BAG, 19.11.2003 - 10 AZR 110/03, InsO , 129, 131 I Nr. 1, 143 I, 146 I, Insolvenz, Direktversicherung, betrieblich, Altersversorgung, verfallbar, unverfallbar, Arbeitgeber, letzter, Monat, Antrag, Eroeffnung, Insolvenzverfahren, Rechte, Versicherungsnehmer, Arbeitnehmer, Insolvenzverwalter, Insolvenzanfechtung, tarifvertraglich, Ausschlussfrist, free,Giessen, Wetzlar, Marburg, Limburg, Frankfurt, Berlin, Hamburg, Muenchen, Koeln, Leverkusen, Bochum, Dortmund, Essen, Dresden, Leipzig, Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Daenemark, Irland, Grossbritannien, Nordirland, Griechenland, Portugal, Spanien, Finnland, Oesterreich, Schweden, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakien, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern
InsO §§ 129, 131 I Nr. 1, 143 I, 146 I

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BAG, Urteil vom 19.11.2003 - 10 AZR 110/03 *

Tatbestand: Die Parteien streiten über einen Rückgewähranspruch der Kl. als Insolvenzverwalterin über das Vermögen der F-Hochbaugesellschaft mbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) im Zuge der Insolvenzanfechtung. Der am 16. 1. 1958 geborene Bekl. war seit 1993 bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 3. 2. 1981 in der Fassung vom 13. 11. 1998 Anwendung (im Folgenden: BRTV). Dieser Tarifvertrag enthält unter anderem folgende Vorschrift:

§ 16. Ausschlussfristen
1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.
2. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. ...

Unter dem 6. 12. 1993 hat die Insolvenzschuldnerin für den Bekl. eine von ihr finanzierte Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall als Direktversicherung mit einem eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht abgeschlossen. Das Bezugsrecht wurde folgendermaßen geregelt:

Bezugsrecht. Die versicherte Person ist sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall unter den nachstehenden Vorbehalten unwiderruflich bezugsberechtigt. Das Bezugsrecht ist nicht übertragbar und nicht beleihbar. Dem Arbeitgeber bleibt das Recht vorbehalten,
- alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen,
- wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls endet, es sei denn
- die versicherte Person hat das 35. Lebensjahr vollendet und die Versicherung hat zehn Jahre bestanden oder
-die versicherte Person hat das 35. Lebensjahr vollendet und das Arbeitsverhältnis hat zwölf Jahre und die Versicherung drei Jahre bestanden,
- wenn die versicherte Person Handlungen begeht, die dem Arbeitgeber das Recht geben, die Versicherungsansprüche zu mindern oder zu entziehen, - während der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit Zustimmung der versicherten Person nach Maßgabe der Allgemeinen Versicherungsbedingungen eine Vorauszahlung auf die Versicherungsleistung in Anspruch zu nehmen, wobei der Arbeitgeber die Bezugsberechtigte Person bei Eintritt des Versicherungsfalls jedoch so stellt, als ob die Vorauszahlung nicht erfolgt wäre.



Vorzeitiges Ausscheiden. Hat die versicherte Person eine unverfallbare Anwartschaft nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung und scheidet sie aus den Diensten des Arbeitgebers aus, so überlässt der Arbeitgeber, wenn er die Anwendung des § 2 Il dieses Gesetzes verlangt, der versicherten Person die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers. ...

Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Bekl. und der Insolvenzschuldnerin hat am 31. 3. 1999 durch fristlose Eigenkündigung des Bekl. sein Ende gefunden. Am 6. 4. 1999 übertrug die Insolvenzschuldnerin die Rechte aus der Versicherung auf den Bekl. Am 16. 4.1999 stellte der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin Insolvenzantrag. Mit Beschluss des AG Neuruppin vom 1. 6. 1999 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und die Kl. als Insolvenzverwalterin eingesetzt. Mit Schriftsatz vom 5. 8. 1999 forderte die Kl. den Bekl . auf, die Versicherung zurück zu übertragen. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16. 8. 1999 lehnte dieser eine Rückübertragung ab. Der Bekl. kündigte zwischenzeitlich den Versicherungsvertrag und erhielt von der Versicherung 3798,49 Euro (7429,20 DM). Die Kl. beantragte beim AG Neuruppin am 30. 9. 2000 Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf Rückübertragung der Versicherung. Nach Verweisung des Rechtsstreits an das ArbG Neuruppin wurde der Kl. mit Beschluss des ArbG vom 30. 8. 2001 Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Kl. erhob daraufhin mit beim ArbG am 10. 9. 2001 eingegangenem Schriftsatz Klage und widerrief gleichzeitig das Bezugsrecht des Bekl. Die Kl. hat die Auffassung vertreten, dass die Ausschlussfrist des § 16 BRTV auf den geltend gemachten Rückgewähranspruch nicht anwendbar sei. Bei diesem Anspruch handle es sich weder um einen solchen aus dem Arbeitsverhältnis noch um einen damit in Verbindung stehenden. Er folge allein aus den insolvenzrechtlichen Anfechtungsvorschriften. Rechtsgrundlage sei die anfechtbare Rechtshandlung der Insolvenzschuldnerin. Die Anwendung tarifvertraglicher Ausschlussfristen auf diesen Anspruch würde zu einer Umgehung der für die Geltendmachung vorgesehenen Fristen der Insolvenzordnung führen. Die Folge wäre eine von der Insolvenzordnung nicht vorgesehene Bevorzugung von durch anfechtbare Rechtshandlungen begünstigten Arbeitnehmern gegenüber anderen Insolvenzgläubigern. Auch die Einrede der Verjährung greife nicht. Auf die Verjährungsvorschrift des § 146 InsO seien die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung anzuwenden. Danach habe die Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags die Hemmung der Verjährung nach § 203 BGB a. F. bewirkt. Die Kl. hat beantragt, den Bekl. zu verurteilen, an sie 3798,49 Euro zu zahlen. Der Bekl. hat geltend gemacht, der erhobene Anspruch sei gem. § 16 BRTV verfallen. Entscheidend sei, dass dieser einen arbeitsrechtlichen Bezug habe.

Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kl. hat das LAG das Urteil des ArbG abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit seiner Revision begehrt der Bekl. die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.



Entscheidungsgründe: B. Die Revision des Bekl. ist aber unbegründet. Er ist verpflichtet, den erhaltenen Rückkaufwert aus der Direktversicherung der Insolvenzmasse zuzuführen.

1. Das LAG hat in der Übertragung der Versicherung auf den Bekl. eine nach § 131 I Nr. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung gesehen. Mit dieser Übertragung seien die Gläubiger der Insolvenzschuldnerin benachteiligt und dem Bekl. sei eine Befriedigung gewährt worden, auf die er keinen Anspruch gehabt habe. Die Rechte aus der Versicherung hätten zum Vermögen der Insolvenzschuldnerin i. S. von § 35 InsO gehört, und die Anwartschaft des Bekl. auf Leistungen aus der Betriebsrentenzusage sei bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht unverfallbar gewesen. Durch die erfolgte Übertragung sei der Insolvenzschuldnerin die Möglichkeit verloren gegangen, ihrerseits die Versicherung zu kündigen und den Rückkaufwert einzuziehen. Die Übertragung sei auch innerhalb der Frist des § 131 I Nr. 1 InsO erfolgt. Die Verpflichtung des Bekl. zur Herausgabe des durch die Kündigung der Versicherung Erlangten folge deshalb aus § 143 I 2 InsO, §§ 819 I, 818 BGB. Der geltend gemachte Anspruch scheitere auch nicht an der Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 16 BRTV. Diese tarifliche Ausschlussfrist sei auf Ansprüche des Insolvenzverwalters aus § 143 I InsO nicht anwendbar, weil diese weder aus dem Arbeitsverhältnis resultierten noch mit diesem in Verbindung stünden. Es handle sich insoweit um eigenständige, vom Rechtsgrund des ursprünglichen Schuldverhältnisses unabhängige Ansprüche aus einem gesetzlichen Rückgewährschuldverhältnis. Seine Wurzeln habe dieses allein im Insolvenzrecht. Eine Verjährung des Anspruchs sei ebenfalls nicht eingetreten, weil mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor Ablauf der Verjährungsfrist diese Frist bis zur Rechtskraft der Entscheidung über das Gesuch gehemmt gewesen sei. Auch Verwirkung liege nicht vor. Hierzu fehle es sowohl am Zeitmoment als auch am Umstandsmoment.



II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung.

1. Bei dem streitigen Anspruch handelt es sich um einen schuldrechtlichen Rückgewähr- oder Verschaffungsanspruch, der auf Grund der Insolvenzeröffnung als gesetzliches Schuldverhältnis entstanden ist (BGH, NJW 1990, 990 = LM EGÜbk Nr. 27; NJW 1989, 985 = ZIP 1989, 48; KG, ZIP 1996, 1097; Smid, InsO, 2. Aufl., § 143 Rdnr. 1).

