dem ein Ehescheidungsverfahren anhängig war und die Ehefrau für den Fall der Scheidung auf Unterhalt verzichtet hatte, jedoch Anhaltspunkte für eine bevorstehende Versöhnung bestanden (OLG Hamm, Entscheidung vom 26.09.1990 - 13 U 168/89, VersR 1992, 512).



***

Unfallverletzungsfolgen - Anforderungen an den Vortrag des Klägers

Auch wenn das medizinische Erfahrungswissen zum sicheren Nachweis leichtgradiger Verletzungsfolgen und hieraus resultierender fortdauernder Beschwerden (hier: andauernde Beschwerden nach allenfalls mittelgradiger HWS-Distorsion) nicht in der Lage ist, kann das Gericht am Maßstab des § 287 ZPO seine Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache insbesondere auf die Glaubhaftigkeit und Plausibilität des Klägervortrag stützen (OLG Saarbrücken, Urteil vom 28.02.2013 - 4 U 587/10):

„... A. zu den Leistungsanträgen:

1. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach für die dem Kläger aus dem Unfallereignis entstandenen Schäden nach § 7 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1 und 2 PflVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung, hinsichtlich des Beklagten zu 3) aus § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB steht zwischen den Parteien außer Streit.

2. Umstritten ist jedoch, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Kläger infolge des Unfallereignisses erlitt und wie lange er in seinem körperlichen Wohlbefinden unfallursächlich beeinträchtigt war.

a) Nach dem Sachvortrag der Berufung hat der Kläger diesen Zeitraum vom Unfalltag bis zum Frühjahr 2006 begrenzt. Obwohl sich sowohl der Berufungsvortrag als auch der in der Berufungsbegründung in Bezug genommene erstinstanzliche Vortrag (GA II Bl. 305 f.; GA III 351, 456) explizit nur auf die volle Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit beziehen, ist der Sachvortrag nicht dahingehend zu verstehen, dass der Kläger über den genannten Zeitraum hinaus an fortdauernder Wetterfühligkeit und Beschwerden im Kopf- und Nackenbereich leidet.

b) Das Landgericht hat es als unstreitig angesehen, dass der Kläger durch den Aufprall ein HWS-Schleudertrauma erlitt. Es ist sodann nach Durchführung der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit für einen Zeitraum von etwa sieben Wochen an leichten bis mittelgradigen HWS-Beschwerden gelitten habe. Diese Gesundheitsbeeinträchtigung habe bis zum 24.3.2005 die volle Arbeitsunfähigkeit des Klägers herbeigeführt. Demgegenüber sei der Beweis dafür, dass der Kläger über diesen Zeitraum hinaus unfallbedingt arbeitsunfähig gewesen sei, nicht mit der erforderlichen Sicherheit geführt.

Dagegen bestehen durchgreifende Bedenken: Nach dem Ergebnis der im Berufungsrechtszug ergänzten Beweisaufnahme ist der Senat vielmehr davon überzeugt, dass der Kläger mit abnehmender Intensität noch bis zum Jahresende 2005 unter den Folgen der HWS-Distorsion litt und seine Arbeitsfähigkeit nach Maßgabe der vom Sachverständigen Prof. Dr. R. für den Fall einer HWS-Distorsion des Grades II als Grenze des Ermessensspielraums ermittelten Werte (bis zum 16.6.2005 um 60%, bis zum 28.7.2005 um 40%, bis zum 28.10.2005 um 20% und bis zum Jahresende 2005 um 10%) gemindert war.

aa) Das Landgericht ist von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen: Der Kläger trägt die Beweislast dafür, dass auch fortbestehende (unstreitige oder bewiesene) Beschwerden adäquate Folgen des Unfallereignisses sind. Zwar hat die Rechtsprechung zugunsten des Geschädigten Beweiserleichterungen anerkannt: Steht nämlich fest, dass der Geschädigte eine Primärverletzung erlitten hat, so ist die Frage, ob der Unfall über diese Primärverletzung hinaus auch für die weiteren Beschwerden des Klägers ursächlich ist, eine Frage der am Maßstab des § 287 ZPO zu prüfenden haftungsausfüllenden Kausalität (st. Rspr. seit BGHZ 4, 192, 196, aus der neueren Rspr. vgl. nur BGH, Urt. v. 16.4.2004 - VI ZR 138/03, NJW 2004, 1945; Urt. v. 4.11.2003 - VI ZR 28/03, VersR 2004, 118; Urt. v. 28.1.2003 - VI ZR 139/02, VersR 2003, 474, 476; vgl. auch Zöller/Greger, 29. Aufl., § 287 Rdnr. 3; MünchKomm(ZPO)/Prütting, 4. Aufl., § 287 Rdnr. 13; Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl., § 287 Rdnr. 3 ff.; P/G/Laumen, ZPO, 4. Aufl.; § 287 Rdnr. 9).

Bei der Beweiswürdigung nach § 287 ZPO werden geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Gerichtes gestellt. Im Gegensatz zum Vollbeweis des § 286 ZPO kann der Beweis nach § 287 ZPO je nach Lage des Einzelfalles bereits dann erbracht sein, wenn eine höhere oder deutlich höhere i.S. einer zumindest überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der zu beweisenden Tatsache spricht (BGH, Urt. v. 7.6.2006 - XII ZR 47/04, NJW-RR 2006, 1238; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 287 Rdnr. 43). Hierbei begegnet es keinen Bedenken, den Beweis am Maßstab des § 287 ZPO als geführt anzusehen, wenn das Gericht im Wege des Ausschlusses anderer Ursachen zu der Überzeugung gelangt, dass der Unfall als einzige realistische Ursache für die Beschwerden in Betracht kommt (BGH, VersR 2003, 476). Ein solcher Rückschluss verbietet sich hingegen, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass sich die Krankheit schicksalhaft entwickelt hat. Dann reichen allein die zeitliche Nähe zwischen dem Unfallereignis und der Entstehung der Beschwerden und die daran anknüpfende ‚gefühlsmäßige' Wertung, dass beide Ereignisse irgendwie miteinander in Zusammenhang stehen, nicht aus (Senat, OLGR 2009, 897; 126; 2006, 186; 2005, 740; 489, 490 f.; Urt. v. 11.10.2005 - 4 U 566/04 - 51/05; BGH, VersR 2004, 119; zu den Beweisanforderungen im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO vgl. auch Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 33. Aufl., § 287 Rdnr. 9 ff., P/G/Laumen, aaO, § 287 Rdnr. 17; Musielak/Foerste, aaO, § 287 Rdnr. 7).

bb) Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist es zunächst von Relevanz, dass der Kläger unstreitig in Gestalt der HWS-Schleuderverletzung eine die Bagatellgrenze übersteigende Primärverletzung erlitt. Folglich ist die Beweisfrage, welche Weiterungen aus dieser Primärverletzung entstanden sind, nach dem abgeschwächten Beweismaß des § 287 ZPO zu beantworten.

cc) Im Rahmen der Beweiswürdigung ist insbesondere von Bedeutung, mit welcher Aufprallenergie der Unfallgegner auf das klägerische Fahrzeug auffuhr. Zwar gibt es keine Harmlosigkeitsgrenze, die den Schluss erlaubt, dass bei einer geringeren kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung eine Verletzung der Wirbelsäule ausscheiden muss. Vielmehr sind in die Prüfung, ob ein Unfall eine HWS-Verletzung verursacht haben kann, alle Umstände des jeweils zu betrachtenden Einzelfalles zu gewichten (BGH, Urt. v. 8.7.2008 - VI ZR 274/07, NJW 2008, 2845; Urt. v. 28.1.2003 - VI ZR 139/02, VersR 2003, 474; zur Harmlosigkeitsgrenze siehe auch: Schmidt/Senn/Wedig/Baltin, Schleudertrauma - neuester Stand, 2004, S. 154). Dennoch ist die Höhe der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung für das Beweisergebnis nicht ohne Relevanz: Es ist nicht erfahrungswidrig, tendenziell mit umso schwereren Verletzungsfolgen zu rechnen, je stärker die Aufprallenergie auf den Körper des Unfallopfers einwirkt.

