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KSchG § 1

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ArbG Düsseldorf, Urteil vom 09.01.2004 - 12 Ca 8425/03 *

„ ... 1. Es wird festegestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 20.8.2003 beendet worden ist.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als technische Zeichnerin CAD/Konstrukteurin in der Niederlassung Düsseldorf bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter zu beschäftigen.

3. Die Kosten des Rechtstreits trägt die Beklagte.

4. Der Streitwert beträgt 17.250,00 EUR.

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung vom 20.8.2003 sowie hilfsweise um die Zahlung von Nachteilsausgleich.

Die Beklagte, die ständig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, befasst sich mit der Forschung, Entwicklung, Planung und Ausführung von gebäudetechnischen Lösungen, z. B.. für integrierte Bauelemente zur Gebäudebelüftung. Es besteht ein Betriebsrat.

Die am 14.3.1964 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1.7.1986 als technische Zeichnerin CAD-Konstrukteurin tätig. Das monatliche Bruttogehalt betrug zuletzt ...

In der Niederlassung ... existieren die Geschäftsbereiche "..." und "...", wobei die Klägerin dem Bereich ... zugeordnet ist.

Am 4.8.2003, informierte die Beklagte den Betriebsrat über bevorstehende Umstrukturierungen und trat mit ihm in Verhandlungen üb er Interessenausgleich und Sozialplan. Die Sozialplanverhandlungen werden derzeit in der Einigungsstelle geführt. Die Verhandlungen über einen Interessenausgleich sind abgebrochen worden, nachdem seitens der Beklagten noch vor der ersten Sitzung der Einigungsstelle am 17.11.2003 im August 2003 diverse betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen wurden. Bereits zuvor, am 12./14.11.2002 vereinbarte die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat eine Vereinbarung jur Sicherung des Fortbestandes der Unternehmung", in dem die Mitarbeiter im Interesse der Sicherung des Unternehmens finanzielle Einschränkungen auf sich nahmen. Im bezug auf die Beklagte findet sich auszugsweise u.a. der Hinweis, dass "bis zum 1.1.2004 keine Arbeitsplätze abgebaut werden und bestehende Arbeitsverhältnisse nicht zum Nachteil eines jeden Mitarbeiters geändert werden". Die Einzelheiten ergeben sich aus Blatt 45 d. GA.

Mit Schreiben vom 13.8.2003 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur Kündigung der Klägerin an. Zur Begründung enthält das Schreiben den Hinweis:

„Wie von Herrn G. bereits am 4.8.200,3 erörtert, wird der Bereich ... eingeschränkt. Zur Sozialauswahl verweisen wir auf die Ihnen bereits übergebene Liste."



Der Betriebsrat widersprach der Kündigung am 19.8.2003.

Mit Schreiben vom 20.8.2003, der Klägerin zugegangen am 28.8.2003, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28.2.2004.

Mit ihrer am 16.9.2003 bei Gericht eingereichten Klage wendet sich die Klägerin gegen diese Kündigung und macht hilfsweise einen Anspruch auf Zahlung von Nachteilsausgleich geltend.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Kündigung sei unwirksam. Es bestünden keine Kündigungsgründe. Jedenfalls seien diese nicht substantiiert dargelegt worden. Für den Bereich "..." sei, ab dem 1.12.2003 ein neuer Mitarbeiter eingestellt worden. Zudem seien die Grundsätze der Sozialauswahl nicht beachtet worden. Schließlich sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Eine über das Anhörungsschreiben hinausgehende Information sei nicht erfolgt. Eine Kündigung hätte jedenfalls aufgrund des sich aus § 2 Ziffer 4 der Gesamtbetriebsvereinbarung ergebenden Kündigungsverbotes nicht ausgesprochen werden dürfen. Für den Fall, dass die Kündigung gleichwohl wirksam sein sollte, sei die Kündigungsfrist nicht zutreffend berechnet worden. Als Kündigungstermin sei das Quartalsende vereinbart worden. Jedenfalls bestünde ein Anspruch auf Nachteilsausgleich, weil die Beklagte das vorgesehene betriebsverfassungsrechtliche Verfahren nicht beachtet habe.

Die Klägerin beantragt, 1. festzustellen, dass das zwischen de-n Parteien, bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 20.8.2003, der Klägerin ausgehändigt am 28.2.2003, nicht aufgelöst worden ist, 2. hilfsweise, für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1., die Beklagte zu verurteilen, sie als T. Z. CAD/Konstrukteurin in der Niederlassung ... zu einem monatlichen, Bruttogehalt von ... EUR über den 28.2.2004 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter zu beschäftigen, 3. hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1 die Beklagte zu verurteilen, an sie eine in das Ermessen des Gerichts gestellte angemessene Abfindung, zumindest eine solche in Höhe von ... EUR zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.