Die Voraussetzungen einer wirksamen Insolvenzanfechtung gem. §§ 129, 131 I Nr. 1 InsO liegen vor. Die Insolvenz Schuldnerin hat am 6. 4. 1999 ihre Rechte als Versicherungsnehmerin aus dem Versicherungsvertrag an den Bekl. abgetreten (§§ 398 ff. BGB). Dies hat dem Bekl. eine Rechtsposition und damit eine Befriedigung i. S. von § 131 I Nr. 1 InsO verschafft, die er zu dieser Zeit nicht zu beanspruchen hatte. Zwar hatte der Bekl. das 35. Lebensjahr vollendet, die Versicherung bestand aber weder zehn Jahre noch bestand das Arbeitsverhältnis zwölf Jahre. Deshalb hatte der Bekl. keine unverfallbare Anwartschaft nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (§ § 1 b, 30 f BettAVG). Gemäß der Vereinbarung über das Bezugsrecht hatte vielmehr bis zu der Übertragung die Insolvenzschuldnerin das Recht, alle Versicherungsleistungen aus dem Versicherungsvertrag für sich in Anspruch zu nehmen. Die Abtretung benachteiligte die Insolvenzgläubiger, weil die Insolvenzschuldnerin damit ihr Vermögen in Höhe des Rückkaufwerts der Versicherung schmälerte und der Insolvenzmasse entzog. Die Insolvenzverwalterin hat nun nicht mehr die Möglichkeit, ihrerseits die Versicherung zu kündigen und den Rückkaufwert der Insolvenzmasse zuzuführen. Die Abtretung durch die Insolvenzschuldnerin zehn Tage vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt den Tatbestand einer inkongruenten Befriedigung gem. § 131 I Nr. 1 InsO (vgl. auch Westhelle/Micksch, ZIP 2003, 2059). Eine solche Rechtshandlung kann ohne weitere Voraussetzungen angefochten werden. Es kommt dabei weder darauf an, ob die Insolvenzschuldnerin am 6. 4. 1999 zahlungsunfähig oder überschuldet war, noch darauf, ob der Bekl. hiervon Kenntnis hatte oder nicht (Henckel, in: Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 813, 828 Rdnr. 36; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 12. Aufl., § 131 Rdnrn. 2 ff., 28 ff.; Weis, in: Hess/Weisl Wienberg, InsO, 2. Aufl., § 131 Rdnrn. 67ff.). Der Bekl. war deshalb gem. § 143 I InsO verpflichtet, die erworbenen Forderungen aus dem Versicherungsvertrag rückabzutreten. Nunmehr hat er gem. § 143 I InsO, §§ 819 I, 818 BGB in Höhe des Rückkaufwertes Wertersatz zu leisten (BGH, NZI 1999, 152 = ZIP 1999, 406; Dauernheim, in: FK-InsO, 3. Aufl., § 143 Rdnrn. 1, 4).



2. Der Anfechtungsanspruch ist entgegen der Auffassung des Bekl. nicht verjährt.

a) Auf die Verjährung des Anfechtungsanspruchs sind die Verjährungsregeln der §§ 202-225 BGB a. E unmittelbar und uneingeschränkt anwendbar (Henckel, S. 813, 852 Rdnr. 91; Kübler1Prütting1Paulus, InsO, Stand: Sept. 2003, § 146 Rdnr. 4; Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, § 146 Rdnrn. 3, 11). Die insolvenzrechtliche Anfechtung erfordert keine Gestaltungserklärung. Sie ist vielmehr die gerichtliche Geltendmachung der Rechtsfolge des § 143 I InsO. Diese besteht darin, dass ein Gegenstand, der ohne die anfechtbare Handlung zur Insolvenzmasse gehören würde, zum Zweck der Verwertung durch den Insolvenzverwalter der Masse wieder zugeführt werden muss. Erforderlich sind nur ein bestimmter Klageantrag und der Vortrag des diesen Antrag rechtfertigenden Sachverhalts. Nicht erforderlich ist dagegen, dass die Kl. ausdrücklich oder stillschweigend gegenüber dem Bekl. die Anfechtung erklärt oder sich auf § 143 I InsO als Rechtsgrundlage beruft. In § 146 InsO kommt dies in dem Begriff "Anfechtungsanspruch" zum Ausdruck. Die Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff. InsO hat somit wegen der unterschiedlichen Zweckrichtungen und den grundverschiedenen Voraussetzungen und Rechtsfolgen mit der Anfechtung nach den §§ 119 ff. BGB nichts gemein. Die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnende Frist des § 146 1 InsO kann vielmehr grundsätzlich nur durch Klage oder Widerklage gewahrt werden (BGHZ 135, 140 [149f.1 = NJW 1997, 1857; Dauernheim, in: FK-InsO, 3. Aufl., § 129 Rdnrn. 6, 11, § 146 Rdnr. 6; Nerlich, in: Nerlich/Römermann, InsO, Stand: Juli 2003, § 143 Rdnrn. 73ff.; Weis, § 143 Rdnrn. 125 ff.; Uhlenbruck1Hirte, InsO, 12. Aufl., § 129 Rdnr. 6).