Demnach war im vorliegenden Sachverhalt durchaus in die Betrachtung einzubeziehen, dass der Aufprall des vom Beklagten zu 3) gesteuerten Fahrzeugs eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von maximal 14 km/h hervorrufen konnte. Diese Geschwindigkeitsänderung war nach der Einschätzung des medizinischen Sachverständigen immerhin so groß, um das Verletzungsrisiko deutlich über 50% ansteigen zu lassen: So hat der Sachverständige in seiner Anhörung vor dem Landgericht am 4.10.2010 ausgesagt, bei einer kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung im Bereich von 4 bis 6 km/h sei ein Verletzungsrisiko von ‚vielleicht 10 bis 30 vom Hundert' gegeben. Bei einer Geschwindigkeitsänderung von etwa 14 km/h steige ‚dieses Risiko deutlich über 50 vom Hundert' (GA V Bl. 795). Soweit die Berufung die Feststellungen zur kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung angreift, ist die Relevanz nicht zu erkennen: Das Landgericht hat seiner Entscheidung den höheren Grenzwert zugrunde.

dd) Im Schwerpunkt beruht die Überzeugung des Landgerichts auf der Einschätzung des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. R.. Dieser hat nach Auswertung der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen das Vorliegen einer schweren HWS-Distorsion für unwahrscheinlich erachtet und diese Einschätzung nachvollziehbar - und von der Berufung unangefochten - darauf gestützt, dass die Beschwerden nicht unmittelbar nach dem Unfall, sondern erst 45 bis 60 Minuten danach auftraten, der Kläger keine Schluckbeschwerden hatte und er dazu in der Lage war, das Fahrzeug durch den Stadtverkehr bis zum Landeskriminalamt zu steuern.

ee) Soweit das Landgericht indessen die nachgewiesene unfallursächliche Arbeitsunfähigkeit ausgehend von einer lediglich leichten HWS-Distorsion (Grad I nach Erdmann) auf einen Zeitraum von sieben Wochen bis zum 24.3.2005 beschränkt hat, hält die Beweiswürdigung des Landgerichts den Angriffen der Berufung nicht stand. Vielmehr ist der Senat auf der Grundlage der im Berufungsrechtszug ergänzten Beweisaufnahme am Maßstab des § 287 ZPO davon überzeugt, dass der Kläger mit abnehmender Intensität zumindest bis zum Ende des Jahres 2005 an den Folgen der HWS-Distorsion litt.

aaa) Im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme hat der Gutachter Prof. Dr. R. die Beweisfrage nicht mit einer eindeutigen Einschätzung beantwortet, sondern bei genauer Betrachtung zwei alternative Leidenswege aufgezeigt:

Der medizinische Sachverständige Prof. Dr. R. hat die Beweisfrage unter zwei unterschiedlichen methodischen Ansätzen beantwortet. So hat der Sachverständige zum einen die Frage gestellt, wie lange unter empirischem Blickwinkel ein Geschädigter in der Situation des Klägers üblicherweise, der Sachverständige spricht von ‚Standardverläufen', arbeitsunfähig ist. Nach dieser standardisierten Betrachtung, die den Nachteil hat, dass sie den individuellen Besonderheiten nicht Rechnung tragen kann, gehe - so der Sachverständige weiter - mit einer leichten HWS-Distorsion üblicherweise eine Arbeitsunfähigkeit von ‚null bis vier Wochen' einher. Unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen des Berufsbildes des Klägers wäre unter Zugrundelegung einer HWS-Distorsion nach Grad II nach Erdmann bei standardisierter Betrachtung mit rückläufiger Intensität bis zum 28.1.2006 Arbeitsunfähigkeit zu erwarten (GA V Bl. 751 f.).

Zum andern hat der Sachverständige die Arbeitsunfähigkeit nach dem aktenkundigen Verlauf beantwortet und zu diesem Zweck insbesondere den Entlassungsbericht der M.-Klinik in W. vom 24.3.2005 (GA I Bl. 25) sowie den Umstand ausgewertet, dass der den Kläger behandelnde Arzt Dr. H. dem Kläger bis zum 31.8.2005 Arbeitsunfähigkeit attestiert hat. Nach Auswertung dieser Unterlagen gelangte der Sachverständige zu der Einschätzung, dass die Befundung durch Dr. H. nicht kohärent sei. Mit Blick auf den im Entlassungsbericht enthaltenen Befund, der sehr nahe einem Normalbefund liege, sei nicht verständlich, weshalb der Verfasser des Berichts überhaupt eine Arbeitsunfähigkeit attestiert habe. Diese sei allenfalls nach den Kriterien der gesetzlichen Krankenversicherung zeitlich befristet zu bescheinigen gewesen. Damit fehle der AU-Bescheinigung die Plausibilität.

bbb) Soweit sich das Landgericht angesichts dieses recht offenen Beweisergebnisses auf das aus Sicht des Klägers ungünstigste Zeitintervall zurückgezogen hat, vermag die Entscheidung schon deshalb verfahrensrechtlich nicht zu überzeugen, weil das Landgericht der vom gerichtlichen Sachverständigen aufgezeigten fehlenden Plausibilität der vom behandelnden Arzt Dr. H. attestierten Arbeitsunfähigkeit nicht durch ergänzende Vernehmung des als Zeuge benannten Arztes nachgegangen ist. In jedem Fall hat das Landgericht das Beweismaß überspannt:

Bereits die Auffassung, es sei lediglich eine leichte HWS-Distorsion Grad I nachgewiesen, begegnet Bedenken. Der medizinische Sachverständige Prof. Dr. R. hält eine mittelschwere HWS-Distorsion und den für diese Verletzung nach standardisierter Betrachtung zu erwartenden längeren Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit für möglich. Ausdrücklich vertritt er die Auffassung, der Schweregrad liege bei ‚strenger Auslegung zwischen Grad I und II, bei großzügiger Auslegung kann eine Zuordnung nach Grad II, modifiziert erfolgen' (GA V Bl. 753). Diese Einschätzung beruht einerseits auf dem Umstand, dass die Halswirbelsäule des Klägers in Gestalt vorauseilender altersdegenerativer Veränderungen vulnerabel war (GA V Bl. 748). Zum anderen wäre die gravierendere Folge plausibel, wenn der Kopf des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls in Rotationsstellung war.

Diese Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen: Selbst wenn den Argumenten des Landgerichts zu folgen ist, wonach gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen M. Zweifel bestehen, weil der Zeuge nach aller Lebenserfahrung zum Zeitpunkt seiner Vernehmung keine positive Erinnerung an die Kopfstellung des Klägers besessen haben konnte, so kann die Aussage dennoch unter einem objektiven Blickwinkel wahr gewesen sein.

Auf der Prämisse einer mittelschweren HWS-Distorsion decken sich die vom Sachverständigen Prof. R. dargestellten Ergebnisse der standardisierten Betrachtung weitgehend mit dem attestierten Befund der behandelnden Ärzte.

ccc) Auch in der Beweisaufnahme vor dem Senat hat die medizinische Begutachtung des Sachverhalts keine eindeutigen Ergebnisse geliefert. Gleichwohl ist das Ergebnis der ergänzenden Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen Professor Dr. R. und die Vernehmung des sachverständigen Zeugen Dr. H. durchaus in der Lage, in der Zusammenschau aller für die Beweiswürdigung maßgeblichen Umstände das Gericht im Wesentlichen von der Wahrheit des klägerischen Sachvortrags zu überzeugen:

So hat der sachverständige Zeuge Dr. H. ausgesagt, dass er den Kläger nach seiner Entlassung aus der stationären Behandlung regelmäßig bis Oktober 2005 behandelt habe. In diesem Zeitraum habe sich der Kläger 30-35-mal bei dem Zeugen vorgestellt und sich Therapien, zum Teil auch Infiltrationen, unterzogen. Aus Sicht des behandelnden Arztes habe der Kläger plausibel unter den Beschwerden gelitten, deren Ursache in der HWS-Verletzung zu suchen sei. Hierbei hat der Zeuge Dr. H. herausgestellt, dass das Beschwerdebild des Klägers auch das Ergebnis eines psychischen Begleitsyndroms gewesen sei, welches seinerseits Folge des Unfallgeschehens gewesen sei. Er hat hierbei auf die Feststellungen im Entlassungsbericht der M.-KlinikW. vom 24.3.2005 verwiesen. Dieser führt unter der Überschrift ‚psychologischer Bericht' (GA I Bl. 26 f.) aus, dass der Patient aktuell sehr besorgt um die Organisation seiner Firma sei, er ein hohes Verantwortungsgefühl habe und sich von seinen beruflichen Verpflichtungen nicht gedanklich freimachen könne. Im Lauf der Behandlung und mit zunehmender Beschwerdelinderung und Bewegungsfreiheit sei es dem Patienten gelungen, wieder mehr Zutrauen in die eigene Regeneration zu gewinnen. Mit Blick auf seine medizinische Sachkunde hat der sachverständige Zeuge darauf hingewiesen, dass bei HWS-Verletzungen durchaus eine gewisse Bandbreite festzustellen sei.

