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Bahn-Comic oder „Warum immer ich"! (Stand: 6. April 2003)

In der Zwischenzeit gehöre ich zu den volljährigen Männern, denen das Fahren mit der Bahn nur noch mit der Modelleisenbahn Vergnügen bereitet. Verwunderlich ist es nicht. Leider sind nämlich in den vergangenen Jahren alle geschäftlichen Termine geplatzt, weil irgendwer die Idee hatte, es sei besser, wenn ich mit der Bahn fahren würde.

Anfänglich litt ich wegen dieser teuren und wenig erfreulichen Vorfälle sowie den damit einhergehenden Nachspielen an nicht näher darstellbaren Komplexen. Ich dachte: „Warum geschieht nur mir immer so etwas?" Heute weiß ich, dass ich kein Einzelfall bin. Es gibt nicht wenige Leidensgenossen, die die Bahn meiden. Sie fahren lieber mit einem Pkw zu ihren wichtigen Terminen.

Das Leben setzt immer noch was drauf. Am 28.03.2003 flog ich von Frankfurt/M. nach Bukarest. Zum Flughafen gelangte ich nicht mit der Bahn. Ich ließ mich mit einem Auto dort hinbringen, weil ich sonst den Flieger mit hoher Wahrscheinlichkeit verpasst hätte.

Der Rückflug erfolgte am 30.03.2003. Eine Abholung mit meinem Pkw war leider nicht möglich. Damit nahm das Elend seinen Lauf. Die LH-Maschine landete pünktlich auf dem Frankfurter Flughafen.

Nun mußte ich zusehen, wie ich auf dem schnellsten Weg nach Marburg kommen konnte. Ich folgte den Hinweisschildern im Flughafengebäude und gelangte zu einem Auskunftsschalter der Bahn AG. Die Wartenden standen in einer Schlange. Von den vorhandenen Auskunftplätzen war nur einer besetzt. Die Zeit verging. Endlich durfte ich vorsprechen und mein Anliegen, dass ich auf dem schnellsten Weg mit der Bahn nach Marburg fahren wollte, vortragen. Ich wurde freundlich behandelt. Der individuelle Fahrplan wurde ausgedruckt. Das dauerte, weil der Drucker viel zu langsam war.

Nun meine Frage: „Wo bekomme ich die Fahrkarte her?" „Da drüben ... im Reisezentrum!" „Danke!". Ich begab mich zum Reiszentrum. Die Zeit verrann, während ich in der nächsten Schlange stand. Im DB Reisezentrum waren nur drei Mitarbeiter im Einsatz. Die anderen Schalter waren zwar vorhanden, aber verwaist. Ich schaute mir das Treiben von der Schlange aus an. Es ging schleppend voran, weil nun eine offenbar schwangere Bahn-Mitarbeiterin erschien und mit den arg gestressten Kollegen ein lockeres Schwätzen begann. Das kostete Zeit. Das vor mir befindliche Ende der Schlange nahm nur langsam ab. Mir liefen die ersten Schweißperlen über die Stirn. „ ... Ja, ja! ... So ist es eben. Wer spät kommt muß auch lange Arbeiten! ... Blabla!" Endlich war ich dran. Ich legte meinen Reisplan vor und bat um einen Fahrschein. „Haben Sie eine Bahn-Card?" „Nein, die habe ich nicht, dafür aber eine Digitalkamera. Gibt es dafür eine Ermäßigung?" „Nein, aber sie fährt umsonst mit!" „Das ist ja günstig", sagte ich und zahlte mein EUR 11,50." Ich wurde freundlich mit einem Hinweis, wo es lang geht, verabschiedet.


Ich sollte mit der S-Bahn vom Gleis 1 zum Hauptbahnhof fahren. Geplante Abfahrt: 17.03 Uhr. Ankunft Hauptbahnhof (tief): 17.13 Uhr; 7 Minuten Fußweg zum Gleis 14, von wo der Zug nach Marburg um 17.22 Uhr abfahren sollte. „Das klappt nie", dachte ich so für mich. Ich verzichtete darauf, per Telefon eine Abholzeit am Bahnhof in Marburg durchzugeben. Die von der Bahn angegebene Ankunftszeit wäre 18.19 Uhr gewesen.

Am Gleis 1 sprach mich ein verunsicherter Tourist, er kam gerade aus Gran Canaria, an. Er wollte wissen, ob die S-Bahn nach Offenbach auch am Hauptbahnhof in Frankfurt/M. halte. Ich bejahte das selbstbewusst. Wir unterhielten uns über dies und jenes. Er war Optimist und meinte, dass wir den Anschlusszug nach Marburg sicher bekommen würden. Ich berichtete von meinen geschäftlichen Terminen, die ich mit der Bahn als Transportmedium geplant hatte, und ließ Pessimismus durchblicken. Dabei war es 17.03 Uhr geworden. Es kam wie es mit der Bahn kommen musste. Die S-Bahn verspätete sich erheblich. 6 Minuten Verspätung! Der Optimist: „Das schaffen wir schon!"

