BGB 1357 I

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OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.12.2000 -. 21 U 68/00 - *

Zum Sachverhalt: Der Kl. erhielt im Jahr 1995 jedenfalls von dem Bekl. zu 1 den Auftrag, in dem von beiden bekl. Ehegatten bewohnten Objekt nach einem aufgetretenen Wasserschaden Malerarbeiten auszuführen. Nach Beendigung seiner Arbeiten stellte der Kl. dem Bekl. zu 1 insgesamt 20 188,25 DM in Rechnung.

Das LG hat nach Beweisaufnahme der gegen beide Bekl. als Gesamtschuldner gerichteten Klage teilweise (in Höhe von 10170 DM) stattgegeben. Deren Berufung hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. 1. Zu Recht geht das LG davon aus, dass auch die Bekl. zu 2 gesamtschuldnerisch neben dem Bekl. zu 1 auf Zahlung des Werklohns haftet.

a) Die Bekl. zu 2 hat durch ihr Verhalten konkludent zum Ausdruck gebracht, dass auch sie neben dem Bekl. zu 1 Auftraggeberin ist. Insoweit mag dahinstehen, ob und inwieweit sich die Bekl. zu 2 aktiv an den Vertragsgesprächen beteiligte. Jedenfalls ergibt sich aus ihrem Gesamtverhalten bei dem zum Auftrag führenden Gespräch aus Sicht des KI., dass der Auftrag auch in ihrem Namen erteilt wurde.



Unstreitig handelte es sich bei den vom Kl. durchzuführenden Arbeiten um Handwerkerleistungen zur Behebung eines Wasserschadens in der gemeinsamen Ehewohnung; nicht ersichtlich ist, dass dem Kl. seinerzeit bekannt war oder sein musste, dass die Wohnung ausschließlich im Eigentum des Bekl. zu 1 steht. Unstreitig ist ferner, dass die Bekl. zu 2 jedenfalls bei dem unmittelbar zum Auftrag führenden Gespräch zugegen war, ohne ihre Stellung im Rahmen des Vertragsverhältnisses deutlich zu machen. Unter diesen Umständen konnte und durfte der Kl. das einvernehmliche Auftreten der Bekl. nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte dahingehend verstehen, dass der Auftrag gemeinschaftlich von beiden Bekl. erteilt werde und diese auch gemeinschaftlich für die Rechtsfolgen einstehen würden.

Zweifel hieran haben die Bekl. auch in der Folgezeit nicht entstehen lassen. Unstreitig hat die Bekl. zu 2 maßgeblich die Einzelheiten der Ausführung und Abwicklung des Auftrags bestimmt. Dass der Kl. die Rechnung zunächst nur an den Bekl. zu 1 adressierte, steht der rechtlichen Bedeutung des Verhaltens der Bekl. zu 2 nicht entgegen. Der Kl. hatte gern. § 421 S. 1 BGB das Recht und möglicherweise auch einen wirtschaftlichen Grund, die geschuldete Leistung zunächst nur von dem Bekl. zu 1 zu fordern.

b) Selbst wenn man eine konkludente Auftragserteilung der Bekl. zu 2 verneinen wollte, ist die Bekl. zu 2 jedenfalls gern. § 1357 1 BGB durch die Auftragserteilung des Bekl. zu 1 zur Zahlung des vereinbarten Werklohns mit verpflichtet worden. Dass sich aus den Umständen etwas anderes ergeben habe (§ 1357 II BGB), hat die insoweit beweispflichtige Bekl. zu 2 nicht substanziiert dargelegt.

Der dem Kl. erteilte Auftrag zur Durchführung von Malerarbeiten gehört zu den Geschäften i. S. des § 1357 BGB. Für die Frage, was zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs gehört, kann auf §§ 1360, 1360a BGB zurückgegriffen werden, weil sich das Gesetz insoweit an einem unterhaltsrechtlichen Begriff orientiert (vgl. BGH, NJW 1985, 1394 [1395]). Der Auftrag diente hier der Deckung des Lebensbedarfs. Durch die Malerarbeiten sollten die Folgen eines Wasserschadens in der ehelichen Wohnung beseitigt werden. Die Beauftragung von Reparaturhandwerkern für gemeinsam benutztes Gut wird zur Deckung des Lebensbedarfs gerechnet (vgl. Staudinger/ Hübner/Voppel, BGB, 13. Bearb.,§ 1357 Rdnr. 45; Wacke, in: MünchKomm, 4. Aufl., § 1357 Rdnr.23).