Zwar hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. R. gegen die Einschätzung des behandelnden Arztes durchaus gewichtige Bedenken aufgezeigt. Diese beruhen in ihrem Kern darauf, dass es keine objektivierbaren Befunde gibt, deren Auswertung die subjektiven Beschwerden unter Anwendung einer wissenschaftlichen Maßstäben standhaltenden Methodik verifizieren könnte. Zum anderen hat der Sachverständige Prof. Dr. R. seine Bedenken - in Abweichung zu seiner erstinstanzlichen Einschätzung - auf neuere medizinische Studien gestützt, die belegen, dass eine gravierende HWS-Verletzung regelmäßig nicht zu erwarten ist, wenn die impulsinduzierte Geschwindigkeitsänderung bei einem Auffahrunfall unter 15 km/h liege. Beide Argumente sind im Ergebnis im vorliegenden Fall nicht stichhaltig:

Nicht selten bleiben objektiv existente und valide gesundheitliche Beschwerden ohne messbares oder in bildgebenden Verfahren nachweisbares Substrat. Gewissermaßen paradigmatisch sind in diesem Zusammenhang HWS-Distorsionen zu nennen, deren Vollbeweis - so der Sachverständige Prof. Dr. R. in seinem Gutachten vom 21.4.2010, S. 29 - ‚im Rahmen der klinischen Diagnostik sowie der Röntgendiagnostik eigentlich dann nicht zu führen ist, wenn keine knöchernen Verletzungen oder Instabilitäten mit nachweisbarer Positionsänderung vorliegen'. Dies ist typischerweise bei leichten bis mittleren HWS-Verletzungen nicht der Fall. Hinzukommt, dass der erstbehandelnde Arzt den Geschädigten in aller Regel mit einer therapeutischen Zielsetzung untersucht und keine Veranlassung sieht, zum Zeitpunkt der Erstbehandlung aus therapeutischem Blickwinkel nicht indizierte Maßnahmen zu ergreifen, um für den Fall einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung Beweise zur Ursache der vom Patienten geklagten Beschwerden zu sichern. Würde man diese Unzulänglichkeit der objektivierbaren Tatsachenfeststellung ausreichen lassen, um durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Tatsachenschilderung zu wecken, wäre es dem Unfallopfer regelmäßig versagt, für die in Rede stehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen Schmerzensgelder durchzusetzen. Das vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr muss das gemäß §§ 286, 287 ZPO zu beachtende Beweismaß der eingeschränkten Aussagekraft objektiver Erkenntnismethoden Rechnung tragen: Ist das medizinisch-technische Erfahrungswissen zum sicheren Nachweis leichtgradiger Verletzungsfolgen nicht in der Lage, so begegnet es keinen Bedenken, wenn das Gericht die forensische Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache insbesondere auf die Glaubhaftigkeit und Plausibilität des Klägervortrags stützt (Senat NJW-RR 2011, 178, 179).

ddd) Unter dem ergänzenden Blickwinkel einer umfassenden Plausibilitätskontrolle sieht der Senat keine Veranlassung, die Glaubhaftigkeit des Klägervortrags in Zweifel zu ziehen:

Der Kläger suchte unmittelbar nach dem Unfall eine Arztpraxis in L. auf. Er begab sich vom 4. bis zum 24.3.2005 in stationäre Behandlung. Im Anschluss daran konsultierte der Kläger 30-35-mal den Arzt Dr. H. und unterzog sich hierbei mehrfach schmerzhaften Infiltrationstherapien. Nach aller Lebenserfahrung liegt es fern, dass sich ein Geschädigter derart intensiven Behandlungen nur deshalb unterzieht, um die Haftungsansprüche zu realisieren.

Eine solche Motivation liegt erst recht fern, wenn man die geschäftliche Situation des Klägers einbezieht: Der Kläger ist ein selbstständiger Elektroinstallateur und hatte nach dem Unfallereignis keine Angestellte, weshalb der wirtschaftliche Erfolg und sein Verdienst mit der eigenen Arbeitskraft stand und fiel. Der Kläger hatte allein schon mit Blick auf seine Selbständigkeit ein nachhaltiges Interesse daran, den Ausfall seiner Arbeitskraft so gering wie möglich zu halten. Dass dieses Interesse auch der tatsächlichen Intention des Klägers entsprach, wird durch die bereits zitierte Passage aus dem Abschlussbericht der M.-KlinikW. vom 24.3.2005 anschaulich bestätigt, in dem der Berichtsverfasser dem Kläger ein hohes Verantwortungsgefühl und eine ausgeprägte ‚Sorge um die Organisation seiner Firma' (GA I Bl. 26) attestiert.

Zwar mag eine andere Einschätzung dann geboten sein, wenn es greifbare Anhaltspunkte dafür gäbe, dass die wirtschaftliche Grundlage des Unternehmens zum Zeitpunkt des Unfalls ernsthaft gefährdet oder gar zerrüttet war. Davon ist indessen nach dem Ergebnis der betriebswirtschaftlichen Analyse nicht auszugehen: Wie sogleich dargestellt werden wird, hatte der Kläger sowohl vor dem Unfall als auch ab 2006 Gewinne mit seinem Unternehmen erzielt, während der Sachverständige Ho. im Zeitraum nach dem Unfall durch Auswertung der Geschäftsunterlagen keine Tätigkeit festgestellt hat. Es widerspräche jeder wirtschaftlichen Vernunft, wenn der Geschädigte ohne dazu aufgrund gesundheitlicher Beschwerden veranlasst zu sein, während eines derart langen Zeitraums von zehn Monaten jegliche gewerbliche Tätigkeit eingestellt hätte.

Spricht somit alles dafür, dass der Kläger während der Behandlungsdauer durch den sachverständigen Zeugen Dr. H. aufgrund valider HWS-Beschwerden in Behandlung war, so stünde es einer Haftung der Beklagten dennoch entgegen, wenn die Beschwerden auf ein unfallunabhängiges Zweitereignis zurückzuführen wären. Für diese theoretische Möglichkeit streitet allenfalls, dass der Entlassungsbericht vom 24.3.2005 (GA I Bl. 25) sehr nahe an einem Normalbefund lag. Im Ergebnis verfängt dieser Einwand jedoch nicht: Denn dieser Befund kann aus den vom sachverständigen Zeugen Dr. H. genannten Gründen darauf zurückzuführen sein, dass der Kläger während seines stationären Aufenthalts intensiv auch unter Schmerzmittelgabe behandelt worden war, weshalb sich zum Zeitpunkt des Abschlussberichts ein Normalbefund eingestellt haben konnte. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Beschwerden wieder einstellten, nachdem der Kläger nach Absetzung der Schmerzmittel den Versuch unternommen hatte, seine körperlich anstrengende Tätigkeit wieder aufzunehmen.

Schließlich stehen die vom Sachverständigen Prof. Dr. R. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erwähnten neueren empirischen Untersuchungen dem Nachweis der Unfallursächlichkeit der HWS-Beschwerden nicht entgegen: Selbst wenn die Unfallstatistik bei Auffahrunfällen der vorliegenden Art im statistischen Mittel nur in seltenen Fällen gravierende Unfallfolgen ausweist, besagt dies nicht zwingend, dass das Ereignis, dessen Eintrittswahrscheinlichkeit die Statistik untersucht, gerade im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt eingetreten ist.

eee) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Kläger über den 24.3.2005 hinaus unter weitergehenden Beschwerden litt, die mit degressiver Intensität zumindest bis zum Jahresende 2005 (im Dezember 2005 erfolgte eine letztmalige Infiltrationstherapie) als adäquate Folgen des Unfallereignisses anzuerkennen sind.

3. Das Ergebnis der Beweisaufnahme über die Dauer der erwiesenermaßen unfallursächlichen Beeinträchtigungen hat Auswirkungen für die Bemessung der Schadenshöhe.

a) Zum Ausgleich der unfallursächlichen immateriellen Schäden war dem Kläger gem. § 11 StVG, § 253 Abs. 2 BGB ein Schmerzensgeld von 3.000 EUR zuzusprechen.

aa) Das Schmerzensgeld verfolgt vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden zu verschaffen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien (vgl. BGHZ 18, 149, 154). Als objektivierbare Umstände besitzen vor allem die Art der Verletzungen, Art und Dauer der Behandlungen sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein besonderes Gewicht. Hierbei zählen das Entstehen von Dauerschäden, psychischen Beeinträchtigungen und seelisch bedingten Folgeschäden zu den maßgeblichen Faktoren. Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 253 Rdnr. 16; MünchKomm(BGB)/Oetker, 6. Aufl., § 253 Rdnr. 36 ff.; Erman/I. Ebert, BGB, 13. Aufl., § 253 Rdnr. 20 ff.; Bamberger/Roth/Spindler, BGB, 3. Aufl., § 253 Rdnr. 26 ff.). Auch die beruflichen Folgen der Verletzung und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes (Erman/I. Ebert, BGB, 13. Aufl., § 253 Rdnr. 16, 25 ff.; PWW/Medicus, BGB, 7. Aufl., § 253 Rdnr. 10). Hierbei kommt es auch auf das Alter des Geschädigten an: Ein und dieselbe Beeinträchtigung wird nicht in jedem Lebensalter gleich gravierend empfunden (vgl. MünchKomm(BGB)/Oetker, aaO, § 253 Rdnr. 36, 43).