Obwohl wir in Zeitnot waren, fuhr die S-Bahn nicht schneller. Wir witzelten, dass der Zug leider immer langsamer würde. Am Hauptbahnhof verließen wir fluchtartig die S-Bahn. Aha, wir mußten zu den Fernzügen! Wir beeilten uns . Ein Glück, der rote Zug nach Marburg war noch da. Es war 17.21 Uhr. Wir liefen zum Bahnsteig 15. Dort befand er sich nämlich. Vor mir sah ich eine ältere, offenbar gehbehinderte Dame. Sie keuchte, weil sie sich so beeilt hatte. Wir begaben uns zu den Eingangstüren. Wir versuchten, diese zu öffnen. Es war 17.22 Uhr. Wir probierten es an der nächsten Tür. Fehlanzeige! Sie öffnete sich auch nicht. Was war da bloß los? Vorne sah ich den Zugbegleiter. Er begutachtete aus sicherer Entfernung unserer verzweifelten Versuche, noch in den von uns gebuchten und bezahlten Zug zu gelangen. Es störte ihn nicht. Zum Zeichen der Verhöhnung pfiff er einmal kräftig und bestieg selbst den Zug durch eine offenbar für ihn noch offene Tür.

Der Zug fuhr vor unserer Nase weg, so als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. Wir, die etwa 10 bis 15 gerade noch pünktlichen Fahrgäste blieben düpiert von so viel Rücksichtslosigkeit am Bahnsteig zurück. Wir mußten lernen: So was gibt es tatsächlich. Jetzt haben wir ein neues Kapitel arroganten Bahnverhaltens selbst erfahren müssen.

Innerlich aufgewühlt, aber gefasst begab ich mich zum Info-Schalter der Bahn AG. Jeder weiß, was mir nun bevorstand. Richtig: Ich mußte erstmal wieder in der Schlange stehen und warten. Schließlich durfte ich mich als unzufriedener Bahnkunde zu erkennen geben, was mir unverständliche Blicke einbrachte. Ich trug vor, dass mir der Zug nach Marburg vor der Nase weggefahren sei, obwohl ich pünktlich am Bansteig gewesen sei und sich die Zugtüren nicht hätten öffnen lassen. Dabei betonte ich, dass ich dieses Los mit anderen Fahrgästen hätte teilen dürfen. Das löste den typischen „Dafür-Kann-Ich-Doch-Nichts-Blick" der Schalterbeamtin aus. Sie ging weg und blätterte in irgendwelchen Unterlagen. Danach kehrte sie auf ihren Platz zurück. Ein Wort der Entschuldigung fand sie nicht. „Sie können mit dem IC um 18.23 Uhr - Gleis 13 - fahren! Den Fahrschein ändere ich entsprechend ab." Das machte sie handschriftlich. Von allen Seiten fielen bissige Bemerkungen: „Dürfen wir dafür jetzt einen Aufpreis zahlen?" ... Wie hoch ist die Strafe dafür?" ... !!!

Die Verabschiedung erfolgte deutlich unterkühlt, was eher noch freundlich umschrieben ist. Ich begab mich zum Gleis 13 und vertiefte mich, nach dem ich endlich einen Sitzplatz gefunden hatte, in meine Zeitung. Es war 18.23 Uhr geworden. Der IC nach Marburg war nicht da. Er hatte Verspätung, was nicht anders zu erwarten war.

Abfahrt war um 18.32 Uhr und der Zug voll. Zum Glück bekam ich als Nichtraucher noch einen Sitzplatz in einem Raucherwagon, wo ich tüchtig eingeräuchert wurde, während ich meine Zeitungslektüre fortsetzte. In Friedberg wagte ich per Mobiltelefon ein Prognose über meine voraussichtliche Ankunftszeit in Marburg.

Fahrkartenkontrolle! Der Schaffner belehrte bürokratisch eine Schwerbehinderte, dass ihr Ausweis in diesem Zug nichts gelte. Sie beschwerte sich, musste aber doch nachlösen. Endlich kam er zu mir. Kurz kam mir der Gedanke, dass ich ihn als Stellvertreter der Bahn AG einfach aus dem Zug werfen sollte. Ich verwarf den Plan. Schließlich bin ich Anwalt. „Fahrkartenkontrolle! Ihren Fahrausweis bitte!" Ich gehorchte und zeigte meinen Einzelfahrschein mit den handschriftlichen Eintragungen samt Stempel auf der Rückseite. Er sagt: „Mein Herr, dieser Fahrausweis gilt nicht für diesen Zug!"

Ich fühlte mich provoziert und hielt mein Plädoyer: Die Bahn war wieder mal schuld. Mein Schlusswort zum Schaffner: „S i e sind ungültig! Noch ein Wort und es könnte sein, dass ich aus der Haut fahre!" Das half. Er nahm den von der Schalterbeamtin der Bahn in Frankfurt manipulierten Fahrschein näher in Augenschein. Klick! Er gab sich zufrieden und beschloss offenbar, mir für den Rest der Strecke nach Marburg aus dem Weg zu gehen. Ich schaute grimmig drein, weil ich noch immer kein Wort der Entschuldigung gehört hatte.

Mit Verspätung kam ich in Marburg an. Der Rest-Sonntag war halbwegs vermiest. Als ich das Bahngelände verließ, schien wieder alles zu klappen. Meine Abholerin war pünktlich. Ich musste nicht warten.

Bahn AG? Nein, danke!