Die Beklagte ist der Auffassung, die Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt. Der Vorstand habe am 3.7.2003 beschlossen, den Bereich „..." zu schließen und den Bereich "..." einzuschränken und den Personalbestand der Auftragslage anzupassen. Dabei seien im Bereich "..." zwei von 11 Ingenieuren und drei von 11 CAD Konstrukteuren entlassen worden, im Bereich "..." alle sechs Arbeitnehmer. Ursache sei ein Rückgang des Auftragsvolumens von 10,6 Mio. EUR auf 7,9 Mio. EUR. In Düsseldorf sei ein Rückgang von 2,3, Mio. EUR auf 1,9 Mio. EUR zu verzeichnen gewesen. Eine Prognose auf der Grundlage der Zahlen zum 30.6.2003 habe ergeben, dass die Auslastung für das Jahr 2003 65% betragen werde. Für 2004 sei mit einer Auslastung von 30% zu rechnen. Der Verlust für Düsseldorf habe im ersten Halbjahr 2003 EUR 635.00 betragen. Die Grundsätze der sozialen Auswahl seien berücksichtigt worden. Mit Schriftsatz vom 8.1.2003 hat die Beklagte ihre Angaben ergänzt, insbesondere in Bezug auf die Anhörung des Betriebsrates.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Ergebnis der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsründe: I. Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. 1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird durch die Kündigung der Beklagten vom 20.8.2003, der Klägerin zugegangen am 28.8.2003, nicht zum 28.2.2004 beendet. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam gem. § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (im folgenden: "KSchG").

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das KSchG gem. § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG Anwendung, da im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestand und die Beklagte mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigte. Die Klägerin hat gem. § 4 KSchG rechtzeitig Klage erhoben, da die dreiwöchige Frist zwischen Zugang der Kündigung und Klageerhebung gewahrt ist.



b) Gem. § 1 Abs. 2.KSchG ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.

Die Kündigung der Klägerin ist vorliegend nicht durch das Bestehen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses gerechtfertigt

aa) Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen wie z. B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder außerbetrieblichen Gründen (z.B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Diese weitere Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein, (BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 456/98, AP Nr. 103 zu § 1 KSchG 1969 betriebsbedingte Kündigung). In diesem Zusammenhang ist eine Kündigung aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber im Unternehmensbereich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Dabei muss der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen und technischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken. Der Vortrag muss erkennen lassen, ob durch eine innerbetriebliche Maßnahme das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers entfällt, (BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 456/98, a.a.O.; BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 522/98 AP Nr. 102 zu § 1 KSchG 1969 betriebsbedingte Kündigung; BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 141/99, AP Nr. 101 zu § 1 KSchG 1969 betriebsbedingte Kündigung). Dabei unterliegt es der vollen Nachprüfung durch die Gerichte ob eine entsprechende unternehmerische Entsche idung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Dagegen ist die unternehmerische Entscheidung nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist, (BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 522/98, a.a.O.).



bb) Die Beklagte behauptet hier eine unternehmerische Entscheidung, den Bereich "..." eingeschränkt und den Personalbestand der Auftragslage angepasst zu haben. Von 11 Ingenieuren seien zwei, von 11 CAD Konstrukteuren drei gekündigt worden. Ursache sei ein Rückgang des Auftragsvolumens gewesen. Eine Prognose habe gezeigt, dass die Arbeitnehmer in Düsseldorf im Jahre 2003 nur zu 65% ausgelastet sein werden, im Jahre 2004 zu 30%.

aaa) Bei dieser Sachlage macht die Beklagte die Durchführung einer innerbetrieblichen Organisationsmaßnahme geltend, nämlich die Entscheidung, einen bestimmten Arbeitsbereich einzuschränken und eine Arbeitsplatzverdichtung herbeizuführen. Dabei ist die Entscheidung des Arbeitgebers, den Personalbestand zu reduzieren und an die Auftragslage anzupassen eine Organisationsmaßnahme, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes führen kann und damit den entsprechenden Beschäftigungsbedarf entfallen lassen kann.

Allerdings hat die Beklagte die ihr obliegende Darlegungslast nicht erfüllt. Die Beklagte hat nämlich schon kein schlüssiges unternehmerisches Konzept im Hinblick auf die Personalanpassung vorgetragen. Es wurde nicht konkret dargelegt, worin die Aufgaben der Klägerin bestanden und in welchem Umfang ihre Aufgaben derzeit noch vorhanden sind. Auch hat die Beklagte nicht dargelegt, welcher Arbeitsanfall künftig erwartet wird und wie die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten künftig verteilt werden sollen. Dies wäre aber erforderlich gewesen. Insbesondere reicht die Angabe einer pauschalen prozentualen Auslastung aller Arbeitnehmer nicht aus. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte insoweit auch die Prognosegrundlagen nicht offengelegt hat.