Der Umfang der in Auftrag gegebenen Malerarbeiten überschreitet nicht den durch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bekl. gezogenen Rahmen des Lebensbedarfs der Bekl. Was noch zum Lebensbedarf gehört, bestimmt sich nach dem Lebenszuschnitt der Familie, wie er nach außen in Erscheinung getreten ist (vgl. BGH, NJW 1985, 1394 [1396]). Die Befugnis des ermächtigten Ehegatten bezieht sich nach dem Gesetzeswortlaut nur auf diejenigen Geschäfte, die auf den Lebensbedarf der Familie, also ihr Vermögen und ihr Einkommen, zugeschnitten ist (vgl. BGH, NJW-RR 1989, 85). Insoweit ist es auch von Bedeutung, ob im Einzelfall eine Absprache zwischen den Eheleuten stattgefunden hat: beruht das Geschäft erkennbar auf einer vorher getroffenen Absprache, ist darin ein Anhaltspunkt für einen entsprechenden Lebenszuschnitt der Familie zu sehen (vgl. BGH, NJW 1985, 1394 [1396). Vorliegend gibt es keine Anhaltspunkte, die aus Sicht des Kl. Zweifel daran begründeten, dass sich der Umfang der Malerarbeiten noch innerhalb des durch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse gezogenen Rahmens hielt. Insbesondere gibt es auch keinen Anlass anzunehmen, dass die Bekl. die Malerarbeiten nur deshalb in Auftrag geben konnten, weil die Versicherung im Zuge der Regulierung des Wasserschadens einen großen Teil der Kosten für die Malerarbeiten übernehmen würde. Die Beauftragung des Kl. beruhte vielmehr erkennbar auf einer Absprache zwischen den beiden Bekl., so dass davon ausgegangen werden kann, dass die durchzuführenden Malerarbeiten noch zum konkreten Lebenszuschnitt der Bekl. gehörten.

Die in Auftrag gegebenen Malerarbeiten dienten auch der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Bekl. Von § 1357 BGB werden zwar grundsätzlich nur solche Geschäfte erfasst, die von einem Ehegatten selbstständig erledigt zu werden pflegen; Geschäfte größeren Umfangs, die ohne Schwierigkeiten zurückgestellt werden könnten, sollen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht mehr unter § 1357 1 BGB fallen (vgl. BGH, NJW 1985, 1394 [1396]). Jedoch kann die Angemessenheit der Bedarfsdeckung durch Alleingeschäfte eines der Ehegatten nach den individuellen Verhältnissen der Eheleute insbesondere über das Übliche hinaus erweitert sein. Insbesondere wenn der Abschluss eines Rechtsgeschäfts - wie im vorliegenden Fall -erkennbar auf einer im Einzelfall erfolgten Abstimmung beider Ehegatten beruht, besteht im Allgemeinen kein Anlass, an der Angemessenheit eines zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie geschlossenen Rechtsgeschäfts zu zweifeln. Dann nämlich tritt die Notwendigkeit zurück, den mit dem Abschluss eines solchen Geschäfts einverstandenen Ehegatten vor einer Inanspruchnahme daraus zu bewahren, und das möglicherweise bestehende Vertrauen des Geschäftspartners auf eine Mithaftung des Ehegatten zu enttäuschen (vgl. BGH, NJW 1985, 1394 [1396).

Der teilweise vertretenen Gegenansicht, Geschäfte größeren Umfangs könnten nicht dadurch zu Bedarfdeckungsgeschäften werden, dass in concreto eine Abstimmung unter den Ehegatten stattgefunden hat (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1991, 1092 = FarnRZ 1991, 434 [435]; Staudinger/Hübner/ Voppel § 1357 Rdnr. 38), ist letztlich nicht zu folgen. Sie stellt maßgeblich darauf ab, dass die Wirkungen des § 1357 BGB unabhängig davon eintreten, ob der Geschäftspartner weiß, dass er es mit Eheleuten zu tun hat und was ihm von dem Lebenszuschnitt der Eheleute bekannt ist; entsprechend könne es auch für den Begriff der "angemessenen Bedarfsdeckung" nicht auf eine dem Geschäftspartner nicht erkennbare Absprache ankommen (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1991, 1092 = FamRZ 1991, 434, 435). Diese Begründung überzeugt jedenfalls dann nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall - für den Geschäftspartner durch das Verhalten des Ehepartners des Auftraggebers unzweifelhaft zum Ausdruck kommt, dass dieser mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln seines Ehepartners einverstanden ist. Dann ist - sofern nicht andere Umstände zu Tage treten - für den Geschäftspartner erkennbar, dass auch der nicht handelnde Ehegatte davon ausgeht, mit diesem Geschäft werde der Lebensbedarf der Familie angemessen gedeckt. Der nicht handelnde Ehegatte ist dann im Gegensatz zum Geschäftspartner der Eheleute - nicht mehr schutzwürdig.



* Quelle: NJW-RR 2001,1084 f