b) Die Verjährungsfrist wird durch einen ordnungsgemäß begründeten und vollständigen Antrag auf Prozesskostenhilfe nach Maßgabe des § 203 BGB a. E gehemmt. Das Gesuch muss allerdings einen Sachverhalt, der die Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestands erfüllt, hinreichend erkennen lassen. In einem solchen Fall dauert die mit der rechtzeitigen Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs eingetretene Hemmung der Verjährung grundsätzlich fort, bis die bedürftige Partei nach der Entscheidung über den Antrag bei angemessener Sachbehandlung in der Lage ist, ordnungsgemäß Klage zu erheben (BGH, NJW 2001, 2545 = LM KO § 41 Nr. 26; NJW-RR 2000, 1215 = ZIP 2000, 898; Dauernheim, in: FK-InsO, § 146 Rdnr. 8).

So liegt es hier. Das Insolvenzverfahren ist am 1. 6. 1999 eröffnet worden. Die Verjährungsfrist wäre damit am 1. 6. 2001 abgelaufen (§§ 187 I, 188 II BGB). Der Antrag der Kl. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ging aber beim AG Neuruppin bereits am 30. 9. 2000 ein. Das Gesuch um Bewilligung von Prozesskostenhilfe der Kl. ließ auch einen Sachverhalt erkennen, der die Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestands erfüllt. Insbesondere der dem Gesuch beigefügte Klageentwurf enthielt Tatsachen, die die Erfüllung des Tatbestands des § 131 InsO erkennen lassen. Gemäß § 203 I BGB a. E, der die Dauer der Hemmung auf maximal sechs Monate beschränkt, begann die Hemmung am 2. 12. 2000 und hat bis zum 1. 6. 2001 angedauert, weil die Entscheidung des ArbG über den Prozesskostenhilfeantrag erst am 30. 8. 2001 erging. Mit der beim ArbG am 10. 9. 2001 eingereichten Klageschrift hat die Kl. mithin den Anfechtungsanspruch rechtzeitig geltend gemacht, weil die Verjährungsfrist um die Hemmungszeit zu verlängern ist (§ 205 BGB a. E).



3. Der Anspruch der Kl. scheitert auch nicht an der tariflichen Ausschlussfrist des § 16 BRTV. Gemäß § 1 I TVG erstreckt sich die normative Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien nur auf den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie die Ordnung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen.

Die §§ 129 ff. InsO begründen demgegenüber ein gesetzliches Schuldverhältnis ohne jede Rücksicht auf ein in der Insolvenz fortbestehendes Arbeitsverhältnis oder ein früheres Arbeitsverhältnis zum Insolvenzschuldner. Insoweit wird, soweit ersichtlich ohne Gegenstimmen, in der Literatur die Anwendbarkeit tariflicher Ausschlussfristen verneint (vgl. Huber, EWiR 2000, 177; Kirchhof in: MünchKomm-InsO, § 146 Rdnr. 5; Smid, § 146 Rdnr. 4). Dem schließt sich der Senat an, denn ein derartiges gesetzliches Schuldverhältnis steht außerhalb der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des 1. Senats des BAG, der in seinem Urteil vom 18. 12. 1984 (BAGE 47, 343 [348 ff.] = NZA 1985, 396) die Anwendbarkeit tarifvertraglicher Ausschlussfristen auf die Geltendmachung von Konkursforderungen durch die Arbeitnehmer verneint hat. Dazu kommt, dass die Vorgängervorschriften von § 146 InsO, nämlich § 41 I KO und § 10 II GesO, als Ausschlussfristen ausgestaltet waren. Als solche gingen sie tariflichen Ausschlussfristen vor (vgl. auch LAG Hamm, ZIP 1998 ' 920). Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber daran etwas ändern wollte, indem er mit § 146 InsO zu einer Verjährungsfrist überging ' Soweit sich der Bekl. demgegenüber auf das Urteil des 8. Senats des BAG vom 10. 10. 2002 (NZA 2003, 329 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 169 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 158) beruft, ist dies nicht geeignet, ein abweichendes Ergebnis zu begründen, weil dieses Urteil sich nicht auf gesetzliche Schuldverhältnisse bezieht, die die Insolvenzordnung zwischen Gläubigern und dem Insolvenzverwalter normiert, ohne dass der Insolvenzverwalter gerade auch in seiner Arbeitgeberfunktion und die Gläubiger gerade auch als Arbeitnehmer Normadressaten sind.

4. Der streitige Anspruch ist schließlich auch nicht verwirkt. Angesichts des Schreibens der Kl, vom 5. 8. 1999 mit der Aufforderung an den Bekl., die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zurück zu übertragen, fehlt es sowohl am erforderlichen Zeitmoment als auch am Umstandsmoment.



* Quelle: NJW 2004, 1196 ff