AG Hamburg-Barmbeck, 21.11.2003 - 820 C 111/03, BGB, 147 II, 311 II, 312e, 433, Angebot, Online-Shop, Abfrage, Lieferauskunft, E-Mail , Bestaetigung, Ware, Vorrat, Lieferzeit, Vertragsschluss, Bestellbestaetigung, Annahme, Aufnahme, free, Giessen, Wetzlar, Marburg, Limburg, Frankfurt, Berlin, Hamburg, Muenchen, Koeln, Leverkusen, Bochum, Dortmund, Essen, Dresden, Leipzig, Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Daenemark, Irland, Grossbritannien, Nordirland, Griechenland, Portugal, Spanien, Finnland, Oesterreich, Schweden, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakien, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern
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AG Hamburg-Barmbeck, Urteil v. 21.11.2003 - 820 C 111/03 *

Tatbestand: Die Kl. begehrt von der Bekl. Die Lieferung von drei Handys zum Stückpreis von 14,95 Euro Zug um Zug gegen Zahlung des Preises zuzüglich Nebenkosten. Die Kl. bestellte bei der Bekl. am 17. 3. 2003 um 16 Uhr über das. Internet drei NOKIA Fotohandys 7650 zu einem angegebenen Stückpreis von 14,95 Euro. Hierzu hatte sie sich auf die Seite Handys und Telefone begeben und das genannte Handy ausgewählt. Das Handy war mit einem Foto abgebildet, darunter fand sich die Bezeichnung "Handy, NOKIA 7650 ohne Vertrag", in der nächsten Zeile ein durchgestrichener Preis 699 Euro und darunter "jetzt 14,95 Euro". Unmittelbar darunter war die Angabe des typgleichen Handys mit Vertrag für 149,95 Euro und nachfolgend einer Handytasche für 699 Euro sowie eines Ladegeräts für 29,95 Euro. Die übrigen auf dieser Seite vorgestellten Handys stammten aus der P ' reisklasse von 139 Euro bis 899 Euro ohne Vertrag mit deutlichen Abschlägen für die jeweilige Variante mit Vertrag. Die Kl. wählte das Handy NOKIA 7650 ohne Vertrag durch Anklicken aus, wodurch ihr die Möglichkeit der Ausfüllung eines Bestellscheins mit den erforderlichen persönlichen Daten und der Angabe der Anzahl der gewünschten Geräte eröffnet wurde. Danach klickte die Kl. den Button Lieferauskunft einholen an, was den Text auf dem Bildschirm "Normalservice an Kontoanschrift, lieferbar, kommt in 1 Woche" erscheinen ließ. Danach sandte die Kl. die Bestellung ab, gab ihre E-Mail-Adresse ein und erhielt die Möglichkeit eine "Bestellbestätigung" auszudrucken, wovon sie Gebrauch machte.



Am 25. 3. 2003 übersandte die Bekl. der Kl. ein Schreiben, in dem sie die Erklärungen des Preises und die Bestätigung der Bestellung anfocht. Die Kl. meint, es sei ein Kaufvertrag zu Stande gekommen. Entweder habe die Bekl. bereits auf der Bestellseite ein Angebot auf Abschluss eines Vertrags abgegeben, das sie durch die Bestellung angenommen habe, oder die Bekl. habe ihr in der Bestellung liegendes Angebot mit der Bestätigung angenommen. Die Bekl. trägt vor, der auf der Bestellseite für das genannte Handy angegebene Preis sei das Produkt eines Irrtums des Programmierers, der die Bestellnummern von der Handytasche nämlich 14,95 Euro mit derjenigen des Handys ohne Vertrag nämlich 699 Euro vertauscht habe. Ein Kaufvertrag sei nicht zu Stande gekommen. Die Kl. habe bereits kein ernstgemeintes Angebot abgegeben, da sie den Irrtum bemerkt habe. Jedenfalls habe sie, die Bekl., ein Angebot der Kl. nicht angenommen. Die Bestellbestätigung gebe im Wesentlichen nur den Text wieder, den die Kl. durch Anklicken selbst ausgewählt habe. Einen eventuellen Vertragsschluss habe sie wirksam mit dem Schreiben vom 25. 3. 2003 angefochten. Letztlich sei die Kl. auch durch die Grundsätze von Treu und Glauben an der Durchsetzung ihrer Forderung gehindert. Die Klage hatte keinen Erfolg.



Entscheidungsründe: Die Kl. hat keinen Anspruch auf Lieferung der drei NOKIA-Handys, Modell 7650 ohne Vertrag zu einem Stückpreis von 14,95 Euro.

Ein Kaufvertrag, der die Bekl. zur Lieferung zu dem vereinbarten Preis verpflichtete, ist nicht zu Stande gekommen. Die Bestellseite für Handys und Telefone ist kein Angebot auf Abschluss eines Vertrags, das die Kl. durch eine Bestellung hätte annehmen können. Nach ganz herrschender Meinung ist eine derartige Internetseite, die sich an eine nicht begrenzte Anzahl von potenziellen Kunden wendet, als invitatio ad offerendum zu werten. Anhaltspunkte für eine andere Betrachtung ergeben sich auch hier nicht.