Bei der Schmerzensgeldbemessung verbietet sich eine schematische, zergliedernde Herangehensweise. Einzelne Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen dürfen nicht gesondert bewertet und die so ermittelten Beträge addiert werden. Vielmehr ist die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten Falls zu ermitteln, wobei die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder einen gewissen Anhaltspunkt bieten können, ohne jedoch zwingend zu einer bestimmten ‚richtigen' Schmerzensgeldhöhe zu führen (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.1976 - VI ZR 216/74, VersR 1976, 967 f.; Beschl. v. 1.10.1985 - VI ZR 195/84, VersR 1986, 59).

bb) Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erachtet der Senat die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes von 3.000 EUR für sachgerecht.

aaa) Hierbei war zum einen zu berücksichtigen, dass der Kläger über einen recht langen Zeitraum von nahezu 10 Monaten unter den Folgen der Verletzung litt, er sich für die Dauer von drei Wochen in stationäre Behandlung begab, woran sich an 30 - 35 Terminen eine ambulante Behandlung anschloss, anlässlich derer sich der Kläger unter anderem unangenehmen Infiltrationstherapien unterzog. Andererseits waren die Beschwerden spätestens Anfang August nicht mehr gravierend (der Sachverständige hat den Grad der Minderung der Arbeitsfähigkeit mit lediglich 20% angesetzt). Diese Einschätzung erlaubt den Schluss, dass die Beschwerden des Klägers ab diesem Zeitpunkt durchaus erträglich waren, solange der Kläger belastende Tätigkeiten vermied.

bbb) Schließlich hat sich der Senat bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes an der einschlägigen Kasuistik orientiert (Senat, Urt. v. 31.1.2013 - 4 U 314/11: HWS-Distorsion Grad I mit Beschwerden über 3 Monate: 1.000 EUR; KG, SP 2011, 10: HWS Grad I, Thoraxprellung, posttraumatisches Belastungssyndrom, 2,5 Monate AU - 3.000 EUR; LG Dortmund, Urt. v. 14.11.2007 - 21 U 62/06: HWS-Distorsion und Distorsion rechter Daumen, MdE zu 100% für 3 Monate, zu 10% für weitere 5 Monate: 3.000 EUR; LG Traunstein, Urt. v. 20.10.2008 - 7 O 2602/06: HWS I bis II nach Erdmann, 3 Monate Beschwerden: 2.500 EUR).

b) Auf der Grundlage der länger fortbestehenden unfallursächlichen Beschwerden bedarf die landgerichtliche Entscheidung auch hinsichtlich des geltend gemachten Verdienstausfalls einer Korrektur. Dem Kläger steht gem. § 252 BGB ein Anspruch wegen eines Verdienstausfalls in Höhe von 28.688,40 EUR zu.

aa) Auch hier ist das Landgericht von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Gemäß § 252 BGB umfasst der zu ersetzenden Schaden den entgangenen Gewinn. Dieser ist bei einer Tätigkeit aus selbstständiger Arbeit nicht nach dem Gehalt für eine gleichwertige, tatsächlich nicht eingestellte Ersatzkraft, sondern danach zu bemessen, welche konkrete Minderung des Gewinns durch die Arbeitsunfähigkeit des Selbstständigen eingetreten ist (vgl. MünchKomm(BGB)/Oetker, aaO, § 252 Rdnr. 12). Für den Nachweis des Schadens kann sich der Geschädigte auf die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO berufen. Hierbei obliegt es dem Geschädigten, durch die Darlegung konkreter Anhaltspunkte eine ausreichende Grundlage für die Wahrscheinlichkeitsprognose zu schaffen, inwieweit sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Arbeitskraft sichtbar im Betriebsergebnis konkret ausgewirkt hat (BGH, Urt. v. 23.2.2010 - VI ZR 331/08, NJW 2010, 1532). Dennoch sind an den Nachweis der hypothetischen Entwicklung keine überzogenen Anforderungen zu stellen (BGH, NJW 2010, 1532; Urt. v. 16.3.2004 - VI ZR 138/03, VersR 2004, 874, 875). So begegnet es keinen Bedenken, den konkreten Gewinnverlust durch einen Vergleich mit den Betriebsergebnissen der letzten Jahre vor dem schädigenden Ereignis zu ermitteln. Allerdings ist in Betracht zu ziehen, dass der Gewinnrückgang auf unfallunabhängigen Faktoren - insbesondere konjunkturellen Schwankungen - beruhen kann, weshalb die Schätzung des Gerichts gegebenenfalls Veranlassung sehen muss, diese alternativen Faktoren auszuschließen (Palandt/Grüneberg, aaO, § 252 Rdnr. 14).

Weiterhin ist zu beachten, dass eine Minderung der Erwerbstätigkeit bis zu 20% in aller Regel kompensationslos hinzunehmen ist (Palandt/Grüneberg, aaO, § 252 Rdnr. 14; KG, NZV 2006, 305).

bb) In der Anwendung auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt hat sich das Landgericht zunächst eingehend mit dem Jahresabschluss zum 31.12.2005 und mit den aus einem Vergleich mit den Jahresabschlüssen der Jahre 2001 bis 2004 und 2006-2007 zu ziehenden Folgerungen befasst. Hierbei hat das Landgericht festgestellt, dass der Vergleich des Gesamtwertes der zum Jahresende 2005 in Arbeit befindlichen Aufträge (333.447,67 EUR) zu dem korrespondierenden Wert des Vorjahres (360.361,46 EUR) einen Verdienstausfall nicht nachhaltig belege, zumal die Betrachtung der entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnung der Jahre 2001-2005 erhebliche Schwankungen aufweise. Auffallend sei weiter, dass die in Arbeit befindlichen Aufträge im Jahr 2006 am Ende dieses Jahres auf 46.206,89 EUR, im Jahr 2007 auf lediglich 10.903,71 EUR zurückgegangen seien. All dies sei nicht objektivierbar mit unfallbedingten Beeinträchtigungen zu erklären. Es sei schließlich zu berücksichtigen, dass in der Bilanz des Jahres 2006 ein nicht durch Vermögenseinlagen gedeckter Verlust von 37.585,53 EUR, im Jahr 2007 ein Verlust von 10.903,71 EUR entstanden sei.

cc) Zwar ist die Argumentation des Landgerichts nicht von der Hand zu weisen: Die mit der Anlage BK1 vorgelegte Aufstellung belegt, dass die fakturierten Umsätze während des gesamten Betrachtungszeitraums deutlichen Schwankungen unterlagen: So betrug der Spitzenwert der fakturierten Umsatzerlöse im Jahr 2002 rund 470.000 EUR, während in den Jahren 2004 und 2005 lediglich rund 112.000 und 64.200 EUR abgerechnet wurden. Diese starken Schwankungen verbieten den auf den ersten Blick naheliegenden Schluss, dass der deutliche Einbruch des Jahres 2005 allein auf den krankheitsbedingten Ausfall zurückzuführen ist. Auffallend ist weiter, dass es im Jahr 2007 gegenüber dem Jahr 2006 einen starken, ebenfalls unfallunabhängigen Einbruch bei den Umsatzerlösen gab. Insgesamt hat der Kläger in den Jahren 2006 und 2007 nicht mehr an die Jahresgesamtleistungen der Jahre 2001 bis 2004 anknüpfen können.

dd) Dennoch ist die Betrachtung der Entwicklung der Umsatzerlöse allein nicht aussagekräftig. Denn die Schwankungen können auch darauf beruhen, dass bereits erbrachte Leistungen nicht im Kalenderjahr der Leistungserbringung, sondern erst in einem späteren Kalenderjahr abgerechnet wurden. Darüber hinaus sind die angefallenen Umsätze nicht unmittelbar Gegenstand des gemäß § 252 BGB zu kompensierenden Schadens. Für die Berechnung des erstattungsfähigen Schadens kommt es allein auf die Höhe des entgangenen Gewinns, nicht hingegen auf die ausgefallenen Umsatzerlöse an. Mithin muss sich die rechtliche Betrachtung zur Feststellung des erstattungsfähigen Gewinnausfalls mit der Frage befassen, in welchem Umfang sich der krankheitsbedingte Ausfall des Klägers im Geschäftsergebnis konkret niedergeschlagen hat. Diese Frage kann nur durch eine betriebswirtschaftliche Analyse unter Einblick in die Geschäftsunterlagen erfolgen, weshalb der Senat Veranlassung gesehen hat, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in eine eigene Tatsachenfeststellung einzutreten.

ee) Nach den Feststellungen des Sachverständigen Ho. steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger tatsächlich im Jahr 2005 im Wesentlichen keine eigene werbende Tätigkeit entfaltete:

aaa) Die im Jahr 2005 erwirtschafteten Erlöse in Höhe von rund 64.058 EUR resultieren in Höhe von rund 42.480 EUR aus dem Zeitraum vor dem Unfallereignis. Nach dem Unfallereignis wurden lediglich Umsätze von 21.578 EUR erzielt, wobei ein erheblicher Anteil von rund 16.982 EUR auf Lieferungen von Material entfiel. Erst beginnend mit dem Oktober 2005 werden Umsätze nachgewiesen, die der Kläger aus Überprüfungs- und Instandhaltungsarbeiten erzielte. Darüber hinaus hat der Sachverständige Ho. keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Kläger im Jahr 2005 erbrachte Leistungen erst in einem späteren Zeitpunkt abrechnete. Auch konnte er nachvollziehbar ausschließen, dass es konjunkturelle Gründe für den Rückgang der betrieblichen Aktivitäten gab.