bbb) Der Arbeitgeber trägt gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein von Kündigungsgründen. Der Arbeitgeber genügt der ihm obliegenden Darlegungslast nur, wenn er im Einzelnen die Umstände, die die Kündigung bedingen, durch Anführung konkreter Tatsachen schildert, (BAG vom 02.11.1983, EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 13; KR-Etzel, 6. Auflage, § 1 KSchG Rdnr. 261). Dieser Darlegungslast die Beklagte mit ihrem pauschalen und tatsachenarmen Vortrag nicht nachgekommen. Denn die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, fordert im Hinblick auf die Entscheidung des Arbeitgebers, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren, die Verdeutlichung der Unternehmerentscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich des Begriffs "Dauer", um dem Gericht im Hinblick auf die gesetzlich dem Arbeitgeber auferlegte Darlegungslast, (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG) eine Überprüfung zu ermöglichen. Je näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss rückt, um so mehr muss der Arbeitgeber durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, dass ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen ist. Reduziert sich die Organisationsentscheidung zur Personalreduzierung praktisch auf den Kündigungsentschluss, wie hier, sind diese beiden Unternehmerentscheidungen ohne nähere Konkretisierung nicht voneinander zu unterscheiden, (BAG vom 17.06.1999 - 2 AZR 141/99, AP Nr. 101 zu § 1 KSchG Betriebgbedingte Kündigung). Deshalb muss der Arbeitgeber darlegen, in welchem Umfang die fraglichen Arbeiten, hier die Arbeiten der Klägerin, zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand anfallen, das heißt es geht um die Darlegung einer näher konkretisierten Prognose der Entwicklung aufgrund außerbetrieblicher Faktoren oder unternehmerischer Vorgaben und wie diese Arbeit von dem verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden können. Dies wird von der Beklagten nicht einmal ansatzweise dargelegt, so dass es der Kammer nicht möglich ist, das unternehmerische Konzept der Beklagten, künftig mit weniger Personal in der Abteilung Mechanik auszukommen, zu überprüfen. Denn letztlich muss sich die gestaltende Unternehmerentscheidung in greifbaren betrieblichen und damit objektivierenden Formen niederschlagen, (BAG vom, 11.06.1999 2 AZR 141/99, AP Nr. 101 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung).

Da die Beklagte schon ihrer Darlegungslast in Bezug auf den Kündigungsgrund nicht nachgekommen ist, kann dahinstehen, ob die Kündigung auch deshalb unwirksam wäre, weil die Beklagte den Betriebsrat nicht entsprechend § 102 Abs. 1 BetrVG beteiligt hat oder aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 12./14.11.2002 ein Kündigungsverbot herzuleiten ist.



2. Der Klägerin steht ein Weiterbeschäftigungsanspruch jedenfalls als Ausfluss des Persönlichkeitsrechtes auf der Grundlage der vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichtes am 27.02.1985 entwickelten Grundsätze zu.

Nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichtes vom 27.02.1985 hat der gekündigte Arbeitnehmer außerhalb der betriebsverfassungsrechtlichen und personalvertretungsrechtlichen Regelungen einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegen stehen. Außer im Fall einer offensichtlich unwirksamen Kündigung begründet die Ungeiwissheit über den Ausgang des Kündigungsschutzprozesses ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung. Dieses überwiegt im Regelfall das Interesse des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung. Wenn im Kündigungsschutzprozess erster Instanz die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt wurde und solange das Urteil von der Rechtsmittelinstanz nicht aufgehoben wurde, kann die Ungewissheit des Ausgangs des Rechtsstreits für sich alleine ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht begründen. Es müssen dann vielmehr besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergibt, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen (BAG vom 27.02.1985, a. a. 0.).

Die Klägerin kann von der Beklagten auf dieser Basis die Weiterbeschäftigung aufgrund des bestehenden Arbeitsvertrages verlangen. Das Arbeitsverhältnis ist durch die ausgesprochenen Kündigungen nicht beendet worden. Schutzwerte Interessen des Arbeitgebers, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, sind nicht erkennbar. Der Anspruch auf Weiterbeschäftigung entsteht bereits vor Rechtskraft des Verfahrens mit der Feststellung des erstinstanzlichen Gerichtes, dass die Kündigung unwirksam ist, (vgl. BAG (GS) vom 27.02.1985 - GS 1/84-NZA 1985, 702, 709).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 ArbGG. Da die Beklagte in vollem Umfange unterliegt, hat sie die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Der Streitwert ist gem. § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Er beträgt gem. § 12 Abs. 7 ArbGG für den Kündigungsschutzantrag ein Bruttovierteljahresgehalt der Klägerin. Der Weiterbeschäftigungsantrag wurde mit zwei monatlichen Bruttogehältern berücksichtigt. Diese Streitwertfestsetzung ist zugleich Festsetzung gem. § 25 GKG. ..."



* Quelle: eigene