Mithin hat die Kl. durch die Bestellung ein entsprechendes Vertragsangebot abgegeben, das die Bekl. hingegen nicht angenommen hat. Anders, als die Kl. meint, liegt eine Annahme nicht in der Bestellbestätigung. Gegen die Bewertung als Annahme spricht zum einen die Ankündigung vor dem Druckvorgang: "Vielen Dank für Ihre Bestellung. Wenn Sie möchten, können Sie die Bestätigung, dass Ihre Bestellung bei uns eingegangen ist, ausdrucken und zu ihren Unterlagen heften." Damit wird eindeutig lediglich die Bestätigung des Eingangs der Bestellung in Aussicht gestellt, nicht etwa eine Auftragsbestätigung. Auch der Text der Bestätigung lässt einen anderen Schluss nicht zu. Es ist nur die Rede von einer Aufnahme und nicht von einer Annahme der Bestellung. Sodann folgt die Wiedergabe der Daten, die die die die die Kl. selbst durch Anklicken ausgewählt hat. Das gilt auch für die Formulierung "Lieferstatus: lieferbar, kommt in 1 Woche". Die eingeräumte Möglichkeit weitere Informationen vor Bestellung zu erhalten ist nur eine Erweiterung der invitatio ad offerendum. Gleichfalls der Satz: "Wir senden Ihre Bestellung an die bei dem jeweiligen Artikel angegebene Adresse." führt zu keiner anderen Bewertung. Es wird lediglich ausformuliert, was die Kl. unter "Lieferung" mit "Normalservice an Kontoanschrift" im Zusammenhang mit der von ihr angegebenen Rechnungsanschrift zuvor eingegeben hat. Unter Berücksichtigung des kurzen Zeitablaufs zwischen Bestellung und Bestätigung von 16.20 Uhr bis 16.21 Uhr kann dieser Erklärung nicht die für den Versandhandel unübliche Bedeutung beigemessen werden, verbindlich das Vertragsangebot ohne weitere Prüfung beispielsweise der Angaben der Bestellung nach einer Minute zu den Konditionen der Bestellung annehmen zu wollen (so auch LG Gießen, NJW-RR 2003, 1207). Die Bestellung über das Internet unterscheidet sich insoweit nicht von den Versandhandelsbestellungen per Telefon, Post oder Fax. Dabei entspricht es der Verkehrssitte, dass das Vertragsangebot in Form der Bestellung nicht gesondert vor Auslieferung der Ware angenommen wird. Die Lieferung der bestellten Sache stellt diesbezüglich die konkludente Annahmeerklärung oder die äußere Kundgabe des Annahmewillens durch die Erfüllungshandlung selbst dar (vgl. zur Frage der Verkehrssitte, LG Gießen, NJW-RR 2003, 1207 in. w. Nachw.).



Aus den AGB der Bekl. ergibt sich nichts anderes. Es finden sich keine Ausführungen zum Vertragsschluss. Die Konditionen für den so genannten "Kauf auf Probe" setzen bereits eine Lieferung voraus. Da es bereits an einem Vertragsschluss fehlt, kommt es auf die Frage der Anfechtung bzw. der schutzwürdigen Interessen im Rahmen von § 242 BGB nicht mehr an.

Die Kl. kann schließlich eine Lieferung der bestellten Handys ebenfalls nicht gem. § § 281 I i. V. mit § § 311 II Nr. 2, 249 I BGB verlangen. Die Bekl. hat nicht in zurechenbarer Weise ein Vertrauen auf das Zustandekommen eines Vertrags erweckt. Ein derartiges Vertrauen ergibt sich nicht schon aus der Einstellung in das Internet. Dies gilt umso mehr als erkennbar eine Fehlangabe des Preises vorgelegen hat. Zwar ist der Kl. zuzugeben, dass es insbesondere auf dem Handy-Markt unterschiedliche Kostenstrukturen und Kalkulationen gibt. In Anbetracht der Konstellation, dass ein Handy mit MMS ohne Vertrag zehnmal günstiger sein soll, als das gleiche Handy mit Vertrag bzw. etwa die Hälfte des Ladegerätes für das Modell kosten soll und die passende Handytasche gar für 699 Euro bestellt werden können soll, konnte ihr nicht verborgen bleiben, dass es sich hier um einen Fehler handelt. Ein zumindest ansatzweiser überblick kann der Kl. insofern unterstellt werden, da sie sich moderner Telekommunikation zu bedienen weiß, wie sich bereits aus ihrer Bestellung via Internet ergibt. Die Bekl. hat die Vertragsverhandlungen auch nicht ohne nachvollziehbaren Grund abgebrochen, da der Kaufpreis fehlerhaft zugeordnet wurde.



* Quelle: NJW-RR 2004, 1284 f