Dieses Beweisergebnis überzeugt: Wie der Sachverständige bereits in seinem Gutachten dargestellt hat, standen ihm für die Erstattung des Gutachtens detailliert bezeichnete, umfangreiche Geschäftsunterlagen des Klägers zur Verfügung. Er hat nach eigener Analyse der ihm zugänglichen Unterlagen keine Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten gefunden und sah sich nach Auswertung der Geschäftsunterlagen uneingeschränkt dazu in der Lage, die an ihn gerichtete Beweisfrage zu beantworten.

bbb) Vor diesem Hintergrund war dem Antrag der Beklagten auf Überlassung der dem Sachverständigen Ho. zur Einsicht übergebenen Geschäftsunterlagen nicht zu entsprechen:

Der Senat hat den Sachverständigen mit Verfügung vom 22.5.2012 (GA VI Bl. 992) gem. § 404a Abs. 4 ZPO dazu ermächtigt, die zur Beantwortung der Beweisfrage heranzuziehenden Befundtatsachen zu ermitteln.

Soweit ein Sachverständiger zur Sachverhaltsaufklärung Einsicht in Geschäftsunterlagen nimmt, ist er als Augenscheinsgehilfe des Gerichts tätig (vgl. MünchKomm(ZPO)/Zimmermann, aaO, § 404a Rdnr. 8). Ergeben sich nach der Erstattung des Gutachtens Zweifel an den vom Sachverständigen erhobenen Tatsachen, so können diese nicht dadurch überwunden werden, dass die Befundtatsachen der Gegenpartei zur eigenen Auswertung übergeben werden. Ein solches prozessuales Recht auf Überlassung eines Augenscheinsobjekts zum Zwecke der eigenen Begutachtung steht der Partei nicht zu. Vielmehr ist nach Maßgabe der §§ 355 ff. ZPO über die Validität der Befunderhebung Beweis zu erheben, wenn nach der Vorlage des Gutachtens Streit über die Anknüpfungstatsachen entsteht (Wieczorek/Ahrens, ZPO, § 404a Rdnr. 19). Diesen Weg hat der Senat durch Anhörung des Sachverständigen Ho. beschritten, der im Termin vor dem Senat die Tatsachengrundlage seiner Begutachtung anschaulich offengelegt hat:

Für die Zuerkennung des Verdienstausfallschadens ist es alleine von Relevanz, ob der Gutachter nach Auswertung der Geschäftsunterlagen des Klägers den Umsatzrückgang im Jahr 2005 nachvollziehen kann. Zur verlässlichen Beantwortung dieser Beweisfrage war es erforderlich, die Möglichkeit auszuschließen, dass im Jahr 2005 erwirtschaft24. Mai 2013ete Umsätze erst im Jahr 2006 fakturiert worden sind. Auf diese nicht ausgeschlossene Möglichkeit einer Manipulation wurde das Augenmerk des Sachverständigen bereits aufgrund der Erläuterung des Beweisthemas im Beweisbeschluss vom 29.11.2011 gelenkt. In der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens hat der Senat überdies den nachhaltigen Eindruck gewonnen, dass der Sachverständige gerade diesem Aspekt eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat. Gleichwohl ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass sich aus den ihm zugänglichen Unterlagen keine Anhaltspunkte für Manipulationen finden. Auch zeigt die Beklagte keine konkreten Umstände auf, die die Aussagekraft und Glaubhaftigkeit der vom Sachverständigen Ho. präsentierten Ergebnisse in Zweifel ziehen.

ff) Zum Ausgleich des nachgewiesenen Umsatzeinbruchs, der zur Überzeugung des Senats zumindest zum überwiegenden Teil auf den unfallbedingten Ausfall des Klägers zurückzuführen ist, war dem Kläger ein Verdienstausfall in Höhe von 28.688,40 EUR zuzuerkennen. Im Einzelnen beruht die Schadensschätzung auf folgenden Erwägungen:

aaa) Im Ausgangspunkt bieten die vom Kläger vorgelegten Steuererklärungen der Jahre 2001 - 2007 eine verlässliche Schätzgrundlage für die durchschnittlich erzielten Einkünfte. Die dort ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechen dem aus der gewerblichen Tätigkeit resultierenden Nettoverdienst. Dem steht nicht entgegen, dass in den gegenüber dem Finanzamt deklarierten Einkünften gem. § 7 ff. EStG gewinnmindernde Abschreibungen für Aufwendungen enthalten waren. Eine Berücksichtigung dieser Abschreibungen scheidet schon deshalb aus, weil kein erkennbarer Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der unternehmerischen Entscheidung zur Anschaffung eines abschreibungsfähigen Wirtschaftsguts besteht. Nach richtiger Auffassung (Geigel/Pardey, aaO, Kap. 4 Rdnr. 102) finden Abschreibungsmöglichkeiten in die Schadensberechnung nur dann Eingang, wenn dem Schädiger durch das Schadensereignis eine Abschreibungsmöglichkeit entgeht. Dessen ungeachtet wird nicht offengelegt, wie sich die Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG im Einzelnen zusammensetzen, weshalb auch der den Abschreibungen jeweils zugrunde liegende Sachverhalt nicht nachvollzogen werden kann. Schließlich war zu berücksichtigen, dass die in der Anlage BK 1 dargestellten Abschreibungen sich in den Jahren 2003 bis 2005 gegeneinander aufheben: So wird die im Jahr 2003 angesparte Abschreibung über 25.200 EUR im Jahr 2004 wieder aufgelöst. Ebenso verhält es sich mit der im Jahr 2005 aufgelösten Abschreibung über 32.500 EUR. Denn diese wurde betragsgleich im Jahr 2004 angespart, weshalb sich diese Abschreibungen im mehrjährigen Mittel rechnerisch neutralisieren.

bbb) Die Auswertung der Einkommenssteuerbescheide zeigt, dass das gemittelte Einkommen des Klägers in den Jahren 2001-2004 und 2006-2003 bei rund 45.810 EUR lag, wohingegen die Einkünfte im Jahr 2005 auf 13.934,30 EUR abgesunken sind. Folglich sind dem Kläger bei dieser Betrachtung im Jahr 2005 Einkünfte von rund 31.876 EUR entgangen.

ccc) Gleichwohl sieht der Senat Veranlassung, diesen rechnerischen Betrag mit Blick auf das Ergebnis der medizinischen Begutachtung herabzusetzen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aus den bereits dargelegten Erwägungen zur Überzeugung des Senats fest, dass die Arbeitsfähigkeit des Klägers längstens bis zum 31.8.2005 mehr als 20% gemindert war. Spätestens mit Ablauf der letztmalig dokumentierten Krankschreibung zum 31.8.2005 war der Kläger durchaus in der Lage, sich zumindest um solche Arbeiten zu bemühen, die mit nur mäßigen körperlichen Anstrengungen verbunden waren. Diese trotz der in geringem Umfang fortbestehenden Beschwerden zumutbare Verdienstmöglichkeit hat der Kläger ausweislich des Ergebnisses der betriebswirtschaftlichen Begutachtung indessen nicht ergriffen, da der Sachverständige Ho. nach Auswertung der Geschäftsunterlagen erst beginnend mit dem Monat Oktober 2005 eine geringfügige Tätigkeit festgestellt hat. Mithin war der anhand der Steuerbescheide errechnete Verdienstausfall, der ab dem Unfallereignis bis zum Jahresende während eines Zeitraums von 10 Monaten auflief, nicht in vollem Umfang adäquate Folge des Unfallereignisses, sondern beruhte zugleich auf der autonomen Entscheidung des Klägers, den Wiedereintritt in die berufliche Tätigkeit - möglicherweise um die Regeneration nicht zu gefährden - nicht mit der ihm zumutbaren Nachhaltigkeit voranzutreiben. Es erscheint daher sachgerecht, diesem Umstand durch einen 10%igen Abschlag Ausdruck zu verleihen.

Diesem Abschlag liegt die Erwägung zugrunde, dass sich der Zeitraum der zumindest im eingeschränkten Umfang zumutbaren Verdienstmöglichkeit über 4 von insgesamt 10 Monaten erstreckt, die der Kläger lediglich in geringem Umfang ab Oktober 2005 nutzte. Eingedenk der Erfahrungstatsache, dass die Tätigkeit des Klägers in ihrem Schwerpunkt erhebliche körperliche Anforderungen stellt, wäre hingegen selbst bei einer früheren und intensiveren Aufnahme der dem Kläger zumutbaren Betätigung ein substanzieller Verdienstausfall nicht zu vermeiden gewesen. Es erscheint daher sachgerecht, den schadensrelevanten Zeitraum für die Berechnung des Verdienstausfalls um einen Monat zu verkürzen, was rechnerisch in Anbetracht des 10-monatigen Beurteilungszeitraums einer anteiligen Kürzung um 10% entspricht, weshalb sich der zu erstattende Verdienstausfallschaden auf 28.688,40 EUR beläuft.

c) Auch hinsichtlich des zuerkannten Haushaltsführungsschadens bedarf die angefochtene Entscheidung mit Blick auf den verlängerten Zeitraum der unfallursächlichen Beeinträchtigung der Korrektur: Der Senat schätzt den erstattungsfähigen Haushaltsführungsschaden auf 1.500 EUR.

aa) Hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens hat das Landgericht lediglich einen Schadensersatz in Höhe von 480,50 EUR zugesprochen. Es hat hierzu ausgeführt: Vor dem Unfall sei lediglich von einer durchschnittlichen Tätigkeit des Klägers im Haushalt von 1 h auszugehen. Soweit der Kläger behauptet habe, er habe durchschnittlich 3 h im Haushalt mitgearbeitet, habe der Kläger den ihm obliegenden Beweis für eine so umfangreiche Haushaltstätigkeit nicht erbracht. Unter Berücksichtigung der behaupteten Arbeitszeiten als Bauhandwerker von 12-14 h am Tag und der Angaben zum Umfang der Haushaltführung gegenüber dem Sachverständige Prof. Dr. R. sei ein weitergehender Haushaltsführungsschaden nicht nachgewiesen. Unter Zugrundelegung einer erstattungsfähigen Stundenvergütung von 9,61 EUR ergebe sich für den Zeitraum vom 2.2. bis 24.3.2005 ein Betrag von 480,50 EUR.

bb) Auch hier hat das Landgericht den zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt gewählt:

Der gemäß § 843 Abs. 1 BGB zu erstattende Haushaltsführungsschaden gehört zu den vermehrten Bedürfnissen, soweit sich die ausgefallene Haushaltsführung auf die eigene Bedarfsdeckung bezieht. Erfüllte der Geschädigte in gesunden Tagen mit seiner Haushaltsführung eine Unterhaltsleistung für Familienangehörige, so führen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die den Ausfall der Haushaltstätigkeit bedingen, zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (so die allg. Meinung; statt aller: BGH, Urt. v. 10.10.1989 - VI ZR 247/88, NJW-RR 1990, 34; 25.9.1973 - VI ZR 49/72 - VersR 1974, 162, 163). Unter beiden rechtlichen Aspekten ist der Ersatzanspruch nicht nach den gesetzlich geschuldeten Arbeitsleistungen, sondern danach zu bemessen, welchen Wert die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen in gesunden Tagen besaßen (BGH, NJW 1974, 1651). Hierbei darf sich der Richter bei seiner Schätzung an den Tabellenwerten von Schulz-Brock/Hofmann (Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6. Aufl.) orientieren (BGHZ 104, 113, 117 f.; Urt. v. 3.2.2009 - VI ZR 183/08, NJW 2009, 2060) oder seinen gesunden Menschenverstand in die Schätzung nach § 287 ZPO einbringen.

cc) Weiterhin begegnet es in Anwendung dieser Rechtsgrundsätze keinen durchgreifenden Bedenken, soweit das Landgericht die durchschnittliche Tätigkeit des Klägers im Haushalt mit 1 h in Ansatz gebracht hat. Der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, wonach der vom Kläger behauptete höhere Arbeitseinsatz von täglich durchschnittlich 3 h schon allein mit Blick auf die behauptete betriebliche Arbeitszeit wenig plausibel erscheint. Demgegenüber hat die Zeugin D.-J. glaubhaft ausgesagt, dass der Schwerpunkt der Haushaltführung des Klägers in der Pflege des Gartens sowie darin bestanden habe, Holz für den Holzofen herbeizuschaffen. Soweit die Zeugin davon berichtet hat, der Kläger habe ‚auch im Haushalt mitgeholfen, manchmal die Wäsche gebügelt und (sei der Zeugin) ansonsten zur Hand gegangen' - exemplarisch hat die Zeugin das Richten des Frühstücks und das Mitversorgen der Kinder erwähnt -, besitzen diese Tätigkeiten schon in der Darstellung der Zeugin erkennbar ein geringeres Gewicht. Nur so ist zu erklären, dass die Zeugin die Haushaltsführung im engeren Sinne erst an zweiter Stelle erwähnt hat und den Schwerpunkt der Tätigkeit indessen bei der Gartenpflege und dem Herbeischaffen des Holzes gesetzt hat.

dd) Angesichts des Umstandes, dass im Zeitraum des hundertprozentigen Ausfalls (vom 2. Februar bis 24.3.2005) jahreszeitbedingt Gartenarbeiten allenfalls in sehr untergeordnetem Umfang anfielen, begegnet es keinen Bedenken, den für diesen Zeitraum entstandenen Ausfall mit maximal 1 h anzusetzen. Frei von Rechtsfehlern hat das Landgericht die erstattungsfähige Stundenvergütung auf 9,61 EUR geschätzt, weshalb dem Kläger für die Zeit bis zum 24.3.2005 lediglich ein Haushaltsführungsschaden von 480,50 EUR zuzuerkennen war.

ee) Im anschließenden Zeitraum bis zum 16.6.2005 (für weitere zwölf Wochen) ist unter der Prämisse einer schwereren HWS-Distorsion nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. R. eine Arbeitsunfähigkeit von 60 % eingetreten. Auch während dieses Zeitintervalls war der Kläger in seiner Haushaltsführung beschränkt. Zwar war der Kläger mit Blick auf die stetige Verbesserung seines Gesundheitszustandes in diesem Zeitintervall nach der Überzeugung des Senats zumindest teilweise wieder dazu in der Lage, Hausarbeit im engeren Sinne - etwa das Richten des Frühstücks, das Beaufsichtigen der Kinder, das Zurhandgehen mit kleineren Tätigkeiten und auch das Bügeln der Wäsche - zu leisten. Dies scheint überdies in der Aussage der Zeugin D.-J. auf, die ausgesagt hat, dass der Kläger auch nach dem Unfall die Kinder mitversorgt habe, soweit dies nicht mit Schmerzen verbunden gewesen sei. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass während der Sommermonate erfahrungsgemäß vermehrt Gartenarbeiten anfallen, an deren Erledigung der Kläger weitgehend gehindert war.

Unter Berücksichtigung der nur teilweise eingeschränkten Haushaltsführung verbleibt ein erstattungsfähiger Haushaltsführungsschaden von 484,34 EUR (9,61 EUR * 7 * 12 * 60/100).

ff) Hinsichtlich des weiteren Zeitraums bis zum Ende des Jahres 2005 erachtet der Senat zum Ausgleich der ausgefallenen Haushaltstätigkeit die Zahlung eines Betrages von 500 EUR für angemessen. Zwar beinhaltet dieser weitere Zeitraum eine Periode, in der Kläger den Nachweis für eine 20% übersteigende Beeinträchtigung in der Haushaltsführung nicht führen kann. In aller Regel rechtfertigt eine solche geringe Beeinträchtigung von bis 20% die Zuerkennung eines Haushaltsführungsschaden noch nicht. Im vorliegenden Sachverhalt kommt jedoch hinzu, dass der Kläger nach der Überzeugung des Senats bis zum Schluss des Jahres 2005 noch nicht dazu in der Lage war, das Brennholz für den Ofen zu richten. Denn bei dieser Tätigkeit handelt es sich erfahrungsgemäß um eine schwere körperliche Arbeit, deren Verrichtung einer sich regenerierenden Halswirbelsäule nicht dienlich ist. In der Höhe des zuerkannten Schadensersatzes orientiert sich der Senat an den Brennholzpreisen, die im fraglichen Zeitraum einen Betrag von rund 35 EUR (woraus rechnerisch bei 15 lfd m ein Betrag von 525 EUR resultiert) nicht überstiegen.

gg) Die Summe der Einzelbeträge beläuft sich rechnerisch auf 1.464,84 EUR. Da Einzelwerte nicht auf einer exakten Ermittlung der tatsächlichen Haushaltsführung beruhen, erscheint es sachgerecht in Ausübung des Schätzermessens einen erstattungsfähigen Haushaltsführungsschaden von 1.500 EUR zuzuerkennen.

d) Weiterhin steht dem Kläger gem. § 249 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die im Dezember 2005 veranlasste Infiltrationstherapie in Höhe von 226,14 EUR zu. Mit Blick auf die bis zum Jahresende fortbestehenden Beschwerden steht die Unfallursächlichkeit dieser Aufwendung nicht mehr in Zweifel.

e) Soweit der Kläger eine Beitragsrückerstattung seiner privaten Krankenversicherung begehrt, ist die Klageforderung nicht schlüssig: Aus der Anlage K 13 ist zu ersehen, dass dem Kläger für das Jahr 2004 eine Beitragsrückerstattung in Höhe des Klagebetrages (402,40 EUR) ausbezahlt wurde. Ob diese Beitragsrückerstattung auch in gleicher Höhe im Jahr 2005 gezahlt worden wäre, erschließt sich nicht. Ebenso wenig wird klar, ob die Beitragsrückerstattung nur deshalb nicht gezahlt wurde, weil der Kläger unfallbedingte Arztkosten etc. anmeldete. Es ist durchaus in Betracht zu ziehen, dass der Kläger im Beitragsjahr 2005 aus unfallunabhängiger Ursache Ärzte aufsuchte. Der Beleg K 12 (GA I Bl. 51) beschreibt lediglich den Abrechnungsstatus zum 3.6.2005.

f) Weiterhin steht dem Kläger dem Grunde nach gem. § 249 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Anwaltskosten zu, da die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit Blick auf die Schwierigkeit der Sache eine zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung darstellte. Indessen hat der Kläger die Höhe dieser Nebenforderung lediglich im tenorierten Umfang schlüssig dargelegt:

Der Kläger hat in der Klageschrift vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 804,50 EUR eingefordert. Soweit der Kläger mit klageerweiterndem Schriftsatz vom 15.8.2008 (GA III Bl. 454 ff.) die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.589 EUR erstrebt, kann die Berechtigung dieser Forderung mangels Sachvortrags indessen nicht nachvollzogen werden. Obwohl die berechtigte Klageforderung hinter der Forderung zurückbleibt, die der Gebührenberechnung des Klägers zugrunde lag, waren die in der Klageschrift geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten in vollem Umfang erstattungsfähig, da der Kläger ausgehend von dem höheren Streitwert in der Klageschrift die Nebenforderung lediglich nach dem hälftigen Gebührentatbestand berechnet hat. Stattdessen mindert sich nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG (VV Teil Vormerkung 3 Abs. 4) durch die Anrechnung die gerichtliche Verfahrensgebühr, weshalb der Anwalt die schon entstandene Geschäftsgebühr in vollem Umfang liquidieren kann (vgl. BGH, Beschl. v. 7.2.2011 - I ZB 95/09, Magazindienst 2011, 313).

g) Der Zinsanspruch beruht hinsichtlich der Hauptforderung auf Verzugsgesichtspunkten, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 26.7.2006 eine weitere Leistung endgültig und ernsthaft verweigert hat (§ 286 Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB). Hinsichtlich der Nebenforderung folgt der Zinsausspruch aus §§ 291, 288 BGB.

h) Zusammenfassend sind die Beklagten zur Erstattung von 3.000 EUR Schmerzensgeld, 28.688,40 EUR Verdienstausfall, 1.500 EUR Haushaltsführungsschaden und einer Arztrechnung über 226,14 EUR verpflichtet, woraus eine Gesamtforderung von 33.414,54 EUR resultiert. Bei der Tenorierung war die Urteilssumme zur besseren Verständlichkeit abzüglich des erhaltenen Vorschusses über 5.000 EUR in einer Summe auszuwerfen, da der Zeitpunkt der Vorschusszahlung in jedem Fall vor dem Verzugszeitraum lag, weshalb dem Kläger mit Blick auf § 367 BGB kein Nachteil geschieht.

B. Zu den Feststellungsanträgen

1. Mit dem Klageantrag zu 2) begehrt der Kläger festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger die auf die auszuurteilende Entschädigung zu entrichtende Steuer zu ersetzen. Dieser Feststellungsantrag bleibt ohne Erfolg.

Zwar steht dem Kläger auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen ein Schadensersatzanspruch auf Zahlung von Verdienstausfall zu. Der entgangene Gewinn ist auch zu versteuern, da Schadensersatzleistungen gem. § 24 Nr. 1a EStG der Einkommenssteuer unterliegen (MünchKomm(BGB)/Oetker, aaO, § 252 Rdnr. 14). Gleichwohl sind die Beklagten nicht verpflichtet, dem Kläger auch die auf den Verdienstausfall zu entrichtenden Steuer zu erstatten: Die Berechnung des Verdienstausfalls orientierte sich allein an den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit. Eine eventuelle Einkommensbelastung blieb demgegenüber bei der Schadensberechnung außer Betracht. Da der Kläger auch betragsgleiche Einkünfte hätte versteuern müssen, geschieht ihm durch eine nachträgliche Besteuerung des Schadensersatzes kein Nachteil.

2. Mit dem Klageantrag zu 3) begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagten auch zur Erstattung aller weiteren, zukünftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet sind. Dieser Feststellungsantrag bleibt ohne Erfolg, weil ein Feststellungsinteresse nicht nachgewiesen ist:

Die Erhebung einer Feststellungsklage setzt gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein Feststellungsinteresse voraus. Dieses ist - sofern die Feststellungsklage bei der Verletzung eines absoluten Rechtsgutes die Einstandspflicht bezüglich künftiger Schadensfolgen betrifft - nachgewiesen, wenn der Eintritt künftiger Schadensfolgen möglich, nicht notwendigerweise wahrscheinlich ist (BGH, Urt. v. 16.1.2001 - VI ZR 381/99, NJW 2001, 1432, vgl. BGHZ 116, 60, 75; Zöller/Greger, aaO, § 256 Rdnr. 8a). Dieser Schluss ist vorliegend nicht gerechtfertigt. Bei verständiger Würdigung besteht kein Grund, mit dem Eintritt unfallbedingter Dauerschäden zu rechnen. Die Auffassung der Berufung (GA VI Bl. 920), von keinem der Sachverständigen seien für den gesamten Lebensweg des Klägers Spätfolgen ausgeschlossen worden, ist substanzlos. Aus der allein nachgewiesenen unfallursächlichen, allenfalls mittelgradigen HWS-Distorsion sind - vor allem mit Blick auf die inzwischen symptomfrei verlaufene Zeit - keine Spätfolgen zu erwarten.

C. Zur Widerklage:

Die Widerklage unterliegt in vollem Umfang der Abweisung, da die Summe der berechtigten Schadensersatzforderungen den geleisteten Vorschuss übersteigt.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 4 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf der Erwägung, dass der Streitwert für den bezifferten Klageantrag zu 1) mit Blick auf die vorprozessuale Zahlung von 5.000 EUR, die nicht zurückgeflossen ist, lediglich 74.947,08 EUR beträgt. Die Streitwerte für die Klageanträge zu 2) und 3) waren aus den zutreffenden Gründen des Beschlusses des Landgerichts vom 21.12.2010 (GA V Bl. 838 ff.) mit 20.000 EUR und 7.101 EUR (10% des geltend gemachten Verdienstausfalls) anzusetzen. Demgegenüber wirkt sich die Widerklage nicht streitwerterhöhend aus, da Klage und Widerklage wirtschaftlich dasselbe Interesse betreffen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). ..."

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Unkostenpauschale

Der Geschädigte kann verlangen, dass ihm die ihm im Zusammenhang mit der Schadensregulierung entstehenden Kosten ersetzt werden. Gemeint sind zum Beispiel die Kosten für Porto, Telefonkosten und Fahrtkosten. Werden die Kosten auf Grund konkreter Nachweise bzw. Vorlage entsprechender Belege erstattet, so kann der Geschädigte die Zahlung einer Unkostenpauschale bzw. Kostenpauschale verlangen. Diese Pauschale beträgt in der Regel EUR 25,00.

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Leitsätze/Entscheidungen:

Bei allen ab 1. 1. 2002 stattgefundenen Verkehrsunfällen billigt der der Senat in ständiger Rechtsprechung eine Unkostenpauschale von 25 Euro zu (OLG Celle, Entscheidung vom 09.09.2004 - 14 U 32/04, SVR 2005, 68).

Eine allgemeine Unkostenpauschale von 50,- DM ist nach wie vor übersetzt; angemessen sind nur 40,- DM (OLG Hamm, Urteil vom 15.01.1996 - 6 U 106/95, VersR 1997, 640).

Eine allgemeine Unkostenpauschale ist nur in Höhe von 30,- DM zu gewähren (OLG Köln, Entscheidung vom 19.06.1991 - 2 U 1/91).



Rechtsanwaltsgebühren

Die Kosten der Rechtsverfolgung sind erstattungsfähig, weil sich die Ersatzpflicht auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruches verursachten Kosten erstreckt. In der Regel bezieht sich die Schadensersatzpflicht gerade auch auf die Anwaltskosten, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes erforderlich war.

Liegt ein einfach gelagerter Fall vor, sollte der Geschädigte reiflich überlegen, ob er sogleich anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt. In der Regel wird er dies tun dürfen, um sicherzustellen, dass alle ihm durch den Unfall entstandenen Ansprüche auch erfüllt werden.

Leitsätze/Entscheidungen:

„... Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsurteile BGHZ 127, 348, 350 ff. und vom 1. Oktober 1968 - VI ZR 159/67 - VersR 1968, 1145, 1147; BGHZ 39, 73, 74 und Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02 - VersR 2004, 869, 871, jeweils m.w.N.) hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.

Teil der Schadensabwicklung ist auch die Entscheidung, den Schadensfall einem Versicherer zu melden. Ist es aus Sicht des Geschädigten erforderlich, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so gilt dies grundsätzlich auch für die Anmeldung des Versicherungsfalles bei dem eigenen Versicherer (vgl. zur Kaskoversicherung OLG Hamm, ZfS 1983, 12; OLG Karlsruhe, VRS 77, 6, 9; VersR 1991, 1297 und NZV 1990, 431; LG Kaiserslautern, DAR 1993, 196, 197; Böhm, DAR 1988, 213 f.; Notthoff, VersR 1995, 1399, 1401 f.; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., Rdn. 33 zu § 118; Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, BRAGO, 20. Aufl., Stichwort: ‚Kaskoversicherung', Anm. 2, jeweils m.w.N.; Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, Rdn. 75 zu § 249; zur Sachversicherung bei Brandschäden LG Münster, VersR 2003, 98 f.). Auch die dadurch anfallenden Rechtsverfolgungskosten können entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ersatzfähig sein, nämlich dann, wenn sie adäquat kausal auf dem Schadensereignis beruhen und die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe unter den Umständen des Falles erforderlich war (Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04 - VersR 2005, 558). Macht der Geschädigte gegenüber seinem Versicherer eine Forderung geltend, die zwar nach den Versicherungsbedingungen begründet ist, vom Schädiger aber nicht zu ersetzen ist, weil es insoweit an einem Schaden des Geschädigten fehlt, ist allerdings auch zu prüfen, inwieweit die durch die Anmeldung entstandenen Anwaltskosten dem Schädiger als Folgen seines Verhaltens zugerechnet werden können. Im Vordergrund steht dabei das Interesse des Geschädigten an einer vollständigen Restitution (Senatsurteile vom 20. April 2004 - VI ZR 109/03 - VersR 2004, 876 und vom 6. Juli 2004 - VI ZR 266/03 - VersR 2004, 1180, 1181 m.w.N.; BGH, Urteil vom 25. Oktober 1996 - V ZR 158/95 - NJW 1997, 520).

2. Im Falle der Verletzung einer Person ist die Grenze der Ersatzpflicht dort zu ziehen, wo die Aufwendungen des Geschädigten nicht mehr allein der Wiederherstellung der Gesundheit, dem Ersatz entgangenen Gewinns oder der Befriedigung vermehrter Bedürfnisse dienen. Dies kann der Fall sein, wenn der Geschädigte Kosten aufwendet, um von seinem privaten Unfallversicherer Leistungen zu erhalten, die den von dem Schädiger zu erbringenden Ersatzleistungen weder ganz noch teilweise entsprechen. Das ist zu erwägen, wenn dem Geschädigten nach den Vertragsbedingungen seiner Unfallversicherung ein Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung zusteht, insoweit ein Ersatzanspruch - etwa unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs vermehrter Bedürfnisse - gegen den Schädiger nach Lage des Falles aber nicht besteht. Ob diese Voraussetzungen hier gegeben sind, lässt sich den bisher getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Dies wird das Berufungsgericht zu klären haben.

3. Eine Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten kann im Einzelfall aber auch dann in Betracht kommen, wenn es an einer derartigen Entsprechung zwischen der Leistung des eigenen Versicherers und dem vom Schädiger zu ersetzenden Schaden fehlt. Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn der Geschädigte etwa aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen wie Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage ist, den Schaden bei seinem Versicherer selbst anzumelden (vgl. Senatsurteil vom 8. November 1994, VersR 1995, 183, 184). Vorliegend hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen seinen privaten Unfallversicherer verneint und ausgeführt, die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe sei hierfür nicht erforderlich gewesen, denn der Kläger hätte die Ansprüche selbst geltend machen können. Zu den erheblichen Verletzungen, dem Inhalt der Gutachten und dem Verhalten des Unfallversicherers fehle es an substantiiertem Sachvortrag.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Das Berufungsgericht überspannt die Darlegungslast des Klägers. Dieser hat nämlich vorgetragen, er sei aufgrund seiner schweren Verletzungen, von denen die Beklagte gewusst habe, auf unbestimmte Zeit nicht in der Lage gewesen, sich selbst um die Geltendmachung und Wahrung seiner Ansprüche zu kümmern. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, befand sich der Kläger für längere Zeit in stationärer Krankenhausbehandlung. Diese Umstände hat das Berufungsgericht nicht ausreichend bedacht. Seine Beurteilung, die Rechtsverfolgungskosten seien nicht erforderlich gewesen, begegnet bei dieser Sachlage durchgreifenden Bedenken und kann deshalb keinen Bestand haben. Die Aufhebung und Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die Umstände des Streitfalls umfassend zu würdigen und gegebenenfalls noch fehlende Feststellungen zur Erforderlichkeit der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe nachzuholen. ..." (BGH, Urteil vom 10.1.2006 - VI ZR 43/05)

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Beauftragt der Geschädigte einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung einer Ersatzforderung gegen den eigenen Versicherer, kann sein Erstattungsanspruch hinsichtlich der Anwaltskosten dem Schädiger gegenüber grundsätzlich auf die Gebühren nach dem Wert beschränkt sein, für den dieser Ersatz zu leisten hat (BGH, Urteil vom 18.01.2005 - VI ZR 73/04, MDR 2005, 751).

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Ist in einem einfach gelagerten Schadensfall (hier: bei Beschädigung von Autobahneinrichtungen durch Kraftfahrzeuge) die Haftung nach Grund und Höhe derart klar, daß aus der Sicht des Geschädigten kein Anlaß zu zweifeln an der Ersatzpflicht des Schädigers besteht, so ist für die erstmalige Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Schädiger bzw. einer Versicherung die Einschaltung eines Rechtsanwalts nur dann erforderlich, wenn der Geschädigte selbst hierzu aus besonderen Gründen wie etwa Mangel an geschäftlicher Gewandheit nicht in der Lage ist. Bei einem einfach gelagerten Schadensfall bei der die Haftung nach Grund und Höhe eindeutig ist, kann der Geschädigte - auch eine Behörde - die weitere Bearbeitung des Schadensfalls auf Kosten des Schädigers einem Rechtsanwalt übertragen, wenn die erste Anmeldung nicht zur unverzüglichen Regulierung des Schadens führt (BGH, Entscheidung vom 08.11.1994 - VI ZR 3/94, ZfS 1995, 48).

Ein rechtskräftig festgestellter Anspruch des Geschädigten auf Ersatz künftigen materiellen Schadens umfasst auch die Feststellung von Kosten, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Verfolgung des Verdienstausfallschadens entstehen. Es liegt nicht ‚dieselbe Angelegenheit' im Sinne von § 13 II S. 1 BRAGO vor, wenn es sich um die Geltendmachung von Teilansprüchen für längere zeitliche Abschnitte über Jahre hinweg, in oftmals wechselnder Höhe und auf der Grundlage nicht unkomplizierter Neuberechnungen handelt, an denen der Rechtsanwalt beteiligt ist und über die er auch Verhandlungen führt (OLG Hamm, Urteil vom 27.03.2000 - 3 U 212/99, DAR 2000, 429).

Ein Geschädigter verstößt nicht gegen die Schadensminderungspflicht, wenn er beim unzweifelhaft von dem Schädiger verschuldeten Unfall ortsansässige Rechtsanwälte mit der Schadensregulierung beauftragt und ein späterer Rechtsanwaltswechsel wegen der fehlenden Postulationsfähigkeit der zunächst beauftragten Rechtsanwälte für ihn nicht voraussehbar war (OLG Hamm, Urteil vom 12.03.1997 - 13 U 162/96, ZfS 1997, 270).

Der Haftpflichtversicherer ist grundsätzlich nur verpflichtet, die Gebühren zu erstatten, die sich errechnen, wenn als Gegenstandswert die Höhe des Gesamtschadens zugrundegelegt wird (OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.06.1990 - 1 U 317/89, NZV 1990, 431).